Ausgabe 12, Special Managementberatung - 2013
Die Herausforderungen im Blick
Eine globale HR-Studie zeigt einmal mehr, dass sich Personalarbeit auch zukünftig an zwei Zielen messen lassen muss: gutes Talent Management und effiziente HR-Strukturen.
Die Ergebnisse einer weltweit von der Economist Intelligence Unit im Auftrag von KPMG unter über 400 Executives durchgeführten Studie zeigen deutlich, dass die drei Top-Themen, in die HR in den letzen drei Jahren die größten Bemühungen investierte, in den nächsten drei Jahren teilweise noch mehr an Bedeutung gewinnen werden.
Diese drei Themen sind:
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Bindung von Mitarbeitern mit erfolgskritischen Kompetenzen und Knowhow,
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weltweite Talentsuche und -rekrutierung sowie Erschließung neuer Märkte,
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Einführung und Nutzung von neuen Informationstechnologien zur Steigerung der Effizienz der HR-Prozesse und datenbasierten Personalsteuerung.
Bindung von Top-Talenten an das Unternehmen
Als die mit Abstand wichtigste Aufgabe von HR sehen die Studienteilnehmer die Bindung von erfolgskritischen Top-Talenten an das Unternehmen. Dabei wird die Bedeutung dieses Themas immer weiter wachsen: 34 Prozent der Teilnehmer nennen Bindung von erfolgskritischen Talenten als das HR-Fokusthema in den vergangenen drei Jahren, 40 Prozent der Führungskräfte sprechen dabei dieser Herausforderung die höchste Priorität in den nächsten drei Jahren zu.
Das Verständnis der Executives, dass die Unternehmen sich um die Erhaltung wichtiger Leistungs- und Potenzialträger proaktiv bemühen müssen, reflektiert die aktuellen Entwicklungen auf dem globalen Arbeitsmarkt. Die Fachkräfteengpässe in bestimmten Regionen, Branchen und Berufen üben immer stärkeren Druck auf die Unternehmensleitungen aus, deutlich differenzierter auf die Ansichten, Einstellungen und Erwartungen der vorhandenen und potenziellen Mitarbeiter einzugehen. Dabei sinkt die Loyalität der bestehenden Mitarbeiterschaft zunehmend, während sich die möglichen beruflichen Perspektiven für qualifizierte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt kontinuierlich verbessern.
Wer die erfolgskritischen Talente gewinnen und im Unternehmen erhalten will, soll jetzt bei der Gestaltung von HR-Prozessen auf modular individualisierbare Talent Management-Lösungen setzen. Da es kein allgemeingültiges Erfolgskonzept für Unternehmen gibt, sollte die Erarbeitung eines unternehmenseigenen Talent Management mit der strategischen Personalplanung beginnen. Eine präzise Analyse der Belegschaft zum Beispiel in Bezug auf Lebens- und Berufsphasen, Präferenzen oder Kompetenzen liefert eine unverzichtbare Basis für zielgruppenadäquate Talent Management-Prozesse: beginnend mit einem professionellen Employer Branding- und Recruiting-Prozess, um die bestpassenden Kandidaten gezielt anzusprechen und auszuwählen, über strategiekonformes Performance Management und individualisierte Qualifizierungsprogramme, um Leistungs- und Lernmotivation der Mitarbeiter zu stärken, bis hin zu der Ausgestaltung von differenzierten Karrierepfaden, um den Mitarbeitern berufliche Zukunftsperspektiven im Unternehmen aufzuzeigen.
Die befragten HR-Experten sind sich außerdem einig, dass eine entscheidende Mitarbeiterbindungs-Maßnahme die Etablierung einer Führungskultur im Unternehmen darstellt, die Freiräume für eigenverantwortliche Entwicklung und Selbststeuerung schafft, die individuelle Lernmotivation fördert und ein offenes gegenseitiges Feedback ermöglicht.
Zu einer genauen Identifikation von Faktoren, die zu einer nachhaltigen Mitarbeiterbindung im Unternehmen beitragen, empfiehlt es sich, neben der datenbasierten Analyse regelmäßige Mitarbeiterbefragungen durchzuführen, um ein aktuelles Stimmungsbild zu erhalten und Bindungsmaßnahmen entsprechend auszurichten. Eine kontinuierliche Evaluation der Wirksamkeit dieser Maßnahmen dient der zielgenauen Optimierung und Erfolgssicherung.
Weltweite Talentsuche
Viele Unternehmen wollen offensichtlich die Talentsuche über Ländergrenzen hinweg verstärken. Für die Befragten ist dies die zweitwichtigste HR-Aufgabe: In den letzten drei Jahren war die internationale Talentrekrutierung für knapp ein Drittel (29 Prozent) der Befragten besonders wichtig, in den nächsten drei Jahren werden 26 Prozent dieses Thema verstärkt fokussieren.
Obwohl sich deutsche Unternehmen, den Ergebnissen einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge, aktuell bei der Suche nach Arbeitskräften vor allem im Inland umschauen und stärker auf (Weiter-)Bildung als auf Zuwanderung setzen, wird internationales Personalmarketing und grenzüberschreitende Personalbeschaffung aufgrund der demografischen Entwicklung und Internationalisierung der Wirtschaft zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen.
Um Fachkräfte mit notwendigen Kompetenzen, Kenntnissen und Fertigkeiten zu gewinnen, werden Unternehmen ihre Recruiting-Aktivitäten strategischer und langfristiger ausrichten müssen. Dazu gehören die Auftritte und Firmenvorstellungen auf den internationalen Recruiting-Messen, Unternehmenspräsenz im Social Web, Errichtung von internationalen Projekt-Jobbörsen sowie der Aufbau und die intensive Pflege von internationalen Talent Relationship Management-Plattformen. Darüber hinaus sollten sich Unternehmen auch bei der Berufsvorbereitung, Ausbildung und Qualifizierung von zukünftigen internationalen Mitarbeitern engagieren.
Bei dem Schritt über die Ländergrenzen auf der Suche nach qualifizierten Fachkräften sollten die Unternehmen sich gut überlegen, wie internationale Einsteiger best- und schnellstmöglich in die Organisation integriert werden. Ein umfassendes Integrationskonzept ist unerlässlich, um die kulturellen Unterschiede innerhalb der Belegschaft zugunsten des Unternehmens nutzen zu können.
Steigerung der Effizienz
23 Prozent der Teilnehmer der KPMG-Studie weltweit sehen die Einführung und Nutzung von modernen Technologien zur Effizienzsteigerung von HR-Prozessen nach wie vor als eine der wichtigsten Aufgaben von HR.
Den modernen Technologien messen wir eine entscheidende Bedeutung bei der Transformation der HR-Abteilung zum strategischen Partner der Geschäftsleitung und der Line Manager zu:
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Durch Software-gestützte detaillierte Personalbedarfsanalysen und Einführung von Steuerungsgrößen zur Messung der Rentabilität des Humankapitals liefert HR dem Business eine wichtige Entscheidungsgrundlage.
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Durch die Nutzung von Social Media und anderen Web-basierten interaktiven Instrumenten wird die Motivation und Bindung der Beschäftigten zum Unternehmen gestärkt sowie die Arbeitgeberattraktivität bei der jungen Arbeitnehmergeneration gesteigert.
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Durch die Einführung von mobilem, digitalem und Self Service HR Management wird Effizienz der Prozesse gesteigert, während Kosten maßgeblich reduziert werden.
Weitere wichtige Herausforderungen für HR
Darüber hinaus ist jeder fünfte Befragte der Meinung, dass Themen wie strategische Personalplanung, Nachfolgeplanung für die Führungspositionen sowie Management von zunehmend virtuellen und flexiblen Belegschaften in den nächsten drei Jahren an Bedeutung gewinnen und zu den wichtigsten Handlungsfeldern von HR werden.
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Die wichtigsten HR-Aufgaben

Die Bindung von Mitarbeitern mit erfolgskritischen Kompetenzen, die weltweite Talentsuche sowie die Einführung neuer HR-Technologien zur Optimierung von HR-Prozessen – das sind die Top-3-Themen für HR.
Aufgrund der steigenden Komplexität und Vielfalt der zu bewältigenden Herausforderungen sowie wachsender Ansprüche der Geschäftsleitung an die Service- und Beratungsqualität muss sich HR fundamental transformieren. Diese Transformation umfasst nicht nur die mechanischen Komponenten, wie Strukturen, Prozesse, Systeme und das Service Delivery-Modell, sondern bedarf vielmehr der Veränderung des sogenannten „Mindset“ der betroffenen Mitarbeiter in der Personalabteilung, den organisatorischen Schnittstellen und den weiteren Betroffenen im Unternehmen. Change Management wird somit nicht nur von HR begleitet, sondern muss auch aktiv durch Mitarbeiter und Führungskräfte betrieben werden, um einen nachhaltigen Erfolg und die Zukunftsfähigkeit der Unternehmens sicherzustellen.
Die Studie „Rethinking Human Resources in a Changing World“ steht unter www.kpmg.com als Download zur Verfügung.
Autor
Dr. Michael Geke, Partner und Head of HR Consulting, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
Düsseldorf,
michaelgeke@kpmg.com