Alles andere als Super
Von David Schahinian

46 Liter Superkraftstoff – macht 4464,61 Euro. Zumindest für einen Polizeiobermeister im Dienste des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Auch wenn die Preispolitik mancher Tankstellenbetreiber undurchsichtig ist, 97,83 Euro für einen Liter hat bisher noch keiner von ihnen verlangt. Die Rechnung machte vielmehr der Dienstherr höchstpersönlich auf. Mehr noch, vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig erhielt er vollumfänglich recht.
Was war passiert? Am 10. August 2012 betankte der Polizist das Dienstfahrzeug mit 46 Litern Superbenzin, sein Beifahrer zahlte. Bei dem Auto handelte es sich jedoch um einen Diesel. Ein anderer Beamter bemerkte das Malheur vier Tage später. Da waren mit dem Fahrzeug allerdings schon 75 Kilometer zurückgelegt. So genau konnte sich der Polizist, der getankt hatte, in späteren Befragungen nicht mehr an den Tankvorgang erinnern. Jedenfalls habe er nicht fahrlässig gehandelt.
Das Urteil lässt nur einen Schluss zu: Augen auf bei der Wahl der Zapfsäule.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2014 forderte ihn sein Dienstherr auf, 4464,61 Euro zu zahlen. Die Summe ergab sich aus Abschlepp- sowie Instandhaltungskosten, dem noch im Tank befindlichen Diesel und dem Wert des getankten Superkraftstoffs. Zur Begründung hieß es, dass der Mann grob fahrlässig gehandelt habe, weil er sich nicht vergewissert habe, welcher Kraftstoff zu tanken war.
Der Falschtanker erhob zunächst Widerspruch und später Klage: Der Dienstherr habe seine Fürsorgepflicht verletzt, indem er keine Tankvorrichtung in das Fahrzeug eingebaut habe, die eine Falschbetankung verhindert hätte. Nach seinem eigenen Vortrag kämen solche Fälle in seinem Machtbereich häufig vor. Auch wäre es möglich gewesen, die Flottenkarte elektronisch für ungeeignete Kraftstoffarten zu sperren.
Grob fahrlässig
Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Greifswald hatte er teilweise Erfolg. Der Schadenersatzanspruch sei aufgrund eines mitwirkenden Verschuldens des Dienstherrn zu kürzen, entschieden die Richter. Der Grund: Er habe keinen Tankadapter eingebaut. Beide Parteien legten Sprungrevision ein.
Klage insgesamt abgewiesen
Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Dienstherrn Recht und wies die Klage gegen den Bescheid insgesamt ab. Der Kläger habe gewusst, dass er mit einem Dieselfahrzeug unterwegs war. Sein Handeln war grob fahrlässig: „Er hat beim Betanken Verhaltenspflichten missachtet, die ganz nahe liegen und jedem hätten einleuchten müssen“, heißt es in der Urteilsbegründung, aus der der erhobene Zeigefinger förmlich herauszulesen ist.
Ein Mitverschulden könne dem Dienstherrn nicht angelastet werden. § 48 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) sehe bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten eines Beamten, das zu einem Schaden an Gegenständen des Dienstherrn führt, „zwingend“ die Schadenersatzpflicht des Beamten vor. Die allgemeine Fürsorgepflicht könne diese ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht wieder überspielen.
Vorsicht beim Tanken
Das Urteil reiht sich in eine Reihe weiterer ein, die nur den Schluss zulassen: Augen auf bei der Wahl der Zapfsäule. So wies das Verwaltungsgericht Koblenz bereits 2008 die Klagen zweier Polizisten zurück, die ebenfalls Diesel statt Super getankt hatten und letztlich für den Schaden aufkommen mussten. Sie hatten ihre Fehler eingeräumt, aber auf den dienstlichen Belastungsdruck und konkret auf erheblichen Zeitdruck verwiesen (Az.: 6 K 255/08.KO, 6 K 256/08.KO).
Er sei durch die Einweisung eines Kollegen in die Betankung des Fahrzeugs abgelenkt worden und habe die Zapfpistolen verwechselt, argumentierte ein Polizist aus Kassel – doch auch er musste für den Schaden aufkommen, entschied das örtliche Verwaltungsgericht (Az.: 1 E 889/06).
Urteil des BVerwG vom 2. Februar 2017 (Az.: 2 C 22.16)
Vorinstanz: Urteil des VG Greifswald vom 9. Juni 2016 (Az.: 6 A 59/15)
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