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HR wird zur Schlüsselfunktion

Schriftzug Hotel Kempinski.
Bei Kempinski Hotels steht jetzt das Recruiting im Vordergrund. Foto: cbies

Die Bedeutung, die ein Unternehmen der HR-Funktion beimisst, lässt sich nicht nur, aber auch an seinem
Organigramm ablesen. Personaler sucht man in der obersten Führungsebene oft vergebens, mitunter rangiert die Position bei „Multitalenten“ hinter Finanzen und Recht an dritter, vierter oder fünfter Stelle. Insofern hat sich bei Kempinski Hotels zuletzt Bemerkenswertes getan: Die Luxushotelgruppe hat gleich zwei HR-Schlüsselpositionen geschaffen. Im Dezember stieg Melissa Salibi als Chief Human Resources Officer (CHRO) in den Vorstand auf. Einen Monat später trat Corinna Saur ihr Amt als Vice President Corporate Human Resources an. Sie berichtet an Melissa Salibi.

Beide Stellen hängen mit dem Ziel des Unternehmens zusammen, die Mitarbeiter noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken und die Personalstruktur auszubauen. Die HR-Funktion habe sich im Laufe der Zeit zu einer zentralen Disziplin in dem Unternehmen entwickelt, sagt Unternehmenssprecher Peter Trampert: „Um dorthin zu gelangen, wo wir heute stehen, haben wir enorme Ressourcen in die Umgestaltung unserer globalen Personalabteilung sowie in die Neuausrichtung unserer Marke investiert.“

Wo stehen Kempinski Hotels heute? Das Traditionsunternehmen mit Berliner Wurzeln ist in weltweit 34 Ländern aktiv, beschäftigt rund 25 000 Mitarbeiter und empfängt nach eigenen Angaben jährlich im Durchschnitt vier Millionen Gäste in 76 Fünfsternehotels. Die Firmenzentrale befindet sich in Genf. Von dort aus operieren auch Melissa Salibi und Corinna Saur. Die HR-Aktivitäten werden indes über Regionalbüros gesteuert, etwa im Nahen Osten, in Afrika oder in China.

Beide Neubesetzungen verfügen über große HR-Erfahrung. Melissa Salibi begann ihren Berufsweg 1999 als
HR-Administratorin bei der Einzelhandelskette Woolworths. Anschließend besetzte sie verschiedene Führungspositionen bei Hotelanbietern in Südafrika (Rotana Hotels & Resorts) und Dubai (Raffles Hotels & Resorts), bevor sie 2015 zu Kempinski kam: Als Senior Director of HR Middle East & Africa leitete sie unter anderem ein Projekt zur Entwicklung des digitalen Rekrutierungstools der Marke.

Der Positionswechsel ist ein nächster Schritt für sie: „Als CHRO kann ich die Prioritäten und Bedürfnisse der Personalabteilung gezielt adressieren und gleichzeitig die Umsetzung der globalen Schwerpunkte zügig vorantreiben.“ Die Einführung einer CHRO-Funktion sieht sie als Zeichen, das die Präsenz und die Bedeutung von HR für das Unternehmen unterstreiche. Sie, Salibi, gliedere sich nahtlos in die Vorstandsriege aller anderen Top-Führungskräfte ein.

HR-Informationssysteme erleichtern Mitarbeitersuche

Eine ihrer größten Herausforderungen resultiert aus der (auch) im Hotel- und Gastronomiegewerbe brennenden Frage, wie man qualifizierten Nachwuchs gewinnen kann.

„Die Arbeit in dieser Branche ist nicht für jeden geeignet, und echte Hoteliers, die den Servicegedanken mit angeborener Leidenschaft leben und bereit sind, sich hohen Standards zu stellen, sind nicht immer leicht zu finden“,

sagt Salibi.

Vor diesem Hintergrund hat Kempinski moderne Tools für das Talent Management und neue HR-Informationssysteme eingeführt. „Sie erlauben uns eine größere Präsenz und Visibilität im Markt und erleichtern den Rekrutierungsprozess erheblich.“ Außerdem sei in Lösungen investiert worden, die sie bei Kernthemen wie der Talententwicklung und der internen Mobilität unterstützten. Das setze erklärende Maßnahmen und Schulungen für alle Beteiligten voraus. „Aber solche Investitionen zahlen sich immer aus“, ist Melissa Salibi überzeugt.

Dennoch ist es kein leichtes Unterfangen, die HR-Fäden in einem derart global aufgestellten Unternehmen zusammenzuhalten. Hier kommen die Regionalbüros ins Spiel. „Wir definieren gemeinsame Richtlinien und
Prozesse, um das Personal weltweit nach denselben Standards managen zu können“, erklärt die Personalvorständin. „Gleichzeitig ermutigen wir unsere lokalen Teams, ihre Individualität sowie das einzubringen, was für ihr lokales Personal am besten funktioniert.“ Gehe es beispielsweise um grundlegende
Aufgaben und Leistungserwartungen, seien diese durch Stellenbeschreibungen und Profilen global standardisiert. Dennoch könnten die lokalen Teams sie an kulturelle Anforderungen oder Praktiken anpassen. Kein Wunder, dass Melissa Salibi interne Kommunikation als entscheidenden Faktor ihrer Arbeit sieht.

Dabei spielt seit Januar auch Corinna Saur eine große Rolle.

„Ich bin vor allem dem Ruf gefolgt, dem Ruf dieses glamourösen Unternehmens“,

sagt die neue Vice President Corporate HR. Als gebürtige Deutsche, deren Herz für die Hotellerie schlage, habe sie seit jeher eine Faszination für das Unternehmen verspürt. In der Tat steht Kempinski für Hotelgeschichte: Der Name geht auf den 1843 geborenen Berthold Kempinski zurück, der im 19. Jahrhundert als Weinhändler und Gastronom erst in Berlin und später weit über die Stadtgrenzen hinaus berühmt wurde. „Zudem hat das Unternehmen mit Martin R. Smura einen CEO, der sehr mitarbeiterorientiert ist und zugleich als inspirierende Führungspersönlichkeit überzeugt“, so Corinna Saur.

Beziehung ist entscheidend – auch die zum Unternehmen

Zu ihren Aufgaben zählt die Umsetzung der HR-Strategie, die vor allem eine „People Strategy“ sei: „Der Fokus liegt auf den Menschen und ihren Talenten.“ Gerade in Zeiten der digitalen Transformation komme es in der serviceorientierten Hotelleriebranche auf die Qualität von Beziehungen an: „Das gilt aber nicht nur für die Bindung zu unseren Gästen, sondern auch zu unserem Unternehmen.“ Als Kempinski-typisch wertet Corinna Saur die Kompetenz, Mitarbeiter ihren Talenten entsprechend global einzusetzen. Diese Stärke wollen Salibi und sie nutzen und ausbauen.

Vom Start ihres Berufsweges an ist Corinna Saur im Hotelgewerbe tätig. Sie begann im Food- and Beverage- Bereich und absolvierte ein Studium an der Hotel Management School in Hamburg. Später bekleidete sie verschiedene HR-Funktionen bei Unternehmen wie Intercontinental und Robinson. Zuletzt war sie als Corporate Director of Human Resources und Training bei Vienna House tätig, dem Eigentümer von 51 Hotels in Europa. In dieser Rolle leitete sie die Personalabteilung und war federführend bei der Entwicklung der Unternehmenskultur und des Employer Brandings. Bei Kempinski agiert sie vor allem als HR Business Partner für die Mitarbeiter im Genfer Hauptsitz. Darüber hinaus arbeitet sie eng mit den Regionalbüros zusammen.

Die Zielgruppe ändert sich: Mitarbeiter statt Gäste

Nach den Gründen für ihre Hotelleriepassion gefragt, antwortet Saur: „Die Mischung macht’s! In der Branche
vereinen sich Vielfältigkeit und Individualität sowie Innovation und Tradition.“ Die Denkweise sei in der Regel sehr vernetzt, was helfe, kreative Lösungen zu finden: „Der allseits bekannte Karriereweg‚ vom Tellerwäscher zum Millionär‘ kommt nicht von ungefähr. Das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Branchen – und für mich die perfekte Spielwiese.“ Lediglich die Zielgruppe habe sich für sie verändert: Früher war es der Gast, heute ist es der Mitarbeiter.

Melissa Salibi
Ausbildung:
Master Wirtschafts- und Organisationspsychologie
Erster Arbeitgeber:
Woolworths Südafrika (Einzelhandel)
Stärken (Selbsteinschätzung):
Den Menschen im Mittelpunkt sehen; strategische Planung; konsequentes Hinterfragen des Status Quo

Corinna Saur
Ausbildung:
Hotelbetriebswirtin für Hotel- und Gastronomiemanagement
Erster Arbeitgeber:
Schlosshotel Castello, Donzdorf (Baden-Württemberg)
Stärken (Selbsteinschätzung): ganzheitliches Denken; Menschen begeistern können; Prozesse strategisch und innovativ vorantreiben

›› Dieser Beitrag ist zuerst in unserer ›März-Ausgabe erschienen. Ein Abonnement können Sie ›hier abschließen.

David Schahinian arbeitet als freier Journalist und schreibt regelmäßig arbeitsrechtliche Urteilsbesprechungen, Interviews und Fachbeiträge für die Personalwirtschaft.