Wenn null Prozent verdreifacht werden sollen
Wie ist es aktuell um die Definition einer Frauenquote für die obersten Führungsebenen bestellt? Und wie hoch ist der Anteil der Frauen in Karriereprogrammen? Eine Befragung der Redaktion gibt Aufschluss über den Status quo in den 30 Dax-Unternehmen.
Es ist drei Monate her, seit sich die HR-Vertreter der Dax-Firmen mit vier Ministern trafen, um über einen Stufenplan zu debattieren und abzustimmen, laut dem sich die Konzerne selbst Ziele für Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten setzen. Der Plan sieht vor, dass börsennotierte und voll mitbestimmte Unternehmen dann gesetzlich dazu verpflichtet werden, eine selbst bestimmte und betriebsspezifische Frauenquote festzulegen und zu veröffentlichen, wenn sie es bis zu einem noch zu bestimmenden Stichtag in 2013 nicht geschafft haben, die Zahl der Frauen in den beiden Gremien zu verdreifachen. Hat ein Unternehmen eine Quote von 30 Prozent erreicht und kann sie halten, dann soll die gesetzliche Pflicht entfallen. Die Dax-Konzerne sollen den Ist-Zustand, also die aktuellen Frauenanteile in den beiden Gremien, zum Stichtag der Gesetzesverkündung melden.
Wie sieht es bei diesem Vorhaben aktuell aus in den 30 größten deutschen Konzernen? Wer hat bereits eine Quote festgelegt? Stehen die Unternehmen hinter dem Vorhaben und gibt es bereits ausreichend Instrumente, um Frauen generell zu fördern? Die Redaktion der Personalwirtschaft hat nachgefragt. Auf den Fragebogen – oder zumindest per Statement –haben 18 Dax-Firmen geantwortet.
Von Quoten sprechen nur wenige
Quintessenz: Lediglich die Deutsche Telekom hat sowohl für Vorstand als auch Aufsichtsrat bereits eine Quote festgelegt. Bis 2015 will man im mittleren und oberen Management einen Frauenanteil von 30 Prozent erreichen. Metro hat für den Aufsichtsrat Zahlen definiert. Hier sollen bis 2013 20 Prozent Frauen vertreten sein, 2018 folgt die nächste Zielmarke mit 30 Prozent. Bei Thyssen Krupp will man im 20-köpfigen Aufsichtsrat von derzeit drei weiblichen Vertretern auf vier kommen – ohne nähere Zeitangabe. Problem bei der Quote im Aufsichtsrat ist, dass die Vertreter der Arbeitnehmerseite eben von genau dieser bestellt werden – und nicht von der Unternehmensleitung. Insofern besteht hier nur zum Teil ein Einfluss auf die Gesamtquote seitens der Arbeitgeber.
Was die Zahl der Frauen im Vorstand angeht, ist das Bild derzeit düster. Nur bei E.ON und SAP gibt es im Vorstand der AG überhaupt Frauen. Bei beiden liegt der Anteil bei 16,6 Prozent – im Klartext: es gibt eine Frau im jeweils sechsköpfigen Vorstand, nämlich Angelika Dammann und Regine Stachelhaus, beide Personalvorstände. Thyssen Krupp meldet, dass „auf den oberen Führungsebenen des Konzerns sechs Prozent Frauen in Geschäftsführungs- und Vorstandsebenen“ tätig seien. Ohne konkrete Angabe zum Vorstand der Holding.
Eine Frage der Interpretation
Aus allen Fragebögen oder Statements geht hervor, dass sich die Dax-Unternehmen zur Förderung von Frauen auf leitende Positionen bekennen und dieses Vorhaben in verschiedener Form unterstützen. Auf die Frage, wie hoch der Anteil der Frauen in den Führungskräfteentwicklungs-Programmen ist, antworteten nur die Hälfte mit konkreten Zahlen. Sie liegen zwischen 4 und 35 Prozent. Sieben von 18 Antwortenden sagten zudem, über ein spezielles Programm für Frauen zur Karriereentwicklung zu verfügen. Sechs der 18 Befragungsteilnehmer gaben jedoch an, dass sie derzeit noch weitere Instrumente entwickeln müssen, um ihre Ziele beim Talent Management von Frauen erreichen zu können.
Der Output all dessen, nämlich die tatsächliche Besetzung leitender Funktionen mit weiblichen Nachwuchskräften, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Nur fünf der 18 Antwortenden konnten überhaupt sagen, wie hoch der Anteil der Frauen bei allen Beförderungen in 2010 war. Entweder können die Konzerne diese Zahlen (noch) nicht ermitteln oder sie wollen keine Angabe zu dieser Frage machen. Eine relativ niedrig erscheinende Zahl von fünf Prozent weiblicher Beförderungen bei Firmen wie K+S oder MAN, die unter besonderem weiblichen Nachwuchsmangel in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen leiden, wirkt auf den ersten Blick schwach im Vergleich zu 35 beziehungsweise 50 Prozent bei Henkel und Allianz. Diese beiden Konzerne haben das Glück, Berufsbilder zu bedienen, die mehr weibliche Absolventen und Young Professionals anstreben. Schwierig wird es auch bei der Interpretation der von den Konzernen selbst gegebenen Aussagen dazu, wieviele Frauen bereits jetzt Führungspositionen inne haben. Denn oft hängt es sehr von der – meist firmeninternen – Definition ab, ab wann ein Mitarbeiter als Führungskraft gilt und somit in die Statistik einfließt oder nicht. Es gibt nun mal keine einheitliche Vorgabe hierzu, weshalb ein Vergleich der Zahlen etwas mit Vorsicht zu genießen ist.
Spannend bleibt, ob sich die Dax-Unternehmen, die laut der Auswertung mehrheitlich einer Quote skeptisch gegenüber stehen, zu einer Zielvorgabe durchringen können – zumindest für Vorstand und Aufsichtsrat. Denn nur zwei der 18 Antwortenden sagten, dass sie voll und ganz hinter der Selbstverpflichtung zur Quote stehen, weil erst so eine Maßnahme wirklich etwas bewirkt. Auch hier gilt wohl: Mit gutem Beispiel vorangehen.
Personalwirtschaft Online
Die Ergebnisse der Dax-Befragung finden Sie als grafische Darstellung auf www.personal-wirtschaft.de unter „Downloads zum Heft“.
Autorin
Nancy Hömberg
- Immer noch das Prinzip Hoffnung
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- Die große Mauer
- Wenn null Prozent verdreifacht werden sollen
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