+++Grafiken aus der Studie finden Sie in unserer › Bilderstrecke.+++
Es gibt kaum ein Unternehmen, das nicht von Fachkräfteengpässen betroffen ist. Der „War for Talent“ wird dabei längst nicht mehr nur um Informatiker und Ingenieure geführt. Für 64 Prozent der offenen Stellen werden händeringend Fachkräfte mit Berufsausbildung gesucht. Um Handwerker, Altenpfleger oder LKW-Fahrer zu überzeugen, muss man aber zunächst verstehen, wie Fachkräfte mit Berufsausbildung ticken. Wir haben über 2000 von ihnen befragt und die Ergebnisse mit dem Lehrstuhl von Professor Matthias Baum an der Technischen Universität Kaiserslautern ausgewertet. Die zentralen Fakten und Schlussfolgerungen für das Employer Branding im Überblick:
1. Sicherheit vermitteln
Fakt: Fachkräfte mit Berufsausbildung priorisieren „Sicherheitsfaktoren“ besonders hoch. So stufen die Studienteilnehmer einen sicheren Arbeitsplatz und ein gutes Arbeitsklima als mit Abstand am wichtigsten ein – noch weit vor Karrierechancen und Gehalt. Woran aber machen Nicht-Akademiker Sicherheit im Job konkret fest? Für über zwei Drittel der Befragten ist ein unbefristeter Arbeitsplatz der größte Sicherheitsfaktor, dicht gefolgt von der pünktlichen Gehaltszahlung, die 62 Prozent der Befragten Sicherheit vermittelt. Während es für Akademiker meist selbstverständlich ist, ihr Gehalt pünktlich ausgezahlt zu bekommen, beklagen Nicht-Akademiker in einzelnen Branchen Unregelmäßigkeiten bei der Auszahlung der Vergütung. Auf Platz 3 landet die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens, die rund 39 Prozent Sicherheit suggeriert.Transfer: Arbeitgeber müssen dieses Sicherheitsbedürfnis in der Bewerberansprache gezielt adressieren. Es lohnt sich, bereits in Stellenanzeigen konkret zu werden: Wie sind die Vertragsbedingungen? Wie steht es um den Unternehmenserfolg? Welchen „Spirit“, welche Kultur hat das Unternehmen? Wenn Sie eine pünktliche Gehaltszahlung garantieren können, benennen Sie das durchaus konkret. Noch viel zu häufig werden keine Unterschiede in der Ansprache von Akademikern und Nicht-Akademikern gemacht – ihre Erwartungen an den Beruf unterschieden sich aber wesentlich. Akademiker legen etwa besonderen Wert auf Aufstiegschancen und überdurchschnittliches Einkommen; für Fachkräfte sind derweil gewisse Basics noch wichtiger.
2. Sinnsuchende berücksichtigen
Fakt: Akademiker gelten bereits seit Jahren als Sinnsucher im Job. Bei Mechatronikern, Buchhaltern oder Lagerfachkräften hingegen denkt man nicht unbedingt gleich an berufliche Selbstverwirklichung. Unsere Zahlen widerlegen diese Annahme nun: Der sinnstiftende Aspekt spielt auch für Fachkräfte mit Berufsausbildung eine wesentliche Rolle. Für einen Großteil der Studienteilnehmer ist die Arbeit mehr als der reine Broterwerb. 56 Prozent von ihnen würden auch nach einem Millionengewinn im Lotto weiterarbeiten. Der Job vermittelt also auch Sinn: Man wird gebraucht, erfüllt einen guten Zweck oder erlebt sich als Teil einer Gemeinschaft. Die Arbeit gibt Selbstbewusstsein und – neben dem Verdienst – ein starkes Wertgefühl sowie eine Bedeutung im Leben. Wenn man im Job, vor allem im Handwerk, „etwas schafft” und konkrete Ergebnisse sieht, hat das auch eine schöpferische Dimension.
Transfer: Auch der Job ist für Fachkräfte immer weniger Mittel zum Zweck und immer mehr Selbsterfüllung und sinnhaftes Tun. Im Recruiting nicht akademischer Berufsgruppen sollte das Thema Selbstwirksamkeit daher eine wichtigere Rolle einnehmen. Fast die Hälfte aller Studienteilnehmer verbindet mit einer sinnvollen Tätigkeit, „etwas mit der eigenen Arbeit bewirken zu können”. Teil eines Teams aus tollen Kollegen zu sein und das Einbringen der eigenen Fähigkeiten im Job sind außerdem hoch priorisiert. Passen diese Attribute zu Ihren Jobs, Ihrem Unternehmen? Falls ja, werben Sie damit!
3. Kommunikationsstrukturen ausbauen
Fakt: Neben den Faktoren Sicherheit und Sinn nehmen vor allem die Themen Arbeitsklima und Unternehmenskultur für Fachkräfte eine herausragende Stellung ein. Die drei herausragenden Gründe der Befragten für das Wohlbefinden im Job: Spaß bei der Arbeit, eine gute Stimmung in der Abteilung und keine Überstunden. Anhand der Freitextantworten wird außerdem deutlich, dass der Wunsch nach mehr Transparenz und einer besseren Kommunikation besteht. Das alles zahlt auf ein gutes Arbeitsklima ein. Wird das Klima hingegen schlecht bewertet und fühlen sich Fachkräfte im Job nicht wohl, wird als Grund mehrheitlich der Chef genannt. Wenn es an Wertschätzung mangelt, dann also häufig auch an Führungsstärke.
Transfer: Fachkräfte sind Teamplayer. Umso wichtiger ist es, ein Wir-Gefühl im Team zu schaffen und intern gut zu kommunizieren. Hier sind gerade Führungskräfte in der Verantwortung. Wer gute Fachkräfte an das Unternehmen binden möchte, muss für eine gute Führungs- und Kommunikationskultur sorgen. Faire Führungskräfte sind ein wichtiger Aspekt, um Talente zu halten.
4. Konkret werden in Stellenanzeigen
Fakt: Der erste Eindruck zählt – das gilt auch für Stellenanzeigen. Doch nur acht Prozent der Befragten finden aktuelle Stellenausschreibungen sehr überzeugend. Was Bewerber nicht wollen, sind falsche Versprechungen und abgedroschene Phrasen. So fühlt sich nur jeder Vierte von der Aussage „Freuen Sie sich auf eine spannende, vielseitige und verantwortungsvolle Tätigkeit” voll und ganz angesprochen. Und auch der für Fachkräfte häufig irrelevante Karrierebegriff wird vielerorts überstrapaziert. Das zeigt sich auch deutlich daran, dass das Versprechen „Jetzt ist die Karriere dran!” unter den im Studiendesign vorgegebenen 13 Sätzen aus Stellenausschreibungen am schlechtesten abschneidet.Transfer: HR-Verantwortliche müssen den Inhalt von Stellenanzeigen überdenken und neue Wege im Recruiting gehen. Statt konkreter Fakten und einer authentischen Stellenbeschreibung lesen Bewerber noch viel zu häufig Floskeln und sich wiederholende Textbausteine. Besser kommen Formulierungen an, die das große Sicherheitsbedürfnis der Zielgruppe adressieren. Bei der Verprobung der Stellenanzeigen haben eindeutig jene Sätze überzeugt, die möglichst konkret auf Arbeitsmodelle, Sonderzahlungen oder den Kollegenzusammenhalt eingehen.