Ausgabe 8 - 2014
Eine verantwortungsvolle Aufgabe
Gekommen, um zu bleiben. Das ist die beste Einstellung, die ein Mitarbeiter haben kann, wenn er einen neuen Job anfängt. Doch von nichts kommt nichts. Die Führungskräfte sind gefragt, ihre Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, denn ein weit verbreiteter Kündigungsgrund ist der Vorgesetzte.
Auf der Agenda der wichtigsten HR-Themen in den Unternehmen steht die Mitarbeiterbindung ganz weit oben. Kein Wunder, werden Mitarbeiter doch im Zuge der sich zuspitzenden demografischen Entwicklung und der geringeren Anzahl an nachrückenden jungen Menschen ein immer wertvolleres Gut. Wie Mitarbeiter am besten gebunden werden, darüber sind sich die meisten Manager durchaus einig: über eine nachhaltige und wertschätzende Unternehmenskultur. Und diese wiederum hängt ganz entscheidend mit dem Verhalten und der Kommunikation der jeweiligen Führungskraft zusammen. Sie prägt den Mikrokosmos eines Teams und entscheidet, ob sich Mitarbeiter wohlfühlen und sich dadurch auch kulturell an ihr Unternehmen binden.
Führungskräfte müssen Unternehmenswerte vorleben
Die nach wie vor zentrale Rolle von Führung mag anachronistisch klingen. Denn natürlich lösen sich Hierarchien zunehmend auf. Entscheidungsprozesse werden demokratischer und Kommunikation wird interaktiver. Aber dadurch verschwindet Führung nicht. Im Gegenteil bedarf es gerade in unserer schnelllebigen Wirtschaftswelt einer Instanz, die für die Mitarbeiter jederzeit Bezüge zu den Märkten und den Zielen des Unternehmens sowie deren Strategie herstellt sowie letztendlich auch klar entscheidet. Vielleicht mag es herkömmlich und altbekannt klingen: Nach wie vor entscheiden das menschliche Auftreten, die Qualität und die Kommunikationsfähigkeit von Führungskräften, ob sich Mitarbeiter an ihren Arbeitgeber binden oder das Weite suchen.
Die starken Werte, die viele Unternehmen für ihre Organisation proklamieren und in ihren Leitbildern fixieren, sind nur so gut verankert, wie sie von den Führungskräften tagtäglich vorgelebt werden. Wenn Manager ihrem Team nicht vertrauen und dies täglich über ihr Handeln ausdrücken, verpufft auch der Unternehmenswert Vertrauen und das Bindungsband zwischen Mitarbeitern und ihrem Unternehmen zerreißt. Gerade Bindung hält eine zu hohe Kluft zwischen Anspruch und gelebter Wirklichkeit nicht aus.
Ein hoher Grad an Authentizität der Führungskräfte, sowohl in ihrem eigenen Verhalten als auch im Einklang mit den vorhandenen Werten, hilft also, ein positives Klima für Mitarbeiter zu entwickeln. Zudem erweist sich nach wie vor, dass Führungskräfte auf den mittleren und unteren Ebenen besser agieren, je mehr das eigene Top-Management im Sinne der Werte stimmig handelt.
Gerade Führung im Kontext emanzipierter Wissensarbeiter ist keine leichte Aufgabe. Diese Mitarbeiter wollen bei ihrem beruflichen Werdegang aktiv unterstützt und begleitet werden. Personalentwicklung ist keine Aufgabe des HR-Bereichs, sondern der direkten Führungskraft. Dies beinhaltet, neben regelmäßiger Wertschätzung offenes Feedback zu geben und die dabei angesprochenen Punkte so konkret wie möglich zu begründen.
Perspektiven sind gut, Kontrolle ist schlecht
Allgemeinplätze sind – gerade bei jüngeren Mitarbeitern – mehr denn je fehl am Platz. Agieren Führungskräfte mit hohem Gespür, wenn es darum geht, Mitarbeiter zu entwickeln, zahlt dies in hohem Maße auf deren Bleiben ein. Denn Perspektiven aufzuzeigen, bindet in die Zukunft hinein. Gerade Wissensarbeiter sind nicht mehr ihrem Arbeitgeber verpflichtet, sondern den Inhalten ihrer Arbeit. Hier Wege zu eröffnen, ist daher ein wichtiges Bindeglied.
Kontrolle wirkt dagegen kontraproduktiv auf das Verweilen im Unternehmen. Dies scheint bei vielen Führungskräften allerdings noch nicht angekommen zu sein. Sie stecken ihren Mitarbeitern immer noch einen engen Rahmen ab und schreiben ihnen vor, wie sie ihre Aufgaben zu erledigen haben. Ein Fehler, denn berufliche Arbeit ist gerade für hochqualifizierte Mitarbeiter mit ihrem ausgeprägten Bedürfnis an Selbstentfaltung verknüpft. Ist diese blockiert, verlassen sie ihr Unternehmen. Trotzdem pochen noch etliche Vorgesetzte auf ihre kontrollierende Rolle, bestehen auf ihre höhere Expertise und nehmen nicht wahr, dass dies der Grund für den Weggang von Mitarbeitern ist.
Eine mitarbeiterbindende Führung regiert nicht in die direkte Arbeitsebene ihrer Mitarbeiter hinein, sondern zeigt in erster Linie den großen Rahmen auf: Welchen Wertbeitrag leisten die Kollegen für das große Ganze? Die Unternehmensziele mit den Arbeitsinhalten und Aufgabenstellungen des jeweiligen Mitarbeiters zu verbinden, ist eine immer wichtiger werdende Führungsaufgabe, die sinnstiftend und orientierungsgebend wirkt. Wenn Führungskräfte diese Brücke zwischen Individuum und Unternehmensziel bauen, stärkt dies die Mitarbeiter und diese Wertschätzung wiederum bindet an das Unternehmen. Die Wandlung der Führungsrolle vom Anweiser zum Rahmenerzeuger ist im Übrigen ein dauerhafter Prozess, der mit regelmäßiger Kommunikation verknüpft ist, wohlgemerkt auf gleicher Augenhöhe.
Abbildung 1
Instrumente, die für die Mitarbeiterbindung als besonders geeignet angesehen werden

Eine wertschätzende Unternehmenskultur kann den Mitarbeitern in erster Linie die Führungskraft vermitteln.
Work-Life-Balance gewähren
Ein letzter Punkt berührt das große Thema Work-Life-Balance beziehungsweise flexible Arbeitsmodelle. Hier gilt es für die Führungskräfte, ein hohes Maß an Flexibilität für Mitarbeiter zu ermöglichen, ohne die Anforderungen des Unternehmens aus den Augen zu verlieren. Mehr denn je und erst recht in Zukunft obliegt es der Führung, Flexibilität im Interesse aller – Individuen, Team und Arbeitgeber – so auszuloten, dass alle Beteiligten mit den Lösungen leben können. Je mehr Unternehmen nicht nur Teilzeitarbeit und flexible Arbeitszeiten, sondern je nach Monat oder Quartal variierende Arbeitsmodelle und -kontingente abbilden müssen, umso anspruchsvoller wird dieser Balanceakt für Führungskräfte. Diesen Prozess zu moderieren und abzuwägen, entscheidet ebenfalls darüber, ob Mitarbeiter in ihrem Unternehmen bleiben oder einen neuen Arbeitgeber suchen, der ihnen bei ihrer Work-Life-Balance eher entgegenkommt.
Abbildung 2
Fremd- und Selbstwahrnehmung

Fragt man Geschäftsleitung, Führungskräfte und Mitarbeiter zu Themen wie selbstständiges Arbeiten oder Interesse an den Bedürfnissen, so ergibt sich ein diskrepantes Bild.
Auszug aus dem HR-Report 2013/14 von HAYS und dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE)
Mehr denn je gilt: Mitarbeiter verlassen Unternehmen, wenn es mit ihrer direkten Führungskraft hakt. Das Top-Management sollte daher in enger Kooperation mit dem HR-Bereich gewährleisten, dass geeignete und passende Führungskräfte im Unternehmen vorhanden sind oder entsprechend entwickelt werden. Wegschauen bei Führungskräften, die ihre Rolle nicht wahrnehmen, gilt dagegen künftig nicht mehr. Oder aber eine hohe Fluktuation gehört zum Programm des Unternehmens.
Autor
Frank Schabel, Leiter Marketing/Corporate Communications, HAYS AG, Mannheim,
frank.schabel@hays.de
- Das erarbeitete Fußball-Glück
- Die Macht sei mit HR
- Schüler früher abholen
- Die Neudefinition von HR
- Neue Machtverhältnisse im Recruiting
- Die Glücksritter in der IT
- Raus aus der Deckung
- Endstation Karriereseite
- Persönlichkeit schafft Produktivität
- Strategielosigkeit als zukünftige Strategie?
- „Wer Zäune um Menschen baut, bekommt Schafe“
- Da geht noch was!
- Rollenwandel für Führungskräfte
- Eine verantwortungsvolle Aufgabe
- Den Tatsachen ins Auge sehen
- Damit die Chemie stimmt
- Die Strategie zum Fliegen bringen
- Führungskräfte grenzenlos qualifizieren