Ausgabe 4 - 2016
Do it yourself als Alternative?

Der Inhalt des Do-it-yourself-Pakets „Buckmann Boxt“.
Muss immer teure Beraterleistung eingekauft werden? Das Unternehmen Magazine zum Globus AG Schweiz ging einen anderen Weg: Eigenleistung nutzen und bei der Entwicklung der Employer-Branding-Strategie Zeit und Kosten sparen, lautete der Plan. Das Do-it-yourself-Paket „Buckmann Boxt“ sollte dieses Ziel erfüllen. Ein Erfahrungsbericht.
Globus, das Tochterunternehmen der Magazine zum Globus AG, ist als Betreiberin von dreizehn Premiumwarenhäusern auf sehr gutes Personal angewiesen. Denn das Unternehmen hat den Anspruch, Einkaufen zu einem besonderen Erlebnis zu machen und Kunden mit Spitzenleistungen zu überraschen. Ein Umstand, der die Suche nach geeigneten Kandidaten in einem immer enger werdenden Marktumfeld nicht gerade einfach macht. Infolgedessen setzt sich das Unternehmen mit aktuell rund 3300 Mitarbeitern auch in regelmäßigen Abständen mit der eigenen Attraktivität als Arbeitgeber auseinander. Beim letzten Mal sollte diese Auseinandersetzung anders verlaufen als bisher. Hauptgrund dafür war das zunehmende Gefühl der Recruitingverantwortlichen, dass es den Stellenofferten im Gegensatz zum sonstigen Angebot des Hauses am gewissen Etwas mangelt.
Hilfe zur Selbsthilfe
Unser Ziel war es, einen Attraktivitätskern zu identifizieren, der sich idealerweise als roter Faden durch alle Personalmarketing-Maßnahmen zieht. Hierbei sollte allerdings nichts komplett Neues erfunden, sondern auf Bestehendes aufgebaut werden. Einige Vorarbeiten, wie die Auswertung von Bewerbungsgesprächen, eine Mitarbeiterumfrage und erste Ansätze einer Employer Value Proposition waren nämlich bereits erfolgt. Diese Erkenntnisse erschienen wichtig und sinnvoll. Andererseits sollte vermieden werden, dass die Innensicht von und auf Globus betriebsblind macht. Was also tun? Im Zuge von Gesprächen mit verschiedenen Dienstleistern sind wir auf „Buckmann Boxt“ von den Machern Jörg Buckmann, Oliver Mattern und Jan Willand aufmerksam geworden. Das speziell für KMU entwickelte Workshop-Paket, das Arbeitgeberauftritten mehr Profil verleiht, schien wie gemacht für uns. Es sollte uns in die Lage versetzen, zunächst möglichst viele Vorleistungen selbst zu erbringen, bevor wir externe Unterstützung einholen. Wie das im Einzelnen vonstattengeht, wurde uns bei der persönlichen Übergabe des Pakets ausführlich erläutert. Das Gros dieser Vorabinformationen befand sich zudem in der mitgelieferten Ablaufbeschreibung. Die Analogie zum Boxen ist natürlich beabsichtigt, denn der Buckmann-Boxt-Koffer enthält das passende Rüstzeug für den Wettstreit um die besten Talente.
Danach machten wir uns daran, das geplante Procedere auf die Beine zu stellen. Dafür fielen bei zwei Personen einige Stunden Vorbereitungszeit an und schon bald gab es auch eine Nuss zu knacken, bei der die ansonsten ausführliche Anleitung nicht ausreichend weiterhalf. Deshalb haben wir im Hinblick auf die optimale Teilnehmerauswahl für die Workshops den Rat des Buckmann-Boxt-Teams gesucht, das diesbezüglich und auch ansonsten zu einer prompten Klärung verhalf.
Die auf USB-Stick gelieferten Einladungstexte waren schnell angepasst, ebenso der komprimierte Gesamtablauf. Und schon bald stand der erste Workshop-Tag vor der Tür.
Runde eins: Sparring (Arbeitgebervorteile)
Insgesamt ging die Box-Idee, die sich sowohl inhaltlich als auch gestalterisch durch das ganze Material zieht, deutlich besser auf als gedacht. Die Teilnehmer ließen sich von Anfang an mit Freude auf die Welt des Boxens ein, was den Raum für kreatives Denken öffnete – etwas, das in diesem Zusammenhang sehr wichtig war und oft nicht so schnell gelingt.
Im ersten Workshop wurden die sieben Teilnehmer – darunter Kollegen aus dem Marketing sowie Vertreter der wichtigsten Zielgruppen – auf Basis des Moderationsleitfadens durch ein abwechslungsreiches Programm geführt. Die einzelnen Aufgaben bauten schlüssig aufeinander auf und wurden durch die passend illustrierten Arbeitsmaterialien gut unterstützt. Das Arbeitsklima war sehr offen und konstruktiv, die Art der Auseinandersetzung mit dem Thema Attraktivitätsmerkmale machte allen Beteiligten Spaß. Einzig die Einstimmung in die Boxszenerie mithilfe des inkludierten Intros verlief etwas holprig. Vermutlich wäre es besser, wenn der Moderator sie vorträgt, anstatt jedem Teilnehmer einen Ausdruck in die Hand zu geben. Wahrscheinlich wäre eine Filmsequenz hilfreich. Hierzu empfehlen wir einen Blick auf Youtube.
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Ergebnis der Runde eins:
„Was zeichnet uns als Arbeitgeber aus“
Nach sechs Stunden standen vier zentrale Attraktivitätsmerkmale fest – und damit auch die Säulen der künftgen EVP (Employer Value Proposition).
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Learning:
Runde eins dient der Fokussierung. Eine gute Einarbeitung in das Material ist erforderlich.
Runde zwei: Infight (Zielgruppe)
Die zweite Runde wurde mit den gleichen Teilnehmern rund zwei Wochen später durchgeführt. Dabei gelang es, nahtlos an den ersten Workshop anzuknüpfen. Dieses Mal drehte sich alles um die Zielgruppe(n). Auch hierzu haben wir im Vorfeld nochmals das Gespräch mit dem Buckmann-Boxt-Team gesucht. Wir waren nämlich zunächst etwas irritiert, da sich die zweite Runde im Gegensatz zur ersten nicht auf einige wenige Aspekte fokussierte, sondern durch eine offenere Betrachtung das bisherige Spektrum sogar erweiterte. Außerdem trat darin die fachspezifische Betrachtung der Zielgruppe gegenüber der persönlichen in den Hintergrund, was ungewöhnlich war. Doch beides diente der Perspektivenöffnung und sorgte dann bei der Durchführung auch für die wünschenswerten erhellenden Momente. Angeregt durch Aufgaben und Fragekarten wurde deutlicher, wer gut zu uns passt und wie unterschiedlich die Bedürfnisse trotz eines ähnlichen Fachhintergrundes sein können. Außerdem wurde klar, dass wir die Zielgruppen teilweise zu eng gefasst hatten und dass wir dadurch einiges an Potenzial ungenutzt gelassen haben. Insgesamt wurde die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe von allen Beteiligten als lohnend empfunden. Für das zufriedenstellende Ergebnis bei der Erfassung der Zielgruppen spielte die Moderation erneut eine zentrale Rolle. Die Erkenntnisse lieferten wichtige Impulse im Hinblick auf eine differenzierende Ansprache und sind in das später entwickelte Briefing eingeflossen
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Ergebnis der Runde zwei:
„Wie tickt unsere Zielgruppe“
In vier Stunden wurde klar, welche Typen zum Unternehmen passen und welches Bewerberpotenzial bislang ungenutzt geblieben ist.
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Learning:
Runde zwei dient der Perspektivenöffnung. Unkonventionelles Denken ist hierbei hilfreich.
Runde drei: Lucky Punch (Kommunikation)
Auf Basis der Ergebnisse aus den Runden eins und zwei war der Kontext von Runde drei naheliegend. Da sie direkt im Anschluss an die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe erfolgte – was ratsam ist –, fiel den Teilnehmern der Übergang extrem leicht. Das Thema Kommunikation war zuvor ohnehin schon mehrfach angeklungen.
Da mittlerweile klar war, welcher Personenkreis künftig mit den erarbeiteten Themen konkret angesprochen werden soll, war es einfach, sich auf die Ebene operativer Maßnahmen zu begeben. Insofern wunderte es auch nicht, dass diese Runde relativ schnell zu Ende war. Auch hierbei waren wir mit den Ergebnissen zufrieden. Denn anders als in vielen Fachdiskussionen über geeignete Kommunikationsmittel haben die Teilnehmer einige vielversprechende Ansätze jenseits der üblichen Verdächtigen ins Feld geführt.
Und auch mit den Standards Stellenanzeige und Website wurde sich intensiv auseinandergesetzt – nicht nur, aber auch durch die anregenden Specials, die das Buckmann-Boxt-Trio beigelegt hat. Besonders wertvoll war das abschließende Voting, um herauszufinden, welche der insgesamt sinnvoll erscheinenden Maßnahmen tatsächlich die am besten geeigneten sind. Der ebenfalls auf dem USB-Stick enthaltene Webcheck ermöglichte neben der inhaltlichen Betrachtung zusätzlich eine strukturierte Untersuchung der eigenen Kommunikationsleistung.
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Ergebnis der Runde drei: „Aufwelchen Wegen verkünden wir unsere Botschaften“
Zwei weitere Stunden spielerische Auseinandersetzung lieferten eine Fülle geeigneter Medien und Maßnahmen zur Kandidatenansprache.
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Learning:
Runde drei überprüft bestehende und potenzielle Wege. Auch Standards und bestehende Tools können damit optimiert werden.
So ging es weiter
Insgesamt haben wir ein rundes Ergebnis erzielt, das allerdings nach mehr verlangte. Die Ergebnisse wurden im Anschluss mit bereits vorab getätigten Erhebungsschritten abgeglichen und auf eine Employer Value Proposition verdichtet. An dieser Stelle erfolgte dann auch ein weiterer Diskurs mit dem Buckmann-Boxt-Team in Form des Folgeangebotes „Frischekick-Workshop“. Dieser war besonders wertvoll, weil er den direkten Übergang zur Maßnahmenebene herstellte. Dabei entstand binnen eines halben Tages die kommunikative Grundidee für den künftigen Außenauftritt (siehe Abbildung). Diese wurde anschließend in ein Briefing an das interne Marketing übersetzt, das daraus aktuell ein neues Anzeigenkonzept entstehen lässt.
Abbildung
Kommunikative Grundidee

Der optionale „Frischekick-Workshop“, der am Ende der drei Workshop-Runden steht, fasst noch einmal die Ergebnisse zusammen und schafft den Übergang zur Maßnahmenebene.
Erwartungen erfüllt?
Für alle diejenigen, die gerne mit anpacken wollen und können, ist Buckmann Boxt sehr geeignet. Das Paket ist durchdacht und hilft, das Arbeitgeberprofil gezielt zu schärfen. Das Gute daran: Die Runden können theoretisch auch einzeln bezogen und durchgeführt werden. Der Do-it-yourself-Workshop „Buckmann Boxt“ ist praxisnah und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Das wird unter anderem an der Legende, den Hinweisen zur Raumausstattung, Verpflegung und Teilnehmerauswahl, sowie an den drei beigefügten Jokerkarten für jeweils eine Stunde Telefoncoaching mit den Machern sichtbar.
Positiv ist auch, dass es nach jeder Runde sofort umsetzbare Quick Wins gibt und dass alle wesentlichen Resultate aus den drei Runden auf dem ebenfalls enthaltenen „Goldenen Master“ sichtbar werden. Dadurch wird nicht nur eine für alle Teilnehmenden schlüssige Reduktion der Komplexität erzielt, sondern auch gleich ein intern gut verwendbares Management-Summary mitgeliefert, an das jederzeit wieder angeknüpft werden kann.
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Gesamtergebnis:
Nach sechs Wochen Projektlaufzeit waren alle wesentlichen Erkenntnisse auf dem goldenen Master sichtbar, der Teil der Box ist. Das Paket hat geliefert, was es versprochen hat: Ein durchdachtes Bündel an Informationen zu Stärken, Zielgruppe und Kommunikation.
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Learning:
Die Eigenleistung ist ernst zu nehmen. Neben der Durchführung bedarf es trotz des ausführlichen Leitfadens einer intensiven Vorbereitung, um sich das Workshop-Paket zu eigen zu machen. Außerdem setzt es Moderationserfahrung voraus. Je nachdem, wie viel Erfahrung mit Employer Branding besteht, empfiehlt sich punktuell der Austausch mit Experten in diesem Bereich.
Autorin
Eva Krause, Leiterin Personalentwicklung, Magazine zum Globus AG, Spreitenbach/Schweiz,
eva.krause@globus.ch
Literatur-Tipp
Buckmann, Jörg: Personalmarketing to go. Frechmutige Inspirationen für Recruiting und Employer Branding, Wiesbaden 2016.
Hinter dem Konzept „Buckmann Boxt“ steckt – neben den menschmark-Beratern Oliver Mattern und Jan Willand – Jörg Buckmann, der zunächst dem Employer Branding der Verkehrsbetriebe Zürich, später dem Begriff „Frechmut“ im Personalmarketing und in diesem Zuge auch sich selbst zu überregionaler Bekanntheit verhalf. Jetzt ist Buckmann Berater und hat zeitig ein schlankes Bändchen vorgelegt, das HR ermutigen soll, statt all der verkopften Konzepte ebenso schlanke Lösungen im Personalmarketing zu finden. Ein Schelm, wer dabei an schlanke, unverkopfte Lösungen im Stile von „Buckmann Boxt“ denkt. Jedenfalls bleibt Buckmann sich treu: Das Ganze liest sich flott, flüssig und erstaunlich farbig. Natürlich ist ein dickes Brett etwas völlig anderes. Aber das war auch nicht das Ziel. Buckmann will Impulse geben, inspirieren – und das gelingt ihm. (cl)
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