Unwissenheit
Davet – das ist türkisch und bedeutet soviel wie Einladung. Davet, das steht stellvertretend für viele Initiativen und Aktivitäten in Deutschland, in denen für den Zuzug ausländischer Fachkräfte geworben wird. Schließlich, so ist aktuell zu hören und lesen, fehlten der Republik bald ganze Kohorten von kundigen und ausgebildeten Menschen, die die Wirtschaft am Laufen halten. Der demografische Wandel ist schuld, erst recht die Globalisierung – dass es so kommt, darüber herrscht weitgehend Einigkeit in allen Debatten und Talkshows.
Erstaunlich nur, dass dieses „Davet“ nicht so richtig rüberkommt. Sowieso nicht bei denen, die tatsächlich nach Deutschland kommen und dann erleben müssen, wie ein paar politisch Desorientierte lautstark gegen sie opponieren. Aber auch bei denen, die diese Einladung eigentlich aussprechen sollten: mittelständische Unternehmen. Drei Viertel der Arbeitgeber hierzulande sehen keine Veranlassung, Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. So das Ergebnis einer Befragung des Bunde swirtschaftsministeriums.
Die Recherche unserer Reporterin Christiane Siemann zeigt, dass Unwissenheit und Unsicherheit hiesiger Unternehmer die Suche nach passenden Mitarbeitern im Ausland behindern. Obwohl die Politik bürokratische Hürden abgebaut hat und mit vielen Programmen bei der Integration unterstützt, scheuen die Betriebe den Aufwand, in der Fremde zu rekrutieren. Hinzu kommt die Unsicherheit, ob die neuen Kollegen aus anderen Ländern und Kulturkreisen dauerhaft bleiben. Hoher Aufwand, mangelnde Investitionsbereitschaft und die fehlende Garantie der Integration – das alles lässt sich nicht wegdiskutieren. Allein, wo ist die Alternative? Viele Jobs lassen sich auch in Deutschland nur noch mit großen Anstrengungen und hohem finanziellem Aufwand besetzen, da ist die Fachkräftegewinnung im Ausland selten teurer. Und es gibt bereits zahlreiche Anlaufstellen, die Betriebe bei ihren Vorhaben unterstützen.
Unterstützung haben übrigens ebenso Manager nötig, wenn sie ihre Führungsaufgabe teilen sollen. Jobsharing für Chefs, das ist für viele ein Tabu und gilt als Karriereknick. Dabei gibt es clevere Varianten, die die Position der Führungskräfte durchaus stärken. Tandemlösungen gelten als vielversprechender Ansatz und zeigen, dass Unternehmen davon sehr wohl profitieren (Seite 10).
Jürgen Scholl, Herausgeber
- Unwissenheit
- Wenn sich zwei Chefs den Job teilen
- Gesetz mit Tücken
- Ganz schön viel HR
- Grenzen und Hürden überwinden
- Die Grenzen des Bauchgefühls
- Berufseignung statt Ausbildungserfolg
- Kleine Geschenke sorgen für Zufriedenheit
- Den Zeitenwandel managen
- „Den Mitarbeiter nicht aus den Augen verlieren“
- Eine Marke für die Mitarbeiter
- Wirkungsorientiert steuern und modern führen
- Neue Ausrichtung des Personalmanagements im Land Berlin
- Auf dem Weg in die Netzökonomie
- Neues Denken für das digitale Zeitalter
- Ein Festival zur Führungskultur
- Ein Call Center geht neue Wege
- Seismograf Werteorientierung
- Talent Management kann Leben retten
- Schnell, schneller, am schnellsten