Ausgabe 8 - 2014
Führungskräfte grenzenlos qualifizieren
Als Global Player in 47 Ländern braucht Miele ein länderübergreifendes Talent Management. Sind die Potenzialträger identifiziert, setzt das Unternehmen auf ein internationales Blended Learning-Qualifizierungsprogramm für den Führungsnachwuchs.
Miele, der führende Anbieter von Haushaltsgeräten, ist längst ein Global Player: Mittlerweile werden 70 Prozent des Umsatzes außerhalb Deutschlands erzielt. Dieser hohe Internationalisierungsgrad stellt besondere Anforderungen an die Führungskultur eines Unternehmens. Es gilt nicht nur, in allen Ländergesellschaften die Potenziale des Führungsnachwuchses zu erkennen, sondern ihn auch gezielt aufzubauen – und im passenden Moment an den richtigen Positionen einzusetzen.
Internationales Talent Management
Um diese Ziele zu erreichen, investiert das Unternehmen umfassend in die langfristige Qualifizierung potenzieller und bestehender Führungskräfte und setzt auf internationale Personalentwicklung. Im Rahmen eines bei Miele umgesetzten, weltweiten Succession Management-Prozesses werden Nachfolger für Führungspositionen in den internationalen Vertriebsgesellschaften benannt. Dies ist Teil einer internationalen HR-Strategie und legt einen Schwerpunkt auf internationales Talent Management. Mit der hauseigenen Fortbildungsakademie – der „Miele Business Academy“ – wird der individuelle Qualifizierungsbedarf der Kandidaten für höhere Führungsaufgaben erhoben und entsprechende Angebote werden ausgearbeitet. Den Ausgangspunkt des auf die Unternehmensziele abgestimmten Förderprozesses bilden regelmäßige Gespräche mit der nationalen und internationalen Managementebene. Diese zeigen, wo Bewegung in Führungspositionen ist, wer sich für eine bestimmte Position eignet und für wen ein Qualifizierungsprogramm in Frage kommt. Dies beinhaltet zukünftig auch einen höheren Anteil an weiblichen Führungspositionen bei Miele. Künftig wird die Academy auch Programme für das gehobene Management im Portfolio haben. Gesteuert wird der Prozess dabei komplett aus der Konzernzentrale in Gütersloh.
Management- und Leadership-Training
Zur Erarbeitung einer gemeinsamen Grundlage, auf deren Basis Führung bei Miele weltweit gelebt wird, hat das Unternehmen im September 2013 für die ausgewählten Talente ein englischsprachiges, auf Internationalität ausgerichtetes Management- und Leadership-Training ins Leben gerufen. Das Förderprogramm richtet sich an alle neu benannten Führungskräfte aus den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen der internationalen Vertriebsgesellschaften, die noch keine oder nur wenig Führungserfahrung vorzuweisen haben.
Durchgeführt wird das vom TÜV Rheinland und der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht zertifizierte Programm mit dem Namen „Management and Leadership Compact – Competence in Leadership Skills“ durch die Münchner Proaktiv Management AG. Der Spezialist für firmeninterne Management- und Vertriebstrainings hat bei Miele Deutschland seit 2010 bereits rund 120 deutsche Führungskräfte im Bereich Führungskompetenz qualifiziert.
Ziele und Inhalte des Programms
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Die neue Rolle als Führungskraft,
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Management- und Führungsinstrumente kennen und anwenden,
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Der Umgang mit Führungsverantwortung,
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Die Entwicklung eines persönlichen Führungsstils,
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Sicherheit in der Anwendung der Führungsprozesse gewinnen,
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Zielvereinbarungen treffen und Zielerreichung messen,
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Delegieren – Aufgaben erfolgreich übertragen,
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Motivieren und anerkennen,
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Kritikgespräche konstruktiv führen,
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Entscheidungen vorbereiten und treffen,
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Erfolgsorientierte Teamentwicklung,
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Veränderungen als Führungskraft begleiten,
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Interkulturelle Sensibilisierung und Förderung der interkulturellen Kompetenz.
Die Umsetzung
Das 18-monatige Führungskräfte-Qualifizierungsprogramm ist ein mehrteiliges sogenanntes Blended Learning-Konzept, bei dem Präsenztraining und Praxisaufgaben im Berufsalltag mit einem interaktiven webbasierten Training sowie Maßnahmen zur nachhaltigen Sicherung des Lernerfolgs effektiv miteinander verbunden werden.
• Präsenztraining
An insgesamt acht Intensiv-Trainingstagen lernen die Teilnehmer praxisnah die wichtigsten Grundlagen zum Kommunikations- und Führungsverhalten. Konkrete Themen sind zum Beispiel „Kommunikation von Erwartungen“, „Mitarbeiterentwicklung“, „Feedback-Verhalten“, „Entscheidungen übermitteln“, „Führen mit Zielen“ (Management by Objectives) oder „Konfliktmanagement“. Während sich die ersten beiden Module über jeweils drei Tage erstrecken, ist das dritte Modul zweitägig ausgelegt. Zwischen den einzelnen Präsenzblöcken gibt es mehrwöchige Praxisphasen, in denen die erworbenen Erkenntnisse direkt im Berufsalltag erprobt und umgesetzt werden können. Während dieser Zeit haben die Teilnehmer die Möglichkeit, sich telefonisch mit dem Trainer abzustimmen.
• E-Learning
Auf einer E-Learning-Plattform werden die Inhalte zwischen den Präsenztagen dann weiter vertieft und die Trainingsinhalte zum Beispiel um spezielle Managementtechniken wie „Balanced Scorecard“ oder „Intercultural Awareness“ erweitert. Zusätzlich werden Inhalte – wie der „Business Knigge“ vermittelt, die im Präsenztraining nicht ausführlich besprochen werden. Für Fragen steht dabei immer ein E-Tutor von Proaktiv zur Verfügung. Insgesamt bietet die Plattform bis zu 40 Stunden an selbstbestimmten interaktiven und multimedialen Lernmöglichkeiten. Das webbasierte Training beinhaltet auch eine aktuelle Wissensüberprüfung in Form von automatisch durch das System ausgewerteten Tests und individuell zu bearbeitenden Fallstudien. Als begleitendes Lernmaterial werden ein Lehrbuch im Miele-CI und speziell konzipierte Merkkarten zur Verfügung gestellt.
• Transferaufgabe
Zu Beginn der Ausbildung benennen die Teilnehmer eine mit der jeweiligen Führungskraft individuell abgestimmte berufsbegleitende Transferaufgabe für die gezielte Umsetzung des Erlernten. In jedem Präsenzblock präsentieren die neuen Führungskräfte den aktuellen Stand ihrer Transferaufgabe und erhalten direktes Feedback durch die anderen Kursteilnehmer und den Proaktiv-Trainer.
• Abschlussübungen
Am letzten Tag der Präsenzphase zeigen die Teilnehmer in Praxisübungen, in denen verschiedene Szenen des Führungsalltags nachgestellt werden, dass sie die erworbenen Kenntnisse anwenden und eine komplexe Führungssituation erfolgreich lösen können. Im Anschluss folgt dann eine individuelle Stärkenanalyse mit persönlichen Entwicklungsempfehlungen durch den Trainer und einen weiteren externen Beobachter.
• Direktes Coaching
Um den nachhaltigen Transfer in die Führungspraxis auch nach Ende des Präsenztrainings zu sichern, sind über einen Zeitraum von zwölf Monaten drei persönliche Coachings per Skype-Calls vorgesehen. Zusätzlich erhalten die Programmteilnehmer einmal im Monat eine Erinnerungs-Mail, um die Trainingsinhalte präsent zu halten.
Lernen und Kennenlernen
Die ersten beiden Präsenz-Module finden in der Regel in den ausländischen Vertriebsgesellschaften statt. Das zweitägige dritte Modul wird im deutschen Miele-Stammsitz in Gütersloh durchgeführt. Da das Training die Teilnehmer nicht nur qualifizieren, sondern auch eine persönliche Verbindung zwischen den Führungskräften und den Ländern schaffen soll, beinhaltet jedes Modul ein begleitendes Teambuilding-Highlight: Während der ersten Trainingseinheit können sich die Teilnehmer beim „Active Cooking“ persönlich austauschen und kennenlernen. Während des zweiten Präsenztrainingsblocks treten die Teilnehmer bei „Meet the Manager“ in den Dialog mit einer erfahrenen Führungskraft und erhalten so interessante Einblicke in die Miele-Führungspraxis. Dieser Programmpunkt kommt besonders gut an, denn er spiegelt die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern wider, indem er die Diskussion samt kritischen Fragen an eine Top-Führungskraft zulässt.
Abbildung
Programmaufbau „Internationale Führungskräftequalifizierung“ bei Miele

Über einen Zeitraum von sechs Monaten finden Präsenzschulung und webbasiertes Training samt Praxisaufgabe statt. Die Nachhaltigkeit der Lern- und Erfahrungserfolge sichert eine zwölfmonatige Begleitung mit Reminder-Mails und Coaching-Calls.
Nach erfolgreichem Abschluss des Qualifizierungsprogramms haben die Teilnehmer Gelegenheit zu intensiven Gesprächen mit einem Mitglied der Geschäftsleitung und können sich zum Thema internationales Management und Leadership austauschen und Fragen stellen. Mit der Übergabe der Schulungszertifikate durch einen Vertreter aus der Miele-Geschäftsleitung gibt die oberste Führungsebene allen Programmteilnehmern ein weiteres Signal der Anerkennung auf Augenhöhe: „Wenn die Zertifikate von Dr. Markus Miele oder mir übergeben werden“, betont Dr. Reinhard Zinkann, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Miele & Cie. KG., „nehmen wir uns Zeit für eine intensive Fragen- und Antwortenrunde. Dabei tauschen wir mit den Absolventen auch unsere persönlichen Führungserfahrungen aus.“ Welch hohen Stellenwert diese Ausbildungmaßnahme im Unternehmen genießt, unterstreicht Dr. Reinhard Zinkann, noch einmal ganz deutlich: „In fast 50 Ländern beschäftigt die Miele Gruppe hochqualifizierte junge Führungskräfte, die sich fachlich und persönlich weiterentwickeln möchten. Ihnen geben wir die Chance, sich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Regionen der Welt auf noch anspruchsvollere Aufgaben vorzubereiten. So können wir immer mehr Top-Positionen mit erstklassigen eigenen Leuten besetzen und sorgen zugleich für noch mehr Identifikation unserer High-Potentials mit dem Unternehmen und der Marke.“
Zehn bis zwanzig Teilnehmer jährlich
Bisher gab es zwei erfolgreiche Durchläufe des Programms mit insgesamt 19 Teilnehmern im Alter von 28 bis 51 Jahren aus 13 verschiedenen Ländern. Den ersten beiden Trainings von „Management and Leadership Compact – Competence in Leadership Skills“, die unter anderem in Österreich und in den Niederlanden stattfanden, werden weitere Fortbildungen folgen. Geplant ist die Ausbildung von zehn bis zwanzig Führungskräften pro Geschäftsjahr – je nach Unternehmensbedarf. Start der dritten Durchführung der neuen Führungskräftequalifizierung wird im Dezember 2014 sein.
Ein voller Erfolg
Von den Teilnehmern und den Verantwortlichen wird das Programm bislang als großer Erfolg betrachtet: Die Absolventen fühlten sich optimal auf ihre verantwortungsvolle neue Rolle als Miele-Führungskraft vorbereitet und haben sowohl wichtige theoretische Grundlagen als auch praktische Instrumente und Methoden zu Führung und Management in kompakter Form kennengelernt. „Insbesondere die praxisnahen Übungen und Rollenspiele“, lautet das erste Fazit eines Kursteilnehmers, „haben für den Umgang mit Führungsverantwortung im Arbeitsalltag eine ganze Menge gebracht.“ Dabei, da sind sich auch die Vorgesetzten der Programmteilnehmer einig, konnten die neuen Führungskräfte ihren ganz persönlichen Führungsstil entwickeln und Sicherheit im Umgang mit ihrer Führungsverantwortung gewinnen. Es ließ sich geradezu greifen, wie diese Qualifizierung zur Steigerung der Führungskompetenz und zu der als Ziel ausgegebenen kulturellen Veränderung beigetragen hat. Weiterer positiver Nebeneffekt: Die Vernetzung beziehungsweise der aktive Austausch der neuen Führungskräfte wird langfristig gefördert.
Die Erfahrung aus den Trainings zeigt aber auch, dass das Programm kontinuierlich weiterentwickelt werden muss. Es gibt immer Verbesserungspotenzial, wie beispielsweise eine optimierte Koordination der Praxisphasen mit dem E-Learning. Schließlich bedeutet das anspruchsvolle Qualifizierungspaket neben dem Job eine enorme zeitliche Herausforderung und die Bereitschaft, auch in der Freizeit aktiv zu werden. Hier gilt es auf Seiten der Vorgesetzten genügend Freiräume zum Lernen bereitzustellen. Bei der komplexen Organisation der internationalen Trainings werden künftig die unterschiedlichen Zeitzonen aber auch die räumliche Entfernung eine besondere Herausforderung darstellen. Auch das Thema Sprache wird zunehmend wichtiger werden, denn zur Absolvierung des Programms sind englische Sprachkenntnisse auf einem gewissen Niveau Voraussetzung. Als einer der nächsten Schritte werden Konzepte und Ideen zur nachhaltigen Weiterentwicklung der nun basisqualifizierten Teilnehmer folgen.
Miele
Miele ist der weltweit führende Anbieter von Premium-Hausgeräten. Das in vierter Generation familiengeführte Unternehmen ist in 47 Ländern mit eigenen Vertriebsgesellschaften vertreten. Weltweit sorgen rund 17 250 Menschen dafür, dass das Unternehmen getreu der Firmenphilosophie „Immer besser“ wird.
Autoren
Joachim Faul, stellvertretende Leitung Human Resources Development, Miele & Cie. KG, Gütersloh,
joachim.faul@miele.de
Jürgen Rehberg, Managementtrainer, PROAKTIV Management AG, München,
juergen.rehberg@proaktiv-online.de
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