Ein entscheidender Wettbewerbsfaktor
Unternehmen sehen sich bei der Personalbeschaffung einem wachsenden Wettbewerb gegenüber. Wissen über die Motivation und Erwartungen von Kandidaten ist essenziell für eine zielgerichtete Rekrutierungsstrategie. Eine aktuelle Studie gibt Handlungsempfehlungen.
Welche Erwartungen haben qualifizierte Arbeitnehmer in Deutschland an die Jobsuche und den Arbeitgeber? Wie gehen Fachkräfte bei der Jobsuche vor? Was erwarten sie von ausschreibenden Unternehmen? Und was bewegt Fachkräfte heute vorwiegend zu einem Arbeitgeberwechsel? Um Antworten auf diese und weitere Fragen zu finden, hat Stepstone 2000 Fach- und Führungskräfte in Deutschland befragt. Eine Erkenntnis vorweg: Die hochqualifizierten Arbeitnehmer in Deutschland halten ihre beruflichen Perspektiven für ausgesprochen gut. Die Mehrheit der Befragten ist mit der bisherigen Karriere-Entwicklung zufrieden. In sieben Prozent der Fälle werden diese sogar übertroffen. Eine besonders hohe Quote bei der Zufriedenheit mit ihrer Karriere weisen dabei Ingenieure sowie Beschäftigte in Sales und Marketing auf.
Entsprechend zuversichtlich zeigen sich Kandidaten im Hinblick auf die Jobsuche. 65 Prozent der Befragten schätzen ihre Chancen bei der Recherche nach einer neuen Stelle als sehr gut ein. Besonders optimistisch sind Spezialisten in den Berufsrichtungen IT und Ingenieurwesen. Im Branchenvergleich bewerten mehr als 70 Prozent der Fach- und Führungskräfte aus diesen Bereichen ihre Karrieremöglichkeiten als sehr positiv – bei den Vertrieb- und Marketingfachleuten sind es rund zehn Prozent weniger.
Selbstbewusste Kandidaten
Kandidaten präsentieren sich also selbstbewusst auf dem Markt und können aufgrund ihrer hohen Qualifikationen oftmals zwischen mehreren Joboptionen wählen. Doch welche Faktoren können Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil liefern, um die besten Mitarbeiter zu rekrutieren und langfristig zu halten?
Nach den Bindungsfaktoren an eine Arbeitsstelle gefragt, waren sich rund 60 Prozent der Fachkräfte einig, dass interessante Arbeitsinhalte und ein gutes Verhältnis zu Kollegen die ausschlaggebenden Gründe sind, um beim aktuellen Arbeitgeber zu bleiben. Ebenfalls relevant sind ein attraktiver Firmenstandort und die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens. Eine angemessene Work-Life-Balance trägt für ein Drittel der Arbeitnehmer in Deutschland zu ihrer Bindung an ein Unternehmen bei – ihr Gehalt bindet dagegen nur knapp 24 Prozent der Fachkräfte.
Mit Blick auf unterschiedliche Berufsrichtungen offenbaren sich deutliche Unterschiede. So stellt ein attraktiver Unternehmensstandort den wichtigsten Bindungsgrund für Finanzfachkräfte dar (Zustimmung von 63 Prozent); unter Beschäftigten im Bereich Sales und Marketing räumen dagegen lediglich 35 Prozent diesem Faktor eine hohe Bedeutung ein. Für Ingenieure und IT’ler hat das Verhältnis zu Kollegen die höchste Priorität. Work-Life-Balance und die wirtschaftliche Stabilität spielen als Bindungsfaktoren vor allem für Fachkräfte in den Bereichen IT und Finance eine wichtige Rolle.
Abbildung
Das bindet Fachkräfte in Deutschland an ihre Arbeitgeber

Die Arbeitsinhalte und das Verhältnis zu Kollegen spielen für alle Fachkräfte eine große Rolle.
Eine gezielte Ansprache lohnt sich
Für Unternehmen lohnt es sich also, Faktoren wie Arbeitsinhalt und -umgebung oder die wirtschaftliche Stabilität gezielt und je nach Profil differenziert in ihrer Employer-Branding-Kommunikation anzusprechen. Employer Branding sollte sich dabei nicht auf klassische Imagekampagnen beschränken. Schon die Stellenanzeige ist ein wichtiges Medium für diese Art der Information, da sie einen wichtigen – und oft den ersten – Kontaktpunkt mit potenziellen neuen Mitarbeitern darstellt.
Entscheiden sich Fachkräfte zu einem Jobwechsel, dann ist das Streben nach einer neuen Herausforderung alters- und branchenübergreifend der ausschlaggebende Grund (Zustimmung von 37 Prozent der Befragten). Damit einhergehen in der Regel die begrenzten Entwicklungsmöglichkeiten beim aktuellen Arbeitgeber, der zweithäufigste von den befragten Arbeitnehmern genannte Grund. Ebenfalls zu einem Jobwechsel motivieren können eine zu geringe Wertschätzung der eigenen Leistungen sowie die Unzufriedenheit mit der Unternehmenskultur – alles Faktoren, die ein Unternehmen und seine Führungskräfte direkt beeinflussen können. Für rund ein Viertel der Befragten ist der Wunsch nach einer Gehaltssteigerung Grund des Jobwechsels. Insbesondere für 18- bis 25-Jährige sowie für Fachkräfte ab 55 Jahren spielt die Vergütung eine wichtige Rolle bei einer Neuorientierung.
Über mangelnde Wertschätzung beklagen sich vor allem 35- bis 55-Jährige sowie 60- bis 65-Jährige. Differenziert nach Berufsfeldern stellen für Fachkräfte aus dem Bereich IT die eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten den ausschlaggebenden Wechselgrund dar (45 Prozent Zustimmung im Vergleich zu 33 Prozent im Durchschnitt bei allen Berufsgruppen). Finanzfachkräfte suchen nach mehr Verantwortung und wollen sich in Bezug auf das Gehalt verbessern. Die Unternehmenskultur spielt hingegen insbesondere für Ingenieure eine wichtige Rolle.
Lebenslang in einem Fachbereich war gestern
Fach- und Führungskräfte in Deutschland sind offen für Neues – zwei Drittel würden auch in Jobs außerhalb ihres Fachbereichs arbeiten, zumindest wenn sich im eigenen Bereich keine attraktiven Möglichkeiten bieten. Absolventen zeigen sich bei der Jobsuche am flexibelsten: Nur ein Viertel der Hochschulabgänger möchte ausschließlich in seinem Fachgebiet arbeiten.
Bei Ingenieuren sowie Fachkräften aus den Feldern Finanzen und Marketing entspricht ihr aktueller Job am ehesten dem Studienbeziehungsweise Ausbildungsschwerpunkt. Der größte Anteil an Fachkräften, die jenseits ihrer ursprünglichen Spezialisierung arbeiten, findet sich in den Sparten Verkauf und Administration (45 Prozent).
Die Online-Stellenanzeige stellt in der Regel den ersten Kontaktpunkt zwischen dem Unternehmen und dem Kandidaten dar. Für Unternehmen gilt es, ihre Ausschreibung so ansprechend und umfangreich zu gestalten, dass schon dieser erste Kontakt entscheidend zum positiven Arbeitgeberimage beitragen kann.
Wichtige Zusatzinformationen zum Unternehmen
In der Online-Stellenanzeige sollte demnach nicht nur das Anforderungsprofil kommuniziert, sondern sollten auch wichtige Zusatzinformationen zum Unternehmen bereitgestellt werden. In diesem Bereich liegen für viele Arbeitgeber noch ungenutzte Employer-Branding-Potenziale. So zeigen die Studienergebnisse, dass aktuell häufig eine Diskrepanz zwischen dem Informationsbedarf der Jobsuchenden und den inhaltlichen Angaben in den Stellenanzeigen besteht.
Drei Viertel der Kandidaten wollen beispielsweise in einer Stellenanzeige Informationen zur Jobsicherheit und zur Arbeitsumgebung finden – gedeckt wird dieser Bedarf allerdings bei Weitem nicht von jeder Anzeige. Fast jeder Bewerber wünscht sich in Stellenanzeigen neben einer detaillierten Beschreibung des Jobinhalts und des Anforderungsprofils konkrete Angaben zu Arbeitsvertragsbestandteilen, Unternehmensgröße, Entwicklungsmöglichkeiten sowie zu Unternehmenskultur und -werten.
Für sieben von zehn befragten Fachkräften stellt die Online-Jobbörse die erste Anlaufstelle bei der Suche nach einer beruflichen Herausforderung dar. Auf einer Unternehmenswebsite schauen sich dagegen nur fünf Prozent der Befragten im ersten Schritt nach interessanten Stellenangeboten um. Dennoch ist dieser Kanal einer der bedeutendsten Berührungspunkte zwischen potenziellem Arbeitgeber und Mitarbeiter: Ist eine interessante Stelle gefunden, stellt die Unternehmenswebsite für Bewerber den wichtigsten Informationskanal dar. Für den Ausbau des positiven Arbeitgeberimages ist für ein Unternehmen daher auch der Karrierebereich der eigenen Homepage von zentraler Bedeutung.
Entscheidender Wettbewerbsfaktor
Die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften entwickelt sich zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Gefragte Spezialisten weisen dabei je nach Berufsrichtung unterschiedliche Präferenzen und Motivation auf. Daher gilt: Um das Arbeitgeberimage im Rekrutierungsprozess überzeugend präsentieren zu können und das Interesse potenzieller Kandidaten zu wecken, müssen die verfügbaren Instrumente zielgruppengerecht eingesetzt werden.
Die Studie
Im November 2013 befragte StepStone rund 2000 Fach- und Führungskräfte in Deutschland per Online-Erhebung. Die Studie wurde im November 2013 unter Nutzern des Portals StepStone durchgeführt. Führungskräfte waren unter den Teilnehmern zu etwa 30 Prozent, Fachkräfte ohne Personalverantwortung zu rund 70 Prozent vertreten.
Autorin
Dr. Anastasia Hermann, StepStone Deutschland GmbH, Düsseldorf,
anastasia.hermann@stepstone.de
- Nicht um jeden Preis
- Von Schrauben und Menschen
- „Ein Problem liegt im Anreizsystem im Einkauf“
- „HR muss sich im Einkaufsprozess professionalisieren“
- Keine Industrie 4.0 ohne Arbeitswelt 4.0
- Trends im Ausbildungsmarketing
- Selbstbewusste Sinnsucher
- Willkommenskultur zum Ausbildungsstart
- Akademisierung: Wahn oder Wunsch?
- Maßlos oder Maßarbeit
- Die Kontakte spielen lassen
- Talente interaktiv ansprechen
- Ein entscheidender Wettbewerbsfaktor
- Mittlere Reife
- Reality-Games für Führungskräfte
- Manchmal reicht ein offenes Ohr
- Virtuelle Teams zusammenschweißen
- Flexibler Mitarbeitereinsatz über Blackberry & Co.
- Lernen in Eigenregie