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Achtsamkeit: Friede, Freude, Eierkuchen…

Cartoon von einem meditierenden Mann auf einem Schreibtisch.
Cartoon: Kai Felmy

Heute schon Stress im Job gehabt und ihn nicht in den Griff bekommen? So was aber auch, wohl noch nicht geübt in Achtsamkeit.

Erst gab es einen Achtsamkeitshype im Privatleben, nun ist er auch in Unternehmen eingezogen. „Mindfulness“ sorgt für eine zufriedene Belegschaft, glaubt man den zahlreichen Versprechungen der Trainingsanbieter und Berater. Achtsamkeitskurse für Führungskräfte, aber auch für Mitarbeiter schießen wie Pilze aus dem Boden. Unternehmen wie Google und SAP haben bereits eigene Achtsamkeitstrainer im Haus.

„Achtsamkeit“ kommt aus der buddhistischen Lehre und Meditationspraxis und der Psychotherapie. 1979 entwickelte Jon Kabat-Zinn die Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR), ein Programm zur Stressbewältigung durch Achtsamkeit. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass Menschen ihre Gedanken und Gefühle selbst produzieren und dabei in einen negativen Kreislauf geraten können. Durch Meditation und Konzentration auf einen sogenannten Anker, meist den Atem, soll man ganz im Hier und Jetzt verweilen, belastende Gedanken einfach kommen und gehen lassen, ohne sie zu werten.

Jetzt also auch im Job. Da brauchen wir Achtsamkeit unbedingt, heißt es, weil sich die Arbeitswelt doch so rasant verändert, wir der Informationsflut kaum noch Herr werden, immer flexibel sein und schnelle Entscheidungen treffen müssen. Achtsamkeit wird als Wundermedizin verkauft, um mit diesen Bedingungen besser umgehen zu können. Die Heilsbringer versprechen, dass man sich mithilfe ihrer Trainings – vor allem Atemübungen und Meditation – nicht mehr aus der Ruhe bringen lässt, egal wie groß die Belastungen sind. Zuversichtlicher soll man werden, negative Emotionen einfach in sinnvollere Kanäle lenken. Das erinnert an den simplen Spruch „Es gibt keine Probleme, nur Lösungen“.

Unangenehme Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen oder zu viel Druck? Macht nichts, nicht werten, was geschieht, nicht vorschnell urteilen. Einfach auf die Metaebene gehen und beobachten, ob man das, was man da Negatives denkt und fühlt, wirklich will. Nein? Na also.

Glück, Lebensfreude und Gesundheit hängen doch nicht von äußeren Bedingungen ab! Wenn es uns schlecht geht, liegt es an unserer Einstellung und in unserer Verantwortung. Erinnert mich irgendwie an das Buch „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“. Dank Achtsamkeit haben Überforderung und Burn-out jedenfalls keine Chance mehr. Mindfulness verspricht aber noch viel mehr, zum Beispiel höhere Aufmerksamkeit, Fokussiertheit und Konzentration. Gleichzeitig werden alle natürlich agiler, kreativer und innovativer. Eine empathische Kommunikation und ein besseres Arbeitsklima gibt es gratis dazu und die Produktivität steigt auch. Paradiesische Zustände.

Und was, falls es gerade stressig ist, aber einfach keine Zeit für Achtsamkeit da ist oder es zu peinlich erscheint, im Büro den Schneidersitz einzunehmen? Na, die Achtsamkeit übt man sowieso besser nach Feierabend, schließlich weiß man nach einem durchgetakteten Tag eh nichts mit seiner Freizeit anzufangen. Oder man steht morgens früher auf.

Also, wenn die Arbeitssituation unerträglich ist: Don’t mind, just be mindful. Meditationsstellung einnehmen, auf den Atem konzentrieren und alles wird gut. Ommm. Wie, das Wegatmen und Mantra-Schönreden haben nicht funktioniert? Die Belastung ist immer noch da? Dann haben Sie den falschen Guru oder eine innere Blockade, die Sie mit anderen Trainings bestimmt wegbekommen.

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Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.