Ausgabe 12 - 2015
Ein Jobtitel als Statement

Eine junge Spezies tummelt sich im Biotop der Personalarbeit: der Feelgood-Manager. Er kümmert sich um optimale Arbeitsbedingungen und die Stimmung im Team. Denn zufriedene Mitarbeiter werden zunehmend zum Erfolgsfaktor. Braucht bald jedes Unternehmen einen Profi fürs Betriebsklima?
Es ist wirklich spektakulär“, frohlockt Sebastian Seydak, Inhaber von Ellusion, „so viele Bewerbungen auf eine Stelle hatten wir noch nie.“ Nein, Seydak sucht keinen Co-Geschäftsführer, dem er zwei Sekretärinnen, einen eigenen Chauffeur und ein goldenes Namensschild bereitstellt. Er besetzt auch nicht den Posten des Konzernpersonalchefs mit sechsstelligem Jahresgehalt und Verantwortung für 10 000 Mitarbeiter. Seydak sucht einen Feelgood-Manager. Der Arbeitsauftrag lautet: „Ein glückliches Team.“
Das trifft bei den Jobsuchenden offenbar einen Nerv. Und auch andere sind begeistert: Die Kommentare auf der Facebook-Seite von Ellusion reichen von „Traumjob“ über „Wie geil ist das denn?“ bis „So was braucht jede Firma“. Nur vereinzelt hört Seydak Kritik, etwa den Vorwurf, eine Ausbeuteragentur zu sein, die es ihren Leuten im Büro so angenehm wie möglich macht, damit sie gar nicht mehr nach Hause wollen. „Ausbeutung durch Wohlfühlen? Das ist natürlich Unsinn“, sagt Seydak. „Unser Feelgood-Manager macht Arbeitszeit angenehmer und übernimmt Erledigungen für unsere Mitarbeiter, zum Beispiel Behördengänge. Die Zeit, die jeder damit gewinnt, ist Freizeit für das Team.“
So wie die auf Healthcare-Produkte spezialisierte Agentur Ellusion aus München machen es inzwischen einige, überwiegend junge Unternehmen: Sie holen sich jemanden an Bord, der sich explizit um das Wohlbefinden seiner Kollegen und optimale Arbeitsbedingungen kümmert. Mittlerweile sind rund 60 Feelgood-Manager in Deutschland aktiv, vor allem in der digitalen Start-up-Szene von Hamburg und Berlin. Was sich die einstellenden Unternehmen davon versprechen, klingt einleuchtend: zufriedene Mitarbeiter. Denn zufriedene Mitarbeiter sind produktiver und halten dem Arbeitgeber die Treue. Nur: Was genau managt ein Feelgood-Manager?
Spaß und Ernst im Gleichgewicht
„Ich bin nicht der Büroclown oder Animateur“, sagt Stefanie Frenking, Feelgood-Managerin bei Spreadshirt in Leipzig. Seit 2011 kümmert sich Frenking bei der Online-Plattform für Textildruck um die Feelgood-Kultur (siehe auch Porträt unten). Sie unterstützt neue Kollegen bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen und bei der Suche nach Kita-Plätzen. Sonst organisiert die gelernte Hotel- und Eventmanagerin Kochduelle, gemeinsames Bogenschießen oder den anstehenden Firmenweihnachtsmarkt. Sicher, die Gemeinschaftsaktionen sollen für Stimmung sorgen. „Doch für den Job ist auch eine gewisse Ernsthaftigkeit wichtig. Es geht ja nicht nur um das Bedürfnis nach Spaß, sondern genauso um Themen wie das kranke Kind oder die pflegebedürftige Mutter.“ Wenn die Mitarbeiter sich nicht ernstgenommen fühlen, bringe Feelgood-Management nichts, so Frenking. Bei Spreadshirt ist sie daher nicht nur Eventmanagerin, Onboarding-Expertin, Übersetzerin und Netzwerkerin, sondern vor allem Vertrauensperson für die 300 Mitarbeiter in Deutschland.
Der Lohn der Feelgood-Kultur: eine Arbeitgeberbewertung weit über dem Branchendurchschnitt auf der Plattform Kununu sowie 23 Einstellungen aufgrund von Mitarbeiterempfehlungen in 2013/14. Sowohl mit Blick auf die Unternehmenskultur als auch auf das Personalmarketing heißt es deshalb in einer Präsentation von Spreadshirt: „Feelgood-Manager – ein Jobtitel als Statement“.
Junges Berufsbild
Die Träger dieses Jobtitels sind durchweg Quereinsteiger, eine normierte Ausbildung gibt es bislang nicht. Zu dem Job gehört oft, die Stelle und ihre Aufgaben in wesentlichen Teilen selbst zu gestalten. In der Organisation sind Feelgood-Manager in einer Stabsstelle unterhalb der Geschäftsführung oder in der Personalabteilung angesiedelt. Damit sie als Vertrauensperson akzeptiert werden, haben sie eine neutrale Position ohne arbeitsrechtliche Verantwortung inne. Umso wichtiger ist es für ihre Erfolgsaussichten, dass die Geschäftsleitung hinter dem Konzept steht.
Seit 2013 existiert ein Jobprofil für Feelgood-Manager vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Darin werden sie als „Gestalter und Bewahrer der Unternehmenskultur“ beschrieben (siehe auch Info unten). Im Juli dieses Jahres wurde zudem der erste Berufsverband Feel Good Management e.V. (BFGM) mit dem erklärten Ziel, das Berufsbild zu professionalisieren, gegründet. Trotzdem hat der Begriff viele Kritiker.
„Feelgood-Manager ist für mich nicht viel mehr als ein simples Etikett“, sagt etwa der bekannte Saarbrücker HR-Professor Christian Scholz. „Es bietet die Möglichkeit, mit geringstem Aufwand einen Effekt zu kreieren, der sich letztlich rasch als Etikettenschwindel entpuppt. Allein schon die Idee, die Bemühungen um das Wohlbefinden der Mitarbeiter einer einzelnen Person zuzuordnen, zeigt, dass man Feelgood nicht in der Kultur und in der Breite verankern will.“
Auch Professor Dr. Jutta Rump, Geschäftsführerin des Instituts für Beschäftigung und Employability, hegt Zweifel: „Der Feelgood-Manager ist eine Modeerscheinung. Das ist so die Kuschelecke.“ Gleichwohl hält sie das Thema Wohlfühlen für wichtig. „Wohlfühlen im Sinne von Well-Being, mit einem hohen Maß an Identifikation und dem Einbringen der eigenen Möglichkeiten und Bedürfnisse in die Arbeit.“ Doch sie hat dafür andere im Blick: „Es ist doch Aufgabe der Führungskräfte und der HR-Abteilung, dafür zu sorgen, dass Menschen sich in ihrer Umgebung wohlfühlen und produktiv und motiviert sind. Und wofür brauche ich jemanden, der mich vernetzt? Das kann ich doch auch selbst machen.“
Die beiden Wissenschaftler haben die Mehrheit der Personalverantwortlichen hinter sich. Die Studie „Job-Trends Deutschland 2015“ des Staufenbiel-Instituts hat 197 Unternehmen gefragt, was sie vom Feelgood-Manager halten. Ergebnis: Der größte Teil (42 Prozent) ist der Meinung, er sei ein Tropfen auf den heißen Stein, da sich das Thema Unternehmenskultur nur schwer an einer Person festmachen lasse. 14 Prozent sehen im Feelgood-Manager „einfach nur Bespaßung“. Immerhin zwölf Prozent halten ihn allerdings für sinnvoll. Der Rest der Befragten steht ihm indifferent gegenüber oder hat sich enthalten.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
„Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann sorgt der Feelgood-Manager dafür, dass die Mitarbeiter morgens mit einem Lächeln ins Büro kommen.“ So lautet die Vision von Monika Kraus-Wildegger von Goodplace. Die Hamburgerin berät Unternehmen beim Aufbau ihres Feelgood-Managements und bietet seit diesem Jahr eine Fachausbildung zum „Goodplace Certified Feelgood-Manager“ an. Damit das Lächeln der Mitarbeiter authentisch sei, müssten die Angebote des Feelgood-Managers freiwillig sein, sagt sie. „Die Ideen dazu kommen am besten aus der Belegschaft selbst.“ Mit ein bisschen Wellness und Chichi habe das nichts zu tun.
Typisch für das neue Berufsbild ist ein Rollenmix. Im Feelgood-Manager bündeln sich Aufgaben von HR (Personal- und Organisationsentwicklung), Unternehmenskommunikation (Vernetzung, Events), Marketing (Arbeitgebermarkenbildung), Office Management (Obstkorb, Organisatorisches) und aus dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (Gesundheitsangebote). In Start-ups und kleineren Unternehmen ist er als Kümmerer sicherlich auch eine Art Betriebsrat light. Die Aufgaben des Feelgood-Managers sind jedenfalls nicht so neu wie sein Name.
Dieser Jobtitel steht allerdings symbolisch für etwas, das auch am Beispiel Ellusion deutlich wurde: den Wertewandel. Arbeit ist nicht mehr nur leidlicher Broterwerb, sondern kostbare Lebenszeit. Und die will man nicht in tayloristischen Strukturen mit autoritären Führungskräften und genervten Kollegen verbringen, sondern in einer Kultur der Wertschätzung und der Entfaltungsmöglichkeiten. Insofern müssen Unternehmen Wohlfühlatmosphäre und Leistungskultur miteinander vereinbaren. Braucht also doch jede Firma einen Feelgood-Manager?
„Eine Stelle ‚Feelgood-Manager‘, die all diese Funktionen umfasst, kann ich mir bei uns nicht vorstellen“, sagt Roland Hehn, Personalchef von Heraeus. Dort versteht man Feelgood, das körperliche und psychische Wohlbefinden der 12 600 Beschäftigten, als Grundlage der Leistungskultur. Deshalb ist es beim Technologiekonzern aus Hanau Aufgabe jeder Führungskraft, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten und zu entwickeln. „Und zweitens liegt es in der Verantwortung jedes einzelnen Mitarbeiters selbst“, ergänzt Hehn. Unterstützt werden sie dabei von Bereichen wie der Organisationsentwicklung und dem medizinischen Dienst. Feelgood-Manager? Überflüssig in diesem Modell. „Das kann nur in kleinen Organisationen wie Start-ups funktionieren, bei denen außerdem nicht-finanzielle Anreize eine wichtige Rolle spielen“, so Hehn.
Förderer der neuen Arbeitswelt
Dass sich das Phänomen bislang auf junge Unternehmen der IT-, E-Commerce- und Medienbranche konzentriert, liegt womöglich auch an der dort vorherrschenden Tätigkeitsform: Wissensarbeit. „Der Feelgood-Manager schafft die Bedingungen dafür: eine Kultur des Lernens, Lobens und der Kreativität“, sagt Monika Kraus-Wildegger von Goodplace. Für die Beraterin ist er weniger Kümmerer, vielmehr eine „Disziplin der neuen Wissensarbeitswelt“. Er orientiere sich an den digitalen VOPA-Werten (Vernetzung, Offenheit, Partizipation, Agilität) und am Leitsatz des agilen Manifests: „Der Mensch und seine Interaktionen sind wichtiger als der Prozess.“
Nach Kraus-Wildeggers Verständnis sorgt der Feelgood-Manager dafür, dass eine Feedback-Kultur entsteht. „Als Unternehmenskulturgestalter lädt er die Mitarbeiter dazu ein, sich aktiv an der Gestaltung der Arbeitsplatz- und Lernbedingungen zu beteiligen“, führt sie aus. „Er fördert die Vernetzung über Abteilungsgrenzen hinweg. Informelles Kennenlernen schafft Vertrauen. Und dann kommt die Kür: Wissensaustausch über selbstgesteuerte Fachgruppen.“ In der Ausbildung zum Feelgood-Manager vermittelt Goodplace deshalb unter anderem auch agile Methoden und partizipative Ansätze.
Treiber des Wandels
So gesehen käme der Feelgood-Manager als Change Agent für Organisationen infrage, die neue Formen des Miteinanders und der Zusammenarbeit entwickeln wollen. Etliche Unternehmen haben die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit inzwischen fest in ihrer Strategie verankert: „Bis 2020 wollen wir zu den Toparbeitgebern in Deutschland gehören“, sagt zum Beispiel Dr. Ursula Schütze-Kreilkamp, Head of Group HR Development and Group Executives, DB Mobility Logistics AG. „Das ist auch deshalb von enormer Bedeutung, weil es durch den demografischen Wandel immer schwerer wird, geeignete Talente zu finden.“
Dennoch wird es bei der Deutschen Bahn in naher Zukunft keine Feelgood-Teams geben, die an der Zufriedenheit der Angestellten arbeiten. „Natürlich sollen unsere Mitarbeiter gerne zur Arbeit gehen! Doch was wir wollen, geht weiter und ist grundsätzlicher“, sagt die Personalmanagerin. Darum setzt die Bahn seit 2012 auf das Konzept der transformationalen Führung und auf Wandel von der Basis. Gleichwohl gibt es Strukturen im Konzern, die den Kulturwandel vorantreiben sollen: „Unser Büro Unternehmenskultur oder die Change Manager der Geschäftsfelder stellen Netzwerke, Formate und Tools bereit. Sie verstehen sich als Begleiter eines Prozesses, der von den Mitarbeitern ausgeht.“ Hier ist die Bahn gar nicht so weit weg vom Feelgood-Manager als Kulturbeauftragtem des Unternehmens.
Erfolgsfaktor Kultur
Auf so wenig Gegenliebe der Feelgood-Manager bei den etablierten HR-Experten auch stößt, eines ist Konsens: „Der Hintergrund dieses Trends ist das viel größere Thema Unternehmenskultur. Das beschäftigt alle Unternehmen, egal in welcher Branche“, so Schütze-Kreilkamp. Kaum ein Arbeitgeber wird an der Kulturarbeit vorbeikommen und die Sehnsucht der Menschen nach guter Arbeit und authentischer Wertschätzung ignorieren können. Allein schon im Interesse der Leistungsfähigkeit des Betriebs und im Wettbewerb um Arbeitskräfte. In diesem Sinne ist zwar nicht die Rolle des Feelgood-Managers gefragt, wohl aber ein Feelgood-Management, das vor allem demotivierende Faktoren wie fehlende Wertschätzung, ignorierte Konflikte und leistungs- und entfaltungsbeschränkende Arbeitsbedingungen beseitigt.
Dafür sind alle im Unternehmen gefordert, insbesondere Führungskräfte und HR. Dazu mögen neue Rollen kommen, etwa der agile Coach oder der Corporate Culture Manager, wie der Feelgood-Manager mancherorts heißt. In schnell wachsenden Start-ups ohne vollends ausbuchstabierte Organisationsstrukturen hat er sicherlich seine Berechtigung. Er oder oft auch sie kann dazu beitragen, die Unternehmenskultur zu erhalten. Fatal wäre jedoch, einen Feelgood-Manager dort zu installieren, wo bisher eine ausgeprägte Feelbad-Stimmung herrscht. Das nimmt einem keiner ab.
Neben der Gefahr, die Verantwortung für die Unternehmenskultur und Mitarbeiterzufriedenheit an einen Einzelnen zu delegieren, ist das Problematische am Feelgood-Manager vor allem der Begriff selbst. Der Jobtitel polarisiert, ruft vielerlei Assoziationen wach und Kritiker auf den Plan. Das weiß auch Sebastian Seydak von Ellusion. Für ihn steht jedoch fest: „Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass es meinen Mitarbeitern gut geht.“ Also dann: Frohes Schaffen.
Info
Das Berufsbild des Feelgood-Managers
Der Feelgood-Manager ist eine deutsche Erfindung. Die Rolle entstand in jungen Unternehmen, die ihre Gemeinschaftskultur der Gründungsphase in die Wachstumsphase übertragen wollten. Vor rund fünf Jahren vergaben der Webseiten-Baukasten Jimdo (Hamburg), die E-Commerce-Plattform Spreadshirt (Leipzig) und der Spieleentwickler Wooga (Berlin) die ersten Stellen mit Feelgood-Auftrag. Zentral für den Job des Feelgood-Managers ist die Pflege der Unternehmenskultur. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) hat zusammen mit der Beratung Goodplace ein Jobprofil des Feelgood-Managers erarbeitet, darin heißt es: „Ihr Auftrag ist, das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu stärken und effizientes Arbeiten zu ermöglichen. (…) Ihr Erfolg bemisst sich daran, wie gut es Ihnen gelingt, die Unternehmenskultur und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu verbessern.“ Zu den Aufgaben des Feelgood-Managers gehören:
-
Systematisches Feelgood-Management aufbauen bzw. weiterentwickeln auf der Basis von Leitbildern, Werten und Unternehmenskultur
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Offene und transparente Kommunikationskanäle schaffen bzw. weiterentwickeln
-
Feelgood-Kultur etablieren und weiterentwickeln: systematische Analyse von Mitarbeiterbedürfnissen, Feedback- und Fehlerkultur et cetera
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Optimale, stressfreie Arbeitsumgebung schaffen: Treffpunkte und Austauschmöglichkeiten, störungsfreies Arbeitsumfeld et cetera
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Nachhaltige Feelgood-Strukturen etablieren: freiwillige, sich selbst organisierende Kümmerer-Teams aufbauen und weiterentwickeln
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Lernangebote etablieren: Konfliktmanagement, Feedback-Kultur, selbstorganisierte Teamstrukturen, Retrospektiven, Coaching
Porträt
Stefanie Frenking, „Kulturbeauftragte“ bei Spreadshirt
Als die Leipziger Firma Spreadshirt 2011 als eines der ersten Unternehmen die Stelle eines Feelgood-Managers ausschrieb, bewarb sich Frenking und ergatterte den begehrten Job. Seitdem gestaltet sie das Miteinander bei der Online-Plattform für Textildruck.
Das Unternehmen:
Spreadshirt ist eine E-Commerce-Plattform für den On-Demand-Druck von Kleidung und Accessoires. Das Unternehmen wurde 2002 von Lukasz Gadowski und Matthias Spieß gegründet. Hauptsitz ist Leipzig. Weitere Büros befinden sich in Berlin, Boston (USA) und Rio de Janeiro (Brasilien). Spreadshirt beschäftigt rund 600 Mitarbeiter, 300 davon in Deutschland.
Das stand in der Stellenanzeige:
Gesucht wurde die „Kulturbeauftragte des Unternehmens“ mit „einem guten Gespür für Menschen und ihre Bedürfnisse“, die „Leipzig wie ihre Westentasche kennt“.
So lautet der Jobtitel:
HR Business Partner Feelgood-Management und Recruiting. Ich berichte an unsere HR-Direktorin. Neben meiner Feelgood-Tätigkeit unterstütze ich im Recruiting: Ich bin bei den Gesprächen dabei, um zu schauen, ob potenzielle Kollegen zu uns passen und sich mit unserer Kultur wohlfühlen. Wir duzen uns hier zum Beispiel vom ersten Moment an.
So fühlt sich eine Feelgood-Managerin:
Tagesformabhängig. Ich bin generell ein optimistischer Mensch, 85 Prozent meiner Zeit bin ich gut drauf.
Das macht einen guten Feelgood-Manager aus:
Ich kann nicht jedes Problem lösen, aber ich nehme mich der Sachen an. Ich kenne jeden Mitarbeiter. Dadurch weiß ich, wer was betreut, wer Kinder hat oder wer nach einer Wohnung sucht. So kann ich die Leute zusammenbringen. Die Ohren und Augen überall zu haben, im positiven Sinne, das ist der Job.
Stefanie Frenking; Bild: Spreadshirt
Auch das muss man können:
Mit Enttäuschungen umgehen, zum Beispiel bei Aktionen, die nicht so wertgeschätzt werden oder nicht so gut gelaufen sind wie erhofft.
Darum lohnt sich die Einstellung eines Feelgood-Managers:
Ich glaube, dass die Leute gut über Spreadshirt sprechen. Wir haben Bewerber, die sich vier, fünf Mal bewerben. Und die Motivation ist eine ganz andere, wenn man weiß, man bekommt vom Unternehmen noch etwas anderes zurück als nur das Gehalt.
Das nervt am Job:
Der Bürokratiewahnsinn, beispielsweise bei Visaanträgen. Zweimal ist es uns nicht gelungen, tolle Kollegen an Bord zu holen. Da würde ich mir wünschen, dass es in Deutschland einfacher ist.
Porträt
Raphael Meese, „Libero“ bei Billiger-mietwagen.de
Raphael Meese, unser zweiter Feelgood-Manager im Porträt, arbeitet bei Billiger-mietwagen.de. In Köln betreut er 126 Mitarbeiter.
Das Unternehmen:
Billiger-mietwagen.de ist ein Vergleichsportal für den Mietwagenmarkt. Das Unternehmen wurde 2003 in Freiburg gegründet und hat seit 2005 einen weiteren Standort in Köln. Die Firma beschäftigt insgesamt rund 200 Mitarbeiter.
Die Ausbildung:
Ich besitze einen Bachelor in Media Management und einen Masterabschluss in International Marketing der Hochschule Niederrhein und der Université de Haute Alsace (Double Degree).
Der Werdegang:
Berufserfahrung habe ich unter anderem als Junior Junior-Key-Account-Manager bei Kit Digital und im Marketing von DBL Drinks Beverage Logistics (Bionade Australia) gesammelt. Seit 2014 bin ich im Produktmanagement bei Billigermietwagen.de beschäftigt. Aktuell bin ich zudem für das Feelgood-Management zuständig.
Das ist für den Job als Feelgood-Manager gefragt:
Es kommt weniger auf eine Ausbildung beziehungsweise Hard Skills an, gefragt sind eher bestimmte Charaktereigenschaften. Ich bin kommunikativ und gut mit allen Teams und Mitarbeitern vernetzt. Meine Gelassenheit hilft, bei Konflikten neutral zu bleiben. Wichtig ist auch Offenheit und der Mut, Themen direkt an die Geschäftsführung zu tragen.
Typische Aufgaben:
Ich bearbeite die Anfragen aus dem Optimierer, einem Kasten in unserer zentral gelegenen Küche, in der jeder Mitarbeiter offen oder anonym Wünsche und Verbesserungsvorschläge schriftlich mitteilen kann. Außerdem organisiere ich Events, vom gemeinsamen Ausklang des Arbeitstages bis zum Schwarzlicht-Minigolf. Ich helfe neuen Kollegen bei der Integration und bin Mediator bei Konflikten.
Der Feelgood-Manager und die Personalabteilung:
Meine Position ist klar von der Personalabteilung getrennt. So bleibt meine Neutralität bei Konflikten gewahrt, da ich über keine arbeitsrechtlich relevanten Informationen verfüge.
Die Stellung im Unternehmen:
Im Fußball-Jargon würde ich meine Stelle als „Libero“ bezeichnen, da sie keiner Abteilung zugeordnet ist. Natürlich kommuniziere ich viel mit der Geschäftsführung, bin dabei jedoch sehr unabhängig in meiner Arbeit.
Die Highlights bei der Arbeit:
Große Events, die gut laufen. Noch mehr freut es mich allerdings, wenn es gelingt, neue Mitarbeiter schnell in die Firma zu integrieren. Ein tolles Gefühl war es auch, als ich kleinere Streitereien zwischen zwei Mitarbeitern schlichten konnte und die beiden seitdem sehr konstruktiv zusammenarbeiten.
Raphael Meese; Bild: Billiger-mietwagen.de
So reagieren Außenstehende auf den Job:
Es ist noch immer Erklärungsaufwand nötig. Viele verwechseln die Position mit „Pausenclown“ und „Schulter massieren“. Wenn ich dann meine tatsächlichen Aufgaben schildere, möchten die meisten bei uns arbeiten. Das zeigt, dass Feelgood-Manager auch für das Personalmarketing immer wertvoller werden.
Weiterführende Links
Informationen zum Berufsbild, zu Workshops und Ausbildungen zum Feelgood-Manager:
www.kai.iao.fraunhofer.de/content/dam/kai/de/documents/KAI-Jobprofile_Feelgood-Manager.pdf (Jobprofil)
www.feel-the-good-management.eu
Im Juli 2015 wurde in Bremen der erste Berufsverband Feel Good Management e.V. (BFGM) gegründet. Seit Oktober ist er offiziell im Vereinsregister eingetragen:
Die Jobbörse Feelgood at Work legt besonderes Gewicht auf die Unternehmenskultur und den Feelgood-Faktor der inserierenden Arbeitgeber:
Autor
Christoph Bertram
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