Als Karl-Heinz Rummenigge kürzlich über Olli Kahn sprach, der ihn 2022 als Vorstandschef des FC Bayern ablösen wird, kündigte er einen „Onboarding-Prozess“ für seinen Nachfolger an – und meinte wohl irgendwas zwischen Einarbeitung, Mentoring und Training. Der Neue werde sich auf dem Bayern-Schiff erst mal umschauen und alle Abteilungen besuchen, so Rummenigge. Kahn müsse den Verein noch mal von der Pike auf kennenlernen, dabei wolle er ihn unterstützen.
Man kann über die Stimmigkeit von Rummenigges Wortwahl streiten: Das Onboarding – kurz für „taking on board“ – soll neuen Mitarbeitern den Einstieg erleichtern; Olli Kahn hingegen kennt das Unternehmen FC Bayern bestens, unbekannt ist ihm nur die künftige Tätigkeit. Jenseits dessen zeigt das prominente Beispiel eines: Schon seit den 90ern bekannt, ist „Onboarding“ seit einiger Zeit richtig in Mode. Meist wird der Begriff in Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel und den Einstellungskosten gebraucht. Durch richtiges Onboarding sollen die Neuen schnell integriert und motiviert werden.
So beginnt nach der Candidate Journey heutzutage die Onboarding Journey – es sei denn, das Preboarding dazwischen wurde vernachlässigt: Wer es versäumt, Beschäftigte in spe zwischen Vertragsunterschrift und erstem Arbeitstag von sich zu begeistern, riskiert, dass die Passagiere nach dem Check-in gar nicht an Bord kommen, sondern vorher abspringen. Das Onboarding selbst beginnt spätestens bei der Begrüßung. „Willkommen an Bord“, lächelt die Cabin Crew – die Neuen sollen sich von Anfang an wohlfühlen. Vielleicht lässt sich auch der Firmenchef alias Pilot blicken und wünscht „A good Flight“. Oder es werden noch die Onboard Amenities aufgezählt, die Annehmlichkeiten, die ein leuchtendes Bild der Bord- respektive Firmenkultur vermitteln.
Wenn Unternehmen geraten wird, ihr Onboarding zu professionalisieren, kann die To-do-Liste lang werden. Oben stehen dann vielleicht ein Mentor (wie eine Stewardess, die den Reisenden begleitet), regelmäßiges Feedback in der Probezeit sowie die Zusammenarbeit von HR und Vorgesetztem, natürlich unter Einbindung anderer Abteilungen und der Teamkollegen. Manche Firmen veranstalten auch regelrechte Events zur emotionalen Bindung – bitte anschnallen!
Einiges am Onboarding wirkt also überzogen, vieles sollte selbstverständlich sein. Jenseits dessen fühlt sich auch heute manch Betriebseinsteiger im Stich gelassen. Da schlägt Erwartung in Enttäuschung um. Als säße man im Flieger, und schon in Reihe acht sind die heißen Snacks aus. Bleibt nur der Notausstieg: die Bitte um vorzeitiges Offboarding.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.