Ausgabe 7 - 2014
Nicht um jeden Preis
Im Ringen um die Bedeutung einzelner Funktionsbereiche der Unternehmen hat ein Bereich in den vergangenen Jahren deutlich an Machtfülle gewonnen: der Einkauf. Bereits vor über 20 Jahren zeigte der spanische Automanager López, GM- und später VW-Chefeinkäufer, auf beeindruckende, aber nicht unumstrittene Weise, welche Kosteneinspareffekte durch kluge Beschaffungsprozesse und harte Verhandlungen erzielt werden können. Heutzutage arbeiten alle größeren Unternehmen mit starken Einkaufsabteilungen daran, sogenannte Savings in der Beschaffung zu erzielen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Rohstoffe, Zulieferteile oder Maschinen, sondern auch um Dienstleistungen. Der Einkauf sei der „schlafende Riese“ im Unternehmen geworden, der 60 bis 70 Prozent der Wertschöpfung beeinflusse, so Professor Wolfgang Stölzle von der Universität St. Gallen.
Der Einfluss des Einkaufs hat auch vor den Toren der Personalabteilungen nicht haltgemacht. Bei der Beauftragung von HR-Dienstleistern mischen die Kollegen aus dem Einkauf immer mehr mit. Eigentlich könnten sich die Personalmanager darüber freuen, Beschaffungsprofis an ihrer Seite zu haben. Doch das Mitmischen wird nicht selten als unangemessenes Einmischen verstanden. Denn in den Augen vieler Personalmanager entscheidet der Einkauf nur unter Kostengesichtspunkten und lässt qualitative Aspekte außen vor. „Einkaufsprozesse von Papier und Maschinen lassen sich nicht auf personalnahe Dienstleistungen übertragen“, so ein namentlich nicht genannter Personalmanager in unserer Titelgeschichte. Einkäufer dagegen betonen, dass Dienstleistungen durchaus über Leistungsverzeichnisse objektiv verglichen werden können, und fordern ihre HR-Kollegen auf, diese Maßstäbe auch bei der Auswahl von Trainern oder Beratern anzulegen. Bauchgefühl und Vertrauen reichen nicht aus, so das Signal aus der Einkaufsabteilung. Preisdrückerei schade der Qualität und koste am Ende mehr, so HR. Nachvollziehbare Argumente von beiden Seiten.
Fest steht: Die Einkaufsprozesse für HR-Dienstleistungen werden weiter professionalisiert und zentralisiert. Fraglich ist dagegen, ob HR nach einer Ausschreibung oder einem Pitch das letzte Wort hat, wie die DGFP-Chefin Katharina Heuer fordert. Savings sind auch für HR erfreulich, aber im gemeinsamen Ringen um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis muss HR im Zweifel mit guten Argumenten kämpfen, um nicht immer den billigsten Anbieter nehmen zu müssen.
Erwin Stickling, Chefredakteur
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