Ausgabe 3 - 2013
„Noch ein Nischenthema“

Kurzinterview mit Yvonne Zwick, wissenschaftliche Referentin beim Rat für Nachhaltige Entwicklung in Berlin.
Personalwirtschaft: Hat sich der Begriff Corporate Social Responsibility in den letzten Jahren verändert?
Yvonne Zwick: Die internationale Diskussion dreht schon weiter in Richtung unternehmerischer Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability). Ich finde das gut, weil der Begriff auch mittelständische Unternehmen mit einbezieht und wir in Deutschland eine stark mittelstandsgeprägte Wirtschaft haben. Diese hat andere Haftungsstrukturen, als Aktiengesellschaften es mit ihren Managern je realisieren können. Die zentrale Frage ist, wie ich Nachhaltigkeit strategisch im Kerngeschäft verankern kann, sodass mein Unternehmen auch in hundert Jahren noch besteht.
Wie reagieren die Unternehmen auf diese Entwicklung?
Im Moment ist Nachhaltigkeit noch Nischenthema, das allerdings mit starkem Wachstum. Hier sind es gerade die Konsumenten, die bewusst nachfragen, unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt beziehungsweise Dienstleistungen erbracht werden. Heute hilft eine vernetzte Welt dabei, die Wahrnehmung für solche Verletzlichkeiten in globalen Wertschöpfungsketten zu schärfen. Einige Unternehmen versuchen dies bereits zusammen mit den Zulieferbetrieben über Managementsysteme stärker in den Griff zu bekommen und hier auch Verantwortung für die Produktionsbedingungen in anderen Ländern zu übernehmen.
Wie sollte eine CSR-Strategie aussehen?
Was für eine gesellschaftlich, ökologisch und wirtschaftlich zukunftsfähige Entwicklung des Unternehmens und seines Umfeldes getan wird, sollte nach außen hin kommuniziert werden und nachvollziehbar sein. Sie sollte Stakeholder-Engagement ermöglichen, damit sich Anspruchsgruppen innerhalb sowie außerhalb des Unternehmens einbringen und bei der Entwicklung der Ziele sowie deren Erreichen beteiligen können. Derzeit gibt es eine Art Wertestreit, wie sich Nachhaltigkeits- und Wachstumsziele der Unternehmen erfolgreich vereinen lassen. Diese Zielkonflikte und Strategien zu deren Lösung öffentlich zu machen, ist ein wichtiger Schritt in der glaubwürdigen Auseinandersetzung.
Was können Unternehmen hierfür tun?
Initiativen wie der Deutsche Nachhaltigkeitskodex des Rats für Nachhaltige Entwicklung sind Möglichkeiten, das Thema zu bearbeiten. Hier können Unternehmen zeigen, an welcher Stelle sie sich derzeit in der Befassung mit Nachhaltigkeitsthemen befinden. Die größte Herausforderung bleibt aber, einen globalen Maßstab, einen wettbewerblichen Rahmen für nachhaltiges Wirtschaften zu entwickeln. Das wird nicht ohne die Politik gehen.
Wo steht hier die IT-Branche?
Diese Branche nimmt eine Schlüsselposition ein. Auf der einen Seite ermöglicht sie durch neue Entwicklungen, wie Energieeinsparungen über Green IT oder Effizienzsteigerungen. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Treiber von Klimawandel, wenn man den Energieverbrauch bei manchen überflüssigen Funktionen und Gadgets betrachtet. Die CO2-Emissionen von ITK sind vergleichbar hoch wie im Flugverkehr. Hier sollten IT-Unternehmen proaktiv voranschreiten, Rechenzentren beispielsweise auf Grünen Strom umstellen, den Rohstoff-Produkt-Kreislauf schließen und für bewussten Konsum werben.
Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang das Thema nachhaltiges Nearshoring?
In der Öffentlichkeit fehlt noch ein Empfinden dafür, wie es in osteuropäischen Ländern wie etwa der Ukraine mit Arbeitsrechten und Lebensbedingungen aussieht. Zudem besteht ein mangelndes mediales Interesse daran, einmal vor Ort die Arbeitsverhältnisse und -rechte sowie die daraus resultierenden Folgen für Wirtschaftsbeziehungen zu thematisieren. Vielen ist auch nicht klar, was Rechtsunsicherheiten in osteuropäischen Ländern für die Unternehmen konkret bedeuten.
Autorin
Marian Spohn, Fachjournalist, Sindelfingen
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