Ausgabe 7 - 2014
Lernen in Eigenregie
Wissen wächst, wenn es geteilt wird. Dieser Grundsatz steckt hinter dem Prinzip „Sharecademy“, nach dem der IT-Dienstleister ConSol einen virtuellen Marktplatz für interne Fortbildung, Wissenstransfer und Social Collaboration errichtet hat. Ein Blick hinter die Kulissen.
In vielen mittelständischen Unternehmen mangelt es aus unterschiedlichen Gründen – von Zeitdruck über Kosteneinschränkungen bis zu hoher Arbeitsbelastung – an professionellen Weiterbildungskonzepten. Dabei sind diese ein ebenso wirkungsvoller wie notwendiger Hebel, wenn es gilt, Mitarbeiter langfristig zu halten und die Qualität des Unternehmens zu sichern. Wie Aus- und Weiterbildung auch im Mittelstand erfolgreich umgesetzt werden kann, ohne allzu hohe Kosten zu erzeugen, beweist die ConSol Consulting & Solutions Software GmbH. Diese hat mit der ConSol Akademie einen internen virtuellen Fortbildungsmarkt geschaffen, der den weltweit 240 Mitarbeitern als Plattform dient, auf der sie sich – nach dem Prinzip „Sharecademy“ (jeder lehrt jeden) – untereinander schulen, Wissen weitergeben und ihre eigenen Kompetenzen erweitern können. Die ConSol Akademie ist seit 2001 „in Betrieb“ und mittlerweile ein fest etablierter Bestandteil im Arbeitsalltag der Mitarbeiter geworden. Das Unternehmen setzt dabei auf Wissenszuwachs statt Information Hiding – eine Unternehmensphilosophie, die interne Weiterbildung und die Zusammenarbeit untereinander fördert. Folgende Vorteile dieses Vorgehens hat ConSol ausgemacht:
Wissenszuwachs: Die Mitarbeiter schulen sich untereinander, was sowohl der Kompetenz des Dozenten als auch der des Lernenden zugute kommt.
Aktualität: Die Kollegen sind immer am Puls der Zeit und können Trendthemen sofort aufgreifen. Dadurch steigt die Motivation.
Kostenersparnis: Trainerhonorare, Reisekosten und -spesen entfallen durch die Inhouse-Schulungen für das Unternehmen.
Kompetenzsteigerung: Durch das Sprechen vor Publikum und das Erstellen der Powerpoint-Unterlagen steigen die Präsentationskompetenzen derjenigen, die als Dozenten fungieren.
Nachhaltigkeit: Auch nach der Weiterbildung hat der Kollege seinen Trainer als Ansprechpartner im Haus, sodass er falls nötig einen Rat auf dem kurzen Dienstweg einholen kann.
Transparenz: Durch die Schulungen steigt die Transparenz hinsichtlich der Qualifikationen der Mitarbeiter. Das erleichtert die Personalplanung und den Mitarbeitereinsatz.
Wir-Gefühl: Last but not least erhöhen die Kurse auch das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter.
Die Mitarbeiter als Trainer
Zu finden ist die Akademie als ein Menüpunkt im firmeneigenen Intranet. Wer sich dort einloggt, findet dort unter den vier Blöcken „Meine angebotenen Kurse“, „Meine belegten Kurse“, „Alle Kurse“ und „Anfragen für Kurse (noch ohne Dozent)“ alle Informationen rund um Thema und Datum, Dauer und Sprache der angebotenen Einheiten. Das sind zu 90 Prozent Kurse zu Technikthemen, die restlichen 10 Prozent sind beispielsweise Kurse zu Präsentationstechniken und Projektmanagement. Das Spektrum reicht dabei von kurzen, praxisorientierten „Updates“ bis zu mehrere Stunden oder Sessions umfassende Schulungen. Alle Mitarbeiter sind angehalten, neue Ideen oder Kenntnisse zum Beispiel aus Konferenzbesuchen in den Kursen zu präsentieren.
Neue Kurse stellen die Mitarbeiter in Eigenregie über eine Eingabemaske in die ConSol Akademie ein. Anschließend wird die Info über Inhalt, Datum und Dauer des Angebots automatisch per E-Mail an alle Mitarbeiter versendet. Bei Interesse klicken die Kollegen einfach auf den Anmelde-Link in der E-Mail. Alles Weitere läuft automatisch ab: Die Teilnehmerliste wird um die Anmeldung ergänzt und die Fortbildung erscheint auf der persönlichen Kursliste des Teilnehmers. Zudem erhält der Kursanbieter eine Benachrichtigungsmail, dass eine Anmeldung eingegangen ist.
Abbildung 1
Einen Kurs einrichten

Jeder Mitarbeiter kann einen neuen Kurs in die Datenbank einpflegen. Hierfür steht eine intuitiv zu bedienende Eingabemaske zur Verfügung.
All dies ermöglicht eine Datenbank im Hintergrund. Was sich vielleicht kompliziert anhört, ist kein Hexenwerk. Bei ConSol hat ein Auszubildender die Plattform nach von dem Unternehmen definierten Anforderungen für seine Abschlussarbeit programmiert. Moderiert wird die Plattform von einem Mitarbeiter, der diese Aufgabe aus Eigeninitiative übernommen hat. Er sendet zusätzlich monatlich eine Kurzübersicht neuer Veranstaltungen an alle Kollegen. Außerdem zeichnet er dafür verantwortlich, dass bei einer bestimmten Anzahl von Anfragen zu einem Thema auch wirklich ein entsprechender Kurs durchgeführt wird. Dafür spricht er zunächst intern als Trainer geeignete Kollegen an. Findet sich kein interner Dozent, wird der Kurs von einem externen Referenten gehalten. Alle Workshops, Seminare und Kurse – egal ob mit externem oder internem Trainer – orientieren sich an den individuellen Interessen und Bedürfnissen der Mitarbeiter.
Abbildung 2
Seminaranmeldung leicht gemacht

Jeder Mitarbeiter erhält automatisch eine E-Mail-Benachrichtigung über ein neues Kursangebot und kann sich per Mausklick gleich dazu anmelden.
Erweiterungen sind geplant
Die ConSol Akademie ist kein statisches Konstrukt, sondern wird permanent weiter ausgebaut. So ist zum Beispiel geplant, ein (anonymisiertes) Feedback-Formular für jeden Kurs zu implementieren. Auch soll eine „Piggy Bank“ die Teilnehmer auf unterhaltsame Weise motivieren, pünktlich in den Kursen zu erscheinen. Falls man sich beim Kurs (ohne wichtigen Grund) verspätet, zahlt man einen symbolischen Betrag von 50 Cent in ein Sparschwein. Das Geld wird dann an eine wohltätige Organisation gespendet, wobei ConSol den Betrag noch einmal verdoppelt. Des Weiteren sollen neue Kursformen in die Akademie Einzug halten, wie etwa Lightning Talks: Die Kernidee dabei besteht darin, den Kollegen Wissen und Ideen in kurzer, prägnanter und unterhaltsamer Form zu präsentieren.
Auch neue Vortragstechniken will das Unternehmen einüben, beispielsweise Pecha Kuchas. Bei dieser Vortragstechnik werden zu einem mündlichen Vortrag passende Bilder (Folien) an eine Wand projiziert. Die Anzahl der Bilder ist dabei mit 20 Stück ebenso vorgegeben wie die 20-sekündige Dauer der Projektionszeit je Bild. Die Gesamtdauer eines Vortrags beträgt damit genau 6 Minuten 40 Sekunden. In Pecha-Kuchas-Kursen folgen mehrere dieser Vorträge hintereinander. Der Vorteil dieser Technik liegt in der kurzweiligen, prägnanten Präsentation mit rigiden Zeitvorgaben. Sie macht von vornherein langatmige Vorträge und die damit verbundene Ermüdung der Zuhörer („death by powerpoint“ syndrome) unmöglich. Darüber hinaus plant ConSol auch die Einführung der Open Space Technology: Diese Methode der Großgruppenmoderation dient zur Strukturierung von Konferenzen.
Wissen teilen, Wir-Gefühl vermehren: Die ConSol Akademie fördert nicht nur den Informationsaustausch, sondern trägt auch zu einem positiven Gemeinschaftsgefühl bei.
Fünf Tipps zur Umsetzung
Das Engagement der Mitarbeiter ist das A und 0 für den Erfolg eines internen Weiterbildungskonzepts. Darüber hinaus sollten bei seiner Implementierung einige zentrale organisatorische Grundsätze beachtet werden.
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Bedarf erkennen: In Mitarbeitergesprächen sollten bestimmte Weiterbildungsziele und konkrete Fortbildungen festgelegt werden.
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Plattform bieten: Eine technische Lösung kann entweder von der hauseigenen IT-Abteilung oder durch einen externen Dienstleister umgesetzt werden. Dabei sollten Anforderungen wie Schriftarten, Layout oder der Grad der Automatisierung vorab intern diskutiert und festgelegt werden. Kostenpunkt: ab 5000 Euro, je nach bereits vorhandener technischer Infrastruktur. Ab etwa 80 bis 100 Mitarbeitern ist eine solche formalisierte Plattform sinnvoll. Möglich ist es aber auch, das Ganze etwas kleiner zu organisieren: Über ein Schwarzes Brett können Fortbildungen per Aushang koordiniert werden.
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Wissen geben und nehmen: Für das Gelingen eines Weiterbildungsmarktplatzes sind motivierte Mitarbeiter, die Kurse anbieten und nachfragen, unerlässlich. Das sollte auch von Unternehmensseite aktiv eingefordert werden. Dabei kann man versuchen, über die Mitarbeitergespräche entsprechende Anstöße zu geben, oder auch Benefits in Aussicht stellen, wenn ein Mitarbeiter als Dozent tätig wird.
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Schritt für Schritt vorgehen: Es muss nicht gleich eine technische Lösung sein. Wichtig ist es, als Unternehmen den Raum für Austausch von Wissen zu schaffen. Ob im Intranet oder auf einem wöchentlichen Treffen – das Prinzip bleibt dabei mit oder ohne Datenbank das gleiche.
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Moderator bestimmen: Entscheidend ist, dass die Weiterbildungsplattform – ob in Form einer Datenbank oder als Schwarzes Brett – nicht sich selbst überlassen bleibt. Sie benötigt auf jeden Fall einen Betreuer, der Kursangebote und Nachfrage koordiniert. Der Moderator benötigt kein breites technisches Know-how. Jedoch sollte der Moderator bereits längere Zeit im Betrieb sein, sodass er die Kollegen und die Unternehmensstruktur kennt.
Ausgezeichnetes Konzept
Gefallen hat das Konzept der ConSol Akademie auch der Fachjury des „IHK Bildungspreis 2014“. Unter insgesamt 158 eingegangenen Bewerbungen aus dem ganzen Bundesgebiet landete Consol in der Kategorie „Mittelgroße Unternehmen“ auf Platz 3.
Autorinnen
Andrea Stellwag, Geschäftsführerin Finanzen & Personal, ConSol, München,
Isabel Baum, Leiterin Public Relations, ConSol, München,
presse@consol.de
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