Ausgabe 3 - 2013
Partner bei der Wahl der Krankenkasse
Die Wahl der richtigen Krankenkasse ist eine wichtige Entscheidung. An dieser Stelle sollen nicht die Vor- und Nachteile einer gesetzlichen (GKV) oder privaten (PKV) Krankenversicherung dargestellt werden. Vielmehr geht es darum, welche Aufgaben der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang wahrnehmen muss und worauf die Personaler achten sollten.
Grundsätzlich muss jeder Einwohner Deutschlands krankenversichert sein. Ein Teil der entsprechenden Überwachung wurde auf den Arbeitgeber übertragen. Deshalb ist es für den Personaler erforderlich, dass dieser die Grundsätze der Kassenwahl und die Wechselmöglichkeiten zwischen gesetzlicher und privater Assekuranz kennt. Außerdem kann eine vorschnelle Meldung über den Kassenwechsel erhebliche Mehrarbeit und auch Kosten nach sich ziehen. Nimmt ein Arbeitnehmer eine neue Beschäftigung auf, so muss er seinem Arbeitgeber mitteilen, bei welcher Krankenkasse er versichert werden möchte und ihm eine Mitgliedsbescheinigung dieser Kasse vorlegen. Tut er das nicht bis spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Aufnahme der Beschäftigung, muss der Arbeitgeber selbst entscheiden. Grundsätzlich zuständig ist dann die Krankenkasse, bei der der Mitarbeiter zuletzt versichert gewesen ist, gleichgültig ob er dort selbst als Mitglied oder als mitversicherter Familienangehöriger geführt wurde. Es spielt auch keine Rolle, wie lange die Versicherung dort zurückliegt.
Weiß der Mitarbeiter nicht, bei welcher Krankenkasse er war oder existiert diese Kasse nicht mehr, übt er ersatzweise anstelle des Beschäftigten das Wahlrecht aus. Dabei kann er sich für jede Kasse entscheiden, die für den Arbeitnehmer wählbar ist. Dabei sollte er darauf achten, dass er nicht eine Kasse auswählt, die von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag erhebt, um unnötige Diskussionen mit dem Mitarbeiter zu vermeiden.
Pflichten bei Ende der Krankenversicherungspflicht
Endet die Krankenversicherungspflicht wegen Aufgabe der Beschäftigung oder Verringerung des Entgelts auf nicht mehr als 400 Euro, muss der Arbeitgeber die erforderliche Ab- beziehungsweise Ummeldung vornehmen. Für den Versicherungsschutz danach ist er nicht verantwortlich, aus Fürsorgegründen sollte er den Mitarbeiter aber darauf hinweisen, dass sich dieser nun selbst um eine Anschlussversicherung kümmern muss.
Etwas anders ist die Lage, wenn die Krankenversicherungspflicht wegen Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze zum Jahreswechsel endet. In diesen Fällen endet die Krankenversicherung nur, wenn der Beschäftigte bei der Krankenkasse seinen Austritt erklärt und er in die private Versicherung wechseln möchte. Die Krankenkasse muss den Betroffenen darüber informieren. Das kann sie natürlich erst dann, wenn der Arbeitgeber die notwendige Ummeldung vorgenommen hat. Erklärt der Beschäftigte seinen Austritt nicht, bleibt die Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung weiter bestehen.
Auch wenn wegen Überschreitung der Entgeltgrenze keine Krankenversicherungspflicht besteht, ist die Frage der Krankenversicherung für den Arbeitgeber wichtig. Besteht eine freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse, ist diese auch für die Abführung der übrigen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen zuständig. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den freiwilligen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung mit abführt oder den Arbeitgeberbeitragszuschuss an den Beschäftigten auszahlt.
Wechsel der Krankenkasse
Wechselt der Mitarbeiter in die private Krankenversicherung, bleibt die letzte gesetzliche Krankenkasse für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und auch für die Durchführung der Entgeltfortzahlungsversicherung zuständig. Bei privater Krankenversicherung wird der Beitragszuschuss grundsätzlich an den Mitarbeiter ausgezahlt und nicht vom Arbeitgeber an die Versicherung überwiesen.
Versicherungspflichtig Beschäftigte und freiwillig Versicherte haben grundsätzlich die freie Wahl zwischen den gesetzlichen Krankenkassen, soweit sich deren Tätigkeitsbereich auf ihren Wohn- oder Beschäftigungsort erstreckt. Ausnahmen gibt es nur bei sogenannten geschlossenen Betriebskrankenkassen. Das sind Krankenkassen, die nur für die Beschäftigten eines Betriebes oder mehrerer Betriebe geschaffen wurden und sich nicht durch Satzungsbeschluss für andere Mitglieder geöffnet haben. Hier ist der Zugang für Nicht-Betriebsangehörige nur möglich, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner dort versichert ist. Die Einschränkung gilt nach dem Gesetz auch für geschlossene Innungskrankenkassen, da es derzeit eine solche aber nicht gibt, wird auf diese Sonderregelung hier nicht eingegangen.
Bei den Ortskrankenkassen kann der Beschäftigte die Kasse seines Beschäftigungs- oder seines Wohnortes wählen. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Monate zum Monatsende.
Bindungswirkung
Die Mitglieder sind grundsätzlich für 18 Monate an ihre Wahlentscheidung gebunden. Erst danach ist ein erneuter Wechsel möglich. Einzelne von den Krankenkassen angebotene Wahltarife (z.B. zusätzliche Krankengeldleistungen oder Selbstbehalttarife) verlängern die Bindungsfrist auf drei Jahre. Von diesen Grundsätzen gibt es allerdings Ausnahmen:
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Wurde die Mitgliedschaft unterbrochen, bestand also für einige Zeit keine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse, kann das Wahlrecht bei einer neu aufgenommen Beschäftigung auch vor Ablauf der 18 Monate ausgeübt werden.
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Erhebt eine Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht sie einen solchen, haben die Mitglieder ein außerordentliches Kündigungsrecht. Hierauf sind sie von ihrer Kasse schriftlich hinzuweisen. Machen sie hiervon Gebrauch, gilt zwar die gesetzliche Kündigungsfrist, sie müssen in dieser Zeit aber den neuen Zusatzbeitrag nicht entrichten.
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Das gleiche gilt sinngemäß, wenn eine Kasse eine Prämie ausschüttet und diese Zahlung vermindert oder einstellt.
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Auch die verlängerte Bindungsfrist aufgrund eines Wahltarifes wird durch das Sonderkündigungsrecht außer Kraft gesetzt. Ausnahme: Bei einem Krankengeldtarif bleibt die Bindungswirkung bestehen.
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Endet die Pflichtversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze und wechselt der Beschäftigte in die private Krankenversicherung, gelten keine Bindungsfristen, auch nicht im Falle von Wahltarifen.
Meldeverfahren
Um den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu regulieren und um unversicherte Beschäftigte zu vermeiden, wurde ein einheitliches, verbindliches Meldeverfahren geschaffen. Bestandteile sind die Kündigungsbestätigung und die Mitgliedsbescheinigung.
Wechselt ein Mitglied die Krankenkasse, so muss es zunächst die alte Kasse kündigen. Diese ist verpflichtet ihm innerhalb von zwei Wochen eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Die enthält unter anderem den Hinweis, dass sie nur wirksam wird, wenn der zur Meldung verpflichteten Stelle (Arbeitgeber) vor Ablauf der Kündigungsfrist die Mitgliedsbescheinigung der neuen Krankenkasse vorliegt. Andernfalls bleibt die Mitgliedschaft bestehen. Die Kündigungsbestätigung muss der neuen Krankenkasse vorgelegt werden. So kann diese erkennen, dass zuvor bereits eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden hat und ein Wechsel möglich ist.
Die neu gewählte Kasse stellt dann eine formelle Mitgliedsbescheinigung aus. In der Regel wird sie dem Arbeitgeber direkt zugesandt, sie kann aber auch dem neuen Mitglied ausgehändigt werden. Der Arbeitgeber darf die Ummeldung nur vornehmen, wenn er bis zum Wechseltermin die Mitgliedsbescheinigung vorliegen hat.
Besonderheiten in der privaten Krankenversicherung
Kündigt ein freiwilliges Mitglied seine Krankenkasse, um in die PKV zu wechseln, muss auch hier die Kündigungsfrist eingehalten werden. Zudem muss dem Arbeitgeber, sonst der Krankenkasse, der Nachweis über den Abschluss einer ausreichenden privaten Krankenversicherung erbracht werden. Geschieht das nicht, bleibt die freiwillige Versicherung unverändert bestehen.
Der Arbeitgeber hat es in diesen Fällen leicht. Der Beschäftigte möchte schließlich den Beitragszuschuss erlangen, wofür er dem Arbeitgeber eine Bescheinigung der neuen Versicherung über die Beitragshöhe vorlegen muss. Ohne einen solchen Nachweis darf eine Ummeldung nicht vorgenommen werden.
Ist ein Mitarbeiter aufgrund der Entgelthöhe krankenversicherungsfrei und sinkt das Entgelt durch Absenkung (z.B. durch Verringerung der Arbeitszeit) unter den Grenzwert, so tritt sofort Krankenversicherungspflicht ein. In einigen Fällen (abhängig vom Grund der Absenkung) besteht die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht. Dann kann die private Versicherung weiter bestehen bleiben. Aber Vorsicht: Ist es ohnehin schon schwierig in die gesetzliche Krankenkasse zurückzukehren, ist es nach einer Befreiung auf Antrag nahezu ausgeschlossen. Dieselbe Regelung gilt, wenn die Versicherungspflicht durch Anhebung der Versicherungspflichtgrenze bei gleichbleibendem Entgelt eintritt.
Desweiteren gibt es einen Ausschlusstatbestand für langjährig Privatversicherte. Wer nämlich das 55. Lebensjahr vollendet hat, für den ist endgültig Schluss mit der Rückkehr in die gesetzliche Kasse. Deshalb führt in der Regel die Entgeltminderung aufgrund von Altersteilzeit nicht zur Krankenversicherungspflicht, da dann meist die magische (Alters-)Grenze bereits überschritten ist.
Beim Eintreten von Krankenversicherungspflicht hat der Privatversicherte ein außerordentliches Kündigungsrecht, ist also nicht an die sonst geltenden Kündigungsfristen gebunden. Er muss lediglich dem Versicherer die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse nachweisen. Der Arbeitgeber muss dann die erforderliche Ummeldung zur letzten oder zur neu gewählten Krankenkasse (Mitgliedsbescheinigung muss vorliegen!) vornehmen.
Für eine spätere freiwillige Fortsetzung der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine Vorversicherungszeit von mindestens zwölf Monaten erforderlich. Deshalb kann es passieren, dass ein Beschäftigter, der im Laufe des Jahres versicherungspflichtig geworden ist, zum Jahresende wieder ausscheidet, dann aber die Vorversicherungszeit nicht erfüllt, sodass die Fortsetzung in der gesetzlichen Kasse nicht möglich ist. In diesen Fällen besteht ein Rückkehrrecht in die frühere Privatversicherung zu den alten Bedingungen. Dieses Recht ist allerdings auf zwölf Monate begrenzt. Danach besteht ja auch die Möglichkeit der freiwilligen Mitgliedschaft oder eben der Rückkehr in eine private Versicherung, dann aber zu den aktuellen Bedingungen (neues Eintrittsalter, Gesundheitsprüfung usw.).
Hilfe bei der Wahlentscheidung?
Darf der Arbeitgeber Einfluss auf die Kassenwahl seiner Mitarbeiter nehmen? Ein neues Urteil des LG Frankfurt/Oder (31 0 157/10) verbietet die Ausübung von Druck. Bei dem Urteil ging es darum, dass eine befristete Beschäftigung nicht verlängert wurde, weil die Arbeitnehmerin dem Kassenwahlwunsch des Arbeitgebers nicht gefolgt war. Das Urteil hat bei vielen Personalern zur Verunsicherung geführt. Darf der Arbeitgeber keine Empfehlung für eine bestimmte Kasse mehr abgeben? Doch, natürlich kann er das. Er darf aber keinen Druck ausüben, damit diese Empfehlung auch angenommen wird. Alles andere wäre auch völlig praxisfern. Wie häufig fragen neue Mitarbeiter sogar selbst danach, in welcher Kasse sie sich versichern sollen. Man kann auch nicht verhehlen, dass der Arbeitgeber ein Interesse daran hat, dass er möglichst nicht für jeden Beschäftigten mit einer anderen Krankenkasse abrechnen muss. Aber eben kein Zwang, keine Drohungen und keine Nachteile.
Zurück in die GKV? Ja, aber…
In der letzten Zeit wurden vermehrt in der Presse die hohen Beitragssteigerungen der privaten Versicherungen thematisiert und mehr oder weniger seriöse Tipps für die Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse gegeben. Dabei ist allergrößte Vorsicht geboten.
Tritt die Versicherungspflicht durch die Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ein, ist die Rückkehr unproblematisch. Auch wenn eine Entgeltminderung aus einem bestimmten Anlass erfolgt (z.B. bei einem Wechsel in Teilzeit) ist der Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse logisch und nachvollziehbar.
Wird das Entgelt aber ohne Anlass erkennbar nur gesenkt, um in eine gesetzliche Krankenkasse zurückkehren zu können, sieht es schon schlechter aus. Ganz besonders, wenn das „gekürzte“ Entgelt im folgenden Jahr als Einmalzahlung (Tantieme, Bonus) nachgezahlt wird. Fällt das auf – und die Prüfer der Rentenversicherung sehen sich auch solche Fälle an – muss alles rückwirkend storniert werden. Wurden bis dahin Leistungen von der Kasse gewährt, kommt es aber nicht zu einer Beitragserstattung. Die private Krankenkasse wird die Mitgliedschaft nicht ohne Weiteres wieder aufleben lassen, aber wenn, dann bei voller Beitragsnachzahlung. Das kann ins Auge gehen.
Gern wird auch der Fehler gemacht, die Entgeltminderung im Laufe eines Jahres vorzunehmen. Es tritt sofort Versicherungspflicht ein. Wird das Entgelt aber später wieder erhöht und übersteigt es auch die Entgeltgrenze des folgenden Jahres, endet die Versicherungspflicht wieder zum Jahresende. Dann ist aber die erforderliche Vorversicherungszeit für die freiwillige Fortsetzung der Versicherung (zwölf Monate) noch nicht erfüllt. Schon war die ganze Mühe umsonst und dem Beschäftigten bleibt nur die Rückkehr in die frühere private Versicherung.
Neben den versicherungsrechtlichen Problemen muss gegebenenfalls auch mit einer Strafanzeige wegen Betruges gerechnet werden – für alle Beteiligten. Also bitte Finger weg von Manipulationen.
Autor
Jürgen Heidenreich, freier Journalist, Hamburg
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