Leistungsentgelt im Entwicklungsbereich
Lässt sich ein differenziertes Leistungsentgelt auch für Mitarbeiter in den Entwicklungsabteilungen der Unternehmen umsetzen? Ja, wenn man die Teamleistungen und die individuellen Leistungen nach klaren Zielen bewertet.
In den Unternehmen der Metallindustrie wird schon seit Jahrzehnten eine individuelle Leistungszulage zum Grundentgelt ausgewiesen. Doch viele Vorgesetzte und Mitarbeiter sind mit den praktizierten Leistungsentgelten nicht zufrieden. Ein Indiz dafür ist, dass sich viele Betriebe von einer Differenzierung verabschiedet haben, jedem Mitarbeiter das durchschnittliche Leistungsentgelt geben und die Differenzierung außerhalb des tariflichen Entgeltsystems über freiwillige Zulagen oder Prämien vornehmen.
Der folgende Beitrag soll Hinweise geben, wie man ein ergebnisbezogenes, motivierendes Leistungsentgelt, das den Vorstellungen von Vorgesetzten und Mitarbeitern entspricht, entwickeln und in die Praxis umsetzen kann. Dazu ist es notwendig, das Thema von seiner grundlegenden Seite aus anzugehen. Geht man von dem Gedanken aus, dass der Mitarbeiter sein Entgelt für seine „Leistung“ für das Unternehmen erhält, so wird dieser Begriff umfassend verwendet. Die Mitarbeitervergütung ist hier als Ganzes gemeint. In vielen Entwicklungsbüros und kleineren Unternehmen wird danach verfahren. Anders wird der Leistungsbegriff in mittleren und größeren Unternehmen verwendet. Um das verständlich zu machen, greifen wir auf die Differenzierung nach der Lehre der Personalwirtschaft zurück:
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Die Arbeitsbewertung bewertet, was der Mitarbeiter zur Aufgabe hat.
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Die Leistungsbewertung bewertet, wie der Mitarbeiter die Aufgabe erledigt.
Professionelle Arbeitsbewertung
Grundlage der Arbeitsbewertung ist eine Beschreibung der Aufgaben und die Definition der dazu gehörenden Anforderungen an den Mitarbeiter. In der Regel erfolgt daraus die Ermittlung des Grundentgeltes gemäß den Anforderungen. Dieses Grundentgelt wird unabhängig von der Leistung des Mitarbeiters bezahlt. Die Differenzierung erfolgt über das Leistungsentgelt. Dieses Leistungsentgelt ist selten ein Festbetrag, sondern errechnet sich meist durch einen bestimmten Prozentbetrag des Grundentgelts.
Dieser Sachverhalt zeigt die meist enge Verknüpfung von Arbeits- und Leistungsbewertung. Aus diesem Blickwinkel erwächst die Forderung, dass eine professionelle Arbeitsbewertung die zentrale Voraussetzung für eine leistungsgerechte Vergütung ist. Gerade im Entwicklungsbereich ist bei den qualifizierten Mitarbeitern die Entgeltspanne zwischen den Grundentgelten unterschiedlicher Entgeltgruppen so hoch, dass sie durch eine halbwegs systemgerechte Leistungsvergütung bei einer Fehleingruppierung nicht ausgeglichen werden kann. Diesbezügliche Fehler werden von Mitarbeitern, wenn sie ihre Gesamtvergütung betrachten, als Ungerechtigkeit bewertet. Kein anderes Empfinden führt zu so starkem Frust und letztlich zu innerer oder realer Kündigung. Den wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen kann man durchaus in der Höhe eines Jahresgehalts veranschlagen.
So ist also als erstes die Frage zu beantworten: Sind die Eingruppierungen der Mitarbeiter entsprechend den vom Arbeitsplatz gestellten Anforderungen richtig vorgenommen? Kann man das bejahen, folgt in einem zweiten Schritt die Frage: Wie definiere ich die Leistung eines Mitarbeiters, die für das Entgelt relevant sein könnte? Hier gibt es in den herkömmlichen Leistungsbeurteilungssystemen meist vier oder fünf Leistungskriterien. Diese Methode führt dazu, dass eine Reihe von Beurteilungen der Mitarbeiter nebeneinander gestellt werden; diese müssen aber keinen unmittelbaren Bezug zu einer objektiv messbaren Leistung haben, die für das Unternehmen relevant ist. Was ist aber objektiv messbar? Das Unternehmen nimmt aus allen Bereichen die Leistung von Mitarbeitern gemäß ihrer Aufgabenstellung entgegen. Die Leistung der Einzelnen ist meist gebündelt in einem Bereichs- oder Teamergebnis.
Team- und Einzelleistungen
Dieses Ergebnis sollte durch das Erreichen bestimmter Zielvorgaben messbar sein. In den Entwicklungsabteilungen der Unternehmen gibt es meistens zwei Aufgabenfelder: die Neu- und die Anpassungsentwicklung.
Die Neuentwicklung richtet sich in ihrer Zielrichtung auf Marktbedürfnisse aus. Die Anstöße werden oft vom Vertrieb gegeben. Sie beruht aber auch auf den Umsetzungen von technischen Erkenntnissen, die Ergebnisse autochthoner wissenschaftlicher Arbeit sind. Die Anpassungsentwicklung erhält vielfach ihren technischen Auftrag vom Kunden, der das Produkt im Einsatz hat, oder vom Vertrieb, der aufgrund seiner Kontakte zu Kunden Möglichkeiten zur Verbesserung des Produktes sieht. Beide Entwicklungsarbeiten finden ihren Niederschlag in einer Reihe einzelner kürzerer oder längerer Projekte.
Der Erfolg dieser Projekte zeigt sich am technischen und wirtschaftlichen Abschluss unter Einhaltung von Terminvorgaben. An den Projekten arbeiten meist mehrere Mitarbeiter unterschiedlicher Qualifikation. Wegen zeitlicher und fachlicher Flexibilität arbeiten einzelne Mitarbeiter auch in unterschiedlichen Projekten und Teams. So oder ähnlich ist in vielen Unternehmen die Entwicklungsarbeit organisiert. Was bedeutet dies für ein Leistungsentgelt in der Entwicklung? Das Ergebnis der Entwicklungsleistung wird von einem oder mehreren Teams erarbeitet. Deswegen sollte auch bei einer Leistungsvergütung in der Entwicklung dieses kollektive Ergebnis herangezogen werden. Damit soll aber keineswegs die Leistung des einzelnen Mitarbeiters herabgewürdigt werden. Die unterschiedliche Mitwirkung – qualitativ und quantitativ – an diesem Ergebnis muss ebenfalls in das System einer ergebnisbezogenen Leistungsvergütung Eingang finden.
Wir haben es daher mit einer kollektiven und einer individuellen Bewertung der Leistung in einem, wie wir es nennen wollen, ergebnisbezogenen Entwicklungs-Leistungsentgelt (ELE) zu tun. Im Folgenden wollen wir auf die kollektive Komponente eingehen. Für die kollektive Komponente ist zunächst eine Organisationseinheit zu bilden, deren Ergebnisse abgegriffen werden können. Ein Kriterium für die Bildung dieser Organisationseinheit ist, dass sie durch eine oder mehrere Kostenstellen betriebswirtschaftlich unterfüttert wird. Die Organisationseinheit sollte des Weiteren aus mehreren Teams bestehen, deren Aufgaben möglichst affin sind, sodass Mitarbeiter zwischen den Teams wechseln können, um Kapazitäten bei Über- oder Unterauslastung ohne Qualifizierungsaufwand auszugleichen.
In der Praxis haben sich zwei Ergebnisbeziehungsweise Zielkomponenten herauskristallisiert, die für eine Bewertung der Leistung von Teams in der Entwicklung geeignet sind: die Bewertung des Produktkostenmanagements und die Einhaltung von geplanten Kosten.
Ergebnisziel: Produktkostenmanagement
Die anspruchsvollste Aufgabe bei der Erarbeitung eines Leistungsentgelts für die Entwicklung ist die Bewertung der Projektergebnisse. Im Folgenden bieten wir eine Bewertungsskala als Denkansatz an. Die Krux dieses Vorschlags ist die subjektive Bewertung der Ergebnisse, auch wenn sie durch Zahlen und Fakten weitgehend hinterlegt werden können. Um diesen Mangel abzuschwächen, kann die Bewertung der Ergebnisse durch mehrere Beurteiler unter Einbeziehung des internen Kunden und des zentralen Controllings vorgenommen werden.
Für die Bewertung der Ergebnisse der Projekte könnten drei Leistungskomponenten herangezogen werden: Standardisierung, Produktionsumsetzung und Termineinhaltung.
Standardisierung:
Hierbei geht es um die technische Reife sowie die betriebswirtschaftliche Verantwortung, die der Entwickler hat, indem er auf Standardisierung von Produkten und Komponenten achtet.Produktionsumsetzung:
Vermeidung unnötiger Kosten in der Produktion sowohl bei der Übernahme des Produktes oder von Komponenten in die Fertigung als auch in der Montage.Termineinhaltung:
Projekt liegt auf einem terminbezogenen kritischen Pfad, zum Beispiel für Markteinführung oder weitere Arbeiten in Folgeprojekten.Dieser Beurteilungsbogen orientiert sich an den in der Praxis üblichen Leistungsbewertungen beim Zeitentgelt. Er berücksichtigt auch eine unterschiedliche Gewichtung der Kriterien. Es muss aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es sich um ein Beispiel handelt. Je nach Unternehmenskultur, Organisation oder Größe hat das Team, das ein entsprechendes ergebnisbezogenes Leistungsentgelt erarbeitet, seine Kreativität in Hinblick auf die Anforderungen und Möglichkeiten des eigenen Unternehmens walten zu lassen.
Abbildung
Ergebnisbeurteilung eines Projektes

Für die Bewertung von Projektergebnissen können beispielsweise drei Leistungskomponenten herangezogen werden: Standardisierung, Produktionsumsetzung und Termineinhaltung.
In einer Organisationseinheit „Entwicklung“ werden in der Regel mehrere Projekte gleichzeitig bearbeitet. Größere Projekte werden in Meilensteine untergliedert, an denen man den Projektfortschritt messen kann. Die Ergebnisse werden nach Projektabschluss beziehungsweise nach jedem Meilenstein bewertet. Das Ergebnis der Bewertung an einem Meilenstein ist vorläufig und wird mit dem Endergebnis „verrechnet“. Sie werden einem „Topf“ zugeführt. Da nicht alle Projekte gleichwertig sind, ist eine Gewichtung notwendig. Diese Gewichtung kann sich an den aufzubringenden Mitteln, die zur Finanzierung des Projektes notwendig sind, oder an anderen strategischen oder entwicklungsspezifischen Kriterien orientieren.
Ergebnisziel: Kosteneinhaltung
Entwicklungskosten sind Gemeinkosten, die meist den jeweiligen Produktgruppen zugeordnet werden. Sie werden allgemein als Fixkosten angesehen. Wie die Industrieerfahrung zeigt, kommen immer wieder Unternehmen durch überbordende Fixkosten in eine wirtschaftliche Schieflage, die, soweit das noch möglich ist, in einem aufwendigen und schmerzlichen Restrukturierungsprozess zurückgeführt werden. Insofern kann der Begriff Fixkosten als unabänderliche Kosten missverstanden werden. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, kommt der kostenbezogenen Jahresplanung und deren Einhaltung hier eine regulative Wirkung zu.
Die Einhaltung des Budgets der Organisationseinheit „Entwicklung“ ist ein Ergebnisziel, das im Regelfall leicht zu steuern ist. Die Budgetdaten liegen vor, die Ist-Daten werden in der Regel monatlich ausgewiesen. Die Kommunikation der Werte mit den Mitarbeitern führt zu einem allgemeinen Kostenbewusstsein, das nicht zu unterschätzen ist. Sie nimmt vor allen Dingen vom Vorgesetzten den Druck, dem er vielfach seitens der Teamleiter und Mitarbeiter ausgesetzt ist, zusätzlich eigenes Personal zu beschäftigen, Arbeiten nach außen zu vergeben usw. Der Praktiker kann Weiteres hinzufügen.
Die Einhaltung des Budgets sollte man bei erfolgreichen Projekten als gute Leistung bewerten. Beide Ergebnisziele „Produktkostenmanagement“ und „Kosteneinhaltung“ sind aber zu koppeln. Es macht keinen Sinn, bei der Kosteneinhaltung positive Ergebnisse zu erzielen, aber dadurch Projekte in den Sand zu setzen.
Von der Leistungsbewertung zum Leistungsentgelt
Wie aber kommen wir zum Leistungsentgelt? Das Leistungsentgelt für die Entwicklung sollte auf Basis des Kalender- oder Geschäftsjahres abgerechnet werden. Die Bewertungen aus den beiden Ergebniszielen werden zusammengeführt. Sie können gleich- oder verschiedengewichtig in einem Topf getan werden. Es ist Aufgabe derer, die die Spielregeln für die Bewertung erstellen, dafür zu sorgen, dass man auch in dem zusammengeführten Ergebnis zu einer Bewertungsskala kommt, die mit der Beurteilungstabelle eines Projektes, wie beispielsweise oben dargestellt, kompatibel ist. Das erleichtert die Kommunikation und auch die Adaption in herkömmliche Leistungsbeurteilungen. Im Einzelnen bedeutet dies, dass sich die Werte zwischen 0 und 100 bewegen. Der Zielwert ist 50 Punkte. Wie viel Geld das Unternehmen für das kollektive Leistungsergebnis zur Verfügung stellt, hängt einerseits von der materiellen Bewertung der Ergebnisse, andererseits von tariflichen oder betrieblichen Vorgaben ab.
In den Tarifgebieten der Metallindustrie müssen Unternehmen, soweit sie tarifgebunden sind, einen bestimmten Prozentsatz der Summe der Grundentgelte als kollektives Leistungsentgelt ausweisen. Dort, wo man ein neues Leistungsentgelt wie das vorher beschriebene einführt, wird man aus Gründen der Akzeptanz die Höhe der bisher gezahlten Leistungsentgelte berücksichtigen müssen.
Der kollektiven Bewertung des Ergebnisses folgt dessen ungleichmäßige Verteilung auf der Basis einer individuellen Leistungsbewertung. Dabei wird durch den Vorgesetzten der Beitrag des Einzelnen am kollektiven Ergebnis eingeschätzt. Auch hier kann man sich der Schemata bedienen, wie sie in Tarifverträgen vorgegeben sind. Im Gegensatz zu der tariflichen Vorgehensweise rückt hier bei der Beurteilung des Einzelnen dessen Beitrag zum jeweiligen kollektiven Ergebnis in den Fokus.
Autoren
Günter Zimmermann, Berater für betriebliche Entgeltsysteme, Seefeld/Obb.,
zimmermann@ipu-online.de
Thomas Beyer, Geschäftsführer der IPU Beyer, le Maire & Partner GbR, München,
beyer@ipu-online.de
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