Wie Butter ohne Brot
Viele Unternehmen sind dabei, sogenannte Social Media Guidelines zu erstellen. Mit diesen Richtlinien sollen Vorgaben etabliert werden, die das Verhalten der Mitarbeiter im Internet, bei Facebook & Co. festlegen – vor allem dann, wenn sie dabei als Angehörige des Unternehmens auftreten.
Oft haben die Mitarbeiter wenig Verständnis dafür, dass das Unternehmen zu ihren vordergründig privaten Aktivitäten Vorgaben macht. Die Betonung liegt auf vordergründig privat, denn häufig ist schnell erkennbar oder einfach nachzuvollziehen, zu welchem Arbeitgeber eine Person gehört. Dann nämlich steht die persönliche Kommunikation des Einzelnen in einem anderen Zusammenhang, ist nicht mehr ausschließlich privat und von der Unternehmenskommunikation nicht ohne Weiteres zu trennen. Insbesondere diejenigen Firmen, die sich in der Kommunikation nach außen im Web 2.0 professionell positionieren, haben deswegen Richtlinien entwickelt und ausgegeben. Die Mitarbeiter werden aber mit der praktischen Bedeutung und Anwendung häufig alleingelassen.
Neue Funktionen geben noch mehr preis
Ein Beispiel: Seit Ende vergangenen Jahres bietet Facebook eine neue Struktur für die Profilseite der Nutzer an. Darin können Arbeitsprojekte samt der dazugehörigen Kollegen dargestellt werden. Doch schon die Angabe, woran ein Mitarbeiter gerade arbeitet, könnte aus Sicht des Arbeitgebers unerwünscht sein. Noch schwieriger wird es, wenn sich die Mitarbeiter in Facebook zum Projekt austauschen und dies am Ende gar in öffentlich zugänglichen Bereichen tun.
Andererseits existiert eine Facebook-App, mit deren Hilfe ein Nutzer sich die Presseinformationen seines Arbeitgebers auf seine persönliche Facebook-Seite abonnieren und mit seinen Freunden teilen kann, was vom Unternehmen sicherlich befürwortet wird.
Der Druck, für Klarheit zu sorgen, wie mit den sozialen Medien umgegangen werden soll, steigt durch die wachsenden Nutzungsmöglichkeiten und Funktionalitäten sowie durch die großen Nutzerzahlen immer weiter an (Facebook, Stand 12/2010: mehr als 13 Millionen Nutzer in Deutschland).
Was ist also zu tun? Die Nutzung solcher Plattformen verbieten, wie es von einigen namhaften Firmen zu hören war? Und damit zu versuchen, negative Begleiterscheinungen zu verhindern und gleichzeitig auf die positiven zu verzichten? Während der Arbeitszeit mag solch ein Verbot noch zulässig sein. Aber wie ist das bei einem Mitarbeiter, der sich in der Frühstückspause mit seinem privaten Smartphone bei Facebook einloggt und seine Pinnwand aktualisiert? Ein generelles Verbot bestimmter Seiten kann mit gesundem Menschenverstand betrachtet und angesichts zunehmender mobiler Internetnutzung nicht die richtige Strategie sein.
Laut der Allensbacher Computer- und Technikanalyse 2010 gehen bereits knapp zehn Prozent der 14- bis 69-Jährigen mit dem Handy oder Smartphone ins Internet. Dieser stark wachsenden Gruppe sind gerade die kommunikativen Aspekte sehr wichtig, weshalb sie auch überdurchschnittlich oft Online-Communities nutzt. Die Alternative zum Verbot ist, den richtigen Umgang mit sozialen Medien festzulegen und klarzustellen, welche Themen in Online-Communities nichts verloren haben.
Dafür muss jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden, zumal entsprechende Gesetze fehlen und die Rechtsprechung, die weit hinter der Realität hinterherhinkt, keine verlässlichen Ableitungen zulässt. Womit wir wieder bei den Guidelines wären, die Bestandteil des Arbeitsvertrags sein sollten. Hinzugefügt werden muss: Wenn die Unternehmen wollen, dass diese Richtlinien verstanden und gelebt werden, müssen sie ihren Mitarbeitern die notwendige Medienkompetenz vermitteln und sie darüber aufklären, warum die sozialen Medien so bedeutungsvoll sind, dass sie dieser umfangreichen Regelungen bedürfen.
Massenkommunikation für Jeden
Die Massenkommunikation war bis vor Kurzem noch Sache von Wirtschaft, Politik und Prominenz. Durch das Internet und die Web-2.0-Plattformen ist es nun für den Einzelnen möglich geworden, Inhalte ganz einfach der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sie also im Wortsinn zu publizieren. Die meisten Menschen sind dies nicht gewohnt und gehen deshalb vergleichsweise arglos mit Informationen aller Art um. Wenn sie beispielsweise in einer Xing-Gruppe auf einen Beitrag antworten, ist ihre Intention, mit demjenigen zu kommunizieren, der den Beitrag erstellt hat. Dass die Gruppe dabei mithört und sich beteiligen kann, ist noch transparent. Dass der individuelle Beitrag, je nach Privatsphäre-Einstellungen, auch von Suchmaschinen gefunden werden kann und damit für alle Internetnutzer – auch außerhalb von Xing – zugänglich ist, ist dagegen nicht jedem klar.
Das sollte es aber sein. Denn jeder Xing-Nutzer ist bei seinen Aktivitäten auch als eine Art Unternehmenssprecher wahrzunehmen. Immerhin sind drei Informationen sofort verfügbar: der Name, das Profilbild und der momentane Arbeitgeber. Das Unternehmen ist also bei allem, was der Mitarbeiter tut, sichtbar. Deshalb sollte es durchaus bis zu einem gewissen Grad Vorgaben machen und beispielsweise in den Guidelines festlegen, dass Äußerungen, die eine persönliche Meinung widerspiegeln, als solche zu kennzeichnen sind. Dies nur vorzugeben, ohne die notwendigen Erklärungen zu liefern, kann auf Mitarbeiterseite Irritationen auslösen. Schließlich haben diese hier ein privates, eventuell sogar ein bezahltes Profil. Die Erläuterung der Zusammenhänge fördert das Verständnis und hilft zu vermeiden, dass Informationen gespeichert werden, wo sie nicht hingehören, wie das bei geschäftlichen Xing-Kontakten der Fall sein kann.
Kontakte: privat oder geschäftlich?
Es ist ein übliches Vorgehen, Geschäftskontakte auf Xing abzubilden. Kaum eine Messe oder Veranstaltung, nach der keine neuen Kontaktanfragen eingehen. Gerade Vertriebsmitarbeiter haben deshalb meist viele der Kontakte, die sie im Auftrag ihres Unternehmens pflegen, auf Xing übertragen. Es ist nun kein böser Wille mehr notwendig, diese Kontakte bei einem Arbeitgeberwechsel mitzunehmen. Man hat den Kontakt schon bei sich, es passiert quasi automatisch.
Erneut die Frage: Soll das Unternehmen alle Arten von Geschäftskontakten auf Social Media Plattformen verbieten? Die Ablehnung einer Anfrage würde bei den Xing-Kontakten des Vertriebsmitarbeiters nicht gut ankommen, denn allein die Anwesenheit dort sowie ein gepflegtes Profil signalisieren die Bereitschaft, sich zu vernetzen.
Die Liste der Dinge, die zu klären sind, ist lang und teilweise handelt es sich um komplizierte Fragen. Für alle Fälle ist es wichtig, Bewusstsein bei den Akteuren zu schaffen: Social Media Guidelines sind sinnvoll, können jedoch nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn die Mitarbeiter die Nutzung des Internets verstehen und die Zusammenhänge im Web 2.0 durchschauen. Nichts ist glaubwürdiger als ein Mitarbeiter, der aus voller Überzeugung sein Unternehmen lobt. Und nichts ist schädlicher als öffentliche Nörgeleien. Häufig sind Arglosigkeit und unzureichende Medienkompetenz im Spiel, wenn trotz vorhandener Social Media Guidelines Betriebsgeheimnisse im Internet auftauchen, ein Mitarbeiter offen über sein Unternehmen lästert oder Geschäftskontakte über Xing abgewickelt werden, obwohl ein unternehmenseigenes Kontaktmanagement-Tool existiert.
Dass Arbeitgeber sich nicht in die private Kommunikation einmischen dürfen, ist klar. Dass sie einen Einfluss auf die geschäftliche Kommunikation haben dürfen, ebenfalls. Wo hört aber das eine auf und fängt das andere an, zumal wenn es auf ein und derselben Plattform stattfindet? Hier helfen die Guidelines, klarere Trennlinien zu etablieren.
Wann Privates nicht mehr als solches zu bewerten ist
| Private Kommunikation | Vermischung von beidem | Geschäftliche Kommunikation |
| Persönliche Angaben im Profil, Verlinkungen, „Gefällt mir“-Bekenntnisse | Facebook-App, mit der Presseinformationen abonniert und geteilt werden können | Angaben im Profil zu aktuellen Projekten, Projektmitarbeitern usw. |
| Vita, Ich suche/Ich biete, sonstige Selbstpräsentation, Über-mich-Seite | Kontakte, die im Auftrag des Arbeitgebers gehalten werden, fachspezifische Gruppenbeiträge, Referenzen | Moderation einer Gruppe im Auftrag des Arbeitgebers |
| Tweets über private Themen, Hobbies usw. | Tweets über Fachthemen, berufliche Expertise ohne direkten Bezug zum Arbeitgeber | Tweets, die inhaltlich direkt mit dem Arbeitgeber zu tun haben, Retweets, die von Unternehmensaccounts stammen oder Beiträge, in denen bspw. die Website des Arbeitgebers verlinkt ist |
Autorin
Ramona Riesterer, Geschäftsführerin, PR hoch drei, Stuttgart,
riesterer@pr-hoch-drei.de
- Inhalt Personalwirtschaft 02/2011
- Alltägliche Fragen
- Man kann nicht immer Kumpel sein
- Macher mit dem gewissen Etwas
- Was erfolgreiche Management-Teams ausmacht
- „Professionelle Instrumente einsetzen“
- Wenig Kenntnisse – aber konkrete Erwartungen
- Die richtige Position spielen lassen
- Deutschland gehen die Ideen aus
- Neue Rolle für den Chef
- Führung in der Praxis lernen
- Wie Butter ohne Brot
- Attraktivität litt unbemerkt unter Krise
- Ein Portal für alle
- Kein Problem mit den Daten