Ausgabe 7, Special HR-Software - 2015
Talent-Management-Lösungen sind gefragt

Talent Management ist in den meisten Unternehmen zu einer HR-Schlüsselaufgabe geworden. Eine aktuelle Studie des Hamburger Beratungs- und Marktforschungshauses SoftSelect verdeutlicht, dass damit auch der zunehmende Einsatz von Softwarelösungen in den Bereichen Recruiting und Personalentwicklung verbunden ist.
Talent Management ist als strategisches Instrument für die Identifikation, Gewinnung und Entwicklung von Talenten in den Unternehmen angekommen. Laut einer aktuellen Anwenderbefragung des Beratungs- und Marktforschungshauses Soft-Select in Kooperation mit dem Talent-Management-Softwareanbieter Cornerstone OnDemand unter 163 großen und mittelständischen DACH-Unternehmen wird die Bedeutung von Talent Management heute in 92 Prozent der Unternehmen als hoch oder sehr hoch eingestuft. Dabei verfolgen bereits 91 Prozent eine systematische Strategie zur Gewinnung, Bindung und Förderung von qualifizierten Mitarbeitern – davon 77 Prozent mit Unterstützung einer professionellen Talent-Management-Software. Insbesondere in den Bereichen Personalentwicklung, Recruiting und Performance Management versprechen sich die Unternehmen einen Zugewinn von dem Einsatz spezialisierter Talent-Management-Lösungen.
Suche nach Fachkräften
Laut dem Fachkräftemonitor der Industrie- und Handelskammer Baden-Württemberg wird sich der Bedarf an Fachkräften insbesondere in der Industrie bis 2030 stetig steigern – und sich damit im Zuge des demografischen Wandels diametral zum Fachkräfteangebot entwickeln. Damit steigt nicht nur das Durchschnittsalter der Fachkräfte an, auch der Wettbewerb um die begehrten und gut ausgebildeten Fachkräfte wird sich weiter verschärfen. Schon heute haben Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten, offene Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Arbeitsmarktreport, den der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) 2014 veröffentlicht hat. Demnach können bereits 42 Prozent der Unternehmen mit aktuellem Personalbedarf offene Stellen zwei Monate und länger nicht besetzen. Einer Umfrage des Vereines deutscher Ingenieure (VDI) zufolge zeichnet sich gar eine noch deutlichere Verschärfung ab, wonach heute mehr als 60 Prozent der Firmen freie Stellen in der IT nicht besetzen können. Kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern sind von der Entwicklung am stärksten betroffen. Mit 37 Prozent der von der DIHK befragten Unternehmen haben zuletzt so viele Unternehmen wie noch nie seit Erhebungsbeginn die eigene wirtschaftliche Entwicklung infolge fehlender Fachkräfte gefährdet gesehen.
Immer mehr Unternehmen setzen daher nachhaltige Lösungsansätze und ein proaktives Vorgehen der Personal- und Fachbereichsleiter auf die Management-Agenda. Mit dem Fachkräftemangel steigt die Nachfrage nach Recruiting- und Talent-Management-Lösungen, um im wachsenden Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt talentierte und qualifizierte Mitarbeiter zu identifizieren, für Vakanzen anzuwerben, fachlich zu fördern und dauerhaft an das Unternehmen zu binden.
Suche nach Softwarelösungen
Diese Entwicklung unterstreicht auch der HR Trend Report 2015 auf Basis einer aktuellen, branchenübergreifenden Unternehmensbefragung. Demnach setzen 77 Prozent der Betriebe eine professionelle Software unter anderem für die Bereiche Talent Management, Recruiting, Personalentwicklung, Skill- und Kompetenzmanagement, Mitarbeitergespräche, Nachfolgeplanung, Performance Management und Personalcontrolling ein. Die Nutzung von Talent-Management-Software hat in den letzten Jahren damit rasant zugenommen. In der Vorgängerstudie 2013 hatte noch nicht einmal die Hälfte (45 Prozent) der befragten Unternehmen Software für das Talent Management genutzt.
Am häufigsten kommen Talent-Management-Lösungen heute im Bereich Recruiting und Bewerbermanagement (70 Prozent) sowie für die Personalentwicklung (63 Prozent) zum Einsatz, wie Abbildung 1 zeigt.
Abbildung 1
Nutzung von Talent-Management-Software

Die Unternehmen setzen vor allem im Recruiting und in der Personalentwicklung auf softwaregestütze Prozesse.
Jedes sechste Unternehmen plant darüber hinaus Investitionen in diesen Bereichen in den kommenden 36 Monaten. Bei anstehenden Investitionsentscheidungen werden dabei insbesondere ein hoher Funktionsumfang, Durchgängigkeit, Ergonomie, Standardisierung und niedrige Gesamtbetriebskosten als wichtige und sehr wichtige Kriterien benannt.
Ganzheitliche Talent-Management-Strategien
Dabei ist den Personalabteilungen bewusst, dass Talent Management für einen langfristigen Erfolg stets ganzheitlich begriffen werden muss. Das bedeutet, dass Firmen vor allem die Bereiche Recruiting, Personalentwicklung und Performance Management übergreifend betrachten sollten, um die fähigsten Köpfe für sich zu gewinnen und zu fördern. „Denn die besten Employer-Branding-Kampagnen und ansprechendsten Karriere-Sites auf Facebook nützen wenig, wenn die anschließenden Bewerbermanagement- und Onboarding-Prozesse nicht darauf abgestimmt sind“, so Sascha Grosskopf, Demand Generation Manager EMEA bei Cornerstone OnDemand und Initiator der Studie. „HR muss sich vom Denken in starren Silos verabschieden und in integrierte Prozesse investieren.“
In der Befragung zeigte sich, dass Talent Management als eine der wichtigsten Säulen der strategischen Personalarbeit verstanden wird. 92 Prozent der Befragten gaben an, dass die Bedeutung des Talent Managements im Unternehmen sehr hoch oder hoch ist. In der Vorgängerstudie aus dem Jahre 2013 lag dieser Wert noch bei 78 Prozent. Die Unternehmen in der DACH-Region sind offenbar auf einem guten Wege, Talent Management und Personalentwicklung zu systematisieren und auf eine neue Stufe zu heben. Dies steigert nicht zuletzt die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich und wird sich über kurz oder lang in Form von Produktivitätszugewinnen auswirken.
Während sich die Betriebe vor allem in den Bereichen Recruiting, Onboarding und Personalentwicklung gut aufgestellt sehen, bieten die Collaboration-Prozesse, die Personaleinsatzplanung, das Personalcontrolling und das Alignment mit übergeordneten Prozessen noch Optimierungspotenziale (Abbildung 2).
Abbildung 2
Bewertung von HR-Prozessen

Während sich die Betriebe vor allem in den Bereichen Recruiting, Onboarding und Personalentwicklung gut aufgestellt sehen, bieten die anderen HR-Prozesse noch Optimierungspotenziale.
Softwareangebot wächst
Die ebenfalls im ersten Halbjahr erschienene SoftSelect-Studie „HR-Software 2015“, in deren Rahmen 120 HR-Lösungen unter anderem im Hinblick auf Funktionalität, Technik und Bezugsmöglichkeiten untersucht wurden, belegt auch auf Anbieterseite eine deutliche Weiterentwicklung. Durch die Erweiterung um Module für das Bewerbermanagement oder das Skill- und Kompetenzmanagement sowie zahlreiche Auswertungsmöglichkeiten ist das Angebot der einzelnen Personalmanagementsysteme in den letzten Jahren gewachsen. Diese Entwicklung ist nicht abgeschlossen – viele Hersteller nutzen die gute Auftragslage, um weitere Module und Funktionalitäten in ihr Softwareportfolio zu integrieren, vielfach auch mit Hilfe von Spezialanbietern.
In den von SoftSelect begleiteten Softwareauswahlprojekten zeigt sich, dass die Zeit der Insellösungen auch im Personalwesen zu Ende geht. Die Unternehmen setzen bei der Auswahl geeigneter HCM-Systeme immer mehr auf durchgängige und nach Möglichkeit tief integrierte Anwendungen auf einer Oberfläche, um so die Personalarbeit effizienter zu gestalten.
Die Cloud-Widerstände bröckeln
Im Vergleich zu Nordamerika und Asien, aber auch anderen europäischen Ländern wie England und Frankreich, gilt der deutschsprachige Markt als sehr zurückhaltend und skeptisch, was die Akzeptanz von Cloud-Anwendungen betrifft. Dies belegen mehrere von SoftSelect in den letzten Jahren durchgeführte Anwenderbefragungen. Doch gerade in Teilbereichen wie dem Talent Management und Recruiting/Bewerbermanagement scheinen die Widerstände gegen Cloud Computing zunehmend zu bröckeln. Cloud-Anwendungen punkten mit innovativen Konzepten, einfacher Benutzerführung und sind beispielsweise hinsichtlich der mobilen Nutzbarkeit klassischen inhouse installierten Client-Server-Anwendungen gegenüber im Vorteil.
Zwar sprechen für viele Personal- und IT-Verantwortliche noch Argumente wie mangelnde Datensicherheit und Datenschutz sowie eine vermeintlich höhere Abhängigkeit vom Anbieter gegen die Nutzung von Cloud-Anwendungen, doch gelingt es den Softwareanbietern im Verbund mit den Rechenzentrumsbetreibern immer öfter, die Bedenken mit ausgeklügelten Sicherheits- und Partnerkonzepten zu zerstreuen. Tatsächlich haben die Cloud-Anbieter in den letzten Jahren viele eigene Rechenzentren in der EU aufgebaut und die Sicherheitsstandards weiter erhöht. Zudem tragen Gütesiegel und Zertifikate von unabhängigen Stellen wie dem TÜV zur Vertrauensbildung bei Interessenten bei. Es spricht vieles dafür, als könnte Talent-Management- und Recruiting-Software zu einem Wegbereiter für das Cloud Computing bei Businessanwendungen in Deutschland werden.
HR Trend Report 2015
Der „HR Trend Report 2015 – Talent Management“ (ca. 20 Seiten) ist im Juni 2015 erschienen und kann unter www.softselect.de/it-studien/talent-management-software-2015 kostenfrei angefordert werden.
Autor
Michael Gottwald, Geschäftsführer, SoftSelect GmbH, Hamburg,
mg@softselect.de