Ausgabe 6 - 2016
Krise als Chance

Der Flüchtlingszustrom der vergangenen Monate hat die öffentliche Verwaltung in Atem gehalten. Ist der Krisenmodus eine zusätzliche Chance, die Modernisierung der Verwaltung voranzutreiben? Darüber sprachen Berater und die Vertreterin einer Stadtverwaltung beim Round Table der Personalwirtschaft.
Der öffentliche Dienst ist mehr denn je gefragt“, resümierte Innenminister Thomas de Maizière Anfang des Jahres. „Nicht immer hat sich unsere Gesellschaft so klar zum Staat bekannt.“ Im Klartext: Die Bürger haben positiv bewertet, wie die Mitarbeiter bei Kommunen und Ländern die Registrierung, Verteilung, Unterbringung und Verpflegung der Menschen gemanagt haben – tatkräftig unterstützt von der Polizei, Hilfsorganisationen und unzähligen Freiwilligen.
Sicherlich gab es auch unrühmliche Ausnahmen, wobei diese vor allem gezeigt haben: Mittelfristig benötigt der öffentliche Sektor, auch um die Integration der hierbleibenden Flüchtlinge zu gewährleisten, ein deutliches Plus an Personal. Nach jahrelangem Stellenabbau sorgt nun der Zustrom von Hunderttausenden für eine Trendwende. Allein auf Bundesebene sind mehr als 5500 neue Stellen vorgesehen, einen kräftigen Stellenaufbau gibt es auch in der Arbeitsverwaltung, vor allem bei den Jobcentern im Bereich der Arbeitsförderung. Ebenso läuft in Ländern und Kommunen der Personalaufbau, denn es werden Lehrer und Erzieher benötigt sowie Mitarbeiter in den Ausländer- und Sozialbehörden und bei der Polizei.
Flexibel und motiviert
Die sonst häufig gescholtene Bürokratie hat sich in der Ausnahmesituation bewährt. Einerseits ist dies ein Ergebnis der formalisierten Prozesse, denn in Extremsituation schaffen sie Sicherheit – die Mitarbeiter wissen, was zu tun ist. Anderseits haben sich „die als vermeintlich behäbig geltenden Beschäftigten sehr engagiert, flexibel und motiviert gezeigt“. So fasst Maik Möwes, Produktmanager Personal der Mach AG, seine Beobachtungen zusammen. Dieser Einschätzung können alle Diskussionsteilnehmer zustimmen.
Ein Beispiel für die Flexibilität und das Engagement aus der Praxis liefert Dr. Liane Schmitt. Auch die Stadt Mannheim als Landes- und Bundeserstaufnahmestelle stand vor einigen Wochen noch vor der Aufgabe, 12 000 Flüchtlinge zu registrieren und zu verteilen. „Manchmal wussten wir nicht, wie das alles zu bewältigen war“, berichtet die Abteilungsleiterin Führung, Dialog und Arbeitgebermarke bei der Stadtverwaltung Mannheim. Wie auch in anderen Kommunen war es nötig, das vorhandene Personal zeitweilig für andere Aufgaben abzustellen. Der Personalbereich setzte unter anderem auf Freiwilligkeit und fragte die Beschäftigten nach ihrem Interesse, zeitweise in einer anderen Funktion zu arbeiten.
„Die Resonanz war großartig, es meldeten sich 90 Mitarbeiter.“ Der jeweilige Fachbereich entschied, wer für einen gewissen Zeitraum in einem neuen Arbeitsbereich tätig werden konnte. Denn, so Liane Schmitt, das vorhandene Personal umzuschichten, erzeugte neue Fragen. „Wir mussten Prioritäten anders setzen und Lösungen finden, weil die Arbeit im ursprünglichen Arbeitsbereich auch bewältigt werden will. Der erforderliche Perspektivenwechsel forderte uns alle heraus.“ Die Zusatzaufgabe der Registrierung und Verteilung wurde und wird bewältigt, weil alle sehr engagiert arbeiten und die Zahl der Flüchtlinge abgenommen hat. „Wir sind zwar sehr beansprucht, haben aber eine gute, motivierte Stimmung.“
Eine hohe intrinsische Motivation registriert Michael Teich nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern ebenso in den Personalabteilungen. Sie standen und stehen vor der Aufgabe, den vermehrten Personalbedarf in den Griff zu bekommen, so der Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Ellrich & Kollegen, die das HR-Management großer Kliniken, Verwaltungen und Hilfsorganisationen berät. Diesen Arbeitgebern ist gemeinsam, dass sie aktuell eine Vielzahl zusätzlicher administrativer Aufgaben bewältigen müssen, wie weitere Hilfskräfte einstellen, die Einbindung der Freiwilligen organisieren, neue Überstundenregelungen aufsetzen und anderes.
Während die Beschäftigten das operative Tagesgeschäft bewältigen, muss die Personalabteilung die nahe und mittelfristige Zukunft planen. Zum einen ist in den nächsten Monaten die liegen gebliebene Arbeit zu bewältigen. Dies erfordert eine kluge Steuerung von allen Beteiligten. Zum anderen dürfen Maßnahmen der Personalentwicklung nicht liegen bleiben. Diese Aufgabe lässt sich oft pragmatisch lösen. „Für uns bekommt Personalentwicklung einen anderen Duktus: Wir lernen nicht auf einem Seminar und transferieren dann die Kenntnisse“, so Liane Schmitt von der Stadt Mannheim, „sondern wir gehen in andere Arbeitsbereiche und lernen ‚on the job‘.“
![]() | „Um als Business Partner auf Augenhöhe zu agieren, braucht es sehr viel Flexibilität, um jede Führungskraft vom Friedhofsamt bis zum Nationaltheater zu erreichen.“ |
Impulse für Veränderungen
Die dritte Aufgabe braucht einen langen Atem. „Der Veränderungsdruck lastet auf allen Bereichen der Verwaltung“, stellt man bei der Mach AG fest, die auf Softwarelösungen und Beratung für die öffentliche Verwaltung spezialisiert ist. Denn der öffentliche Bereich habe sich auch selbst sehr ambitionierte Ziele gesetzt: Stichwort E-Government, mit dem die Verwaltungen einfachere, nutzerfreundlichere und effizientere elektronische Dienste anbieten wollen. Dieses Vorhaben lasse sich „ohne Übertreibung als Jahrhundertprojekt“ bezeichnen, sagt Maik Möwes. Zudem stehen die Personalabteilungen nach wie vor unter Modernisierungsdruck. Manche haben sich schon bewegt, „weg vom Verwalter des Personals zum Dienstleister der Gesamtorganisation“, aber dieser Prozess hat gerade erst begonnen.
Die Erwartungen an das Personalmanagement von heute: Sie sollen die Führungskräfte bei der Transformation beraten und unterstützen. Nun komme der Druck von zwei Seiten, erklärt Möwes: Einerseits müsse der eigene Geschäftsbereich modernisiert und transformiert, andererseits die Gesamtorganisation bei ihrer Transformation unterstützt werden, und das bei einer häufig dünnen Mitarbeiterausstattung in den Personalbereichen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die ein gutes Change Management erfordert. Patentrezepte für die Steuerung des Wandels in einer Organisation gibt es nicht, wohl aber eine unumstößliche Tatsache, die für Wirtschaft und Verwaltung gleichermaßen gilt: Wer die Mitarbeiter nicht mitnimmt, hat verloren.
Ob sich nun Organisationen Expertise von außen holen oder nicht, ein entscheidende Empfehlung gilt immer: „Wer Prozesse neu aufsetzen will, sollte die Mitarbeiter selbst nach den Schwachstellen fragen und dann den Weg gemeinsam gehen.“ Das rät Berater Michael Teich von Ellrich & Kollegen, der in diesem Vorgehen einen entscheidenden Erfolgsfaktor sieht.
Möglicherweise verlangsamt die aktuelle Situation einige Teilprojekte der Transformation, doch der „Krisenmodus“ wirkt als Katalysator für neue Wege. Martina Gronemeyer, Geschäftsleitung Vertrieb von der Königsteiner Agentur, berichtet von öffentlichen Unternehmen, die nun die Chance nutzen, ihre Azubi-Stellen mit qualifizierten Flüchtlingen zu besetzen. Beispielsweise bereiten die Berliner Wasserbetriebe unter den Geflüchteten junge Leute mit Potenzial für eine Ausbildung vor, kümmern sich um den Spracherwerb und organisieren eine Ausbildung im Tandem mit jeweils einem Berliner Jugendlichen und einem Flüchtling. So stellten sie die Weichen nicht nur für eine gelingende Integration, sondern wirkten auch ihrem Nachwuchsproblem entgegen.
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Eine Frage der Führung und des Schmerzpegels
Mehr Effizienz, mehr Bürgernähe, die schwierige Haushaltslage, eine moderne Arbeitsorganisation, die Sicherung der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter, um nur ein paar Handlungsfelder nennen: Das alles braucht eine starkes Personalmanagement und starke Führungskräfte. Zukunftsorientierte Verwaltungen beschäftigen sich seit einigen Jahren mit der mitarbeiterorientierten Personalführung und Entwicklung ihrer Führungskräfte. Der Weg dahin ist nicht immer mühselig, erfordert aber eine konsequente Strategie.
„Führung wird nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in der Privatwirtschaft unterbewertet“, kritisiert Michael Teich, Ellrich & Kollegen. Führungskräfte müssten sich noch zu oft mit fachlichen Aufgaben beschäftigen, ihnen bliebe zu wenig Zeit, Mitarbeiter zu führen, anzuleiten und zu betreuen. „Diese originäre Arbeit kommt zu kurz, sodass auch Change-Prozesse erschwert werden.“ Erforderlich sei darüber hinaus, dass die Personaler stärker in die Verwaltungsstrategie eingebunden werden sowie in die Auswahl, Entwicklung und Unterstützung der Führungskräfte.
Doch ob und wie schnell sich eine neue Führungskultur in der öffentlichen Verwaltung etabliert, ist in vielen Fällen von der Schmerzgrenze bei der Besetzung offener Vakanzen abhängig. Die Erfahrung von Martina Gronemeyer: Je größer der Arbeitsdruck, je knapper die Personaldecke und je weniger potenzielle Kandidaten sich bewerben, umso eher suchen Verwaltungen den Schritt nach vorne zur Modernisierung.
Diesen Schritt ist die Stadt Mannheim gegangen. Der Anstoß für eine neue Unternehmenskultur entstand unter anderem aus der Notwenigkeit, sich als Arbeitgeberin attraktiver darzustellen, da in der Universitätsstadt qualifizierte Fach-, Führungs- und Nachwuchskräfte nicht leicht zu finden sind. Mit Leitlinien für Führung, Kommunikation und Zusammenarbeit legte sie den Grundstein für eine neue Unternehmenskultur. Diese Leitlinien, von denen zahlreiche Instrumente und Maßnahmen zur Steuerung für das Personalmanagement abgeleitet werden, gelten für alle städtischen Bediensteten, Führungskräfte wie Mitarbeiter.
Wege zur Unternehmenskultur
Als eine der ersten Stadtverwaltungen in Deutschland hat Mannheim beispielsweise ein 360-Grad-Feedback eingeführt, das sich im ersten Durchgang an den Oberbürgermeister, die Dezernenten und alle Dienststellenleitungen als Feedbacknehmende richtete und die Umsetzung der Leitlinien im Führungsalltag abfragte. Der Vergleich von Fremd- und Selbsteinschätzung bildet dabei die Basis für den Rückmeldeprozess, der durch externe Coaches begleitetet wurde. Dieses 360-Grad-Feedback habe einen positiven Einfluss auf die gesamte Unternehmenskultur. „Besonders positiv ist, dass wir das Projekt nicht am Tag X abschließen“, betont Liane Schmitt, „sondern ständig anpassen und in die Linie bringen.“
Unterstützt wird dieses Vorgehen durch Dialogformate und den sogenannten Klima-Check, der die Umsetzung der Leitlinien regelmäßig thematisiert. Auch wenn die Leitlinien nicht überall gleichermaßen gelebt würden, so sei doch allein ihre Präsenz sinnvoll und präge die Kultur. Anders als in der Wirtschaft finden sich unter dem Dach einer Verwaltung heterogene Betriebe. „Um als Business Partner auf Augenhöhe zu agieren, braucht es sehr viel Flexibilität, um jede Führungskraft vom Friedhofsamt bis zum Nationaltheater zu erreichen.“ Ein Ergebnis des neuen Verständnisses von Führung sei die Bewertung von Führungskompetenz: Ein Auswahl- und Entwicklungsinstrument orientiere sich an den Leitlinien und sorge dafür, dass die richtigen Führungskräfte ausgewählt und vorhandene weiterentwickelt würden.
Doch noch ist die Entwicklung zu einer modernen Führungs- und Unternehmenskultur wie in der Stadt Mannheim nicht repräsentativ für die gesamte öffentliche Verwaltung, sondern sie ist eher die Ausnahme.
Automatisierung der Administration
Ob der Wandel zur modernen Führung gelingt, wird auch von den Freiräumen bestimmt, die HR und Führungskräften zur Verfügung stehen. So ist das leidige Thema Administration noch lange nicht unter Effizienzgesichtspunkten organisiert. Angefangen bei der profanen Zeitwirtschaft. Noch leisten sich Verwaltungen und deren Tochterbetriebe „viele manuelle und papierbasierte Verfahren“, beschreibt Maik Möwes den Handlungsbedarf. Auch sehr große Organisationen führen nicht selten die Zeit- und Urlaubskonten von 1000 Mitarbeitern auf einzelnen Karteikarten, weiß der HR-Software-Spezialist.
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Flops verhindern
Dabei ermögliche die Einführung einer modernen Zeitwirtschaftslösung nicht nur beschleunigte Verwaltungsprozesse, sondern bilde die Basis, um flexible Arbeitszeitformen aufzusetzen und ressourceneffizient zu managen. Das Angebot flexibler Arbeitszeiten an ihre Beschäftigten stärke die Verwaltung in ihrer Attraktivität als Arbeitgeber, weiß Maik Möwes aus Kundenprojekten. Allerdings dürfe sich die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen nicht nur auf die Frage der eingesetzten Technik konzentrieren. Vielmehr sollten im Zuge der Einführung neuer Software die bestehenden Prozesse überprüft und an die neuen Möglichkeiten angepasst werden.
Dass aktuell viele Arbeitsabläufe noch manuell organisiert sind, bestätigt auch Ellrich-Berater Michael Teich. Insbesondere in den Bereichen E-Recruiting und Bewerbermanagement, digitale Personalakte, Qualifizierungsmanagement sowie Mitarbeiterportale und digitale Workflows seien erhebliche Einsparungen von manuellen Arbeitsaufwänden durch moderne Personalmanagementsysteme möglich. Er plädiert dafür, bei der Auswahl eines Systems den Fokus auf das „optimale Zusammenspiel von Prozessen, Systemen und den Mitarbeitern“ zu richten.
Gelingt das nicht, versuchen Personalverantwortliche, das System zu biegen und anzupassen, was sehr zeitintensiv ist. Nicht selten kann sich die softwaregestützte Lösung, die eigentlich für mehr Professionalität, Effizienz und Schnelligkeit sorgen sollte, als Flop erweisen. Bei den Beratern der Königsteiner Agentur, die Verwaltungen und städtische Unternehmen unterstützen, beobachtet man häufiger, dass die Entscheidung für ein Bewerbermanagementsystem nicht immer mit der richtigen Herangehensweise und zum Teil unter Zeitdruck erfolgt. Dabei führe nicht die Betrachtung der Funktionen eines Systems zum Ziel, sondern eine klare Definition der HR-Prozesse. „Was soll unterstützt und abgebildet werden, welche Funktionen werden wirklich benötigt und welche Prozesse sollen automatisieren werden?“ So skizziert Martina Gronemeyer die Leitfragen, die mittels eines Pflichtenheftes die Basis für die Wahl eines Systems darstellen sollten.
Ob mit oder ohne Bewerbermanagementsystem, die öffentlichen Verwaltung muss höhere Berge erklimmen, um passende Mitarbeiter zu gewinnen. Mit der aktuellen Zuwanderung und der damit steigenden Einwohnerzahl Deutschlands werden die Personalengpässe größer. Woher wollen Bund und Länder in diesem und im nächstem Jahr Tausende von Stellen neu besetzen, aus welchem Pool wollen sie schöpfen? Die Attribute wie „sinnstiftende Arbeit und sicherer Arbeitsplatz“ tragen nicht weit, um Experten aus den Mangelberufen der IT, dem Ingenieurwesen und dem Gesundheitsbereich zum Wechsel zu animieren.
![]() | „Da sich der Arbeitsmarkt mittlerweile in einen Arbeitnehmermarkt gewandelt hat, funktionieren die herkömmlichen Bewerbungswege bei Mangelberufen nicht.“ |
„Wir machen's mit dem Fähnchen“
„Da sich der Arbeitsmarkt mittlerweile in einen Arbeitnehmermarkt gewandelt hat, funktionieren die herkömmlichen Bewerbungswege bei Mangelberufen nicht“, unterstreicht Martina Gronemeyer. Ihre Empfehlung: Diese Zielgruppen dort anzusprechen, wo sie sich aufhalten, beispielsweise wo sie sich fachlich austauschen, rät die Beraterin der Königsteiner Agentur. Statt einer unattraktiv getexteten und gestalteten Stellenausschreibung müsse sowohl „die Ansprache der Zielgruppe individualisiert als auch die Wahl der Medien darauf abstimmt sein“. Die begehrten Kandidaten interessiere weniger der Vergütungstarif, sondern eher spannende Aufgaben, die Benefits der Arbeitgeber sowie der Wohlfühlfaktor. „Wenn dann noch ein direkter Ansprechpartner genannt wird, der auch mit den Interessenten in den Dialog geht, multiplizieren sich die Chancen, die kritischen Stellen zu besetzen.“
Ob man es nun Zielgruppenkampagne oder gezielte Ansprache nennt, spielt keine Rolle. Richtig ist aber, dass innovative Vorgehensweisen mit Kosten verbunden sind. Häufig würden die Gelder erst bewilligt, wenn auch die zehnte Jobofferte nicht den passenden Mitarbeiter bringt. Dabei verdrängen Verantwortliche leider, was sie eine lange nicht besetzte Stelle kostet. In der Praxis erlebt Martina Gronemeyer viele innovative Verwaltungspersonaler, aber eben auch diejenigen, die in Anlehnung an die Kampagne einer großen deutschen Bank sagen „Wir machen's doch mit dem Fähnchen.“ Sie wünscht sich „mehr Mut, der manchmal fehlt“.
An die Personaler richtet auch Liane Schmitt von der Stadt Mannheim eine Empfehlung. „Nehmen Sie sich nicht so wichtig, wenn es um eine Stellenbeschreibung geht, sondern holen Sie Leute ins Boot, die sich mit der Materie auskennen.“ Diesen Weg beschritt die Stadt, als sie Politessen und Politeure suchte.
Mut ist ein guter Ratgeber
Dabei zeigte sich, dass diese Mitarbeiter viel mehr dem Allgemeinwohl dienen als bewusst sei, denn sie sorgen letztlich für den freien Verkehrsfluss und Sicherheit auf den Straßen der Stadt. Auf diese Weise formuliert sprach die Stellenausschreibung den passenden Bewerberkreis viel besser an als beim herkömmlichen Vorgehen. „Eine gute Arbeitgebermarke, Mut zur Innovation beim Recruiting und Neugier auf die Menschen sowie ihre Talente sind wesentliche Bestandteile bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter“, hebt Schmitt hervor.
Neben Ausschreibungskanälen und dem Text der Stellenanzeigen bleibt die Frage nach dem Arbeitskräftereservoir. Die gute Nachricht: Der Pool der potenziellen Mitarbeiter vergrößert sich um die Zugewanderten. Die Verwaltung als Arbeitgeber erhöht schon seit einigen Jahren den Anteil ihrer Mitarbeiter mit Migrationshintergrund. Die Ausbildung passender Bewerber wird nicht von heute auf morgen passieren, aber langfristig wird sich Entlastung einstellen. Die Belastungssituation der Mitarbeiter und des Personalmanagements bleibt zunächst angespannt, doch die gute Bewältigung im „Krisenmodus“ beim Flüchtlingsaufkommen macht Mut, dass die anstehende Integration und die Modernisierung der Verwaltung gelingen können.
Autorin
Christiane Siemann, freie Journalistin, Bad Tölz

Christiane Siemann (freie Journalistin) und Erwin Stickling (Chefredakteur der Personalwirtschaft) moderierten den Round Table.
- Hire for attitude
- Auf die Augenhöhe kommt es an
- Die neue Sachlichkeit
- „Auf dem Teppich bleiben“
- „Es geht nur über die Individuen“
- Als HR-Einsteiger mit Professionalität überzeugen
- Gastgeber mit Herz und Seele gesucht
- Krise als Chance
- „Irgendwann sind die Kräfte am Ende“
- Von der Behörde zum Servicebetrieb
- Moderne Prozesse für ein modernes Personalmanagement
- Unternehmenskulturwandel: schnell und nachhaltig
- Azubi-Bewerbern mit Wertschätzung begegnen
- Angst vor Autonomieverlust
- Enormes Potenzial zum Dauerstreit
- Schlüssel zur Integration
- In drei Stufen zum Abschluss
- Mehr Aufwand für die betriebliche Altersversorgung