„HR ist für mich People Business“

Gabriele Fanta, Vorstand Personal McDonald’s Deutschland
Mit seiner aktuellen Arbeitgeberkampagne will McDonald’s verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Gabriele Fanta, seit April Personalvorstand, kämpft an mehreren Fronten.
Personalwirtschaft: Frau Fanta, Ihr Vorstandschef, Holger Beeck, sagte einmal, etwas zu behaupten reiche nicht aus. Man müsse auch den Beweis antreten. Ist das auch Ihre Leitlinie?
Gabriele Fanta: Das ist ein wichtiger Anknüpfungspunkt in der laufenden Arbeitgeberkampagne, die mit starken Bildmotiven den einzelnen Mensch mit seinen Wünschen, Bedürfnissen und Lebenssituationen in den Mittelpunkt rückt. Unter dem Motto „Arbeiten wie Du bist“ erzählen Mitarbeiter Geschichten, die auch andere inspirieren können, ihnen nachzueifern – ob als Student, Teilzeitkraft, mit Migrationshintergrund oder als älterer Mensch, der sich mit einem 450-Euro-Job gern etwas hinzuverdienen möchte. Wir präsentieren uns nur dann glaubwürdig, wenn Mitarbeiter statt Models als Markenbotschafter in Erscheinung treten.
Als Personalvorstand sind Sie für etwa 58 000 Mitarbeiter aus 125 Nationen verantwortlich. Zuletzt fiel es dem Unternehmen schwer, Auszubildende zu finden. Wie wollen Sie das Ruder herumreißen?
Keine Frage, die demografische Entwicklung schlägt auch bei uns voll durch. Prognosen zufolge sinkt die Zahl der nichtstudienberechtigten Schulabgänger bis zum Jahr 2020 um 100 000. Mit zweierlei Maßnahmen wollen wir uns gegen den Trend stellen: Indem wir das Bewerbungsverfahren radikal vereinfachen und unser Ausbildungskonzept modernisieren.
Fangen wir beim Recruiting an, was ändert sich?
Bewerber unzählige Pflichtfelder abfragen zu lassen, ist ebenso kontraproduktiv wie darauf zu bestehen, dass ein peinlich genau formulierter Lebenslauf eingereicht wird. Wenn sich Bewerber bei vielen Unternehmen bewerben und Unternehmen immer mehr selbst um Bewerber werben, müssen wir die Hemmschwelle deutlich senken. Niemand muss über sich mehr als unbedingt nötig Auskunft geben. Das Meiste erfährt man ohnehin im persönlichen Gespräch.
Wenn Sie einem Ausbildungsbewerber erleichtern, mit Ihnen in Dialog zu treten, was folgt daraus für Ihr Ausbildungskonzept?
Nicht nur aus eigenen Ausbildungsstudien wissen wir, wie sich das Lebensgefühl und die Bedürfnisse von jungen Menschen ändern. Darauf müssen wir als Arbeitgeber überzeugend Antwort geben. Mein Vorgänger sagte immer, „Potenzial ist mehr als Noten“ – diese Auffassung teile ich. Wir geben auch Bewerbern eine Chance, welche die Schule abbrechen oder die Schule mit nicht so guten Noten abschließen. Ausbilder sollen möglichst vorurteilsfrei mit den jungen Menschen umgehen und sie gemäß ihrer Stärken führen.
Wie lautet Ihre Botschaft an Azubis, aber auch die anderen Bewerber, die eigentlich nur einen Job suchen, sich aber mangels Deutschkenntnissen oder anderer Schwächen nicht trauen, den ersten Schritt zu gehen?
Zwar kann man nie vorhersagen, ob ein 18-Jähriger tatsächlich seinen Weg gehen wird. Umgekehrt braucht sich niemand davor zu fürchten, an seinem Potenzial zu arbeiten. Denn die Perspektiven sind großartig: Wir legen Menschen nicht auf Funktionsbereiche fest, nach dem Motto: Du warst einmal Koch, deswegen kannst du kein Controller werden oder im Marketing arbeiten. Vielmehr sorgen wir mit einer breitgefächerten Weiterbildung für Durchlässigkeit. Davon profitieren lernbereite Mitarbeiter, so erhöht sich auch die Bindungsbereitschaft. Restaurantmanager bleiben durchschnittlich zehn Jahre, gewerbliche Mitarbeiter immerhin fünf.
Unsere interne Beförderungsquote auf die jeweils nächsthöhere Ebene liegt bei etwa 70 Prozent. Zwei meiner Vorstandskollegen haben wie Wolfgang Goebel in der Küche angefangen.
Wie steht es um die Personalentwicklung von Führungskräften?
Für unsere diversen Teams brauchen wir besonders gute Führungskräfte. Führung muss man können, deshalb sehen wir für diese Gruppe einige Assessments vor. Jeder Einzelne erhält einen individuellen Entwicklungsplan, auf dem sich aufbauen und lernen lässt.
Als Führungskraft wird man bei Mc-Donald’s regelmäßig ins Restaurant geschickt. Wie oft mischen Sie sich unter die Leute?
Laut Vorgabe muss jeder Verwaltungsmitarbeiter und damit auch jede Führungskraft zwei Tage pro Jahr im Restaurant als Teil der Crew arbeiten. Indem man sich in die Teams integriert und mit anpackt, reift auch das Verständnis für die Mitarbeiter. Zudem führen wir zweimal im Jahr eine Mitarbeiterbefragung durch: Besonders spannend finde ich, was die Kollegen an Hinweisen und Kritik in die Freitextfelder eintragen. Dieser Reality Check hat für uns große Bedeutung.
Sie setzen den Blog Ihres Vorgängers (www.employerbranding-blog.de) Wolfgang Goebel fort. Wie wollen Sie sich künftig via Social Media in Debatten einschalten?
Mir liegen Themen am Herzen, die unsere Mitarbeiter beschäftigen und weniger das Fachpublikum. Neben dem Blog möchte ich auch über Twitter und andere Kanäle kommunizieren und Inhalte vertiefen. Interessant ist, dass wir auf Facebook zunehmend Feedback von Mitarbeitern erhalten, obwohl der Kanal eigentlich für die externe Kommunikation vorgesehen war.
Welche personalwirtschaftlichen Strategien und Ziele verknüpfen Sie mit der laufenden Arbeitgeberkampagne?
Als Arbeitgeber wollen wir für alle offen sein und den unterschiedlichsten Menschen eine Chance geben, ihren Weg zu finden. Persönlich wünsche ich mir, damit einen Beitrag zu einer inklusiveren Unternehmenskultur zu leisten. Damit meine ich: Niemand sollte abgestempelt werden als Flüchtling, wegen schlechter Noten, sexueller Orientierung oder einer Behinderung. Mein Ziel ist, dass Bewerber und Mitarbeiter gut im Arbeitsleben oder bei uns als Mitarbeiter ankommen und sich schnell wohlfühlen. Das zu schaffen, ist für mich die Königsdisziplin der Personalarbeit.
Mal abgesehen von der Kampagne: Wo wollen Sie mit Ihrer Personalarbeit zusätzlich Zeichen setzen?
Selbstverständlich müssen wir uns auch mit Effizienzthemen befassen und die Organisation nicht allein im Hinblick auf die Digitalisierung zukunftsfähig aufstellen. Arbeit und Beschäftigung sind in Deutschland ganz anders reguliert als in anderen Ländern. Sowohl als Personalvorstand von McDonald’s als auch Präsidentin des Bundesverbandes der Systemgastronomie möchte ich hierbei bestmöglich mitgestalten.
Mit welchem Selbstverständnis bringen Sie sich als Personalverantwortliche im Vorstand ein?
HR bedeutet für mich in erster Linie People Business. Auf diese Weise kann ich die Unternehmenskultur beeinflussen, die Organisation bestmöglich zukunftsfähig aufstellen und die Digitalisierung vorantreiben. Personal bleibt natürlich ein Produktionsfaktor, deshalb sind auch Tariffragen ein wichtiger Bestandteil der Personalarbeit.
Sind Ihre Vorstandskollegen nicht misstrauisch?
Keineswegs. Strategische Projekte unter HR-Federführung haben bei McDonald’s eine lange Tradition. Deshalb brauche ich auch nicht um einen Platz in der Entscheiderriege zu kämpfen. Wir sind uns einig, dass gute Personalarbeit wichtige, nicht zuletzt sinnstiftende Wertbeiträge zum Unternehmenserfolg leistet.
Autor
Das Gespräch führte Winfried Gertz.
Aus McJob wird McChance
McDonald’s steht unter Druck. 60 Jahre nach Eröffnung der ersten Filiale in Des Plaines, Illinois, meutert die Kundschaft. Gewünscht werden nicht nur individuelle Menüs und mehr Service. Immer mehr Menschen bestehen darauf, dass das Angebot des Marktführers für Systemgastronomie auch Umweltstandards und dem gestiegenen Bedürfnis nach gesunder Ernährung entspricht.
Nicht nur Unternehmens- und Produktmarke geraten auf den Prüfstand. Im Arbeitsmarkt kämpft die Firma, Stichwort McJob, mit einem belasteten Ruf. Erschwerend kommt die demografische Entwicklung hinzu: Seit Jahren gelingt es dem Unternehmen nicht mehr, seine Ausbildungsplätze zu besetzen. Diesen Problemen will McDonald’s mit seiner laufenden Arbeitgeberkampagne entschlossen zu Leibe rücken: „Arbeiten wie Du willst“.
Die von einer Informationsoffensive in mehreren Kanälen getragene Botschaft bündelt gleich mehrere Inhalte. Dreh- und Angelpunkt sind Mitarbeiter, die über ihren Job sprechen und am persönlichen Beispiel zeigen, dass auch Quereinsteiger oder Schulabbrecher ihren Weg gehen können – bei fairer, tariflich vereinbarter Entlohnung. Sie erläutern, dass man selbst als Teilzeitkraft oder Minijobber willkommen ist, gefördert wird und weder Behinderung noch Migrationshintergrund von Nachteil sind. Mitarbeiter als Botschafter: Glaubwürdig kommuniziert könnte die Kampagne weit über ihren werblichen Effekt hinausreichen. (wg)