Ausgabe 6 - 2012
Wer bremst, verliert
Nur durch eine eindeutige Positionierung kann man sich vom Wettbewerb abheben: Erfolgreiche Personalkommunikation braucht mehr Mut und Authentizität in der Ansprache der umworbenen Nachwuchs- und Fachkräfte. Autoscout24 hat deshalb die „Revolution“ im Personalmarketing ausgerufen.
Der Fachkräftemangel lässt uns nicht los. In den Medien ist er Dauerthema. Und öfter als uns lieb ist spüren wir ihn am eigenen Leib. Aber warum zählen kleinere Firmen und Mittelständler eher zu den Benachteiligten? Gelingt es nur den großen Auto-, IT- und Sport-Marken, die allseits begehrten, weil gut ausgebildeten High Potentials zu begeistern? Sicherlich nicht. Allerdings sind Letztere meist aktiver in ihren Marketing-Aktivitäten. Und dadurch sichtbar präsenter als viele mittelständische Unternehmen es sich leisten können. Ist erfolgreiches Personalmarketing also im Wesentlichen eine Frage der Größe und des Geldbeutels? Ich denke nein.
Potenziale nicht ausgeschöpft
Vielmehr verdichtet sich der Eindruck, dass viele der KMUs, auch jene mit Weltruf, ihre Möglichkeiten im Wettbewerb um Nachwuchs- und Fachkräfte unterschätzen. Schließlich bieten auch sie, die vermeintlich Kleinen, ausgezeichnete Entwicklungsmöglichkeiten, herausfordernde Aufgaben und flache Hierarchien –internationale Perspektiven inklusive. Doch oft bleiben diese Karrierebeschleuniger ebenso unentdeckt wie wichtige Wohlfühlfaktoren. Work-Life-Balance-Angebote und ein gutes Betriebsklima sind hier nur zwei Beispiele.
Glaubwürdigkeit als Schlüssel zum Erfolg
Nehmen wir Personalmarketing doch einmal wörtlich und schaffen wir für unser Unternehmen die Voraussetzungen dafür, dass ausreichend qualifizierte und motivierte Mitarbeiter den Weg zu uns finden: Besinnen wir uns auf Stärken, die uns als Arbeitgeber auch von vermeintlich übermächtigen Wettbewerbern positiv unterscheiden. Initiieren wir unsere „wahre Größe“ glaubwürdig – und mit einer hohen Relevanz für die umworbenen Fachkräfte. Wagen wir mehr Mut und Authentizität im Aufritt unseres Unternehmens und in der Ansprache der Zielgruppen.
Erfolgreiche Personalwerbung in eigener Sache ist, das wissen wir, keine Aufgabe, die Pi mal Daumen zu lösen ist, geschweige denn schnell, schnell. Gut Ding braucht Weile. Das haben wir bei der Planung und Entwicklung der aktuellen Autoscout24 Personalmarketing-Kampagne gelernt –was, zugegeben, nicht immer einfach war. Wollen wir als Arbeitgeber glaubwürdig und für unsere Zielgruppen interessant auftreten, müssen wir mehr über uns wissen. Sonst besteht die Gefahr, sich in Plattitüden zu ergehen oder austauschbar im Auftritt zu sein. Dabei geht es nicht um theoretisches Geplänkel. Pragmatisches Vorgehen und Kreativität sind gefragt: Wir müssen unsere Stärken und Schwächen kennen. Wir müssen als Arbeitgeber unsere Innensicht mit der Außensicht abgleichen. Und wir sollten die Ergebnisse ernst nehmen, sie sind die Grundlage für notwendige Änderungen im Auftritt. Um dies sicherzustellen, haben wir einen Personaldienstleister mit ins Boot geholt. Eine gute Entscheidung, wie wir schnell feststellten.
Wer sind wir und wenn ja, für wen
Die Personalwerk GmbH brachte nicht nur ihre Expertise in den Bereichen Personalmarketing und Personalbeschaffung ein. Sie war von Anfang an ein vertrauensvoller Partner, mit dem wir unser Projekt professionell realisieren konnten – von Konzept und Strategie bis hin zur kreativen Umsetzung der Kampagne.
Abbildung 1
Die neue Karriere-Website von Autoscout24

Der Automarkt wirbt seit Kurzem auf „revolutionäre“ Art und Weise um Mitarbeiter – visualisiert durch den „Che Guevara-Stil“.
Das Ziel, potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig für das eigene Unternehmen zu interessieren und zum richtigen Zeitpunkt zu gewinnen, stellt eine große Herausforderung dar, wenn man am Anfang dieses Prozesses steht. Natürlich, eine Unternehmensmarke mit hoher Bekanntheit ist hilfreich, reicht in der Regel aber nicht, um als KMU den Personalmarkt aufzumischen. Wir haben uns auf zwei Aufgaben konzentriert, die unserer Meinung nach entscheidend für den Erfolg einer Personalmarketing-Kampagne sind:
-
ein klares Bild von den relevanten Zielgruppen bekommen und
-
sich als Arbeitgeber positiv bei diesen Zielpersonen positionieren.
Daraus lassen sich in weiteren Schritten Kernaussagen, visueller Auftritt und Kommunikationsmaßnahmen ableiten. Zur Lösung der gestellten Aufgaben fanden zunächst zwei Workshops mit Personalwerk statt: einer zum Thema „Zielgruppe“ und ein Kreativworkshop zur Arbeitgeberpositionierung. Grundlage dafür war eine Zielgruppenerhebung, in der die Meinung von Studenten, Absolventen und Berufserfahrenen unter anderem zum Unternehmen und zur Unternehmenskultur abgefragt wurden. Für diese Vorgehensweise spricht aus unserer Sicht einiges. Aus der Summe der dabei gewonnenen Informationen lässt sich ein sehr authentisches Bild des Arbeitgebers zeichnen, mit allen positiven und auch verbesserungsbedürftigen Eigenschaften – der Rahmen für den künftigen Arbeitgeberauftritt.
Von der Identität zur Positionierung
Die Positionierung als Arbeitgeber basiert auf unserer Identität als Unternehmen und soll von den umworbenen Nachwuchs- und Fachkräften als solche wahrgenommen werden. Damit gibt die Positionierung die Richtung unserer Kommunikation vor und ist gleichzeitig die Leitlinie für alle kommunikativen Maßnahmen. Diese unternehmensspezifische Positionierung basiert auf Alleinstellungsmerkmalen und Besonderheiten, die das Unternehmen einzigartig im Personalmarkt machen. Dabei gilt: Je eindeutiger diese Einzigartigkeit formuliert werden kann, desto eindeutiger die Abgrenzung von Wettbewerbern und desto wirkungsvoller die Argumentation in Richtung der Personengruppen, die es zu überzeugen gilt. Die Einzigartigkeit kann sich in vielen Eigenschaften zeigen, zum Beispiel im Miteinander der Mitarbeiter, bei den Produkten oder den Unternehmenswerten.
Die Automärkte revoluzionieren
Gemeinsam mit Personalwerk kamen wir zum Ergebnis, dass wir als Arbeitgeber durch unseren hohen Qualitätsanspruch, den ausgeprägten Pioniergeist und unsere Fairness geprägt sind und den Menschen im Unternehmen spannende Aufgaben, Entfaltungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Klingt nicht wirklich einzigartig? Ist es aber. In der Verbindung mit der Online-Marke „Autoscout24“ und dem dahinter stehenden belegbaren Leistungsportfolio bekommen diese Aussagen ihre Durchschlagskraft. In einem Satz zusammengefasst lautet unser Selbstverständnis: Das Unternehmen revolutioniert mit seinen Mitarbeitern die europäischen Automärkte und treibt fortschrittliche Ideen zum Wohle der Nutzer voran. Beweglich, fortschrittlich, revolutionär – diese Eigenschaften als Arbeitgeber bringt der neue Slogan auf den Punkt: „Wer bremst, verliert!“
Von der Positionierung zum Auftritt
Basierend auf den Ergebnissen des Positionierungs-Workshops arbeitete das Kreativ-Team von Personalwerk an der inhaltlichen und gestalterischen Umsetzung der Kampagne und der Übertragung auf verschiedene Medien. Im Fokus stand die Überlegung, wie wir unserem oben genannten Selbstverständnis „Wir revolutionieren die Automärkte“ ein Gesicht geben können. Kein leichtes Unterfangen. Denn neben dem Slogan kommt dem visuellen Eindruck als gestalterische Klammer der Kampagne eine zentrale Rolle zu: Er muss Aufmerksamkeit wecken, die Einzigartigkeit unterstreichen, einen hohen Wiedererkennungswert haben und natürlich Sympathie ausstrahlen. Den revolutionären Anspruch haben wir in Übertragung des bekannten „Che Guevara-Stils“ visualisiert – mit Motiven, deren Hintergrund Camouflage-Muster bilden, die sich aus kleinen Autos zusammensetzen.
Abbildung 2
Revoluzzer gesucht

Die Kampagne wurde auch auf die Messestände der Autobörse ausgeweitet, an denen Nachwuchskräfte mit revolutionärem Potenzial gesucht werden.
Im Ergebnis konsequent
Spreche ich mit Kollegen über die Kampagne, stellt sich öfter die Frage, wie weit sich ein Unternehmen mit einer Personalmarketing-Kampagne aus dem Fenster lehnen darf. Das lässt sich schwer beantworten. Die Gefahr besteht ja nicht darin, sich auf ein unkalkulierbares Risiko einzulassen. Ganz im Gegenteil: Letztendlich bestimmen die ehrliche Auseinandersetzung mit dem eigenen „Arbeitgeber-Ich“ und die Zielsetzungen, wie die Personalkommunikation nach innen und außen aussieht. Aber natürlich gehört Mut dazu, eine im ersten Moment ungewöhnliche Idee weiterzudenken und möglichen Bedenken nicht gleich nachzugeben. Schließlich möchten wir uns den umworbenen Fachkräften so einzigartig wie wir sind und mit allen Vorteilen präsentieren. Das mag revolutionär anmuten. Aber eigentlich ist es nur konsequent. Die positive Resonanz der „Zielgruppen“ auf die Kampagne hat uns sehr gefreut. Viele sehen das Unternehmen heute in einem ganz anderen Licht. Das hat sich gerade auf Messen, im direkten Austausch mit den Besuchern, gezeigt. Sie empfinden es als wohltuend, einen Auftritt zu erleben, der nicht nur auffällt, sondern auch anspricht. Die nächsten Schritte in der Umsetzung stehen auch schon fest: Wir starten eine Online-Imagekampagne und werden auf verschiedenen Hochschulmessen präsent sein.
Autorin
Stephanie Weigert, HR-Managerin, AutoScout24 GmbH, München,
sweigert@autoscout24.com
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