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CEOs mit BWL-Abschluss drücken die Gehälter

Der amerikanische Wissenschaftler Kamer Daron Acemoğlu und seine Kollegen Alex He und Daniel le Maire vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben ein Working Paper veröffentlicht, das bei den Anbietern von BWL- und MBA-Ausbildungen für sehr gemischte Gefühle sorgen dürfte. Sie haben nämlich herausgefunden, dass in Unternehmen, die einen Manager mit betriebswirtschaftlichem Abschluss an die Spitze setzen, innerhalb von fünf Jahren die Arbeitseinkommen der Beschäftigten sinken – in den USA um fünf Prozent, in Dänemark um drei Prozent. Gleichzeitig, so heißt es in ihrer Studie, würden durch den Einsatz der betriebswirtschaftlich geschulten Manager im Vergleich mit anderen Unternehmen aber weder Umsatz noch Gewinn steigen.

Kamer Daron Acemoğlu (Foto: privat)

Die Wissenschaftler stellen ihre Arbeitsergebnisse in einen breiten Kontext. Demnach sei der durch Arbeit erwirtschaftete Anteil am Nationaleinkommen in mehreren Industrieländern in den vergangenen drei Jahrzehnten gesunken. Außerdem habe sich das Wachstum der Reallöhne seit 1980 trotz Produktivitätswachstums deutlich reduziert. An dem Rückgang des Arbeitsanteils und der Verlangsamung des Lohnwachstums hätten „veränderte Einstellungen und Praktiken des Managements in Bezug auf die Gewinnbeteiligung einen erheblichen Beitrag“. Die Verfasser legen dar, dass „CEOs mit betriebswirtschaftlichen Abschlüssen (Bachelor oder MBA), die im Laufe der Zeit einen wachsenden Anteil der Unternehmen leiten, das Lohnwachstum und den Arbeitsanteil signifikant reduziert haben“.

Acemoğlu und seine Kollegen untersuchten zudem, wem die Einstellung von betriebswirtschaftlich geschulten CEOs nutzt. Die Senkung des Anteils der Arbeitskosten führe zu höheren Gewinnen und damit auch zu höheren Börsennotierungen und Renditen für die Aktionäre. Auch die Manager selbst profitierten davon, heißt es in der Studie. Die Wissenschaftler errechneten, dass in den USA ihre Gesamtvergütung einschließlich Gehalt, Bonus, Aktien und Aktienoptionen sowie Anreizzahlungen, mindestens fünf bis acht Prozent über der ihrer Kollegen ohne betriebswirtschaftliche Ausbildung liegt. Acemoğlu und seine Mitverfasser gehen davon aus, dass für diese CEOs die Fähigkeit, Löhne zu senken, eine wichtige Komponente ihres „Erfolgs“ sein können.

Dass diese Studie schnell wieder im Ozean wissenschaftlicher Veröffentlichungen untergeht, ist kaum zu erwarten. Dazu ist der Verfasser Kamer Daron Acemoğlu zu bekannt und zu einflussreich. Der in der Türkei geborene MIT-Wissenschaftler befasst sich unter anderem mit der Erforschung von Ungleichheit und Armut. Er ist Mitglied in den Wissenschaftsakademien verschiedener Länder, der 55-Jährige gilt zudem als Kandidat für den Wirtschaftsnobelpreis.

Christina Petrick-Löhr betreut das Magazinressort Forschung & Lehre sowie die Themen Recruiting und Employer Branding. Zudem schreibt und recherchiert Sie zum Thema Transformation, Change Management und Leadership und ist verantwortlich für die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft.