Personalwirtschaft: Liqid versteht sich als „digitale Alternative zur Privatbank“. Was reizte Sie an der Aufgabe?
Adam von Strenge: Nach einigen Jahren in der AdTech-Welt wünschte ich mir frischen Wind und einen Branchenwechsel. Finanztechnologien haben mich schon lange interessiert. Liqid verbindet das hochdigitale und innovative Umfeld eines Fintech-Start-ups mit der klassischen Welt und dem Wertesystem eines Vermögensverwalters. In unserem Team arbeiten Experten aus beiden Welten gemeinsam an einer digitalen Alternative zur Privatbank.
Plista, eine Content- und Werbeplattform, ist während Ihrer Tätigkeit in dem Unternehmen stark gewachsen. Welche Faktoren halten Sie im Recruiting-Prozess für besonders wichtig?
Als ich 2011 zu Plista stieß, herrschten dort Start-up-Strukturen. So besetzten wir zunächst einige strategisch wichtige Positionen, in denen Führungskompetenz und -erfahrung gefordert war. Gemeinsam mit diesen Hiring Managern haben wir dann Teams wie Sales oder Product Management auf- und ausgebaut. Employer Branding war ein wichtiger Punkt, denn Plista war als Arbeitgebermarke weitestgehend unbekannt. Der Interviewprozess sollte optimal strukturiert sein: Welche Stakeholder sprechen neben dem Hiring Manager mit den Kandidaten? Keine Kompromisse beim Hiring! Keine Schnellschüsse, wenn man sich nicht zu 100 Prozent sicher ist. Expertise und Skills sind wichtig, für mich sind jedoch die Motivation, Offenheit und Lernbereitschaft entscheidend.
Als Sängerin von Hits wie „Million Miles from Home“ wurden Sie international bekannt. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück?
Der Erfolg mit Dune kam damals sehr schnell und überraschend. Ich ging noch zur Schule, und plötzlich tourten wir quer durch Europa und erhielten Gold- und Platinauszeichnungen. Ich war ein eher unsicherer Teenager und musste mich plötzlich auf ständig wechselnde Situationen und viele neue Menschen einlassen. Rückblickend betrachtet hat mir das sehr geholfen, Selbstsicherheit zu erlangen.
Warum sind Sie nach Ihrer musikalischen Karriere ins HR-Fach gewechselt?
Ich spürte immer, dass die Musik nur ein Ausflug ist, richtig zu Hause habe ich mich in der Musikindustrie nicht gefühlt. Den Wunsch, Psychologie zu studieren, trug ich schon länger mit mir herum. 2003 habe ich dann einfach angefangen und wusste sofort, dass es das Richtige ist. Ich hatte wahnsinnige Lust, neue Dinge zu lernen, mir Wissen zu erschließen und habe mich richtig reingestürzt. Über mein Pflichtpraktikum bei Jamba kam ich schließlich zu HR.
Wie würden Sie Ihren Lebenslauf in drei Adjektiven umschreiben?
Vielfältig, gestalterisch, digital
Angenommen, wir könnten die Zeit zurückdrehen: Wo wären Sie gern länger geblieben? Wo wären Sie gern früher gegangen?
Könnte ich die Zeit zurückdrehen, so würde ich die ersten ein bis zwei Jahre in der Musikindustrie mehr genießen und bewusster erleben. Damals kam alles sehr plötzlich und ich konnte nicht wirklich einordnen, was passiert. Dass andere Künstler jahrelang auf das hinarbeiten, was uns mit der ersten Single glückte, habe ich erst nachher realisiert.
Wo liegen Ihre Talente?
Ich bin diszipliniert, lerne gern neue Dinge und sehe in Veränderung eher Chance als Schwierigkeit.
Welche Lücke hat Ihr Lebenslauf?
Wenn man „Lücke“ als unfreiwillige Unterbrechung definiert, gab es eigentlich keine. Während meiner Musikkarriere habe ich auch andere Ansätze verfolgt, zum Beispiel eine Yogalehrerausbildung gemacht oder ein Praktikum in der Unterhaltungsabteilung eines großen TV-Senders. Meine besten „Lücken“ sind sicherlich die Elternzeiten für meine beiden Töchter, einmal sechs, einmal zwölf Monate. Spricht man mit Bewerbern, dann sind Wendungen oder Auszeiten im Lebenslauf manchmal die spannendsten Momente. Zäsuren, bei denen bewusst ein neuer Weg eingeschlagen wurde.
Schauen wir in die Zukunft: Welche Stationen sollen in fünf oder zehn Jahren hinzugekommen sein?
Tatsächlich plane ich meine Karriere nicht strategisch, sondern verlasse mich auf meine Intuition. Mir ist es wichtig, gestalterisch in einem agilen Umfeld arbeiten zu können, mit Kollegen, die ebenso viel Leidenschaft für Unternehmenskultur und Talent Development mitbringen wie ich.
Ohne Spaß bei der Arbeit und einen guten Teamzusammenhalt geht es für mich nicht.
Es gibt allerdings vieles, was ich in den nächsten Jahren lernen möchte: Als Ergänzung zu meinem Psychologiestudium möchte ich Ausbildungen in Klärungshilfe und Gewaltfreier Kommunikation machen, beide Ansätze können in komplexen Teamdynamiken ungemein hilfreich sein.
Gibt es auf Ihrem beruflichen Weg einen Mentor?
Es gibt einige Personen, von denen ich lerne und die mich inspirieren. In meinem Beruf habe ich das Privileg, mit vielen inspirierenden Coaches, Trainern und Spezialisten arbeiten zu dürfen. Während meiner Zeit bei Plista habe ich sehr viel von den drei Gründern gelernt, die von Anfang an einen großen Fokus auf die Unternehmenskultur gerichtet haben. Später – nach der Akquisition Plistas durch WPP/GroupM – hatte ich Gelegenheit, von Executives aus dem internationalen Mutterkonzern zu lernen, die strategisches Arbeiten, Kommunikation, „Think Big“ perfekt beherrschten.
Welche Chance hat sich in Ihrer Karriere nie ergeben?
Dauerhaft im Ausland zu arbeiten.
Sie haben in Berlin studiert und sind dort auch beruflich heimisch geblieben. Was gefällt Ihnen an der Stadt besonders?
Ich lebe seit nunmehr 20 Jahren in Berlin und fühle mich hier zuhause. Meine Kinder sind hier geboren, hier lebt ein Großteil meiner Freunde und auch meine Geschwister sind hier. Ich liebe an Berlin die Diversität und kulturelle Vielfalt, die Lebendigkeit und Geschichtsträchtigkeit. Berlin ist eine pulsierende Weltstadt, zugleich gibt es Seen, Parks, Wälder – und viel Natur im Umland.
Was war Ihre prägendste Station und warum?
Das Pflichtpraktikum aus meinem Studium habe ich bei Jamba gemacht. Dort habe ich die Personalarbeit erstmalig kennengelernt und meine Leidenschaft für den HR-Beruf entdeckt. Ich blieb als International Recruiter, durfte von Anfang an sehr eigenverantwortlich arbeiten und habe wahnsinnig viel gelernt.
Welche zentralen Lehren aus Ausbildung und Studium haben Ihnen im Berufsleben wirklich weitergeholfen?
Definitiv die Motivationspsychologie und Verhaltensökonomie. Sozialpsychologie-Ansätze wie die Attributionstheorie oder Unconscious Bias.
David Schahinian arbeitet als freier Journalist und schreibt regelmäßig arbeitsrechtliche Urteilsbesprechungen, Interviews und Fachbeiträge für die Personalwirtschaft.