Ausgabe 11 - 2015
Mehr Training bitte

Die Enterprise-2.0-Studienreihe der Hochschule RheinMain zeigt einmal mehr, dass der Reifegrad im Umgang mit Social-Media-Plattformen zunimmt. Allerdings hakt es bei der erfolgreichen Umsetzung häufig am begleitenden Training.
Die Entwicklung des unternehmensinternen Einsatzes von Social-Media-Plattformen (Enterprise 2.0) wird seit vielen Jahren durch empirische Studien an der Hochschule RheinMain begleitet. Hierbei zeigt sich seit 2010 eine kontinuierliche Zunahme des Verständnisses von Enterprise 2.0 bei den Managern. Gleichzeitig hat auch der Einsatz von Social-Media-Plattformen bei den befragten Unternehmen stetig zugenommen. Gleiches gilt für den Erfolg. In 2015 beurteilen drei Viertel der Enterprise-2.0-aktiven Unternehmen ihre Maßnahmen als erfolgreich, wenn auch nur 13 Prozent als sehr erfolgreich. Trotzdem kann ein eindeutiger Reifeprozess festgestellt werden.
Zentrales Ziel des internen Social-Media-Einsatzes ist die Verbesserung der internen Kommunikation und Zusammenarbeit im Unternehmen. Die befragten Unternehmen erwarten insbesondere eine offenere Kommunikation, eine stärkere Vernetzung der Mitarbeiter, einen offeneren Informationszugang, eine intensivere abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und eine höhere Agilität. Bei Enterprise-2.0-erfahrenen Managern besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass es letztlich mehr um kulturelle Veränderungen als um neue IT-Tools geht.
Erwartungen an Führungskräfte und Mitarbeiter
Die Bedeutung der kulturellen Aspekte zeigt sich auch bei den Erwartungen an Führungskräfte und Mitarbeiter. Im Zeitalter der Digitalisierung müssen Führungskräfte vor allem offen sein. Sie müssen offen kommunizieren, Offenheit für Kritik von Seiten der Mitarbeiter zeigen und regelmäßig offenes Feedback geben. Außerdem sollen sie Selbststeuerung und -organisation zulassen und fördern. Der sichere Umgang mit Social-Media-Tools ist weniger entscheidend für eine gute Führungskraft, stellt aber eine Basisfähigkeit dar, die auf einem ausreichenden Niveau vorhanden sein muss. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den erwarteten Kompetenzen der Mitarbeiter in einem Enterprise-2.0-Unternehmen (obere Hälfte der Abbildung 1). Zwar nennt die Hälfte der Befragten auch neue (informations-)technische Kompetenzen, aber noch deutlich häufiger werden neue soziale beziehungsweise kommunikative Kompetenzen sowie Offenheit, Veränderungs- und Anpassungsfähigkeit angeführt. Mehr als drei Viertel der Unternehmen, die sich mit Enterprise 2.0 beschäftigen, sehen somit die Notwendigkeit einer kulturellen Veränderung.
Abbildung 1
Erwartete Kompetenzen vs. angebotene Trainings

Zwischen den erwarteten Kompetenzen von Mitarbeitern in einem Enterprise-2.0-Unternehmen und den angebotenen Trainings zeigt sich ein deutliches Missverhältnis.
Angebotene Trainings
In einem völligen „Mismatch“ hierzu stehen jedoch die angebotenen Enterprise-2.0-Trainings (untere Hälfte der Abbildung 1). Fast die Hälfte der Enterprise-2.0-aktiven Unternehmen bietet gar keine Trainings an. Scheinbar vertrauen sie darauf, dass die Tools weitgehend selbsterklärend sind und die Mitarbeiter intuitiv wissen oder durch Ausprobieren alleine herausfinden, wie die Instrumente effizient eingesetzt werden können. Wenn Trainings angeboten werden, dann am häufigsten als technische Einführung in konkrete IT-Tools. Noch etwas seltener gibt es Trainings, die erläutern, wie und wofür sich die Tools effizient nutzen lassen. Eine Begleitung der als so bedeutsam angesehenen kulturellen Veränderungen gibt es sogar nur bei jedem fünften Enterprise-2.0-aktiven Unternehmen. Hier besteht noch erhebliches Verbesserungspotenzial, denn es zeigt sich ein klarer Zusammenhang von Training und Erfolg der Enterprise-2.0-Aktivitäten (Abbildung 2).
Abbildung 2
Angebotene Trainings und Erfolg der Enterprise-2.0-Maßnahmen

Sehr erfolgreiche Unternehmen bieten deutlich häufiger Trainings an. Insbesondere begleiten sie wesentlich häufiger die durch Enterprise 2.0 unterstützten kulturellen Veränderungen.
Während fast die Hälfte der sehr erfolgreichen Unternehmen die kulturellen Veränderungen begleitet, ist dies bei den nicht erfolgreichen Unternehmen kaum der Fall. Gerade hier zeigt sich auch ein deutlicher Unterschied zwischen den sehr erfolgreichen und den „nur“ erfolgreichen Unternehmen. Alle Unternehmen, die ihre Enterprise-2.0-Aktivitäten als bisher nicht erfolgreich einstufen, und mehr als die Hälfte der weniger erfolgreichen Unternehmen bieten gar kein Training an. Hier könnte ein möglicher Stellhebel zur Verbesserung liegen. Die Ergebnisse der Enterprise-2.0-Studienreihe zeigen einen eindeutigen Reifeprozess im Hinblick auf den Einsatz von Social-Media-Plattformen zur Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit in Unternehmen. Die Studienanalyse zeigt aber auch, dass es im Hinblick auf die angebotenen Personalentwicklungsmaßnahmen noch Verbesserungspotenzial gibt. Das optimierte Angebot passender Trainings kann ein Ansatz sein, um den Anteil der sehr erfolgreichen Unternehmen (aktuell 13 Prozent) zu erhöhen.
Autoren
Prof. Dr. Thorsten Petry, Professor für Organisation & Personalmanagement, Wiesbaden Business School, Hochschule RheinMain,
thorsten.petry@hs-rm.de
Florian Schreckenbach, Managing Consultant, efeno,
florian.schreckenbach@efeno.de
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