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Blick von Außen: Personaler, lasst euch beraten!

Porträt von Manfred Bruhn
Für mehr Mut zur Beratung beim Employer Branding plädiert Manfred Bruhn. / Foto: privat

Seit HR das Employer Branding für sich entdeckt hat, sind Personaler ganz verzückt. Sämtliche nach außen gerichteten HR-Instrumente – auf Messen, im Internet, an Hochschulen, in Anzeigen – werden mit diesem Schlagwort versehen. Auch in der Diskussion mit Vorständen kommt es gut an. In vielen Branchen herrscht zudem Fachkräftemangel, was den Druck und die Budgets erhöht. Aber am Ende werden doch weiterhin oft die gleichen klassischen Instrumente eingesetzt: Handelt es sich also um alten Wein in neuen Schläuchen?

In den meisten Fällen leider ja. Denn beim Employer Branding geht es um den Auf- bau einer Arbeitgebermarke im Sinne der strategischen Markenführung. Konkret bedeutet dies die Entwicklung einer differenzierenden Employer Value Proposition (EVP), also eines Markenkerns, der definiert, was das Unternehmen als Arbeitgeber ausmacht und worin sich die Arbeitgebermarke von der Konkurrenz unter- scheidet. Hinzu kommen Markenwerte, die diese Positionierung stützen, sowie Maßnahmen, die das Ganze erlebbar machen. Dabei ergeben sich zwei zentrale Herausforderungen: Erstens muss die Arbeitgebermarke im Einklang mit der Unternehmensmarke stehen. Und zweitens gilt es, die EVP über alle Kontaktpunkte hinweg konsequent umzusetzen. Häufig ist jedoch das Gegenteil der Fall. Inkonsistente Einzelmaßnahmen und vermeintlich „lustige Ideen“ – wir erinnern uns an die missglückten BMW-Rapvideos vor einigen Jahren – schaden der Marke und hinterlassen im Kopf der Zielgruppe ein fragmentiertes, im schlimmsten Fall sogar widersprüchliches Bild.

Viele HR-Abteilungen kennen zwar ihre Personalmarketing- Instrumente, die Entwicklung von Markenstrategien und deren langfristige Umsetzung ist aber neu für sie. Deshalb konzentrieren sie sich auf die Einzelinstrumente und beurteilen die von Agenturen entwickelten Kampagnen primär nach Kreativitäts- und Aufmerksamkeitskriterien. Das Ergebnis ist ein wachsendes Wirrwarr an Kampagnen, die um die Aufmerksamkeit der Bewerber buhlen: Während also bei BMW in Deutschland gerappt wurde, ist auf Basler Polizeiautos in der Schweiz von „Transformern“ die Rede, und in England holte sich IBM eine blutige Nase, als das Unternehmen Frauen aus MINT-Berufen ansprechen wollte – mit der Aufforderung, einen Föhn zu hacken. Spricht man so relevante Bedürfnis- se potenzieller Kandidaten an? Nein. Was fehlt, sind echte Insights zur Zielgruppe. Während die meisten Unternehmen Marktforschung betreiben, um Customer Insights zu generieren, verfügen die wenigsten auch nur über rudimentäre Candidate Insights.

Glaubwürdig, differenzierend und relevant sollte die Arbeitgebermarke sein. Das zu erreichen, ist aber nicht ganz so einfach. Strategische Planung, Marketing und Unternehmenskommunikation müssen für einen einheitlichen Markenauftritt zusammenarbeiten. In vielen Unternehmen findet diese Zusammenarbeit aber nicht statt. Warum scheut sich HR davor? Weil man dadurch womöglich eigene Kompetenzen abgeben – oder gar einen Mangel an eigener Kompetenz zugeben – muss?

Springen Sie über Ihren Schatten, liebe Personaler, und lassen Sie sich von Profis beraten! Die Marke ist ein wesentlicher Teil des immateriellen Kapitals eines Unternehmens und muss auf alle Zielgruppen – Kunden, Investoren, Öffentlichkeit, Arbeitnehmer – ausgerichtet sein. Wer sie durch ungezielte Maßnahmen verwässert, vergrault nicht nur potenzielle Bewerber, Kunden und Investoren, sondern vernichtet realen Wert. HR-Verantwortliche müssen sich echte Markenkompetenz aneignen und Insights über ihre Zielgruppen generieren, wenn sich ihr Unternehmen im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte behaupten und langfristig Wert schaffen will. Die Schonfrist des Etikettenschwindels im Employer Branding ist vorbei.

Zur Person: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Manfred Bruhn lehrt Marketing und Unternehmensführung an der Universität Basel. Er ist Gründer der Bruhn & Partner AG, Basel, Pionier des Kommunikations- und Markenmanagements und hat zahlreiche Referenz- und Standardwerke verfasst.

Erschienen in der Ausgabe 09/2017 der Personalwirtschaft.