Ausgabe 8 - 2014
Neue Machtverhältnisse im Recruiting
Werden Fach- und Führungskräfte gesucht, geht es den Personalberatungen gut. Diese Gleichung ist massiv ins Wanken geraten. Das Internet hat die Kandidatensuche revolutioniert. Immer mehr Unternehmen begeben sich über Active Sourcing selbst auf die Kandidatensuche. Das erhöht den Druck auf die Preise, Prozesse und Qualität. Headhunter werden zu Getriebenen.
Nun also geht es den Personalberatern an den Kragen, und zwar holterdiepolter. Neumann International, Steinbach und Gemini Executive Search sind schon weg, andere dürften folgen, in diesem Jahr, im nächsten, man blickt um sich herum und spürt die Angst. Viele fühlen sich wie Heizer auf der E-Lok oder, zeitgemäßer, wie Verleger von Tageszeitungen. „Mal sehen, wie lange sie durchhalten“, hämen Personaler, die jahrelang mit Groll im Bauch dicke Rechnungen abgezeichnet haben. Selbst große Namen wabern durch die Gerüchteküche. Diese seien in Schwierigkeiten, jenen liefen die Berater weg, andere seien hektisch auf der Suche nach neuen Horizonten, und mit allen ließe sich erfreulich kooperativ über das Honorar diskutieren. Daher weiß niemand so recht, woher die vom Bundesverband der Unternehmensberater (BDU) aufgerufenen acht Prozent Umsatzwachstum im laufenden Jahr kommen sollen. „Von uns nicht“, versichern die Recruiter. „Wir setzen Personalberater nur dann ein, wenn wir selbst die Stelle nicht besetzen können“, beschreibt Ines Ludwig, Leiterin Corporate HR bei Phoenix Contact, die verdrehte Machtlage. „Einfach nur bei Xing herumgucken – das kann ich selber.“
Selber machen
Wohl wahr. Bei Positionen auf unterer und mittlerer Ebene können Personaler das sehr wohl selber, und nicht wenigen macht es sogar diebische Freude, den ungeliebten Dienstleistern zu zeigen, wer am längeren Hebel sitzt. Vor der Kulisse des anhaltenden Kostendrucks in den Unternehmen lassen sich locker Honorarwünsche abbügeln, Verträge neu verhandeln und Eintrittsgebühren in den Pool gelisteter Lieferanten fordern. Dank Internet, dank Xing, LinkedIn und anderen sozialen Netzwerken, in denen Stellensuchende bereitwillig Lebensläufe und Referenzen posten, werden aktive Sourcer aus den HR-Abteilungen auch ohne externe Hilfe fündig, und wenn sie dafür keine Zeit oder Lust haben, beauftragen sie selbständige Identer, die längst nicht mehr ausschließlich für Personalberatungen arbeiten.
Oder sie nutzen neue, vom Internet emporgeschwemmte Services, wie Headhunter Light, Kandidat24, Cardea, Better Heads und anderer, oder einen der aggressiv in den Markt drängenden Makler von den britischen Inseln. Für die sind deutsche Arbeitgeber Zielgruppe Nummer Eins. „Immer mehr Unternehmen suchen europa- oder sogar weltweit“, sagt ein Consultant aus London, in Wahrheit wohl eher ein CV-Trader, „aber viele trauen sich das nicht zu. Denen reicht es, passende Lebensläufe gemailt zu bekommen. Die Auswahlkompetenz geben sie ungern aus der Hand.“ Außerdem lägen die geforderten und gezahlten Fees in Deutschland immer noch oberhalb dessen, was das Internet den Executive Searchern in England übriggelassen habe. Manchmal hat es was, nicht zu den Early Adopters zu gehören. Aber das will dann jemand anderes haben.
Viele Angreifer im Netz
Für noch nicht mal 1000 Euro je Search und inzwischen 3800 Kunden wühlt sich Headhunters Light durch deutschsprachige Online-Netzwerke, die internationale Suche kostet lächerliche 500 Euro mehr, all inclusive. „Wir machen alles digital“, hebt Geschäftsführer Peer Bieber als Vorteil hervor. „Die Unternehmen beauftragen uns online, ein Recruiter von uns erfragt telefonisch die Details: Welche Einstellungen soll der Mensch haben, welches Geschlecht, et cetera.“ Wenn es geboten scheint, wird der Recruiter zum Berater: „Ist das wirklich der, den Sie brauchen?“ Spätestens nach einer Stunde muss die Sache klar sein. „Dann nehmen wir die Stellenanzeige und suchen 20 wechselwillige Leute, die in dem Beruf tätig sind und den Anforderungen entsprechen.“ Der Trick: Headhunter Light stellt das Jobangebot als Arbeitgeberbewerbung dar: Unser Kunde würde Sie gern kennenlernen. „Die Kandidaten fühlen sich geschmeichelt, wenn ein Headhunter eingeschaltet ist“, sagt Bieber, „das erhöht den Wert.“ Ein knappes Drittel der Kunden seien übrigens Personalberater. Die kommt der Service wahrscheinlich billiger als der hauseigene Identer.
Mit einer Zweitfirma will Sönke Mohr das untere Ende des Marktes einfangen. „Die Kunden haben uns darauf gebracht“, sagt der Hamburger, „die fragen häufig nach erfolgsabhängigen Honorarmodellen.“ Aber für die Besetzung von Stellen mit Jahresgehältern von weniger als 40 000 Euro beauftrage man keine klassische Personalberatung wie mPosition, seine erste Gründung. Für solche Fälle hat er die Empfehlungsplattform kandidat24.de gegründet. Darauf stellen Arbeitgeber selbst ihre Angebote ein und werben bei den Nutzern um Tipps für geeignete Kandidaten. „Wenn es zum Vertragsabschluss kommt, erhält der Empfehlende oder der direkte Bewerber eine Prämie, deren Höhe das ausschreibende Unternehmen selbst bestimmt“, erklärt Mohr das, was er „Social Headhunting“ nennt. Der Kunde bekommt den Namen, die Kontaktdaten, den Lebenslauf, aber keine Lebenslaufprüfung, keine Interviews, keine Beratung über die Passung zum Job. Obwohl viele Kunden dem Geschäftsmodell zu Beginn vorsichtig gegenüberstünden, werde die Plattform gut angenommen, behauptet Mohr. Er selbst vergrößert damit seinen Kandidatenpool für Aufträge, die seiner Personalberatung mPosition erteilt werden. „Kandidat24 macht unser klassisches Beratungsgeschäft nicht kaputt“, versichert der Betriebswirt, „denn diese Leistungskomponente wird nach wie vor nachgefragt.“ Für den Notfall ist die Sicherheitsleine schon gespannt.
Neue Vergleichsportale
Keine Kandidaten suchen Christoph Treichler aus Zürich mit seiner Firma Cardea und Markus Krampe aus Mannheim mit BetterHeads. Diese beiden drängen sich an anderer Stelle in den Personalberatungsmarkt: Sie machen sich anheischig, die besten Berater für eine gegebene Aufgabe zu finden. „Die Chance der Branche sind die Top-Positionen, bei deren Besetzung die Unternehmen auf gute Personalberater angewiesen sind“, sagt Treichler, immerhin schon seit 15 Jahren im Geschäft. Aber im unteren Level werde es eng: „Die Personalabteilungen sind klüger geworden, und es gibt neue Anbieter im unteren und mittleren Marktsegment, die es billiger machen können.“ Der Kostendruck sei nicht mehr wegzudenken. „Er äußert sich in kleineren Projektgrößen, und viele Leistungen, die früher herausgegeben wurde, werden nun im eigenen Unternehmen erbracht. Die Konzerne haben sich hier sehr professionell aufgestellt.“ Daher werde es, die Zeichen sieht Treichler schon seit geraumer Weile, „auch in der Personalberatung eine gewisse Konsolidierung im Markt geben“.
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Was Personalmanager über Personalberater denken

Personalberater werden gebraucht, aber nicht geliebt. Sie müssen sich auf härtere Verhandlungen und weniger Aufträge einstellen.
Mit seinem Headhunter-Vergleichsportal trägt Markus Krampe kräftig dazu bei, den Prozess zu beschleunigen. Auf der digitalen Litfaßsäule BetterHeads können sich Personalberater anschlagen lassen: Wer sie sind, was sie können, was sie kosten. Bedingung: Sie legen laufend Kundentestate vor. „Wenn sie nicht gut sind, schmeißen wir sie von der Plattform runter“, sagt Krampe resolut, und er klingt nicht so, als ob er mit sich reden ließe. Rund 700 Personalberater hängen schon aus, mehr als 200 Unternehmen haben sich als Nachfrager registrieren lassen, darunter mit Thyssen-Krupp ein Schwergewicht, auf das Krampe ebenso stolz ist wie auf seinen Deal mit F.A.Z. online: Seit Juni bestückt BetterHeads mit der Dauerrubrik „Headhuntersuche“ das Zeitungsportal. Wenn Märkte zusammenbrechen, stützt einer gern den anderen.
Social Media geht weiter
Und was meint die Wissenschaft? Ricardo Büttner, Direktor des Institute of Management & Information Systems an der FOM Hochschule in München und Professor für Wirtschaftsinformatik, Organisation und Personal, beobachtet in der Branche grassierende Angst: „Die klassischen Berater sorgen sich, dass IT und Internet ihnen die Arbeit abnehmen. Die Furcht ist auf der einen Seite berechtigt. Daraus ergeben sich aber auch ganz neue Chancen.“ Worauf das Gespräch blitzschnell zu einem von seinem Institut entwickelten System schwappt. „Wir arbeiten daran, über Social Media den Social Culture Fit eines Bewerbers ermitteln zu können. Passt eine Person in eine bestimmte Arbeitsumgebung, in eine Organisation und in ein bestimmtes Team hinein?“ Teile davon würden bereits laufen, beim Team fehlten zurzeit noch Daten, aber wer das eines Tages nutzen soll, weiß Büttner genau: „Das können die Berater, aber auch die Arbeitgeber nutzen.“
Beunruhigt, aber zuversichtlich
Seit 16 Jahren steht Regina Ruppert der selaestus Personal Management GmbH in Berlin vor und hat in dieser Zeit zweifelsohne manches Auf und Ab erlebt. Als Vize-Präsidentin im BDU sieht sie die Personalberatung vor keinen größeren Problemen als bisher: Wenn sie sich nur entlang der neuen Arbeitswelt aufstelle. Beispiele? Den Kunden zuliebe müssten die Schlüsselkompetenzen der Kandidaten stärker vom Berater herausgearbeitet werden. Auch die Kandidatenberatung müsse verstärkt werden. Beratung online ist schwierig, sie also ist der Retter. „Wir kommen zur Individualisierung der Personalberatung, die sich auf die Vielfalt und zugleich Einzigartigkeit von Kandidaten einzustellen hat“, erkennt Ruppert richtig, zieht aber nur einen – den richtigen? – Schluss daraus: „Das bedeutet einen sehr viel höheren Beratungsaufwand.“ Weder das Active Sourcing noch die neuen Internetdienstleister bedrohten die Kundenzielgruppe Mittelstand, denn die könnten (sich) das gar nicht leisten. „Kleine und mittelständische Klienten sind beratungsintensiver und erfordern höheren Beratungsaufwand als Konzerne.“ In Konzernen, so viel räumt Ruppert denn doch ein, gehe das Massengeschäft mehr und mehr an Personaldienstleister. „Aber die Schlüsselpositionen und Cross-Border-Aufträge bleiben den Personalberatern erhalten.“ Falls nicht, muss man die störrischen Personaler eben umgehen. „Bei künftigen Suchen geht es um die Entwicklungsfähigkeit des Kandidaten: Welche Möglichkeiten haben wir für sie/ihn im Unternehmen? Dazu muss der Personalberater auch mit der Öffentlichkeitsarbeit sprechen, wegen des Employer Brandings, und mit der Strategieabteilung, wegen der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens.“ Man ahnt, wie der Hase läuft.
Selbstkritische Berater
„Es gibt viele Personalberater, die die Geschäftsentwicklung reflexhaft als positiv beschreiben“, kommentiert Baumann-Senior Dietmar Faller süffisant den verbandseigenen Optimismus. Wahr sei, dass das Internet den Markt ganz erheblich verändert habe. „Personaler sagen: Wieso von Anfang an kostenintensive Suchaktion starten? Lass es uns erst mal mit einem Jobportal versuchen, das kostet nur 1000 Euro.“ Allerdings sei der Mittelstand schon wieder auf dem Rückzug: Personaler fragen, Kandidaten antworten nicht. „Viele haben es versucht und enttäuscht aufgegeben.“ Woran liegt's? „Selbst Super-Positionen muss man heute verkaufen.“ Unausgesprochen: Das können Personaler nicht. Auch nicht der Einkaufsabteilung trotzen. Faller stellt in solchen Fällen knallhart die Machtfrage und konfrontiert seine Auftraggeber, „in der Regel Geschäftsführer, Bereichsleiter, Abteilungsleiter“, mit dem Nötigungsversuch der Controller. „Dann kriegen wir eine andere Dimension herein“, sagt der Berater und lächelt zufrieden.
Jörg Breiski von Mercuri Urval hingegen warnt davor, die Personaler zu unterschätzen. „Die Unternehmen stärken ihre eigenen Fähigkeiten, Kandidaten zu identifizieren“, sagt der Münchner. „Social Media haben das schwarze Buch mit Kandidatennamen obsolet gemacht. Geeignete Kandidaten zu identifizieren, ist das Leichteste der Welt geworden.“ Die Kunst sei, sie für den Kunden tatsächlich zu gewinnen.
Bislang noch unangefochten sind die Branchenfürsten, Einzelkämpfer wie internationale Beratungen, die sich außerhalb des Zugriffs von HR auf das Marktsegment der Spitzenpositionen beschränken oder zumindest so tun, als täten sie nur das. „Die Besetzungen im unteren Level machen die Firmen heute selbst“, gibt sich Heiner Thorborg aus Frankfurt krisenunbeteiligt, „und den Feld-, Wald- und Wiesenberatern, den mittelgroßen, diffus Aufgestellten läuft das Geschäft weg“. In seiner Liga jedoch spielten weder das Internet noch Budgetrestriktionen eine Rolle. „Auf der Top-Ebene ist die Preiselastizität der Nachfrage gering. Die Klienten wollen die richtige Person, auch wenn der Personalberater teuer ist.“ Ähnlich äußert sich Thomas Tomkos, Deutschlandchef von Russell Reynolds, nach eigener Aussage nach Zehnder die Nummer zwei im Markt. Die Branche sei reifer geworden, gewiss, man müsse das Netz weiter auswerfen, auch international, ein hohes Prozesstempo sei angesagt, und in bestimmten Branchen, beispielsweise in Technologieunternehmen, nehme das Inhouse-Recruiting spürbar zu. Die Sirenen schrillten nicht, sagt Tomkos, aber die Signale höre er wohl: „Wir können uns nicht komplett zurücklehnen und so tun, als hätte das für uns keine Bedeutung.“ Um in der obersten Führungsebene als adäquater Gesprächs- und Geschäftspartner anerkannt zu bleiben, setzt Russell Reynold auf Diversifikation in die Breite. Aufsichtsrats-Audits und das Coaching von Führungskräften in bestimmten Situationen sollen die wertvollen Klienten stärker an die Berater binden. Zwischen den Zeilen klingt durch: HR möge tun, was es tun müsse. So setzt man sich vom Verliererfeld ab.
Selbstbewusste Personalmanager
In diesem Kampf um den Erhalt von Marktanteilen sind die Personaler die lachenden Dritten. Sie können in aller Ruhe zusehen, wie sich die Spreu vom Weizen trennt, und in der Zwischenzeit picken sie sich dank der neuen Möglichkeiten durch das Internet die Rosinen aus dem Kuchen. Viele nutzen, wie Andrea Morgan-Schönwetter von der Deutschen Telekom, die gesamte Angebotsvielfalt, arbeiten mit einem Pool von Personalberatern und -dienstleistern, mit Jobbörsen und Recruiting-Plattformen. Spannend findet die Leiterin Recruiting IT Professionals die Plattform talentory.com, auf der Headhunter aus zwei Dutzend Ländern miteinander um Aufträge konkurrieren. „Für uns ist das sehr komfortabel“, sagt Morgan-Schönwetter, „wir stellen die Stellenausschreibung auf die Plattform, und wer meint, einen passenden Kandidaten zu haben, der meldet sich bei uns. Darüber können wir unseren Pool an bevorzugten Lieferanten ohne aufwendige Kontaktpflege oder intensive Vorbereitungszeit ausweiten.“ Auf diese Weise kann sie neue Berater testen und im Preis drücken.
Wofür braucht der selbst sehr aktiv suchende Konzern überhaupt noch Personalberater? „Für Kandidaten mit speziellem Know-how, an die wir nur mit sehr hohem Aufwand oder gar nicht herankommen“, gibt die Recruiting-Leiterin zur Antwort, „oder bei denen wir an Grenzen stoßen: ethische, rechtliche oder schlicht aus Kapazitätsgründen. Ebenso, wenn es um die direkte Ansprache von Kandidaten in anderen Unternehmen geht“. Und, wird geliefert, was bestellt wird? „Manchmal läuft es super, manchmal nicht. Manchmal bringen sie uns ans Ziel und manchmal nicht.“ Auch in Zukunft würden sie gebraucht. Nicht unbedingt, weil man es nicht kann. Sondern weil man nicht alles selber machen kann. So sieht das Ines Ludwig von Phoenix Contact auch. „Ich erwarte von Personalberatern, dass sie auch schwierige Mandate gut besetzen“, sagt die HR-Leiterin streng, und zwar genau so: „Nicht mit Massen an Bewerbern, sondern ein, zwei, und unter denen ist dann der oder die Richtige.“ Funktioniert das nicht, ist vielleicht eine zweite Chance drin, aber keine dritte. Der Markt gibt's ja her.
Für HR-Urgestein Thomas Sattelberger ist die Personalberatung nicht mehr ist als „eine Commodity“, eine Ware von der Stange. Berater, die im Volumensegment tätig sind und keine Zusatzleistungen wie beispielsweise eine Marktanalyse oder 100 Tage Coaching anbieten, sind für ihn klinisch tot. Das Urteil klingt hart, doch es spiegelt die Meinung vieler Kollegen, denen die Abhängigkeit von externen Personalbeschaffern, oft besser verdienend als sie, schon lange ein Dorn im Auge ist. Jetzt, da sie sich dank des Internets zumindest im Massengeschäft am längeren Hebel sehen, spielen sie ihre Macht genüsslich aus. Aus Sicht der Personaler ist das verständlich, nach der betriebswirtschaftlichen Logik absolut gerechtfertigt und für die honorarverwöhnten Einheitsberater zwar bedauerlich, aber unausweichlich.
Geplanter Kodex
Auch der Bundesverband der Personalmanager spürt, dass sich der Wind gedreht hat und sagt schlechten Kopfjägern den Kampf an. Mit wissenschaftlicher Unterstützung will der BPM in Kürze einen „Kodex für gutes Headhunting“ vorlegen, eine Arbeitshilfe für HR-Manager, um im unübersichtlichen Markt der Personalberatung die Spreu vom Weizen trennen zu können. „Zugleich soll er Headhuntern als Richtschnur für integres Verhalten dienen“, erklärt Verbandspräsident Joachim Sauer, denn: „Unseriöse Headhunter setzen nicht nur die Reputation der Kandidaten aufs Spiel, sondern gefährden auch das Leistungsvermögen der Betriebe.“ Das weiß auch die andere Seite. Vor drei Jahren formulierte der BDU stolze zwölf Seiten Grundsätze für eine ordnungsgemäße und qualifizierte Personalberatung (GoPB). Allein: Wer diese Regeln nicht beachtet, wird sich kaum an die neuen halten.
Autorin
Christine Demmer, freie Journalistin, Värnamo (Schweden)
Personalberatung, quo vadis? – Studien im Überblick
BDU: Personalberatung in Deutschland 2013/2014
Die Personalberatungsbranche zeigt sich optimistisch. Die jährliche Umfrage des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater weist für 2013 ein Umsatzplus von 3,2 Prozent aus. Für das laufende Jahr rechnen die befragten Mitgliedsunternehmen sogar mit einem Wachstum von 7,8 Prozent. Gleichwohl ändern sich die Suchmethoden. Die Social Media-Aktivitäten nehmen zu. Vor allem die Expertensuche wird sich noch stärker auf Social-Media-Kanälen verlagern (74 Prozent Zustimmung). Zudem steigen die Kundenerwartungen hinsichtlich Qualitätsstandards und Prozessgeschwindigkeit.
ICR: Personalberatungsreport 2014
Fast jeder zweite Personaler will künftig selber suchen und weniger Personalberatung nutzen. Diese Drohung kann der im Herbst im Heidelberger Institute of Competitive Recruiting (ICR) erscheinende „Personalberatungsreport 2014“ belegen (siehe Abbildung). Der Umfrage zufolge sind die Personaler sauer auf ihre externen Rekrutierungshelfer: Vier von fünf beklagen mangelnde Transparenz im Markt, fast jeder Zweite empört sich über vollmundige, aber letztlich leere Versprechungen der Branche. 60 Prozent der HR-Verantwortlichen wollen deshalb künftig nur noch den Erfolg honorieren – mehr als 40 Prozent schließen schon heute unter keiner anderen Bedingung ab. Instituts-Geschäftsführer Wolfgang Brickwedde, früher SAP-Recruiter, schließt daraus nicht nur auf eine „veränderte Anspruchshaltung“ bei den Personalern, sondern sagt – zumindest für die Allrounder – das Ende des Business voraus. „Von unten kommen neue, internetgestützte Geschäftsmodelle nach. Außerdem haben die Unternehmen damit begonnen, einen eigenen Search aufzubauen. Die Personaler merken, dass sie das selbst machen können. Damit wird diese externe Dienstleistung ausgeschaltet, und der Personalberatung brechen die Ressourcen weg.“
Lünendonk-Studie
Auch Hartmut Lüerßen, Partner bei Lünendonk in Kaufbeuren, hat eine Personalberaterstudie in der Pipeline. Ein Appetithappen vorweg: „Den oberen zehn Prozent geht es gut. Der Rest kannibalisiert sich.“ Die Ursache sei, wen wundert's, das Internet: „Es gibt allen die gleichen Hebel an die Hand. Entscheidend ist, wer die am besten anwenden wird.“ Auf dem Schlachtfeld liegen bleiben werden Lüerßen zufolge Personalberater ohne klare Positionierung, stabiles Netzwerk und vertrauensvolle Kunden. Hinzu kommt“, weissagt der Marktforscher, „die internationale Aufstellung. Das globale Recruiting ist zwar ein Nischenmarkt, aber selbst eine international tätige Gesellschaft hat nicht in allen Ländern die gleiche Kompetenz. Das ist ein sehr personenorientiertes Geschäft.“
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