Ausgabe 6 - 2015
Die Männer mitnehmen
Was ist mit der Personalwirtschaft los? Stand unsere Zeitschrift nicht immer an der Seite derer, die sich für die Karriereförderung von Frauen stark gemacht, die schon vor Jahren auf die gläserne Decke der männlichen Macht hingewiesen und die Selbstverpflichtung der Unternehmen zu verbindlichen Frauenquoten unterstützt haben? Ja, stimmt. Und eigentlich wollten wir diesen Diversity-Diskurs fortführen und mit dem Hinweis auf den Gender-Pay-Gap und der nun verpflichtenden Frauenquote in Aufsichtsräten weiter dafür trommeln, dass sich die Unternehmen die Frauenförderung auf die Fahnen schreiben. Doch in den Recherchen bemerkten wir eine andere, bislang offensichtlich unterschätzte Facette der Gender-Politik. Denn es gibt nicht nur eine gläserne Decke der männlichen Macht, sondern auch einen Mantel des Schweigens. Ein Schweigen darüber, dass und wie sich Männer ob der allseits propagierten Frauenförderung benachteiligt fühlen.
Heult doch, Jungs! Das könnte man den ewig Gestrigen nun zurufen. Doch so einfach ist die Sache nicht. Wir haben mit unterschiedlichen Menschen, Männern und Frauen, Personalexperten und Wissenschaftlern, gesprochen und ein erstaunliches Bild erhalten (ab Seite 16). Demnach läuft die aktuelle Gender-Politik in den Unternehmen Gefahr, die Nebenwirkungen für die Männer aus den Augen zu verlieren. Nicht wenige Männer fühlen sich in einer „Gratifikationskrise“, wie Betriebsärzte es ausdrücken. Die Konsequenz aus dieser Misere lautet allerdings nicht, Gender-Programme und Frauenquoten zu stoppen. Im Gegenteil: Die notwendigen Diversity-Programme müssen deutlich breiter aufgestellt und kommuniziert werden, müssen beide Seiten, Frauen und Männer, in den Blick nehmen, um eine nachhaltige Kulturveränderung ohne allzu großen Groll hinzubekommen. Personaler sind also gut beraten, jenseits der Symbolpolitik ihre Frauenförderung neu zu justieren und die Männer mitzunehmen.
Dass Frauen an der Spitze von Organisationen einen guten Job machen, davon ist offensichtlich auch der Bundesverband der Personalmanager überzeugt. Der bisherige Präsident, Joachim Sauer, scheidet nach fünf sehr erfolgreichen Jahren aus dem Amt aus (Interview auf Seite 12). Als Nachfolgerin hat der BPM Elke Eller, Personalvorstand für den VW-Bereich Nutzfahrzeuge, nominiert. Sie wird aller Voraussicht nach am 17. Juni gewählt. Wir dürfen gespannt sein, welche neuen Akzente sie beim BPM setzen wird.
Erwin Stickling, Chefredakteur
- Die Männer mitnehmen
- „Wir sind nur die Kellner, nicht der Koch“
- Die Technik ergänzt den Menschen
- Zu viel des Guten?
- „Darauf sind Männer nicht vorbereitet“
- Betriebliche Personalarbeit am Scheideweg
- Im staatlichen Zugriff
- „Systempartner werden sich durchsetzen“
- Authentische Botschaften statt austauschbarer Floskeln
- Nur die Eignung entscheidet
- Berufseinstieg für die Generation Y
- Ignoranz ist fehl am Platz
- Mit Kennzahlen den Wert steigern
- Die bereinigte Fluktuation
- „Mitarbeiter brauchen die Sicherheit, dass der Laden weiterläuft“
- IT-Transformationen erfolgreich gestalten
- Besser kommunizieren mit Supportmatrix und Stakeholder-Analyse
- Psychisch stabil durch das Arbeitsjahr
- Nicht lästig, sondern nützlich
- Menschen statt Prozesse im Fokus