Ausgabe 4 - 2014
Gewinne, Gewinne, Gewinne!
Beim Certification Dinner des Top Employers Institutes werden rund 130 Unternehmen für exzellente HR-Arbeit ausgezeichnet. Ganz vorne im Ranking „Top Arbeitgeber Deutschland 2014“: Die Bausparkasse Schwäbisch Hall.
Die Bausparkasse Schwäbisch Hall ragt heraus bei der Preisverleihung zum „Top Arbeitgeber Deutschland 2014“. In den Teilbereichen „Karriereentwicklung“, „Unternehmenskultur“ und „Weiterbildung“ nimmt sie den ersten Platz ein und kann auch die Gesamtwertung für sich entscheiden. Den jährlich durch das Top Employers Institute Deutschland vergebenen Preis nahm das Unternehmen im Rahmen eines festlichen Certification Dinners am 6. März in Düsseldorf entgegen. Es wurde ein langer Abend: Einschließlich Dinner und Rahmenprogramm sollten über vier Stunden bis zum offiziellen Abschlussfoto im Goldregen vergehen. Außer der Bausparkasse wurden rund 130 weitere Unternehmen in insgesamt vier Kategorien ausgezeichnet. Mehr Preisträger denn je, wie Gastgeber Dennis Utter, Deutschlandchef des Top Employers Institutes, betonte, „jedoch auch mehr Unternehmen denn je, die die Zertifizierung nicht geschafft haben“. Je nach Kategorie hätten zwischen zehn und 25 Prozent der registrierten Unternehmen die Hürde nicht genommen, berichtet Utter später, „darunter auch zwei DAX-30-Unternehmen“.
Graue Haare inklusive
Im Anschluss an die Preisverleihung erkennbare Freude über Cocktails und Tanzfläche – insbesondere bei denjenigen Projektverantwortlichen, die im Unternehmen dafür zuständig waren, den Zertifizierungsprozess zu steuern. Denn einfach ist der Weg zur Auszeichnung nicht. „Zwischenzeitlich habe ich graue Haare bekommen“, gibt Thomas Koenigs, Leiter Personal und Recht beim Krefelder Flüssiggas-Anbieter Primagas, zu. Die teilnehmenden HR-Abteilungen beantworten umfängliche Fragebögen und unterfüttern ihre Angaben mit Zusatzmaterialien. Bei allen wird nachgehakt, einige wurden sogar vor Ort besucht. Besonders für kleinere Unternehmen bedeutet das erheblichen Aufwand. Dieser werde für 2015 mit einem erweiterten Fragebogen noch weiter steigen, wie David Plink, CEO des Top Employers Institute, ankündigte.
Klingt nach zusätzlichen grauen Haaren für Thomas Koenigs, doch der ist gefasst: „Letztlich sind die hohen Standards genau richtig, um die Aussagekraft des Siegels sicherzustellen.“ Für Primagas hat sich die Arbeit ausgezahlt: Das Unternehmen darf sich bereits zum dritten Mal in Folge zu den „Top Arbeitgebern Deutschland“ zählen – trotz der mit 250 Mitarbeitern naturgemäß begrenzten Kapazitäten.
Unsexy war gestern
Mit insgesamt 7300 Mitarbeitern hat die Bausparkasse Schwäbisch Hall andere Möglichkeiten – doch ist augenfällig, dass sie allein in den Top Ten der „Top Arbeitgeber Deutschland 2014“ diverse größere Unternehmen auf die Plätze verweist (siehe Infokasten 1).
Das Geheimnis ihrer ausgezeichneten Personalarbeit: langer Atem. Der beginnt schon beim Geschäftsmodell. „Als der neue Markt boomte, galt unser Produkt als ‚unsexy‘; das hat sich spätestens mit der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder geändert“, sagt Personal-Bereichsleiter Werner Ollechowitz nicht ohne Stolz. Verankert in der genossenschaftlichen Finanzgruppe, ist die Bausparkasse weitgehend unbeschadet durch die Krise gekommen. Und macht HR-Arbeit, die zum Business passt: nachhaltig, langfristig, integriert, ohne viel Tamtam. „Für uns ist ein sicherer Arbeitsplatz ein Wert an sich“, sagt Ollechowitz, „in mancher Bank dieser Welt laufen gleichzeitig Personalabbauprogramme, da passt unser Innendienst zweimal rein.“
Auf das Dasein als Spezialinstitut abseits der Finanzzentren legt man bei Schwäbisch Hall großen Wert. Denn auch hier gilt es, im Kampf um die besten Köpfe das Profil zu schärfen. „Wir brauchen keine Job-hopper, die es cool finden, in Berlin von Projekt zu Projekt zu wechseln“, stellt Bernadette Imkamp, Abteilungsleiterin Personalbetreuung und -marketing, klar. Denn die würden im eher beschaulichen Schwäbisch Hall ohnehin nicht glücklich und seien bald schon wieder über alle Berge.
Der durchschnittliche Mitarbeiter, der heute in Schwäbisch Hall tätig ist, bleibt hingegen über 19 Jahre lang im Unternehmen. Flexible Arbeitszeiten und eine Kindertagesstätte sind Aspekte, auf die man stolz ist – allerdings seit jeweils mehr als 40 Jahren. Inzwischen gibt es über 80 individuelle Teilzeitlösungen im Unternehmen, ein gutes Drittel der Mitarbeiter und 15 Prozent der Führungskräfte arbeiten in Teilzeit, knapp 30 Prozent der Führungsebene sind weiblich. Erst im April wurde die Kita auf nun 100 Plätze erweitert. Was den Geist dieser Personalarbeit vielleicht am besten auf den Punkt bringt: Seit fast zwanzig Jahren betreibt die Bausparkasse einen eigenen Seniorenstift für ehemalige Mitarbeiter sowie für Angehörige von Beschäftigten.
Genug gejammert
So eine Preisverleihung ist auch immer eine Nabelschau. Damit es nicht gar zu einträchtig wird, ist es erfahrungsgemäß erfrischend, wenn zur rechten Zeit ein Mahner daherkommt, der den ausgiebig Beweihräucherten vors Schienbein tritt. Diese Rolle fiel Joey Kelly zu, den man ob seiner musikalischen Vergangenheit und der Omnipräsenz im Privatfernsehen gerne einmal in die Trash-Schublade sortiert: vorschnell, wie sich zeigen sollte.
Zwar war sein Vortrag zum Thema Willenskraft und Zielorientierung weder inhaltlich revolutionär noch branchenspezifisch zugespitzt. Doch trotz fortgeschrittener Stunde gelang es ihm, fünfhundert Erwachsene für seine extremsportlichen Eskapaden zu begeistern: mit Offenheit, Authentizität und klarer Kante. Wer Ziele wirklich erreichen wolle, so Kelly, der schaffe das auch, und zwar unabhängig von den Umständen. „Ich kann das Gejammer nicht mehr hören“, richtete er einen deutlichen Gruß an alle Bedenkenträger und Miesepeter dieser Welt. Und somit – vermutlich ohne es zu wissen – auch an jene nicht unerhebliche Dunkelziffer gramgebeugter Personaler, die ständig über mangelnde Akzeptanz und Durchschlagskraft im Unternehmen klagt.
Eigentlich schade, dass er an diesem Abend ausgerechnet eine HR-Crowd vor sich hatte, die – nimmt man die Awards als Qualitätsausweis ihrer Arbeit – diesen Weckruf gar nicht mehr so nötig hatte.
Top of the tops: Die Gewinner im Überblick
Top Arbeitgeber Deutschland 2014
| Top Arbeitgeber Ingenieure 2014
Top Arbeitgeber Mittelstand 2014
|
Die hier aufgeführten „Top Arbeitgeber“ sind nur ein kleiner Teil der über 130 für das Jahr 2014 ausgezeichneten Unternehmen. So wurden etwa 24 Unternehmen gleichzeitig in mehreren europäischen Ländern ausgezeichnet und tragen nun den Titel „Top Employer Europe 2014“. Die Auszeichnung „Top Arbeitgeber Automotive 2014“ wurde bereits Ende 2013 vergeben. Weitere Informationen zu allen Preisträgern unter www.top-employers.com. |
Das „Top Arbeitgeber“-Siegel
Das unabhängige Top Employers Institute (bisher: CRF Institute) mit Hauptsitz in Amsterdam zertifiziert seit 1991 Arbeitgeber als „Top Employer“ und ist inzwischen weltweit aktiv. Die ausgezeichneten Unternehmen sollen als Vorreiter exzellenten HR-Managements wahrgenommen werden, zentraler Fokus ist die Mitarbeiterorientierung als Grundlage persönlicher und unternehmerischer Weiterentwicklung. Die Methodik ist weltweit dieselbe: Die registrierten Unternehmen beantworten einen Fragenkatalog zu den Bereichen Personalstrategie, Personalpolitik und -praxis, Überwachung und Kommunikation der Arbeitsbedingungen und Mitarbeiterentwicklung. Dazu liefern sie Hintergrundmaterial, das Institut prüft die Angaben, hakt nach und bewertet. Die bloße Teilnahme garantiert keine Zertifizierung. Die ausgezeichneten Unternehmen sollen sowohl in Sachen Außenwirkung (Employer Branding) als auch bei der internen Personalarbeit (Benchmarking) profitieren. Die Auszeichnung „Top Arbeitgeber Deutschland“ wird seit 2004 vergeben, heute ergänzt um weitere Preise in den Kategorien Automotive, Ingenieure und Mittelstand.
Autor
Cliff Lehnen, freier Journalist, Willich
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