Ausgabe 3 - 2013
Wenn Mitarbeiter für die Konkurrenz arbeiten
Nicht immer halten sich Mitarbeiter an das Wettbewerbsverbot. Vor allem während der Freistellungsphase nach Ausspruch einer Kündigung arbeiten einige bereits für Konkurrenzunternehmen. Arbeitgeber können dann nicht in jedem Fall die Fortzahlung des Gehaltes verweigern. Deshalb sind unbedingt entsprechende Regelungen im Aufhebungsvertrag aufzunehmen.
Das Wettbewerbsverbot wird aus der allgemeinen Treuepflicht beziehungsweise Interessenwahrungspflicht abgeleitet und gilt für alle Arbeitnehmer, auch wenn dazu im Arbeitsvertrag nichts geregelt ist. Arbeitgeber sollen vor Wettbewerb aus den eigenen Reihen geschützt werden. Umgekehrt müssen sie jedoch zugunsten der Mitarbeiter das Grundrecht auf Berufsfreiheit beachten. Einem Mitarbeiter kann nicht jede Nebentätigkeit untersagt werden. Das würde seine Berufsfreiheit unangemessen einschränken. Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, eine Nebentätigkeit oder sogar einen zweiten Beruf auszuüben. Nur dürfen sie dabei nicht in Konkurrenz zu ihrem Arbeitgeber treten.
Ausnahmefälle
Aber: Auch im strengsten Sinne kann eine Wettbewerbstätigkeit in Ausnahmefällen zulässig sein. Dann nämlich, wenn ein Arbeitnehmer zur Sicherung seines Lebensunterhaltes auf die andere Tätigkeit angewiesen ist und er dabei nur eine derart untergeordnete Rolle ausübt, dass die Belange des Arbeitgebers nicht wirklich berührt werden können. Beispiel: Eine Mitarbeiterin, die in Teilzeit als Sortiererin im Briefzentrum der Deutsche Post AG tätig ist, darf nebenberuflich als Zeitungszustellerin für ein Unternehmen tätig werden, das auch Briefsendungen zustellt.
Vorbereitungshandlungen für den Aufbau eines eigenen Geschäfts sind grundsätzlich zulässig.
Die bloße Anmeldung des Konkurrenzunternehmens beim Handelsregister stellt noch keinen Wettbewerbsverstoß dar. Der Arbeitnehmer handelt lediglich vorbereitend für ein eigenes Geschäft. Gleiches gilt für die Registrierung einer Internet-Domain mit einer Bezeichnung, die für den Internet-Auftritt eines noch zu gründenden Konkurrenzunternehmens verwendet werden soll. Auch der Abschluss eines Franchisevertrages mit einem Konkurrenten soll zulässig sein, solange der Mitarbeiter noch nicht für den Franchisegeber tätig wird.
Jedoch muss der Mitarbeiter es bei der Vorbereitung belassen. Im Einzelfall kann die Grenze zum unzulässigen Wettbewerb schnell überschritten sein. Beispiel: Ein Arbeitnehmer verschickt unter Verwendung des Adressenbestandes des Arbeitgebers ein Abschiedsschreiben an die Kunden und weist auf seine neue Tätigkeit unter Angabe der neuen Kontaktdaten hin.
Zeitliche Geltung des Wettbewerbsverbotes
Das Wettbewerbsverbot gilt während des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses, auch während der Suspendierung der Arbeitspflicht, also etwa während der Elternzeit, eines unbezahlten Sonderurlaubs (Sabbatical) oder während der Passivphase der Altersteilzeit.
Das Wettbewerbsverbot gilt auch während einer Freistellung des Arbeitnehmers, also etwa nach einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
Achtung: Vereinbaren die Parteien im Aufhebungsvertrag die Freistellung für den Rest der Kündigungsfrist und sieht der Aufhebungsvertrag nicht ausdrücklich die Anrechenbarkeit anderweitigen Verdienstes vor, zieht der Arbeitgeber den Kürzeren. Dann nämlich soll der Mitarbeiter, der – freilich unter Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot – bereits ein neues Arbeitsverhältnis beginnt, doppelt verdienen können, ohne dass das neue Gehalt auf das alte angerechnet wird. Dieses für den Arbeitgeber wenig erfreuliche Ergebnis resultiert aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 17. Oktober 2012, Az. 10 AZR 809/11). Der Arbeitgeber und der Mitarbeiter einigten sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Aufhebungsvertrag enthielt die übliche Regelung, dass der Mitarbeiter bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung vertragsgemäßer Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt ist; weitere Regelungen waren hierzu nicht getroffen. Der Mitarbeiter begann noch während der Freistellung ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Wettbewerber, von dem er das volle vertraglich vereinbarte Gehalt erhielt. Der Arbeitgeber machte eine Verletzung des Wettbewerbsverbots geltend und verlangte die beim Wettbewerber bezogene Vergütung heraus; hilfsweise sollte die beim Wettbewerber bezogene Vergütung auf die Vergütungsansprüche angerechnet werden. Er blieb in allen Instanzen erfolglos.
Praxistipp
Arbeitgeber sollten im Aufhebungsvertrag unbedingt ausdrücklich regeln, dass das Wettbewerbsverbot auch während der Freistellungsphase weiter gilt und ein anderweitiger Erwerb angerechnet wird.
Zwar habe der Mitarbeiter sich durch die Tätigkeit für den Wettbewerber dem Grunde nach schadenersatzpflichtig gemacht. Aber: Der vom Mitarbeiter anderweitig erzielte Verdienst stelle für den Arbeitgeber keinen Schaden dar. Letztlich durfte der Arbeitnehmer also doppelt verdienen.
Reaktionsmöglichkeiten bei Verstößen
Dem Arbeitgeber stehen bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot verschiedene Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung:
-
Er kann Schadensersatz verlangen, muss dazu jedoch einen Schaden darlegen.
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Er kann Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens verlangen, und zwar auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
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Er kann, je nach Schwere des Wettbewerbsverstoßes, das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen.
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Er hat einen Auskunftsanspruch im Hinblick auf die Wettbewerbstätigkeit (Wo? Was? Wie?).
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (nach Ablauf der Kündigungsfrist) endet das Wettbewerbsverbot. Dem Arbeitnehmer steht es dann frei, Wettbewerb zu betreiben und ein Arbeitsverhältnis mit einem Wettbewerber einzugehen. Ausnahme: Die Parteien haben ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Dies ist für eine maximale Dauer von zwei Jahren möglich. Allerdings muss der Arbeitgeber dem (ehemaligen) Mitarbeiter als Gegenleistung für die Enthaltung von Wettbewerb eine sogenannte Karenzentschädigung zahlen. Sie beträgt mindestens 50 Prozent der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Vergütung.
Autorin
Julia Zange, LL.M., Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, European Counsel bei Jones Day, Frankfurt am Main,
jzange@jonesday.com
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