Ausgabe 10 - 2017
Inklusion: (K)ein Problem!?

Der Flughafen München ist ein Vorreiterunternehmen in Sachen Inklusion. Willy Graßl, Leiter des betrieblichen Gesundheits- und Sozialmanagements, hier im Gespräch mit einem Kollegen, setzt sich für die Belange von Menschen mit Behinderung ein.
Noch immer tun sich viele Unternehmen schwer beim Thema Behinderungen. Dabei bieten Staat und private Organisationen Unterstützung an. Wir haben uns angesehen, was Inklusion im Wege steht und wie sie erfolgreich gelingen kann.
Der Flughafen München zählt zu den modernsten Flughäfen Deutschlands. Willy Graßl leitet dort das betriebliche Gesundheits- und Sozialmanagement und ist stellvertretender Arbeitgeberbeauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung. 10,5 Prozent der Angestellten auf dem Franz-Josef-Strauß-Flughafen haben eine Behinderung, vor gut zehn Jahren waren es erst sechs Prozent.
Für Graßl ist die Kernfrage der Inklusion, wie man Menschen mit Behinderung im Unternehmen richtig einsetzt. Dabei seien Berührungsängste am Anfang normal, doch das lege sich, sagt Graßl: „Ein Praktikant mit Down-Syndrom ist anfangs ungewohnt, dann wird es zur Gewohnheit und irgendwann zur Normalität.“
Auch wenn es nach Verbänden und Hilfsorganisationen geht, soll Inklusion zum Normalfall werden. Und es lohne sich nicht nur aus moralischer Sicht, Menschen mit Behinderungen einzustellen, sondern auch betriebswirtschaftlich. Das glaubt auch Willy Graßl: „Je professioneller Inklusion mitgedacht wird, umso wirtschaftlicher ist es für das Unternehmen.“
Behindert ist nicht gleich behindert
Wer von Menschen mit Behinderungen spricht, spricht von unterschiedlichen Behinderungsarten. Zum einen von der psychischen Behinderung, unter die Lern- und geistige Behinderungen fallen. Zum anderen von physischen wie körperlichen Behinderungen und Sinnesbehinderungen. Die Unterschiede führen dazu, dass sich Unternehmen individuell auf einen Mitarbeiter mit Handicap einlassen müssen. Laut Sozialgesetzbuch gelten Menschen als behindert, „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“ Als schwerbehindert werden Menschen eingestuft, „wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt“. Die Skala des Behinderungsgrades reicht von 0 bis 100, sagt aber nur wenig über die Arbeitsfähigkeit eines Einzelnen aus. So gibt es auch Betroffene mit Grad der Behinderung 100, die sich vollkommen alleine versorgen und einer Arbeit nachgehen können.
Die UN-Behindertenkonvention legt fest, dass Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Schwerbehinderung besetzen müssen. Wer keine Menschen mit Handicap beschäftigt, kann stattdessen eine Ausgleichsabgabe zahlen. Das gilt auch für Unternehmen, die aufgrund mangelnder Nachfrage keine Behinderten einstellen können. Umfragen zeigen, dass vor allem in kleineren Unternehmen die Devise „zahlen statt inkludieren“ gilt. So lag die Beschäftigungsquote aller Unternehmen in den letzten Jahren durchgehend bei knapp unter fünf Prozent, Ende 2016 waren es nach dem Inklusionsbarometer von Aktion Mensch genau 4,69 Prozent. Es wird also inkludiert – aber nicht mehr als nötig. So lag denn die Arbeitslosenquote von Schwerbehinderten 2016 bei 13,4 Prozent – und war damit mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Behinderung.
Dass Inklusion noch nicht in allen Unternehmen verankert ist, hat auch eine Umfrage des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) und des Medizinprodukte-Herstellers Coloplast GmbH im August 2017 erneut bestätigt. So gaben bei der Befragung von 527 Führungskräften rund 25 Prozent an, dass sich ihre momentan ausgeschriebenen Stellen nicht für Menschen mit Behinderungen eignen. 57 Prozent der Unternehmen sehen sich dabei von bürokratischen Hürden aufgehalten, wie dem Aufbau eines behindertengerechten Arbeitsplatzes oder den komplizierten rechtlichen Aspekten der Inklusion. Auch stereotype Rollenbilder bremsen die Inklusion ab: Rund die Hälfte der befragten Unternehmen traut behinderten Menschen nur eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit zu.
Nora Fasse von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) wundert das Ergebnis der Befragung nicht. Für sie hat Inklusion in den Unternehmen zwar begonnen, aber normal sei sie noch lange nicht. „Immer mehr Betriebe erkennen die Chance, nicht die vermeintlichen Defizite, sondern die vorhandenen Stärken von Menschen mit Behinderung wahrzunehmen.“ Doch viele Personaler müssten noch Barrieren im Kopf abbauen. Dass in Zeiten des Fachkräftemangels nicht stärker auf Inklusion gesetzt wird, ist für sie nicht nachvollziehbar.
Menschen mit Behinderungen sollten gezielt nach ihren Interessensgebieten und Fähigkeiten eingesetzt werden. Das birgt Potenziale – die aber haben noch nicht viele Firmen erkannt. Beispielsweise, so Nora Fasse, könnten sich einige Gehörlose besser konzentrieren, da sie weniger durch Umgebungsgeräusche abgelenkt würden. Andere könnten mehrere Stunden lang einer Routinetätigkeit nachgehen, ohne dass ihre Konzentration nachlasse. „Jeder Mensch“, so Nora Fasse vom BDA, „hat individuelle Fähigkeiten, die gefördert werden sollten.“ Ein Unternehmen, das auf spezifische Förderung setzt, ist der Softwareentwickler SAP. Schon vor vier Jahren begann das Unternehmen mit dem Programm „Autism at Work“, das den Einsatz von Menschen mit Autismus in der Softwarebranche fördert und begleitet.
Potenziale liegen allerdings nicht nur in den Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter, sondern auch in der spezifischen Zusammensetzung von Teams. Studien belegen, dass divers zusammengesetzte Teams innovativer arbeiten. „Vielfältig zusammengesetzte Teams können produktiver sein, weil verschiedene Perspektiven eingebracht werden“, sagt auch Nora Fasse. Wenn beispielsweise beim Umbau einer Filiale ein Rollstuhlfahrer oder ein Blinder seine Expertise einbringe, führe das zu wichtigen Erkenntnissen. Die strategische Zusammensetzung von Teams, in denen Behinderte vertreten sind, sei grundsätzlich eine Bereicherung für alle Beteiligten. Damit solche Teams funktionieren, müsse ein vertrauensvoller und offener Umgang herrschen. „Akteure müssen lernen, auch Berührungsängste offen anzusprechen oder nach Hilfe zu fragen“, so Fasse.
Inklusion sei zudem nicht immer mit großem Aufwand und vielen Veränderungen verbunden. Wenn beispielsweise Menschen mit Autismus im Unternehmen arbeiten, muss nicht der gesamte Betrieb rollstuhlgerecht umgebaut werden. Stattdessen müsse man jeweils prüfen, was nötig und finanziell umsetzbar ist. Manchmal würden kleine Anpassungen genügen.
Doch wie erkennt ein Unternehmen, welche Maßnahme sinnvoll ist? Für Olaf Guttzeit liegt in der Bewertung dieser Frage das Problem. Guttzeit ist Personalmanager, leitet das Center of Expertise Life Balance & Disability Management beim Pharmariesen Boehringer Ingelheim. Überdies wirkt er als Geschäftsführer des Unternehmensforums: ein Zusammenschluss von 25 Energie-, Chemie- und Pharmaziekonzernen, Banken sowie Bildungs- und Transportunternehmen, die sich bei der Ein- und Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderung in die Wirtschaft austauschen. Viele Unternehmen, so Guttzeit, empfänden es als zu kompliziert, unterstützende Leistungen zu beantragen. Für Konzerne sei das gut zu bewältigen, kleine und mittelständische Unternehmen hingegen seien in besonderer Weise auf gute und individuelle Beratung angewiesen.
Die Beratungsangebote sind vielfältig. Es gibt staatliche und gemeinnützige Dienste, aber auch Firmen, die sich auf Inklusion spezialisiert haben und sich mit den speziellen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen auskennen. Je nach Behinderungsart und Behinderungsgrad versuchen sie, die passenden Lösungen für ein gutes betriebliches Miteinander zu finden.
Wer das erste Mal Menschen mit Behinderungen einstellt, kann beim Bund Fördermittel für die Ausbildung und Beschäftigung beantragen. Staatliche Integrationsämter beraten Arbeitgeber und Menschen mit Behinderung auf Länderebene sowohl über rechtliche wie finanzielle Aspekte. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel einen Auszubildenden mit Behinderung einstellt, kann das Integrationsamt überprüfen, ob die Ausbildungskosten übernommen werden können. Die Ämter stellen auch den technischen Beratungsdienst, der Fragen zu den Auswirkungen von Behinderungen beantwortet und Ansprechpartner ist, wenn es um die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und weitere technische Fragen geht.
Fachdienste begleiten und beraten Menschen mit Behinderungen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Sie können aber auch helfen, wenn es im Arbeitsprozess zu Problemen kommt. Die gemeinnützige Integrationsbegleitung Access bietet beispielsweise kostenlos persönlich, telefonisch oder per E-Mail Hilfe an: beim Ausfüllen von Anträgen, rechtlichen Fragen oder bei der Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters. Spezialisierte Unternehmen können beauftragt werden, um Führungskräfte gezielt beim Thema Inklusion zu unterstützen. Kommt es im Unternehmen beispielsweise zu Problemen, die einen Betriebsrat oder Schwerbehindertenbeauftragten überfordern, können Unternehmen auf die Hilfe von Mediatoren zurückgreifen. Auch hinsichtlich der Bewerbung von Menschen mit Behinderung können sich Unternehmen unterschiedlichste Unterstützung suchen. So helfen Firmen wie „BIK für Alle“ Betrieben bei der barrierefreien Gestaltung des Webdesigns.
Von anderen lernen
Wer sich mit anderen Unternehmen austauschen möchte, kann einem Unternehmensnetzwerk beitreten, zum Beispiel dem Unternehmensforum oder dem Unternehmens-Netzwerk Inklusion. Netzwerke organisieren bundesweite runde Tische, damit Betriebe zusammenfinden und über Chancen und Herausforderungen diskutieren können. Gleichzeitig bieten sie regionale Ansprechpartner, die die Betriebe vor Ort aufsuchen, individuell beraten und aufklären, welche Hilfsangebote wie genau genutzt werden können.
„Strategien für erfolgreiche Inklusion sind in Deutschland so vielfältig wie die Unternehmen, in denen sie umgesetzt werden“, sagt Olaf Guttzeit. Deswegen sei es sinnvoll, von den Erfahrungen anderer zu lernen. Unternehmen können sich von Best-Practice-Beispielen inspirieren lassen. Orientierung kann hierbei auch der Inklusionspreis geben, der jedes Jahr unter anderem vom Unternehmensforum und dem BDA verliehen wird.
Vor vier Jahren gewann den Preis der Flughafen München. Für Willy Graßl ist der geschäftliche Erfolg der letzten Jahre eng mit dem Engagement im Bereich Inklusion verknüpft. Dass hier Inklusion bereits früh ein Thema war, liegt auch an Arbeitsfeldern wie der Flugzeugabfertigung, die als gefährlich und schwierig gelten. „Für die Mitarbeiter ist es gut zu wissen, dass wir auch in schwereren Zeiten hinter ihnen stehen“, sagt Willy Graßl. Verletzt sich ein Mitarbeiter im Dienst, wird er reintegriert – in eine neue, passendere Stelle, beispielsweise im körperlich weniger anstrengenden Service- oder Infobereich.
Alle Maßnahmen zur Inklusion am Flughafen werden beim Konzernpersonalchef gebündelt und koordiniert. Auch die Inklusion in der Ausbildung: Seit 2007 kooperiert der Flughafen München mit der Lebenshilfe Freising. Menschen mit starker Lerneinschränkung bekommen die Chance, sich während eines Praktikums zu bewähren. In zwei Fällen erhielten die Praktikanten im Anschluss einen unbefristeten Arbeitsvertrag.
![]() „Ausbilder brauchen gezielte Weiterbildung“„Kaum ein Unternehmen stellt Azubis mit Handicap ein. Die Gründe hat Christoph Metzler, Volkswirt im Bereich Ausbildung und Fachkräftesicherung am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, in einer Studie über Inklusion in Ausbildungsunternehmen erforscht. Personalwirtschaft: Herr Metzler, nur wenige Unternehmen bilden junge Menschen mit Behinderungen aus. Woran liegt das? Christoph Metzler: Die befragten Unternehmen nennen an erster Stelle die mangelnde Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern. Danach folgen aber tatsächlich Punkte wie eine angenommen schwierigere Integration in den betrieblichen Alltag (52 Prozent der Unternehmen), ein erhöhter Betreuungsaufwand (43 Prozent) und das Fehlen qualifizierter Ausbilder (42 Prozent). Bei Unternehmen, die ausschließlich Auszubildende mit psychischen Behinderungsformen hatten – also Lernbehinderung, geistige Behinderung oder seelische Behinderung – werden diese Probleme häufiger genannt. Viele Ausbilder erleben im Umgang mit behinderten Menschen zusätzliche Herausforderungen, und ein guter Anteil an Unternehmen hat nicht immer genug fachgerecht qualifizierte Ausbilder für diese Aufgabe. Was können Unternehmen tun, die mehr Menschen mit Behinderung als Auszubildende gewinnen wollen? Es gilt, mehr die Fühler nach jungen Menschen mit Behinderung auszustrecken. Dabei sollten auch gezielt die außerbetrieblichen Bildungsinstitutionen wie etwa die Berufsbildungswerke in den Blick genommen werden. Innerhalb des Unternehmens sollte man für einen offenen Umgang mit Behinderung werben: Jeder kann mit seinen Einschränkungen offen umgehen und wird im Team akzeptiert. Gerade im Umgang mit Menschen mit Behinderungsformen aus dem seelischen Bereich oder mit chronischen Krankheiten gibt es nach wie vor zu häufig gesellschaftliche Tabus. Welche Qualifikationen braucht man im Unternehmen, um behinderte Mitarbeiter auszubilden? Junge Menschen mit Behinderung zu rekrutieren, ist die erste Herausforderung; sie zum erfolgreichen Abschluss zu führen, die zweite. Hierfür braucht es mitunter gezielte Weiterbildungsangebote für die Ausbilder. Zum Beispiel gibt es bundesweit die Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation (ReZA), in der sehr viel Wissen vermittelt wird – die allerdings auch sehr viel Zeit kostet. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen wären hier niedrigschwellige Angebote mit weniger Zeitbedarf eine gute Alternative. |
![]() „Inklusion ist in jeder Branche möglich“Das Unternehmens-Netzwerk Inklusion unterstützt Unternehmen. Projektleiter Manfred Otto-Albrecht spricht über das Projekt, beschreibt Chancen der Inklusion und hält Tipps für Personaler bereit. Personalwirtschaft: Herr Otto-Albrecht, wie unterstützen Sie Unternehmen beim Thema Inklusion? Manfred Otto-Albrecht: Unternehmen brauchen in dem unübersichtlichen System der Inklusion einen zentralen Ansprechpartner. Mit dem Unternehmens-Netzwerk Inklusion wenden wir uns direkt an Betriebe und Unternehmen. Unser Ziel ist es, vor allem Personaler und Führungskräfte stärker für Inklusion zu gewinnen. Dazu informieren, beraten und unterstützen wir Arbeitgeber. Das System der Inklusion ist sehr komplex. Für viele kleine und mittlere Betriebe ist es ein Buch mit sieben Siegeln: Zuständigkeiten sind häufig unklar abgegrenzt, Verfahrensabläufe bürokratisch und langwierig. Viele Angebote, die es gibt, sind weithin unbekannt. Außerdem fehlen Betrieben oft Erfahrungen, das Wissen, was machbar ist, oder der Mut, den ersten Schritt zu gehen. Welche Chancen bietet Inklusion? Wenn Sie Betriebe nach zentralen Erfahrungen fragen, erhalten Sie oft die gleiche Antwort: Menschen mit Schwerbehinderung sind besonders motiviert, das Klima und die Teamarbeit verbessern sich. Das Unternehmen signalisiert außerdem an seine Kunden und an die Beschäftigten, dass es sich seiner sozialen Verantwortung bewusst ist. Außerdem bietet Inklusion die Chance, Fachkräftemangel und demografischen Wandel abzumildern. In der Oberpfalz beispielsweise hat ein kleiner Maurerbetrieb erst über eines unserer Teams einen Auszubildenden finden können: einen jungen Mann mit Asperger-Autismus. Der Chef sagt: „Bei seinem Wissen verschlägt es einem manchmal den Atem. Wir sind einfach nur glücklich, dass wir ihn haben.“ Was ist für Personaler wichtig? Unternehmen sollten sich Expertise ins Haus holen und lernen, dass Inklusion in jeder Branche möglich ist. Denn Inklusion ist eine Bereicherung, wenn man es richtig angeht. Personaler sollten bedenken: Kein Mensch ist für jeden Arbeitsplatz geeignet. Es gilt immer, den passenden Arbeitsplatz zu finden. Die Vielfalt der Betriebe, Branchen und Berufe ist so groß wie die Vielfalt der Menschen mit Handicap. |
![]() „Im Dialog die besten Lösungen finden“Der Umgang mit behinderten Teammitgliedern ist für viele Kollegen und Führungskräfte ungewohnt und kann herausfordernd sein. Doch es gibt Experten, die als neutrale Berater zur Verfügung stehen. So wie Juliane Barth von der Corrente AG. Personalwirtschaft: Frau Barth, wie unterstützen Sie Unternehmen bei der Inklusion und Rehabilitation von Mitarbeitern mit Behinderung? Juliane Barth: Wir sind neutraler Ansprechpartner für alle Ebenen im Unternehmen und können ganz individuell auf die verschiedensten Fragen und Probleme eingehen. Wir haben Erfahrung in Einzelfallhilfe und Führungskräfteberatung. Wir können telefonisch, im persönlichen Dialog und per Chat beraten, je nach Bedarf und Zielgruppe. Und wir sind auch Ansprechpartner für Schwerbehindertenbeauftragte, Diversity-Beauftragte und Betriebsräte. Wie unterscheidet sich die Beratung von Mitarbeitern von der Beratung von Führungskräften? Führungskräfte wünschen meistens Unterstützung für eine ganz konkrete Situation, in der sie sich unsicher oder nicht optimal handlungsfähig fühlen. Das kann zum Beispiel die Frage sein, wie man einen behinderten Mitarbeiter bestmöglich unterstützen kann. Aber auch, was man fordern oder erwarten darf, wo man Rücksicht nehmen muss. Führungskräfte, die bei uns anrufen, haben meist ein ganz klares Bild und Anliegen, mit dem sie an uns herantreten. Während sich Mitarbeiter oft erst einmal alles von der Seele reden wollen, sind Führungskräfte meist von Beginn an lösungsorientiert. Was kann die Arbeit der Corrente AG denn ganz praktisch bewirken? Wir haben zum Beispiel einen Fall betreut, wo ein Mitarbeiter durch stark nachlassende Sehfähigkeit für sich selbst und andere eine Gefahr wurde. Hier brauchte die Führungskraft Begleitung dabei, die Situation einzuschätzen und anzusprechen, um Gefahren zu vermeiden. Der Mitarbeiter selber hatte die Situation nicht als gefährlich eingeschätzt und die Gefahren verdrängt, weil er Angst um seinen Arbeitsplatz hatte. Es musste aber eine Lösung gefunden werden. Das passierte, nachdem die Führungskraft handlungsfähig wurde und einen entsprechenden Prozess in Gang bringen konnte. Im Dialog können die besten Lösungen gefunden werden, oft kommt dieser aber nicht zustande, weil eine oder beide Seiten Angst davor haben. |
So gelingt Inklusion: die Quintessenz
① Schaffen Sie ein offenes Klima
Ein offener, vertrauensvoller Umgang ist die unverzichtbare Grundlage für eine gelungene Inklusion. Berührungsängste sollten Sie offen ansprechen, um so Barrieren im Kopf zu überwinden.
② Legen Sie Ihren Fokus auf die Stärken
Jeder Mensch hat individuelle Stärken. Diese sollten Sie wahrnehmen und fördern, denn nur so können Ihre Mitarbeiter die besten Leistungen erbringen. So erkennen Sie: Behinderte Mitarbeiter haben Potenziale, die andere Kollegen nicht mitbringen.
③ Suchen Sie sich Hilfe
Das Angebot an Beratung, finanzieller und personeller Unterstützung ist groß. Nutzen Sie es! Scheuen Sie sich nicht, um Rat zu fragen, und kontaktieren Sie Hilfsnetzwerke, die sich bereits mit Aspekten auskennen, die für Sie zu Beginn neu sein können.
④ Vernetzen Sie sich und lernen Sie von anderen
Schauen Sie, wie andere Inklusion gemeistert haben! Der Austausch mit anderen Unternehmen ist für alle Beteiligten hilfreich. Oft können Sie von den Problemen und Lösungen anderer lernen.
⑤ Starten Sie im Kleinen
Nicht immer muss die Organisation im großen Stil umgekrempelt werden. Manchmal reicht es, Kleinigkeiten zu verändern, um Großes zu bewirken. Es ist normal, dass Ungewohntes zunächst Angst macht – wagen Sie einen Versuch. Wenn der glückt, können Sie den nächsten Schritt gehen.
⑥ Gehen Sie voran
In Ihrer Branche arbeiten bislang erst wenige Menschen mit Behinderungen? Keiner Ihrer Konkurrenten beschäftigt Behinderte? Das macht Ihr Engagement noch wertvoller und kann Ihnen sogar Vorteile im Wettbewerb um Fachkräfte verschaffen.
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