Ausgabe 7 - 2015
Nah am Mitarbeiter, nah am Geschäft

Der Erfolg einer Topmanagement-Beratung basiert stets auf exzellenter Teamarbeit und auf den Qualifikationen aller, die daran mitwirken – gerade auch in unterstützenden Funktionen. McKinsey & Company hat deshalb ein Personalentwicklungskonzept speziell für seinen Support Staff in Deutschland erarbeitet.
Als weltweit größte Topmanagement-Beratung ist McKinsey vielen ein Begriff. Allein in Deutschland sind rund 1300 Beraterinnen und Berater in Klientenstudien engagiert. Was dabei oft im Verborgenen bleibt: Unterstützt werden sie von mehr als 800 Spezialisten, dem sogenannten Support Staff. Eine Vielzahl von Fachabteilungen bildet das Rückgrat der Beratungsarbeit im deutschen McKinsey-Büro – angefangen von Research & Analytics über Mediengestaltung und Kommunikation bis hin zu HR und Recruiting. Insgesamt entspricht die Größe des deutschen McKinsey-Supports den Dimensionen eines mittelständischen Unternehmens.
Unter dem wachsenden Fachkräftemangel, den viele andere Mittelständler verspüren, hat McKinsey dennoch nicht zu leiden, im Gegenteil: Die starke internationale Ausrichtung und der Ruf als attraktiver Arbeitgeber kommen auch bei der Besetzung der Support-Funktionen zum Tragen. Die Bewerberzahlen liegen stabil hoch, die Abteilungen können unter den besten Talenten auswählen. Doch gutes Fachpersonal will nicht nur gewonnen, sondern auch im Unternehmen entwickelt werden. Eine wachsende Herausforderung, denn qualifizierte Nachwuchskräfte stellen heute neue Erwartungen an Beruf und Karriere: Selbstverwirklichung im Job, anspruchsvolle Aufgaben, persönliche Weiterentwicklung und ein inspirierendes Umfeld zählen gerade für Vertreter der Generation Y häufig mehr als rascher Aufstieg und ein hohes Gehalt – auch und gerade unter hoch qualifizierten Spezialisten. Um diesen Trends Rechnung zu tragen, hat McKinsey ein Personalentwicklungsprogramm konzipiert, das explizit auf die Bedürfnisse seiner Support-Kräfte zugeschnitten ist.
Ganzheitliches Entwicklungskonzept
Vor fast 90 Jahren ist McKinsey mit der Mission angetreten, ein professionelles Umfeld zu schaffen, das „herausragende Menschen anzieht, entwickelt, begeistert und bindet“. Diese Leitlinie gilt bis heute und bildet auch die Basis für die Personalentwicklung der Support-Mitarbeiter. Das Programm ist daher bewusst ganzheitlich angelegt. Organisation, Prozesse, Instrumente und Kennzahlen orientieren sich am übergeordneten Ziel einer individuellen Mitarbeiterförderung; Motivation und kontinuierliche Weiterentwicklung stehen im Zentrum sämtlicher Aktivitäten. Alle Maßnahmen und Angebote ruhen im Wesentlichen auf den drei Säulen Performance Management, Weiterentwicklung und Trainings.
Performance Management
Für alle Mitarbeiter existiert ein einheitlicher Bewertungsprozess mit transparenten Kriterien, regelmäßigen Feedback-Runden und einer Gesamtbeurteilung zum Jahresende. Die Bewertung erfolgt – angepasst an die jeweilige Rolle der Mitarbeiter – in verschiedenen Kompetenzbereichen, die sämtliche Dimensionen professioneller Performance abdecken: von Fachkenntnis und Arbeitsqualität über Kreativleistungen bis hin zu Teamfähigkeit, Führung und Verhalten. Der Fokus der Leistungsentwicklung soll dabei noch deutlicher als zuvor auf der Förderung individueller Stärken liegen. Verknüpft ist das Bewertungsmodell außerdem mit einem Vergütungssystem, das jeden Mitarbeiter seiner Rolle entsprechend einem bestimmten, an externen Benchmarks orientierten, Gehaltsband zuordnet.
Weiterentwicklung
Aufgrund des breiten internen Servicespektrums kann McKinsey seinen Support-Kräften vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten bieten. In jeder Rollenbeschreibung finden sich neben den Qualifikationsanforderungen unterschiedliche Karrierepfade, die Mitarbeiter einschlagen können – sei es der Wechsel in einen anderen Fachbereich, an einen neuen Standort oder auch die Übernahme einer Führungsaufgabe. Bei Bedarf beraten Spezialisten aus der Abteilung Professional Development die Kollegen zu ihren individuellen Weiterentwicklungsplänen innerhalb und außerhalb von McKinsey.
Trainings
Flankiert wird das Programm von Trainings, die sich an den individuellen Entwicklungszielen der Support-Mitarbeiter orientieren. Zum Angebot zählen unter anderem ein mehrtägiges Onboarding-Programm, Präsenz- und Onlinetrainings zum Aufbau fachlicher und persönlicher Fähigkeiten sowie Möglichkeiten zur Jobrotation in andere Abteilungen oder an McKinsey-Standorte im In- und Ausland.
Kooperatives Management
Ganzheitlichkeit bestimmt auch die organisatorische Umsetzung des Konzepts. Denn die Praxis zeigt: Häufig scheitern Personalentwicklungsprogramme daran, dass die Gesamtverantwortung für ihre Realisierung allein bei den Managern in den Fachbereichen verbleibt – mit der Folge, dass selbst gut durchdachte Konzepte im Ansatz steckenbleiben und Chancen zur effektiven Weiterentwicklung der Mitarbeiter vertan werden.
Um dieser Gefahr vorzubeugen, setzt McKinsey auf ein kooperatives Personalmanagement über drei Ebenen: Die Abteilungsleiter rekrutieren und bewerten ihre Mitarbeiter und steuern die operativen Maßnahmen der Personalentwicklung mit Blick auf die strategische Entwicklung ihres Fachbereichs. Die Personalfunktion unterstützt bei administrativen Belangen, Vertragsabwicklungen, Gehalts- und Budgetprozessen. Das Professional Development (PD) schlägt die Brücke zwischen operativen und personellen Zielen und nimmt so die Rolle eines HR Business Partners ein, der die unternehmensstrategische Ausrichtung der Personalarbeit insgesamt sicherstellt (Abbildung 1). Das enge Zusammenspiel von operativer Abteilungsleitung, klassischer Personalfunktion und strategisch ausgerichtetem Professional Development gewährleistet den langfristigen Erfolg systematischer Personalentwicklung. Denn nur so wird ein konsistentes Personalmanagement unter Einbeziehung aller Beteiligten möglich. Dank der Schnittstellenfunktion des PD-Teams findet zudem ein regelmäßiger Austausch von Best Practices statt und die Manager in den Fachbereichen gewinnen einen Sparringspartner für alle Fragen der Personalentwicklung.
Abbildung 1
Ganzheitliche HR-Betreuung

Das Professional Development (PD) schlägt die Brücke zwischen operativen und personellen Zielen und nimmt so die Rolle eines HR Business Partners ein, der die unternehmensstrategische Ausrichtung der Personalarbeit insgesamt sicherstellt.
Seine Vorteile entfaltet das Modell des kooperativen Personalmanagements nicht zuletzt vor dem Hintergrund wachsender Komplexität und Internationalisierung des Beratungsgeschäfts: So erstreckt sich die Personalverantwortung von McKinsey Deutschland oft nicht nur auf die Mitarbeiter an den hiesigen Standorten, sondern auf alle Beschäftigten mit deutschem Arbeitsvertrag – unabhängig davon, ob sie dem Frankfurter Büro, dem europäischen Fachbereich Risiko-Management oder dem globalen Knowledge Management angehören.
Die Herausforderungen für die Personalentwickler und Abteilungsmanager sind entsprechend groß: Besonderheiten deutscher Gesetzgebung müssen berücksichtigt und an die lokalen HR-Funktionen kommuniziert, international kompatible Arbeitszeitregelungen gefunden und die Personalentwicklung an die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. Hinzu kommt, dass gerade das deutsche McKinsey-Büro als High-Profile-Hub häufig „Solisten“ in leitenden Support-Funktionen beschäftigt, deren Teams über die ganze Welt verstreut sind. Auch diese Kollegen wollen aktiv begleitet, kulturell integriert und professionell gefördert werden. Das gelingt nur mit kooperativen Personalmanagementansätzen über funktionale und geografische Grenzen hinweg.
Regelmäßige Erfolgsmessung
Die Wirksamkeit jedes Personalentwicklungsprogramms steht und fällt letztlich mit der fortlaufenden Kontrolle seines Erfolgs. McKinsey hat dazu Kennzahlen (KPIs) entwickelt, die an drei personalstrategischen Zielen ausgerichtet sind: Talententwicklung, Talentbindung und Erhalt einer flexiblen Personalstruktur.
Talente entwickeln
Mitarbeiterbefragungen sind ein wichtiger Indikator, um herauszufinden, ob die vorhandenen Maßnahmen zur Talententwicklung greifen. Dazu zählt etwa die qualitative Zufriedenheitsbewertung von internen Aufstiegsmöglichkeiten, Coaching und Feedback. Die regelmäßige Analyse der Mitarbeiter-Performance weist darüber hinaus den Weg, wohin die Talententwicklung steuern soll: Wer hat sich im vergangenen Jahr verbessert, wer qualifiziert sich für Führungsaufgaben? Für das Abteilungsmanagement hat McKinsey zudem Instrumente zur Förderung von Führungskompetenzen etabliert, um den Leitern der Fachbereiche die operative Talententwicklung zu erleichtern.
Talente binden
Als mögliche Indikatoren für die Qualität der Talentbindung dienen Veränderungsquoten in der Performance-Bewertung sowie die Zahl der Beförderungen. Aber auch Fälle unerwünschter Abgänge von Mitarbeitern werden analysiert und über Exit-Interviews Verbesserungsansätze ermittelt. Vor allem Führungskräfte und High Potentials sollen durch ihre individuelle Weiterentwicklung im Unternehmen gehalten werden. Aus diesem Grund werden die Leistungsträger in Zukunft von Abteilungsleitern und PD-Team in gemeinsamen Diskussionsrunden noch systematischer identifiziert.
Personalstruktur flexibel halten
Um größtmögliche Wertschöpfung zu erzielen, kommt es schließlich darauf an, die personelle Aufstellung der Organisation dynamisch und agil zu halten. Dazu gehören die Definition optimaler Entwicklungshorizonte für jede einzelne Position und Maßnahmen zu deren Realisierung, beispielsweise durch interne Aufstiegsangebote oder Rollenwechsel.
Doch nicht nur Kennzahlanalysen geben Aufschluss über die Wirkung systematischer Personalentwicklung. Ein weiterer wichtiger Erfolgsindikator ist die regelmäßige Überprüfung der Mitarbeiterzufriedenheit. McKinsey führt jährlich einen sogenannten „Satisfaction Survey“ durch, um Stimmung, Befindlichkeit und professionelle Bedürfnisse seiner Mitarbeiter im Detail zu ergründen und daraus konkrete Entwicklungsmaßnahmen abzuleiten. Ergebnis der jüngsten Befragung: Mit einer Gesamtzufriedenheit von aktuell 94 Prozent dient McKinsey Deutschland vielen anderen Ländern mittlerweile als Vorbild, was die bedarfsgerechte Entwicklung und Förderung von Mitarbeitern angeht (Abbildung 2).
Abbildung 2
Effekte der Personalentwicklung

Mit einer Gesamtzufriedenheit von aktuell 94 Prozent dient McKinsey Deutschland vielen anderen Ländern mittlerweile als Vorbild.
Kontinuierliche Weiterentwicklung
Nah am Mitarbeiter, nah am Geschäft – so lautet zusammengefasst das Prinzip, auf das McKinsey sein Personalentwicklungsprogramm für den Support Staff gründet. Ein ganzheitliches Konzept, das eng mit der Unternehmensstrategie verzahnt ist, ein umfassendes Instrumentarium aus HR-Prozessen und -Tools, kooperatives Management über Funktions- und Ländergrenzen hinweg und eine systematische Umsetzung bilden die Eckpfeiler dieses Entwicklungsmodells. Die positiven Resultate aus den Performance-Bewertungen wie auch die hohen Zufriedenheitswerte zeigen, dass das Programm auf dem richtigen Weg ist.
Dennoch sind die bisherigen Erfolge kein Anlass, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Personalentwicklungskonzepte können nur dann nachhaltig Früchte tragen, wenn sie selbst kontinuierlich weiterentwickelt werden. McKinsey setzt deshalb seinen Weg fort: Nach den breitflächigen Fördermaßnahmen für alle Mitarbeiter zu Beginn des Programms werden nun differenzierte Trainingsangebote entwickelt, die auf die speziellen Lernbedürfnisse einzelner Fachbereiche zugeschnitten sind und dem unterschiedlichen Erfahrungshorizont der Teilnehmer Rechnung tragen. E-Learning-Angebote und der verstärkte Austausch von Wissen und Erfolgspraktiken zwischen den Fachabteilungen runden den Personalentwicklungsplan für 2015 ab.
Zusätzlich rückt die Spitzenförderung in den Fokus: High Performer sollen künftig noch gezielter als bisher identifiziert und weiterentwickelt werden. Jüngstes Projekt ist ein interner Talentpool, der 2014 eingerichtet wurde: Ausgewählte Support-Mitarbeiter werden in einer „Masterclass“ systematisch auf neue Aufgaben vorbereitet und in einem strukturierten Trainingsprogramm für die Übernahme größerer Verantwortung qualifiziert.
Die enge Verknüpfung von Personal- und Geschäftserfolg soll auch in Zukunft oberstes Prinzip der Personalentwicklung bei McKinsey bleiben. Schon heute besetzt das deutsche Büro bei der Mitarbeiterzufriedenheit einen Spitzenplatz im europäischen Vergleich. Mit den weiteren Entwicklungsmaßnahmen, die jetzt in Angriff genommen werden, soll es schon bald die Poleposition sein.
Autoren
Frauke Weyrather, Director of Personnel CSSA, McKinsey & Company, Düsseldorf,
frauke_weyrather@mckinsey.com
Dr. Ingmar Krohm, Professional Development Specialist, McKinsey & Company, Hamburg,
ingmar_krohm@mckinsey.com
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