BMW sägt CEO Harald Krüger ab, bald muss auch HR-Popstar Janina Kugel bei Siemens gehen. Das soll in der Konjunkturflaute tough wirken. Doch vor allem wirkt es gestrig.
Im Dax macht sich Hektik breit. Während Thyssenkrupp mit wechselnden Strategien durch die Märkte schlingert, hat sich der Pharmariese Bayer nach dem Erwerb von Monsanto in kurzer Zeit in eine kritische Lage manövriert. Blanke Panik derweil in den Chefetagen der Autokonzerne: Nach Dieselskandal und Energiewende steuert die Konjunkturlokomotive des Landes ins Ungewisse. Augenscheinlich ist den Entscheidern der Kompass entglitten, der sie behutsam durch die konjunkturelle Abkühlung lotst. Die wenigsten Konzerne haben eine genaue Idee davon, wie sie sich erfolgreich in einem Umfeld bewegen sollen, das zunehmend als überkomplex und schier unbeherrschbar beschrieben wird. Bisher felsenfest von ihrem Wirken überzeugte Manager sind zu Getriebenen geworden.
So unter Druck geraten, neigt die verschworene Gemeinschaft einander meist wohlgesonnener Vorstände und Aufsichtsräte zu Entscheidungen, die teilnehmende Beobachter befremdet zurücklassen. Während Verantwortungsträger ihre Reden stets mit dem Verweis auf unsichere Märkte, wachsende Herausforderungen und unabsehbaren Wandel auskleiden, drückt sich in den Ab- und Neuberufungen der Exekutive eine vermeintliche Selbstgewissheit aus, die nur einem nach außen völlig abgeschotteten System entspringen kann.
Kommt es zu Krisen, lässt die Leistung nach oder ruhen sich die Akteure zu sehr auf einst errungenen Meriten aus, bedient sich das Entscheidungsestablishment seit ehedem eines Instrumentenkoffers aus straffer Planung, strikter Kontrolle – und raschem Austausch amtierender Spitzen. Weil Harald Krüger, CEO und zuvor Personalvorstand von BMW, dem Aufsichtsrat nicht tough genug bei der überfälligen Elektrifizierung der Produktpalette schien, folgt ihm nun mit Oliver Zipse jemand, der das erfolgsverwöhnte Unternehmen durchsetzungsstark und entscheidungsfreudig wieder auf Kurs bringen soll.
Knapp vier Kilometer Luftlinie vom Sitz des bayrischen Autobauers entfernt bietet sich bei Siemens ein ähnliches Bild: Anders als es vor geheuchelter Danksagung triefende Depeschen nahelegen, haben CEO und Personalvorständin, vor Kurzem noch einträchtig als „K-und-K-Monarchie“ tituliert, sich zunehmend entfremdet. Während Joe Kaeser unverdrossen die Strategie des vom Aufsichtsrat ausdrücklich getragenen Konzernumbaus exekutiert, muss sich Janina Kugel als Arbeitsdirektorin mit aufmüpfigen Gewerkschaften und um ihren Job bangenden Beschäftigten auseinandersetzen.
Anstatt sich leidenschaftlich für ihre Herzensanliegen wie Diversity und digitale Transformation zu verwenden, muss die in der HR-Szene wie ein Popstar verehrte Personalexpertin zähneknirschend Teile der traditionsreichen Siemens-Kultur zu Grabe tragen.
Aus ihrem Unmut darüber machte sie nie einen Hehl.
Nun fällt auch ihr Beritt dem Kosten- und Renditediktat zum Opfer.
Wir erleben ein Revirement, es geht zurück zum klassischen Kommandoregime – mitsamt dem Klischee von unbeirrbaren und hart in der Sache agierenden Frontmännern; Frauen bleiben hier in aller Regel außen vor. Doch müssten nicht gerade die bevorstehenden Veränderungen für Beschäftigung und Qualifikation sowie der gesellschaftlich nicht mehr tolerierte Ressourcenverbrauch eher von Akteuren geprägt sein, die das gestrige Führungsbild einer perfekten Planung und Steuerung durch Ideenreichtum und Partizipation von unten nach oben konterkarieren und persönlich für Aufbruch und Optimismus einstehen?
Klar ist: Wer Menschen mitnehmen will, und auch dieses Bekenntnis zählt zum Standardrepertoire einschlägiger Verlautbarungen, muss nahbar sein. Nur so wächst Vertrauen. Davon ist die Managementelite jedoch weit entfernt.