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Der Purpose heiligt den Zweck

Räuber kommt durch Tür.

Wenn Manager von „Purpose“ sprechen, folgt meist annähernd Gleiches: irgendwas mit „nachhaltig“, auf jeden Fall mit Ethik und Werten oder „sozial“. Denn das ist es, was Berater gern empfehlen, seit „Purpose“ von der Werbung auf HR übergegriffen hat: Unternehmen sollen mit einem hehren, bedeutenden Ziel auffallen, das Zweck oder Sinn stiftet. Etwas, das tiefer reicht als das Leitbild. Etwas, das die innere Überzeugung der Firma aufzeigt, ihren gesellschaftlichen Beitrag. Klingt altruistisch, klingt fein.

Warum das alles? Weil Studien herausgefunden haben wollen, dass Jobsuchende vor allem nach Sinn streben und das Gehalt erst an zweiter Stelle folgt (wie praktisch …). Es heißt, sie wollten sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren. Eine schöne Erzählung, die die konträren Aussagen vieler anderer Studien ebenso verdrängt wie die Tatsache, dass sehr viele nicht gerade ethisch operierende Unternehmen beliebte Arbeitgeber sind.

Also erklären viele Berater ihren Kunden, wie sie ihren ureigenen (!) Purpose finden, um auf dem „Arbeitnehmermarkt“ die besten „Talente“ anzulocken. Von denen versprechen sich die Unternehmen wahres Engagement und nachhaltiges Wachstum. Hoppla … – doch Gewinnmaximimierung statt Sinnstiftung? Oder geht gar beides zusammen?

Manche Unternehmen möchten es glauben (machen). So produzieren sie „fair“, aber in Indien, da ist es billiger. Oder sie heften sich ein von der Industrie konzipiertes Nachhaltigkeitssiegel an, da nerven die Kontrolleure nicht so.

Im Englischen meint Purpose Sinn, aber auch Zweck. Im Deutschen beruft man sich im Allgemeinen auf Ersteres, schon aus strategischen Gründen. Aber Caution, liebe Anglizisten: Wer Purpose als Strategie versteht, wer den über das Business hinausreichenden Sinn seines Tuns suchen muss, führt den Begriff ad absurdum. Auch scheint es manchmal, als wollten sich immer mehr Menschen und Unternehmen mit Werten schmücken, die in Wahrheit schon länger nichts mehr gelten. Vielleicht zur Ablenkung in rauer werdenden Zeiten?

›› Dieser Beitrag ist zuerst in unserer ›März-Ausgabe erschienen. Ein Abonnement können Sie ›hier abschließen.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.