„Jede Zusammenarbeit ist schwierig, solange den Menschen das Glück ihrer Mitmenschen gleichgültig ist“ – so lautet eine Weisheit des Dalai Lama. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Diese Erkenntnis trifft auf jede Arbeitgeber-Arbeitnehmer- Beziehung zu. Finanzielle Zufriedenheit ist sicherlich ein wichtiger Faktor zum Glück.
Doch dies allein zählt nicht. Menschen sind glücklich, wenn man ehrliches Interesse an ihnen zeigt. Wissen Sie, wie es Ihrer Sekretärin privat geht? Ob ihre Kinder gesund sind? Was sie so in ihrer Freizeit macht? Nein? Fragen Sie sie! Und das Wichtigste: Hören Sie ihr zu! Gegenseitige Wertschätzung ist das A und O in jeder Beziehung. Auf diese Weise stärkt sich das gegenseitige Vertrauen ganz von allein.
Den Umgang mit eigenen Mitarbeitern lernte ich in meinem ersten eigenen „Büro“: einem kleinen Ausstellungsraum für Lampen im Belgischen Viertel von Köln. Daniel hieß mein Angestellter – ein 22-jähriger Student. Er war eine dringend benötigte Unterstützung für mein frisch gegründetes Übersetzungsunternehmen „Lingua-World“.
Mit der Zahl der Aufträge wuchs auch schnell mein Team um sieben weitere Studenten. Das war im Jahr 1998. Heute, 21 Jahre später, denke ich mit einem Lächeln an diese Zeit zurück. Inzwischen leite ich meine Mitarbeiter in 19 Standorten auf zwei Kontinenten. Einen Personalmanager habe ich nie eingestellt. „Wie geht das denn?“ – werden Sie sich vielleicht fragen …
Meiner Erfahrung nach lässt sich das Geheimnis guter Führung in einem Leitsatz zusammenfassen: Diene, anstatt zu herrschen. Damit meine ich nicht, dass Mitarbeiter stets mit Samthandschuhen behandelt werden müssen, das würde nicht funktionieren.
Aber glückliche Mitarbeiter zu beschäftigen und für sie zu sorgen, war und ist für mich Chefsache.
Denn Mitarbeiter sind Menschen. Und Menschen müssen menschlich behandelt werden.
Als ich den 16. Lingua-World-Standort in London aufgebaut habe, war ein sehr junger Mitarbeiter namens Ben mit einer enormen Fülle an Aufgaben beschäftigt. Eines Tages – ich befand mich gerade in meinem Büro in Kapstadt – streckte Ben seinen digitalen Arm nach mir aus: „Mrs. Kostadinova, I need your help!“ Ich ließ alles stehen und liegen und arbeitete mit ihm gemeinsam, über die große Entfernung hinweg, einen Plan aus. Mit Erfolg. Denn ich wusste: Ich darf meine Mitarbeiter niemals mit schwierigen Projekten oder Problemen alleinlassen. Das Team muss immer an einem Strang ziehen. Krisen zusammen meistern und daraus gestärkt hervorgehen – das ist mein Ideal. Und es funktioniert.
Auch die Wichtigkeit der Work-Life-Balance habe ich niemals unterschätzt. Niemand profitiert davon, wenn Mitarbeiter ständig Überstunden schieben müssen. Im Gegenteil: Das Ergebnis ist Frustration. Unzufriedenheit. Bei Bedarf habe ich mich immer gekümmert und entsprechende Unterstützung eingestellt. Die Regel sollte sein, dass Mitarbeiter pünktlich nach Hause kommen. Zu ihren Familien. Um ihr Leben, ihre Freizeit genießen zu können. Denn das bedeutet Glück. Und am Ende zahlt es sich aus: In schwierigen Lagen waren meine Mitarbeiter so motiviert, dass sie von ganz allein über die geregelte Zeit hinaus arbeiten wollten.
Jede Zusammenarbeit fällt leicht, solange den Menschen das Glück ihrer Mitmenschen am Herzen liegt. Das ist der Weg zum Erfolg.
Dieser Beitrag ist in Ausgabe 04/19 der Personalwirtschaft erschienen.
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