Ausgabe 11 - 2011
Was es bei Transfermaßnahmen zu beachten gilt
Seit 1. Januar 2011 ist das neue Beschäftigungschancengesetz in Kraft. Es enthält wichtige Veränderungen im Bereich der finanziellen Förderung von Transfermaßnahmen. Viele Unternehmen sind allerdings auch ein Dreivierteljahr nach der Gesetzeseinführung noch unzureichend über diese Änderungen informiert. Worauf sie bei der Konzeption, Ausgestaltung und Durchführung von Transfermaßnahmen achten sollten, zeigt dieser Beitrag.
Qualität und Erfolg von Transfermaßnahmen haben in den vergangenen Jahren je nach Anbieter stark geschwankt und waren mitunter schwer einzuschätzen. Während manche Anbieter eng und konstruktiv mit der Agentur für Arbeit kooperierten, war bei anderen aufgrund deren intransparenter Arbeitsweise nur schwer einzuschätzen, ob Fördergelder effizient zur Wiedereingliederung der Mitarbeiter verwandt wurden. Das Beschäftigungschancengesetz sollte dies ändern und gleichzeitig die Rolle der Agentur für Arbeit stärken.
Ziele des Gesetzes waren entsprechend:
- 1.
Qualität und Transparenz bei Transfermaßnahmen und der Verwendung von Transferkurzarbeitergeld zu verbessern.
- 2.
Sicherzustellen, dass die Agentur für Arbeit rechtzeitig in das Transfergeschehen eingebunden wird.
Die wichtigsten Änderungen
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Frühzeitige Beratung und Einbeziehung der Agentur für Arbeit bei Sozialplanverhandlungen und Interessenausgleich als Voraussetzung für Förderfähigkeit
Unternehmen müssen heute Kontakt zur Agentur für Arbeit aufnehmen, sobald die Entscheidung über eine Betriebsänderung gefallen ist. Um die Förderfähigkeit der Transfermaßnahme nicht aufs Spiel zu setzen, müssen sich Unternehmensleitung und die beteiligten Betriebsparteien also vor dem Abschluss eines Sozialplans von der Agentur für Arbeit über die Fördervoraussetzungen, das Zusammenwirken von Arbeitsverwaltung und Transferagentur beziehungsweise -gesellschaft sowie über vermittlungsfördernde oder hemmende Inhalte eines Sozialplans beraten lassen. Ein erkennbar eingliederungsorientierter Ansatz des Sozialplans ist dabei entscheidend für die Bewilligung von Fördergeldern.
Hier zeigt sich meist die Qualität des Transferdienstleisters. Ein erfahrener Anbieter erkennt schnell Fallstricke durch Regelungen, die dem Wohl des Mitarbeiters dienen sollen, sich aber in der Praxis als vermittlungshemmend erweisen und die Förderungsfähigkeit gefährden können. Ein Beispiel: Mitarbeiter einer Transfergesellschaft erhalten als Transferkurzarbeitergeld 60 beziehungsweise 67 Prozent ihres Gehalts. In der Regel stockt das Unternehmen diesen Betrag auf. Eine Aufstockung auf 100 Prozent des ursprünglichen Gehalts hat jedoch keinerlei motivierende Wirkung. Dagegen trägt eine Aufstockung auf 80 bis 87 Prozent, die in bestimmten Zeitabständen weiter abschmilzt, deutlich zur Aktivitätssteigerung der Mitarbeiter und damit zur schnelleren Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt bei. Daher sollten solche Maßnahmen direkt zwischen der Agentur für Arbeit, dem Unternehmen und dem Transferanbieter abgestimmt werden. Bei Informationsveranstaltungen für betroffene Mitarbeiter sollten zudem Vertreter der Arbeitsagentur hinzugezogen werden.
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Veränderungen bei der Höhe der Zuschüsse bei Transfermaßnahmen
Bisher wurden Transfermaßnahmen nach § 216a SGB III pro Mitarbeiter mit 50 Prozent der aufzuwendenden Maßnahme-Kosten (bis maximal 2500 Euro) gefördert. Heute sieht sich die Agentur für Arbeit die Inhalte der Maßnahmen genauer an. Es werden nur noch Kosten bezuschusst, die aus Sicht der Agentur als „erforderlich“ und „angemessen“ eingestuft werden.
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Steigende Anforderungen an Ausstattung von Transfergesellschaften (§ 216b SGB III) zur Verbesserung der Eingliederungschancen
Die betrieblichen Anforderungen einer Transfergesellschaft wurden dahingehend ergänzt, dass Organisation und Mittelausstattung „den angestrebten Integrationserfolg erwarten lassen“ müssen. Darüber hinaus wurde mit dem Gesetz ein internes Qualitätssicherungssystem eingeführt, das zu einer noch erfolgreicheren Eingliederung der Teilnehmer in den Arbeitsmarkt beitragen soll.
Im Zuge dessen werden Profiling-Daten der Mitarbeiter durch die Transfergesellschaft direkt in das IT-System der Agentur für Arbeit eingetragen. Gleiches gilt für die Fortschritte, die der betroffene Mitarbeiter in seiner Betreuungsphase macht. Diese werden nun in einer standardisierten „Transfer-Mappe“ festgehalten und der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt.
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Veränderte Voraussetzungen für den Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld
Nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die betroffenen Arbeitnehmer enthält das Gesetz einige Änderungen. Diese sind für Arbeitgeber und Transferanbieter gleichwohl wichtig, da ihnen nach neuer Gesetzgebung eine Hinweispflicht obliegt.
Damit betroffene Arbeitnehmer überhaupt einen Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld haben, müssen sie sich bereits vor dem Übertritt in die Transfergesellschaft arbeitssuchend melden. Wie bisher auch, sind dann zunächst die Eingliederungsaussichten abzuschätzen. Danach muss der Arbeitnehmer „bei der Vermittlung mitwirken“. Verstöße oder Versäumnisse können seit der Gesetzesänderung eine direkte Aussetzung der Zahlungen des Transferkurzarbeitergeldes zur Folge haben.
Bleibt festzuhalten: Die beschriebenen Änderungen des Beschäftigungschancengesetzes sind in jeder Hinsicht zu begrüßen. Die frühzeitige Einbindung der Agentur für Arbeit, eine angemessene Mittelbewertung und höhere Transparenz dürften Aktivitätsrate und Vermittlungsquote der Arbeitnehmer verbessern und zu einem Qualitätssprung (im Markt für Transfermaßnahmen) führen. Dieser wird Qualitätsanbieter stärken und intransparentes Verhalten abstrafen. Gleichzeitig stärkt das neue Gesetz die Bedeutung frühzeitiger Beratung von Unternehmen bei der Ausgestaltung von Sozialplänen und Transfermaßnahmen durch ebendiese Qualitätsanbieter. Und das wird sich für alle Beteiligten auszahlen, und zwar –anhand steigender Vermittlungsquoten – in messbarer Form. Auf diese Weise können Unternehmen und Betriebsräte ihren Beschäftigten eine wirkliche Perspektive und Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung bieten und ihrer sozialen Verantwortung auch in schwierigen Zeiten gerecht werden.
Checkliste – Das sollten Unternehmen jetzt bei Transfermaßnahmen beachten
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Nehmen Sie direkt nach der Entscheidung über die Betriebsänderung Kontakt zur Agentur für Arbeit auf.
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Wählen Sie Ihren Transferdienstleister sorgfältig aus:
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Schafft das Transferunternehmen Strukturen und Prozesse, die eine kontinuierliche Information der Betriebsparteien und der Agentur für Arbeit über den Fortgang des Projektes gewährleisten (zum Beispiel „Transfer-Mappe“)?
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Gewährleistet das Transferunternehmen ein regelmäßiges Berichtswesen über Kostenverlauf, Stand der Qualifizierungen, Vermittlungen et cetera?
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Verfügt das Transferunternehmen nachweislich über instrumentelle, förderrechtliche und betriebswirtschaftliche Kompetenzen?
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Versteht sich der Transferanbieter als regionaler Anbieter beziehungsweise ist der regionale Bezug vorhanden, sofern es sich um einen bundesweit tätigen Transferanbieter handelt?
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Verfügt das Transferunternehmen über gute Kontakte zur zuständigen Agentur für Arbeit vor Ort?
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Arbeitet das Transferunternehmen mit einem angemessenen Betreuungsschlüssel und qualifizierten Beratern?
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Verfügt das Transferunternehmen über ein fundiertes Qualifizierungs- und Vermittlungskonzept sowie vielfältige Zugänge zum Arbeitsmarkt?
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Lassen Sie sich gemeinsam mit allen Betriebsparteien durch die Agentur für Arbeit über die Fördervoraussetzungen nach den SGB III §§ 216a und 216b beraten und über das Zusammenwirken von Arbeitsagentur und der Transferanbieter informieren.
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Erarbeiten Sie gemeinsam mit Ihrem Transferanbieter einen Sozialplan mit vermittlungsfördernden Inhalten, die dem eingliederungsorientierten Ansatz des Beschäftigungschancengesetzes entsprechen.
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Achten Sie darauf, dass bei Informationsveranstaltungen für betroffene Mitarbeiter Vertreter der Arbeitsagentur anwesend sind.
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Informieren Sie Ihre Mitarbeiter gemeinsam mit dem Transferanbieter, dass sie sich bereits vor dem Übertritt in die Transfergesellschaft arbeitssuchend melden müssen und welche weiteren Pflichten sie erfüllen müssen, um ihren Anspruch auf das Transferkurzarbeitergeld nicht zu verlieren.
Autoren
Christian Summa, Regional Manager, von Rundstedt HR Partners, Nürnberg,
summa@rundstedt.de
Isabella Staubach, Transfer-Projektleiterin, Rundstedt Transfer GmbH, Berlin,
staubach@rundstedt.de
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