Sven Frost, Autor bei Personalwirtschaft https://www.personalwirtschaft.de/unser-team/sven-frost/ Alles rund um HR, Personalwesen und Management Wed, 17 Dec 2025 09:08:12 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.9 Recruiting: Kampf um Aufmerksamkeit wird zur Kernaufgabe https://www.personalwirtschaft.de/news/recruiting/recruiting-kampf-um-aufmerksamkeit-wird-zur-kernaufgabe-198566/ Wed, 17 Dec 2025 09:08:10 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=198566

Die Personalgewinnung wird analytischer, womit Recruiter mehr technisches Verständnis benötigen. Dabei soll es schnell gehen, die Qualität aber nicht verringert werden.

]]>

Die Personalgewinnung wird analytischer, womit Recruiter mehr technisches Verständnis benötigen. Dabei soll es schnell gehen, die Qualität aber nicht verringert werden.

2026 ist das Jahr, in dem Recruiting nicht länger als reine Besetzungsfunktion durchgeht. Sichtbarkeit, Glaubwürdigkeit und Geschwindigkeit entscheiden darüber, ob Unternehmen auf dem Radar der Zielgruppen landen. Die Ansprüche der Bewerberinnen und Bewerber steigen, gleichzeitig professionalisieren sich die Tools – und verschärfen den Druck auf HR, die eigene Attraktivität messbar zu machen.

Was auffällt: Recruiting wird analytischer. Immer mehr Unternehmen prüfen systematisch, welche Botschaften funktionieren, welche Kanäle performen und wo Kandidatinnen und Kandidaten in ihren Journeys abspringen. Karrierewebsites werden nicht mehr nur redaktionell gepflegt, sondern technisch optimiert, strukturiert und indexierbar gestaltet. Wer nicht auffindbar ist, verliert Reichweite – und damit die Möglichkeit, seine Employer Brand zur Geltung zu bringen.

Info

Dieser Betrag ist Teil unseres Themenschwerpunkts im Januar-/Februar-Magazin der Personalwirtschaft. Darin halten wir zahlreiche Informationen als Überblick bereit, die Personalerinnen und Personaler für einen erfolgreichen Start in 2026 benötigen. Hier geht’s zum E-Paper! 

Ausblicke zu den einzelnen HR-Themenbereichen finden Sie auch auf unserer Themenseite zu den Trends 2026

Für HR entsteht daraus ein neues Profil. Die Rolle verlangt technisches Verständnis, analytische Fähigkeiten und ein Gespür für differenzierte Zielgruppenansprache. Recruiting wird zur Aufgabe, die nicht nur Tools benötigt, sondern klare Prioritäten, durchdachte Prozesse und eine konsistente Kommunikation.

Die Herausforderung liegt darin, Geschwindigkeit mit Qualität zu verbinden. Denn eines zeigt sich über alle Branchen hinweg: Talente entscheiden früher, kritischer und selbstbewusster. Wer sie überzeugen will, muss nicht nur präsent sein, sondern Orientierung bieten. Damit wird Recruiting 2026 zu einer Gestaltungsaufgabe. HR ist gefragt, sie aktiv anzunehmen.

Leseempfehlungen zum Thema

Mehr zum Thema

Viele Recruiter arbeiten nicht strategisch

Nur die Hälfte aller Unternehmen betreibt strategische Personalplanung. Eine Studie zeigt, wo Recruiter Nachholbedarf haben und wie sie mit KPI ihre Effizienz steigern können.Mehr lesen

Mehr zum Thema

GEO statt SEO: Testen Sie Ihre Karriereseite

Wer heute mit Karriereseiten sichtbar sein will, darf Chat GPT und Co. nicht vergessen. Checken Sie mit unserem Tool Ihre Karriereseite und erhalten Sie Tipps zur GEO-Optimierung.Mehr lesen

Mehr zum Thema

KI im Recruiting: So fallen keine Talente durchs Raster

Künstliche Intelligenz verändert Bewerbungsprozesse grundlegend. Wie können HR-Verantwortliche die Technologie sinnvoll einsetzen, ohne menschliche Expertise zu ersetzen? Mehr lesen

]]>
Neuer HR-Software Guide: Projekt Zukunft https://www.personalwirtschaft.de/news/hr-organisation/neuer-hr-software-guide-projekt-zukunft-198340/ Thu, 11 Dec 2025 09:36:56 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=198340 Der neue HR-Software Guide ist da! Foto: stock.adobe.com_Anutha

Die Digitalisierung von HR ist eine ständige Baustelle. Der neue HR-Software Guide bietet Orientierung und zeigt, welche Anbieter neue Technologien effektiv integrieren.

]]>
Der neue HR-Software Guide ist da! Foto: stock.adobe.com_Anutha

Die Digitalisierung von HR ist eine ständige Baustelle. Der neue HR-Software Guide bietet Orientierung und zeigt, welche Anbieter neue Technologien effektiv integrieren.

Wo gebaut wird, entsteht Zukunft. Genau deshalb widmen wir diese Ausgabe des HR-Software Guides einer Baustelle, die niemals stillsteht: der Digitalisierung der Personalarbeit. Personaladministration, Recruiting, Talent Management, Learning, Zeit und Zutritt – jede dieser Disziplinen ist ein eigenes Gewerk. Doch erst im Zusammenspiel entsteht ein Gebäude, das langfristig Bestand hat.

HR-Software ist heute mehr als ein simpler Werkzeugkasten. Sie ist Statik, Fundament, Versorgungsleitung und Innenausbau in einem. Die Anforderungen verändern sich schneller denn je: Fachkräftemangel, zunehmende Regulatorik, KI-Einzug in alle Prozesse und der Anspruch, Mitarbeitenden ein professionelles, modernes Erlebnis zu bieten. Unternehmen brauchen deshalb Lösungen, die tragfähig sind, die Dynamik aushalten und dabei nicht beim ersten Umbau ins Wanken geraten.

Info

HR-Software Briefing: Mit diesem Spezial-Newsletter informieren wir Sie alle zwei Monate über die wichtigsten Themen und Trends im Bereich HR-Software und KI. Zur kostenfreien Anmeldung.

Software Guide: Ihr Bauplan für HR Tech

Im vorliegenden Software Guide finden Sie Orientierung auf einer Großbaustelle, die sich ständig neu erfindet. Wir zeigen, welche Anbieter neue Technologien wie KI und Automatisierung clever in ihre Systeme integrieren, wer echte Plattformarchitektur bietet und wo noch mit Provisorien gearbeitet wird. Es geht um Präzision in den Prozessen, um Sicherheit in den Datenleitungen, um die Kunst, komplexe Strukturen zu vereinfachen. Und es geht um Partner, die nicht nur liefern, sondern mit anpacken und Verantwortung übernehmen.

Jede Organisation hat ihren eigenen Bauplan. Manche starten mit dem Rohbau „Basis-HR“. Andere investieren zuerst in die repräsentativen Bereiche wie Recruiting oder Talententwicklung. Wichtig ist, dass alles zueinander passt: Tools, Services, Kultur und Zukunftsstrategie. Denn wer heute baut, schafft nicht für den Moment, sondern für kommende Generationen des Arbeitens.

Info

Hier geht’s zum kostenlosen Download des neuen HR-Software Guides.

]]>
Leistung lohnt sich – aber oft auf Kosten der Gesundheit https://www.personalwirtschaft.de/news/verguetung/leistung-lohnt-sich-aber-oft-auf-kosten-der-gesundheit-198330/ Wed, 10 Dec 2025 14:18:55 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=198330 Leistungsbezogene Vergütung bringt neben Vorteilen auch negative Aspekte mit sich (Foto: BillionPhotos.com - stock.adobe.com).

Wer mehr leistet, verdient oft auch mehr (oder sollte es zumindest). Eine aktuelle Untersuchung der Uni Trier zeigt jedoch: Genau diese Logik kann Gesundheit und Sozialleben belasten.

]]>
Leistungsbezogene Vergütung bringt neben Vorteilen auch negative Aspekte mit sich (Foto: BillionPhotos.com - stock.adobe.com).

Wer mehr leistet, verdient oft auch mehr (oder sollte es zumindest). Eine aktuelle Untersuchung der Uni Trier zeigt jedoch: Genau diese Logik kann Gesundheit und Sozialleben belasten.

Leistung soll sich lohnen. Diese Annahme prägt Vergütungsmodelle, Zielvereinbarungen und Bonussysteme in vielen Unternehmen. Variable Bezahlung gilt dabei als Ausdruck von Fairness und Effizienz – wer mehr beiträgt, soll mehr erhalten. Doch welche Folgen hat diese Logik jenseits der reinen Leistungskennzahlen?

Dieser Frage sind jetzt Forschende vom Lehrstuhl für Arbeitsmarktökonomik der Universität Trier unter Leitung von Professor Dr. Uwe Jirjahn nachgegangen. Grundlage ihrer Analysen ist das deutsche Sozio-ökonomische Panel (SOEP), eine seit 1984 laufende Wiederholungsbefragung. Jährlich geben darin bis zu 30.000 Menschen Auskunft zu Arbeit, Einkommen, Bildung, Wohnsituation, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Für die aktuellen Untersuchungen wurden Daten aus den Jahren 2004 bis 2016 ausgewertet.

Leistungsabhängige Bezahlung erhöht den Stress

Ein zentraler Befund der Trierer Forschung: Leistungsabhängige Bezahlung geht signifikant häufiger mit erhöhtem Stress und sozialen Spannungen einher als das bei fixen Entlohnungsmodelle der Fall ist. Dieser Zusammenhang bleibt auch dann bestehen, wenn Faktoren wie Einkommen, Arbeitszeit oder Berufsstatus statistisch berücksichtigt werden, heißt es.

Besonders ausgeprägt fallen die Effekte demnach dort aus, wo Leistungsdruck auf Unsicherheit im Erwerbsverlauf oder zusätzliche private Belastungen trifft. In diesen Konstellationen steigt die Wahrscheinlichkeit von Stressreaktionen und sozialer Belastung deutlich an, haben die Forschenden herausgefunden.

Daneben hat eine leistungsorientierte Bezahlung bei manchen Angestellten offenbar noch einen weiteren negativen Effekt: So fördere eine solche Entlohnung den Alkoholkonsum, was wiederum auf den höheren Stressfaktor oder auch Einsamkeit zurückgeführt werden könne. Menschen, die leistungsbasiert bezahlt werden, würden häufiger trinken und mehr verschiedene Alkoholsorten zu sich nehmen, so der Befund. Bei Frauen sei der Effekt etwas stärker als bei Männern. „Eine Erklärung dafür ist, dass Frauen neben der Arbeit deutlich häufiger familiäre Aufgaben übernehmen und dementsprechend noch mehr Stress spüren“, erläutert Uwe Jirjahn.

Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Mit Blick auf Männer und Frauen haben die Trierer Forscherinnen und Forscher einige geschlechterspezifische Unterschiede ausgemacht. So stehe eine leistungsgerechte Vergütung beispielsweise in Zusammenhang mit höheren Scheidungsraten. Dies treffe allerdings nur auf Paare zu, bei denen die Frau leistungsbezogen entlohnt werde.

„Dafür gibt es vor allem zwei mögliche Ursachen: Es könnte einerseits daran liegen, dass Frauen, die leistungsbezogen bezahlt werden, finanziell selbständiger sind und so eher eine unpassende Partnerschaft beenden.“, führt Mehrzad Baktash, einer der Studienverantwortlichen, aus. „Andererseits fordern höhere Einkünfte bei Frauen die immer noch mehrheitlich verbreiteten Gender-Normen in Beziehungen heraus, was ebenfalls häufiger zu Trennungen führt.“  

Positiver Nebeneffekt

Es gebe jedoch auch positive Auswirkungen einer leistungsabhängigen Vergütung: Sie reduziere den sogenannte „Gender Time Gap“. Dieser beschreibt das Phänomen, dass Frauen im Schnitt weniger wöchentliche Arbeitsstunden haben, weil sie zum Beispiel zusätzlich mit Care-Arbeit belastet und daher häufiger in Teilzeit sind. Werden Frauen nun leistungsorientiert bezahlt, steigt laut Trierer Studie ihre Arbeitszeit im Schnitt um drei bis vier Prozent. Bis zu sieben Prozent sind es, wenn Kinder im Haushalt sind, wobei der Effekt auf über 14 Prozent steigt, je jünger die Kinder sind. 

Bei Männern steigt die Wochenarbeitszeit nur um etwa ein Prozent bei Leistungsvergütung, unabhängig von Anzahl und Alter der Kinder. Das entspricht einer Angleichung der geschlechterspezifischen Arbeitszeit von 1,5 bis 2 Stunden pro Woche, die Frauen dann auch weniger im Haushalt arbeiten. Weitere Untersuchungen könnten Aufschluss darüber geben, in welchen Haushaltsbereichen genau diese Zeit gekürzt wird.

„Angesichts der negativen Aspekte Stress und Alkoholkonsum, die ebenfalls verstärkt Frauen betreffen, würden wir dennoch nicht empfehlen, für mehr Gleichberechtigung auf leistungsbezogene Vergütungsmodelle zu setzen“, so Uwe Jirjahn. „Familienfreundliche Firmenpolitik und Maßnahmen, die Männer zu mehr Care-Arbeit anregen, sind hier wahrscheinlich angemessener.“

Abschalten als entscheidender Gegenpol

Eng verknüpft mit dem Thema Leistungsdruck ist die Frage der Erholung. Im Fokus der Trierer Studien steht die sogenannte psychologische Distanz zur Arbeit – also die Fähigkeit, nach Feierabend gedanklich Abstand vom Job zu gewinnen. Das sei ein Aspekt, der im Kontext leistungsorientierter Systeme häufig unterschätzt werde, urteilen die Autorinnen und Autoren der Untersuchung.

Beschäftigte, denen besagtes Abschalten gelingt, berichten den Angaben zufolge im Durchschnitt fünf bis sechs Prozent weniger über negative Emotionen wie Ärger, Sorgen oder Niedergeschlagenheit. Gleichzeitig steigt ihre Zufriedenheit mit zentralen Lebensbereichen – etwa Schlaf, Gesundheit, Freizeit und Familienleben – um zwei bis sechs Prozent. Das seien aus arbeitsmarktwissenschaftlicher Sicht substanzielle Effekte, gerade weil diese Lebensbereiche normalerweise als relativ stabil gelten würden, unterstreichen die Studienmachenden.

Abschalten ist jedoch keine rein individuelle Entscheidung. Die Auswertungen zeigen, wie stark mentale Distanz von organisationalen Erwartungen abhängt. Wo Beschäftigte davon ausgehen müssen, auch außerhalb der regulären Arbeitszeit erreichbar zu sein, fällt Erholung deutlich schwerer. Dauererreichbarkeit wird so zum Verstärker des Leistungsdrucks. Der Feierabend verliert seine Funktion als Erholungsphase – mit langfristigen Folgen für Wohlbefinden und Arbeitsfähigkeit.

Keine Kritik an Leistung – sondern an Einseitigkeit

Die Auswirkungen der Forschenden in Trier zeigen, dass Anreize nur unter bestimmten Bedingungen ihre beabsichtigte Wirkung entfalten: Leistungsorientierte Vergütung steigere zwar die Leistung, geht im Durchschnitt aber auch mit signifikant höheren Stresswerten einher.

Gleichzeitig würden Schutzfaktoren wie psychologische Erholung deutlich wirken: Beschäftigte, denen es gelinge, nach der Arbeit mental Abstand zu gewinnen, berichten fünf bis sechs Prozent weniger negative Emotionen und eine um zwei bis sechs Prozent höhere Zufriedenheit mit Gesundheit, Schlaf und Familienleben, so die Untersuchung.

Info

Die Untersuchung:

  • Datengrundlage: Deutsches Sozio-ökonomisches Panel (SOEP)
  • Zeitraum: 2004–2016, Wiederholungsbefragung seit 1984
  • Stichprobe: jährlich bis zu 30.000 Befragte

Zentrale Befunde:

  • Erhöhter Stress bei leistungsorientierter Vergütung
  • 5–6 % weniger negative Emotionen bei hoher psychologischer Distanz zur Arbeit
  • 2–6 % höhere Zufriedenheit mit Schlaf, Gesundheit, Freizeit und Familienleben

Effekte bleiben stabil nach Kontrolle von Einkommen, Arbeitszeit und Berufsstatus

]]>
Jahresgespräche: Was HR tun kann und sollte https://www.personalwirtschaft.de/news/personalentwicklung/jahresgespraeche-was-hr-tun-kann-und-sollte-198129/ Fri, 05 Dec 2025 14:21:36 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=198129 Jahresgespräche erfordern Vorbereitung, Fingerspitzengefühl und Purpose (Foto: fizkes - stock.adobe.com).

Bald stehen in vielen Unternehmen Jahresgespräche an. Doch wie gelingen die wirklich – und welche Rolle spielen kontinuierliches Feedback, klare Ziele und gute Vorbereitung?  

]]>
Jahresgespräche erfordern Vorbereitung, Fingerspitzengefühl und Purpose (Foto: fizkes - stock.adobe.com).

Bald stehen in vielen Unternehmen Jahresgespräche an. Doch wie gelingen die wirklich – und welche Rolle spielen kontinuierliches Feedback, klare Ziele und gute Vorbereitung?  

Jahresgespräche gelten als ein zentrales Instrument der Leistungs- und Personalentwicklung. Doch nicht immer gelingt es Führungskräften – und als Schaltstelle im Hintergrund damit auch HR –, dieses einmal jährlich stattfindende Ritual erfolgreich über die Bühne zu bringen. Untersuchungen zum Performance Management verweisen seit Jahren auf bekannte Schwächen, Auch Führungskräfte selbst formulieren ihre Kritik häufig offener. 

„17 Stunden Aufwand pro Mitarbeiter – und am Ende sind 60 Prozent demotiviert“, schreibt etwa Andreas Ditsche, CEO des Online-Marketingunternehmens iGaming.com auf Linkedin. „Warum halten wir an einem System fest, das kaum Wirkung hat?“  

Seine Zuspitzung bringt ein zentrales Problem des klassischen Jahresgesprächs auf den Punkt: Der organisatorische Aufwand ist hoch, der tatsächliche Nutzen schwer greifbar. Ditsche verweist in diesem Zusammenhang auf den „State of Performance Enablement“-Report des Softwareanbieters Betterworks aus dem Jahr 2023, wonach 64 Prozent der Beschäftigten Jahresgespräche als teilweise oder völlige Zeitverschwendung empfinden. Gleichzeitig stellen dort befragte HR-Verantwortliche selbst infrage, ob jährliche Reviews die tatsächliche Leistung von Mitarbeitenden realistisch abbilden. 

Für Ditsche liegt das Problem weniger im Gespräch selbst als im Zeitpunkt und im Verfahren. „Feedback wirkt nur, wenn es relevant, zeitnah und umsetzbar ist.“ Rückblicke auf Monate zurückliegende Ereignisse seien kaum geeignet, Entwicklung oder Motivation zu fördern. „Und wenn es im Jahresgespräch Überraschungen gibt, dann wurde davor schlicht zu wenig gesprochen.“ 

Mehr zum Thema

Wann spricht man arbeitsrechtlich von einer Low Performance?

Es gibt Mitarbeitende, die weniger leisten als andere. Aber ab wann ist weniger zu wenig? Denn eine gewisse Minderleistung ist den Beschäftigten zuzugestehen.Mehr lesen

Vom Pflichttermin zum Prozess 

Offenbar ist das Jahresgespräch auch außerhalb von Deutschland in der DACH-Region ein zwiespältiges Thema. So bewertet Olivia Bucher, Leiterin Zentrale Dienste beim Kanton Luzern auf Linkedin die jährlichen Beurteilungs- und Fördergespräche als „Freud und Leid“. Um diesen Spagat erfolgreich zu meistern, setzt sie in ihren Gesprächen auf einen dialogischen Einstieg: „Wenn du dir die perfekte Vorgesetzte backen könntest, die bekäme die Note 10, wo stehe ich in deinem Ranking?“ Die anfängliche Irritation mancher Mitarbeitender zeige, wie ungewohnt echte Selbst- und Fremdreflexion auf Augenhöhe vielerorts noch ist.

Für Bucher ist klar, worauf es ankommt: „Wertschätzung gehört nicht in ein Jahresgespräch, sie gehört in den Alltag.“ Ebenso wichtig seien gemeinsam formulierte Ziele. „Gemeinsam klare Ziele definieren ermöglicht Partizipation und Partizipation schafft Engagement.“ Leistungsfähige Teams entstünden nicht durch formale Bewertungen, sondern durch „echte Gespräche, klare und direkte Kommunikation, auch wenn es beidseitig schwierig wird“. 

Keine Überraschungen, klare Worte 

Auch Saskia Fontanive, COO des mittelständischen Beratungsunternehmens Innovabee, betont auf Linkedin die Bedeutung von Ehrlichkeit – gerade jenseits des Jahresgesprächs. Das sei auch für sie nicht immer einfach. „Ein einziger Kritikpunkt im Jahresgespräch hat gereicht – und für mich ist innerlich die Welt zusammengebrochen“, schreibt Fontanive.  

Lange habe sie Kritik als persönlichen Angriff verstanden. Heute sieht sie das anders: „Heute weiß ich, dass schonungslose Ehrlichkeit kein Angriff ist, sondern Wertschätzung bedeutet.“ 

Diese Einsicht prägt daher mittlerweile wohl auch ihren eigenen Führungsstil. „Bei mir gibt es keine bösen Überraschungen, sondern eine konsequente Fortsetzung dessen, was wir unterjährig besprechen.“ Das Jahresgespräch dient für sie nicht dazu, Versäumnisse nachträglich zu benennen, sondern laufende Gespräche zu bündeln. Entsprechend wichtig sei die Vorbereitung – positive wie kritische Punkte müssten vorab klar sein. „Überraschende Kritik, Monologe oder eine rein zahlenbasierte Betrachtung“ lehnt sie ausdrücklich ab. 

Mehr zum Thema

Können Mitarbeitende ein Personalgespräch ablehnen?

Arbeitgeber können Mitarbeitergespräche anordnen. Dem müssen Arbeitnehmer aber nicht immer Folge leisten. Wann das der Fall ist, klären wir in der neusten Ausgabe unserer Arbeitsrecht-Kolumne.Mehr lesen

Weg vom Urteil 

Dass der Erfolg dieser Haltung auch durch Daten gestützt wird, zeigen Untersuchungen zum Performance Management seit Jahren. Bereits die StudieGlobal Human Capital Trends“ des Beratungsunternehmens Deloitte aus dem Jahr 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass ein Großteil der Führungskräfte nicht daran glaubt, klassische Beurteilungssysteme würden Engagement oder Leistung fördern.  

Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt eine Untersuchung des Softwareherstellers Sage aus dem Jahr 2023, in der nur ein Teil der HR-Verantwortlichen das eigene Leistungsmanagement als fair bewertet. 

Vor diesem Hintergrund setzen immer mehr Unternehmen auf einen anderen Ansatz: weg vom urteilsförmigen Jahresgespräch hin zu regelmäßigem Austausch und einer stärkeren Coaching-Logik.  

Modelle, die Performance Reviews als fortlaufenden Prozess begreifen. Wie das funktionieren kann, hat Melanie Bowhill, Associate Partner des HR-Dienstleister HR Path in einem Blog zusammengefasst. Ihre Kernthese: Leistung und Entwicklung besser durch kontinuierliches Feedback, regelmäßige Check-ins und klare Zielanpassungen begleiten. Das Jahresgespräch bleibt möglich, verliert aber seine Rolle als zentrales Steuerungsinstrument. 

Info

Erfolgreiche Jahresgespräche – wer was tun kann: 

HR – der Rahmen 

  • Jahresgespräche in kontinuierliche Feedbackprozesse einbetten 
  • Einheitliche Leitfäden und Vorbereitungsunterlagen bereitstellen 
  • Führungskräfte in Gesprächsführung und Feedback schulen 
  • Regelmäßige Check-ins und Zielreviews ermöglichen 

Führungskräfte – die Umsetzung 

  • Gespräche sorgfältig vorbereiten (positiv wie kritisch) 
  • Keine überraschende Kritik im Jahresgespräch 
  • Dialog und Zielentwicklung in den Mittelpunkt stellen 
  • Feedback ganzjährig geben, nicht sammeln 

Das Jahresgespräch braucht ein System 

Die Praxisbeispiele und Studien machen vor allem eines deutlich: Das Jahresgespräch scheitert nicht, weil es existiert, sondern weil es vielerorts zu viel leisten soll. Wo es als einziges Instrument für Feedback, Leistungseinordnung und Entwicklung dient, entsteht Druck – auf Führungskräfte ebenso wie auf Mitarbeitende. Entwicklung lässt sich jedoch nicht auf einen einzelnen Termin im Kalender konzentrieren.  

Andreas Ditsche bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen mehr Mut für zeitnahes, ehrliches Feedback – als Dialog, nicht als jährliches Protokoll.“ Für HR heißt das, Feedback systematisch zu ermöglichen und Führungskräfte darauf vorzubereiten. Für Führungskräfte bedeutet es, Gespräche sorgfältig vorzubereiten, klar zu kommunizieren und Kritik nicht zu sammeln.  

Info

Jahresgespräche – rechtliche Pflichten für Arbeitgeber 

Zielgespräche sind nicht nur Führungsinstrumente. Sind variable Vergütungen an Ziele gekoppelt, entstehen für Arbeitgeber vertragliche Pflichten – mit haftungsrelevanten Folgen. 

  • Ziele müssen rechtzeitig festgelegt werden 
    Erfolgt keine rechtzeitige Zielvorgabe und kann eine spätere Festlegung ihre Anreizfunktion nicht mehr erfüllen, kann ein Anspruch auf Schadensersatz statt der variablen Vergütung entstehen. 
    (BAG, Urteil vom 19.02.2025 – 10 AZR 57/24). 
  • Zielvereinbarungen erfordern echte Mitwirkung 
    Verpflichtet sich der Arbeitgeber, Ziele zu vereinbaren, muss er Verhandlungen führen und dem Arbeitnehmer realen Einfluss auf die Zieldefinition ermöglichen. Einseitige Festlegungen genügen nicht. 
    (BAG, Urteil vom 03.07.2024 – 10 AZR 171/23).
  • Unterlassene Zielvereinbarungen sind haftungsrelevant
    Kommt eine geschuldete Zielvereinbarung schuldhaft nicht zustande, kann nach Ablauf der Zielperiode ebenfalls ein Schadensersatzanspruch entstehen.
    (BAG, Urteil vom 17.12.2020 – 8 AZR 149/20). 
]]>
Wie KI die Arbeitswelt revolutioniert https://www.personalwirtschaft.de/news/hr-organisation/wie-ki-die-arbeitswelt-revolutioniert-197857/ Mon, 01 Dec 2025 14:51:52 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=197857 Prof. Dr. Holger Schmidt Digital Economist und Redaktionsleiter Verticals und Newsletter Frankfurter Allgemeine Zeitung, und Honorarprofessor TU Darmstadt stellte aktuelle Zahlen zu KI und dem Arbeitsmarkt vor. (Foto. Dirk Beichert)

Beim diesjährigen HR Summit wurde deutlich: Künstliche Intelligenz verändert Jobs, Geschäftsmodelle und Erwartungen an HR. Was bedeutet das für die Personalfunktion?

]]>
Prof. Dr. Holger Schmidt Digital Economist und Redaktionsleiter Verticals und Newsletter Frankfurter Allgemeine Zeitung, und Honorarprofessor TU Darmstadt stellte aktuelle Zahlen zu KI und dem Arbeitsmarkt vor. (Foto. Dirk Beichert)

Beim diesjährigen HR Summit wurde deutlich: Künstliche Intelligenz verändert Jobs, Geschäftsmodelle und Erwartungen an HR. Was bedeutet das für die Personalfunktion?

Künstliche Intelligenz zog sich durch den HR Summit 2025 in Wiesbaden wie ein roter Faden. Von der Eröffnungs-Keynote bis zur abschließenden Podiumsdiskussion zeigte sich: KI ist in der Personalarbeit angekommen. Dabei dominierte eine zentrale Erkenntnis: Es geht längst nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie des KI-Einsatzes. 

„Nicht die Arbeit von gestern beschleunigen“

Den programmatischen Rahmen setzte Professor Dr. Holger Schmidt gleich zu Beginn. Der Digitalökonom und Redaktionsleiter Verticals und Newsletter bei der F.A.Z. warnte davor, KI lediglich zur Effizienzsteigerung bestehender Prozesse einzusetzen. „Lasst uns mit KI die Arbeit von morgen gestalten – und nicht die von gestern beschleunigen“, appellierte Schmidt an das Publikum. 

Er ordnete KI als ökonomischen Gamechanger ein. Während Europa seit Jahren mit stagnierender Produktivität ringe, böten KI-gestützte Systeme erstmals wieder die Chance auf spürbare Schübe. Besonders deutlich sei der Effekt bei wissensintensiven Tätigkeiten – auch an der Art, wie Geschäftsmodelle funktionieren: Anstatt für die Dauer einer Dienstleistung würden Kunden künftig vielmehr für die Ergebnisse bezahlen.  

Verschiebungen in der Beschäftigungspyramide

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt zeichnete Schmidt ein differenziertes Bild. KI dringe von oben in die Beschäftigungspyramide ein: Hochqualifizierte übernehmen die Technologie früh, delegieren Routinetätigkeiten und gewinnen Freiräume. Am unteren Ende hingegen geraten klassische Einsteigerjobs unter Druck.  

„Stellenanzeigen für Einstiegspositionen gehen zurück“, hat Schmidt beobachtet. Bei seinen eigenen Absolventinnen und Absolventen hat er deutlich längere Übergangszeiten in den Arbeitsmarkt ausgemacht. Gleichzeitig betonte er: KI sei kein Jobkiller, wohl aber ein Strukturveränderer. Entscheidend sei, wie Unternehmen reagieren – und welche Rolle HR dabei einnimmt. 

Info

HR Summit 2026

In diesem Jahr haben Sie das Event verpasst? Kein Problem. Sichern Sie sich jetzt schon Tickets fürs nächste Jahr. Dann findet der Deutsche Human Resources Summit am 11. und 12. November im RheinMain CongressCenter in Wiesbaden statt. Hier geht’s zur Anmeldung!

Kompetenzen, Lernbereitschaft, Sicherheit

Für HR leitete der KI-Experte in seiner Keynote entsprechend klare Handlungsaufträge ab. Fachwissen verliere schneller an Wert, Lernbereitschaft werde zur zentralen Währung. „HR sollte Menschen nicht mehr nach vorhandenem Wissen einstellen, sondern nach ihrer Fähigkeit zu lernen“, sagte er. Weiterbildung müsse verstetigt werden – vom grundlegenden KI-Verständnis bis hin zur kritischen und ethischen Einordnung. 

Ebenso wichtig: psychologische Sicherheit. Viele Mitarbeitende seien unsicher, wo der Einsatz von KI erlaubt ist, insbesondere im Umgang mit sensiblen Daten. „Ohne Klarheit entsteht Zurückhaltung“, unterstrich der Journalist. Unternehmen müssten deshalb explizit formulieren, was erlaubt ist – und was nicht – sowie Lernräume schaffen, in denen experimentiert werden darf. 

Mittelstand zwischen Ambition und Realität

Wie weit Anspruch und Realität bei der Digitalisierung von HR im Allgemeinen und dem Einsatz von KI im Speziellen aktuell noch auseinanderliegen, zeigte die neue Studie „HR-Digitalisierung im Mittelstand 2025“. Sie wurde herausgegeben von der Personalwirtschaft in Zusammenarbeit mit F.A.Z. Business Media Research sowie Abacus Umantis und beim HR Summit vorgestellt. 

Zwar gelten administrative HR-Prozesse vielfach als digitalisiert, doch 55 Prozent der Befragten zeigten sich insgesamt unzufrieden mit dem Digitalisierungsgrad ihrer HR-Organisation. Wertschöpfende Bereiche wie People Analytics oder Performance Management kommen bislang deutlich seltener zum Einsatz als Zeitwirtschaft oder Entgeltabrechnung. Jacqueline Preußer von F.A.Z. Business Media Research brachte es auf den Punkt: „Verwaltungsaufgaben werden zuerst digitalisiert – wertschöpfende Prozesse hinken hinterher.“

Mehr zum Thema

HR-Digitalisierung im Mittelstand bleibt hinter ihren Möglichkeiten

Eine exklusive Studie der Personalwirtschaft zeigt: Mittelständische HR-Abteilungen kommen bei der Digitalisierung voran, aber selten in wertschöpfenden Bereichen.Mehr lesen

KI in der HR-Praxis: Stand und Streitpunkte

Wie unterschiedlich der Reifegrad beim KI-Einsatz ist, zeigte auch die abschließende Podiumsdiskussion „KI-Revolution – Ist HR vorbereitet?“. Vertreterinnen und Vertreter von Covestro, IBM, Infineon und Escriba berichteten von konkreten Einsatzbereichen – von KI-gestützten HR-Assistenten bis hin zu internen Qualifizierungsprogrammen. 

Dr. Frank Kohls, Geschäftsführer Personal bei IBM, verwies auf den hohen Reifegrad bei standardisierten HR-Services. Der konzernweite digitale Assistent „Ask HR“ beantworte inzwischen rund 95 Prozent aller HR-Anfragen automatisiert – vom Auskunftswunsch bis zur Umsetzung einzelner Prozessschritte. „Bei vielen Vorgängen ist heute kein Personaler mehr involviert“, so Kohls. HR gewinne dadurch Zeit für komplexere Aufgaben, verliere aber nicht an Bedeutung, sondern verschiebe ihren Fokus. 

Kevin Kandathil, Head of HR Digital bei Infineon, betonte, dass Akzeptanz für KI-gestützte HR-Systeme nicht von allein entstehe. Infineon habe deshalb einen klaren Schritt gewählt: „Wir haben alle Mailboxen abgeschaltet, um das zentrale System konsequent durchzusetzen.“ Das funktioniere, weil der Nutzen für die Mitarbeitenden erkennbar sei – unter anderem durch positives Nutzerfeedback.

Wie tiefgreifend verändert KI schon die Personalarbeit? (Foto: Dirk Beichert)

Eine stärkere transformative Perspektive brachte Jürgen Erbeldinger, CEO bei Escriba, in die Diskussion ein. KI beschränke sich nicht mehr auf Auskunftssysteme, sondern werde zunehmend auch in komplexen HR-Prozessen eingesetzt. „Nicht nur Auskunft, sondern Beratung – das ist die nächste Benchmark“, sagte Erbeldinger. In einzelnen Fällen übernehme KI bereits Aufgaben, die bislang beim HR Business Partner lagen. Diese Rolle werde dadurch nicht überflüssig, verändere sich aber grundlegend. 

Gleichzeitig betonte Sophie von Saldern, Globale Head of Human Resources bei Covestro, die klaren Grenzen des KI-Einsatzes in der Personalarbeit. Insbesondere bei Einstellungen sei Zurückhaltung geboten. „Die finale Selektion können und wollen wir nicht an eine KI delegieren“, sagte von Saldern. Selbst sehr gut trainierte Modelle könnten einen Menschen nicht in seiner Gesamtheit erfassen. Rechtlich wie ethisch bleibe die Verantwortung daher beim Menschen. Einig war sich das Panel darin, dass KI HR stärkt – allerdings nur dann, wenn technologische Möglichkeiten, Verantwortung und Mitbestimmung konsequent zusammen gedacht werden. 

Gestaltungsaufgabe mit offenem Ausgang

Der HR Summit machte allen Anwesenden klar: KI ist kein Randthema mehr, sondern der wohl größte Veränderungstreiber der HR-Arbeit seit der Digitalisierung selbst. Oder, wie Holger Schmidt es zusammenfasste: „KI ist der größte digitale Hebel, den wir jemals gesehen haben.“ Ob daraus ein Vorteil für Unternehmen und Beschäftigte wird, entscheidet sich nicht in der Technologie – sondern in der Gestaltung.

Info

Sie wollen mehr über das Thema Künstliche Intelligenz und deren Nutzung im HR-Bereich erfahren?

Dann schauen Sie doch einmal in unser Dossier zum Thema. Dort stellen wir für Sie kontinuierlich aktuelle Berichte, Analysen, Deep-Dives und Tools für den Einsatz von KI im HR-Alltag zusammen.

Lesen Sie rein!

]]>
HR-Digitalisierung im Mittelstand bleibt hinter ihren Möglichkeiten https://www.personalwirtschaft.de/news/hr-organisation/hr-digitalisierung-im-mittelstand-bleibt-hinter-ihren-moeglichkeiten-197627/ Tue, 25 Nov 2025 13:09:06 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=197627 39 Prozent der Unternehmen verfügen über keine oder unklare Vorgaben zum KI-Einsatz. Foto: stock.adobe.com_JD8

Eine exklusive Studie der Personalwirtschaft zeigt: Mittelständische HR-Abteilungen kommen bei der Digitalisierung voran, aber selten in wertschöpfenden Bereichen.

]]>
39 Prozent der Unternehmen verfügen über keine oder unklare Vorgaben zum KI-Einsatz. Foto: stock.adobe.com_JD8

Eine exklusive Studie der Personalwirtschaft zeigt: Mittelständische HR-Abteilungen kommen bei der Digitalisierung voran, aber selten in wertschöpfenden Bereichen.

Die digitale Transformation der Personalabteilungen im deutschen Mittelstand nimmt Fahrt auf – zumindest dort, wo es um administrative Prozesse geht. Allerdings bleibt noch einiges zu tun. Das zeigt die exklusive Studie „HR-Digitalisierung im Mittelstand 2025“ der Personalwirtschaft, von F.A.Z. Business Media Research sowie von Abacus Umantis, für die 325 HR-Entscheiderinnen und -Entscheider aus Unternehmen zwischen 50 und 4.999 Mitarbeitenden befragt wurden. Sie legt offen, wie weit mittelständische HR-Abteilungen digitalisiert sind, welche Aufgaben bereits effizient laufen – und welche Potenziale brach liegen. 

Verwaltung digitalisiert – Wertschöpfung bleibt analog 

Die Ergebnisse zeigen einen klaren Trend: Dort, wo Standardisierung und Automatisierung leicht umsetzbar sind, ist der Mittelstand gut vorangekommen. 70 Prozent der Unternehmen haben ihre HR-Kernprozesse wie Zeiterfassung oder Entgeltabrechnung digitalisiert, 60 Prozent tun dies im Recruiting sowie mit der digitalen Personalakte. Doch je strategischer ein Prozess, desto größer der Rückstand. So gelten People Analytics nur bei 35 Prozent der Unternehmen als stark digitalisiert, das Performance Management sogar nur bei 29 Prozent.

Für Jacqueline Preußer, Head of Research bei F.A.Z. Business Media Research, ist diese Schieflage kein Zufall: „Verwaltungsaufgaben werden zuerst digitalisiert – wertschöpfende Bereiche hinken dagegen hinterher“, sagte sie kürzlich bei der Vorstellung der Studie im Rahmen des HR Summits. Hinzu kommt, dass viele mittelständische HR-Abteilungen digitale Maßnahmen zunächst dort umsetzen, wo der unmittelbare Effizienzdruck am höchsten ist.  

Preußer betont: „Kernprozesse wie Zeiterfassung oder Entgeltabrechnung lassen sich vergleichsweise leicht digitalisieren. In Bereichen wie People Analytics braucht es dagegen abgestimmte Daten, definierte Prozesse und klare Verantwortlichkeiten.“ Dass sich dies vielerorts bemerkbar macht, zeigt ein weiterer Befund: 46 Prozent der Unternehmen haben Self Services nur teilweise digitalisiert. 

Ambitionen groß – Umsetzung hakt am Fundament 

Besonders auffällig ist der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit. 80 Prozent rechnen damit, dass die Digitalisierung ihrer Abteilungen im nächsten Jahr weiter zunimmt. Doch fehlende Ressourcen, Budgetrestriktionen und fragmentierte IT-Landschaften bremsen die Fortschritte. Viele Aussagen zeigen, dass mittelständische HR-Abteilungen den Aufwand unterschätzen: „Viele Unternehmen kommen zu der Erkenntnis, dass man eben nicht mal eben schnell eine neue Lösung einführen kann“, sagte Severin Ravaioli, Head of Sales für Deutschland und die Schweiz bei Abacus Umantis.  

Auf die Frage nach den Gründen nennt er drei Punkte: „Altlasten, fehlende Fachkräfte und veraltete Prozesse – und leider hängen auch viele Führungskräfte noch am Alten fest.“ Aber wie kann HR hier vorankommen? Seine Einschätzung: „Wer versucht, alles gleichzeitig umzusetzen, landet oft im Stillstand.“  

Die Untersuchung bestätigt dies: 63 Prozent der HR-Verantwortlichen nennen Benutzerfreundlichkeit als wichtigstes Kriterium bei Digitalisierungsentscheidungen – ein Wert, der zeigt, wie stark operative Effizienz nach wie vor die Digitalisierung prägt. 

KI kommt – aber (noch) ohne Leitlinien 

Auch das Thema Künstliche Intelligenz gewinnt im Mittelstand an Relevanz. Mehr als die Hälfte der Unternehmen nutzt bereits KI – allerdings überwiegend generische Tools wie ChatGPT (63 Prozent). KI in Recruiting- oder Screening-Prozessen ist noch eher die Ausnahme (jeweils rund 25 Prozent). Doch der technologische Aufbruch erfolgt oft ohne klare Orientierung. Viele Unternehmen haben keine oder unklare Regeln zum KI-Einsatz. Für Jacqueline Preußer ist das ein Risiko: „Dass fast 40 Prozent ohne Leitlinien arbeiten, finde ich erschreckend.“ Ravaioli ergänzt: „Ohne Leitplanken lässt sich KI nicht skalieren – weder technisch noch organisatorisch.“  

Die Studie zeigt zudem, dass Fachkräftemangel und digitale Transformation zusammenhängen. 50 Prozent der Befragten beklagen fehlende Kompetenzen im Umgang mit KI. Diese scheinen also weder neurekrutiert noch intern ausgebildet zu werden.  

Ein weiterer wichtiger Befund: Nur vier Prozent der Unternehmen nutzen KI über alle HR-Prozesse hinweg – ein klares Indiz dafür, dass Pilotprojekte zwar zunehmen, aber selten in die breite Anwendung überführt werden. 

Info

Sie wollen mehr über das Thema Künstliche Intelligenz und deren Nutzung im HR-Bereich erfahren?

Dann schauen Sie doch einmal in unser Dossier zum Thema. Dort stellen wir für Sie kontinuierlich aktuelle Berichte, Analysen, Deep-Dives und Tools für den Einsatz von KI im HR-Alltag zusammen.

Lesen Sie rein!

Effizienz ja – Wertschöpfung erst im Entstehen 

Die Erwartungen an KI sind dennoch hoch: 80 Prozent der Befragten hoffen auf Effizienzsteigerungen, 51 Prozent auf bessere Analysen und Prognosen. Severin Ravaioli bringt es auf den Punkt: „Bessere Daten sind für HR ein Multiplikator – und Voraussetzung dafür, HR von einer Bauchgefühl-Organisation zu einer datenbasierten Funktion zu entwickeln.“  

Dass es bei den Daten aber noch Nachholbedarf gibt, zeigt ein weiterer Wert: Nur 55 Prozent der Befragten erwarten durch Digitalisierung eine Verbesserung der Qualität – obwohl diese eigentlich Kernvoraussetzung nahezu jedes KI-Einsatzes ist.  

Der Mittelstand bewegt sich damit auf einem schmalen Grat: erste Digitalisierungserfolge auf der einen Seite, strukturelle und kulturelle Blockaden auf der anderen. Die Studie zeigt deutlich: Ohne konsistente Strategie, kompetente Teams und eine klare Priorisierung wird KI in HR eher zum Experiment als zur echten Transformation.

Info

Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie 

  1. Digitalisierung: Die administrativen HR-Kernprozesse sind weitgehend digitalisiert, während strategische Bereiche wie People Analytics (35 Prozent) und Performance Management (29 Prozent) deutlich hinter dem Niveau der Basisprozesse zurückbleiben.
  2. Unzufriedenheit überwiegt, Erwartungen steigen: 55 Prozent der HR-Verantwortlichen sind mit dem aktuellen Digitalisierungsgrad unzufrieden, zugleich erwarten rund 80 Prozent eine deutliche Steigerung im kommenden Jahr; der HR-Digitalisierungssaldo liegt bei 29,1. 
  3. KI-Nutzung ist begonnen, aber wenig spezialisiert: Mehr als die Hälfte der Unternehmen nutzt bereits KI, vor allem in Form generischer Tools wie ChatGPT (63 Prozent), während spezialisierte HR-KI lediglich in etwa einem Viertel der Unternehmen eingesetzt wird. 
  4. Leitlinien fehlen und hemmen die Skalierung: 39 Prozent der Unternehmen verfügen über keine oder unklare Vorgaben zum KI-Einsatz; Datenschutzbedenken (66 Prozent), fehlende Kompetenzen (50 Prozent) und technische Hürden (39 Prozent) zählen zu den wichtigsten Bremsfaktoren. 
  5. Begrenzte Ressourcen verlangen klare Priorisierung: Viele mittelständische Unternehmen berichten, dass begrenzte Budgets, fehlende personelle Kapazitäten und parallele Projekte die Umsetzung erschweren, weshalb fokussierte und priorisierte Digitalisierungsinitiativen als wirksamer gelten.
]]>
Warum das Crawling von Stellenanzeigen umstritten ist https://www.personalwirtschaft.de/news/recruiting/warum-das-crawling-von-stellenanzeigen-umstritten-ist-197376/ Thu, 20 Nov 2025 08:05:23 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=197376

Automatisiertes Auslesen von Stellenanzeigen ist längst Alltag im Recruiting. Doch allzu oft sind die gecrawlten Informationen veraltet oder die Stelle gar nicht mehr vakant.

]]>

Automatisiertes Auslesen von Stellenanzeigen ist längst Alltag im Recruiting. Doch allzu oft sind die gecrawlten Informationen veraltet oder die Stelle gar nicht mehr vakant.

Sie heißen Crawler, Bots oder Scraper – und sind die stillen Akteure des digitalen Arbeitsmarkts. In Sekundenschnelle durchforsten sie Webseiten von Unternehmen, Jobbörsen und öffentliche Portale, kopieren Stellenanzeigen und stellen sie anderswo erneut online. Auch Portale wie Xing oder Stepstone nutzen diese Technik. Für Bewerberinnen und Bewerber ist das bequem: Ein Klick genügt, um passende Inserate zu finden. Für Arbeitgeber wird es komplizierter. Denn kaum jemand weiß, wo die eigenen Ausschreibungen überall landen – und unter welchen Bedingungen.

Für viele Jobportale ist das Crawling längst eine Selbstverständlichkeit. Die meisten nutzen es, um ihre Datenbanken aktuell zu halten oder um Wettbewerber in puncto Reichweite zu übertreffen. Besonders offen kommuniziert das Xing. In einem Beitrag des Xing-Hilfe-Centers heißt es: „Eine gefundene Stellenanzeige wird vom Crawler analysiert und nach wichtigen Informationen wie der Stellenbezeichnung, dem Arbeitsort und dem ausschreibenden Unternehmen untersucht. Wenn bei diesem Vorgang ausreichende Informationen ermittelt werden, wird die Stellenanzeige in Xing Jobs veröffentlicht.“

]]>
Die wichtigsten Wechsel aus der HR-Beraterszene https://www.personalwirtschaft.de/news/allgemein/die-wichtigsten-wechsel-aus-der-hr-beraterszene-197230/ Thu, 13 Nov 2025 09:06:45 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=197230 Nicolas Schwarzpaul leitet künftig als CEO das aus der Fusion von Dataglobal und Vimata hervorgegangene Unternehmen (Foto: Unternehmen).

Von Führungswechseln über strategische Fusionen bis hin zu prominenten Neuzugängen: HR-Beratungen und -Dienstleister bleiben in Bewegung. Die wichtigsten Nachrichten im Überblick.

]]>
Nicolas Schwarzpaul leitet künftig als CEO das aus der Fusion von Dataglobal und Vimata hervorgegangene Unternehmen (Foto: Unternehmen).

Von Führungswechseln über strategische Fusionen bis hin zu prominenten Neuzugängen: HR-Beratungen und -Dienstleister bleiben in Bewegung. Die wichtigsten Nachrichten im Überblick.

Zwei Schwergewichte im deutschen HR-Software-Markt fusionieren: Dataglobal (Eigenschreibweise: dataglobal) und Vimata (Eigenschreibweise: VIMATA) vereinen ihre Kompetenzen unter einer gemeinsamen Marke, deren Name aber offenbar noch offen ist. Das neue Unternehmen hat über 400 Mitarbeitende und erwirtschaftet rund 50 Millionen Euro Umsatz.

Geführt wird die neue Gruppe von CEO Nicolas Schwarzpaul (vormals beim Softwareunternehmen P&I), CPTO Christoph Feddersen, CRO Patrick Schumacher sowie CFO Axel Friedrich. Der Zusammenschluss zählt nach Einschätzung der beiden Anbieter zu den größten Konsolidierungsschritten im deutschen HR-Softwaremarkt. Das zur Vimata-Gruppe gehörende ERP-Unternehmen Step Ahead bleibt weiterhin eigenständig. Dataglobal entwickelt eine integrierte HR-Suite, die Lösungen von Perbit, Vysoft und Gecosoft mit Dokumentenmanagement-Expertise von Windream und Dataglobal kombiniert.

Mit der Gründung der Power People Group (PPG) entsteht ein neuer Zusammenschluss im HR-Dienstleistungsmarkt. Unter dem Dach der Holding bündeln sich die Marken Personalwerk, Grapevine, Kraft von Wantoch, jobsintown.de und DMK E-Business. Die Geschäftsführung der neuen Holding übernimmt Stefan Kraft, zuvor Geschäftsführer von Personalwerk. Insgesamt beschäftigt die PPG 310 Mitarbeitende an zwölf Standorten.

Mit der Bündelung reagiert die Power People Group nach eigener Einschätzung auf die zunehmende Verzahnung von HR, Kommunikation und Technologie. Sie deckt mit dem Zusammenschluss ein breites Spektrum von Recruiting-, Employer-Branding– und HR-Marketing-Lösungen ab.

Helmut Maier Eggersmann. Foto: Rexx Systems.

Rexx Systems erweitert sein Führungsteam und schafft mit Helmut Maier Eggersmann die neue Position des Chief Business Development Officer (CBDO). Der ehemalige Workgenius-Manager übernimmt ab sofort den Aufbau strategischer Partnerschaften und berichtet direkt an CEO Norbert Rautenberg. Maier Eggersmann bringt 15 Jahre Managementerfahrung im SaaS- und HR-Tech-Umfeld mit und soll die Expansionsstrategie des Anbieters für HR- und Talentmanagement-Software gezielt vorantreiben.

Mit seiner Erfahrung in Skalierung, Vertrieb und M&A soll er auch den internationalen Rollout des Rexx-Portfolios unterstützen – ein weiterer Schritt, um Rexx Systems als europäische HR-Plattform mit KI-Fokus zu positionieren, heißt es seitens des Unternehmens.

Das US-amerikanische Unternehmen Qualtrics baut seine KI-Kompetenz aus und schafft zwei neue Schlüsselpositionen: Mark Hammond wird Senior Vice President Core AI, Jeff Gelfuso übernimmt als Chief Product Experience Officer. Die Veränderungen erfolgen im Rahmen wachsender KI-Investitionen: Zuletzt hatte Qualtrics angekündigt, 500 Millionen Dollar zu investieren, um ihre Plattform um spezialisierte Funktionen wie KI-Agenten zu erweitern. Mark Hammond war zuvor unter anderem bei Microsoft tätig, Jeff Gelfuso bringt Erfahrung aus Stationen bei Meta, Amazon und Workday mit.

Ziel der Verstärkungen ist es laut Qualtrics, die Entwicklung menschenzentrierter KI-Lösungen zu beschleunigen und die Experience-Management-Plattform für Unternehmen weltweit noch stärker auf kontextuelle Interaktion auszurichten.

Dennis Jansen. Foto: Staffbase.

Staffbase, Anbieter einer KI-Plattform für Employee Experience, ernennt Dennis Jansen zum Chief Legal Officer. Der erfahrene Syndikusrechtsanwalt verantwortet künftig die Bereiche Recht, Compliance und Governance mit Fokus auf rechtssichere KI-Innovation. Mit seiner Expertise im Aufbau internationaler Governance-Strukturen wird Jansen insbesondere den globalen KI-Rollout rechtlich begleiten. Zuvor war der CLO unter anderem bei Acrolinx und Coach Hub (Eigenschreibweise CoachHub) tätig.

Joachim Schreiner. Foto: Atoss.

Mit Joachim Schreiner als neuem Chief Revenue Officer (CRO) stärkt Atoss Software (Eigenschreibweise: ATOSS) nach eigener Einschätzung die Wachstumsambitionen. Der frühere Salesforce- und Parloa-Manager bringt langjährige Erfahrung im KI– und Cloud-Bereich mit.

In seiner neuen Funktion übernimmt Schreiner die Verantwortung für den gesamten Vertrieb von Atoss. Gemeinsam mit den internationalen Teams in Europa und Indien soll er die dortige Marktposition weiter ausbauen, neue Potenziale erschließen und das Wachstum sowie die Expansion des Unternehmens nachhaltig vorantreiben.

Das auf HR-Positionen spezialisierte Beratungsunternehmen HR Recruitment & Interim wächst: Kerstin Belzer und Julian Lasry verstärken das Team, Belzer als Senior Personalberaterin und Lasry als Personalberater. Das Unternehmen reagiert damit nach eigenen Angaben auf die steigende Nachfrage nach HR-Interimslösungen, insbesondere im Bereich Projektleitung, Entgelttransparenz oder Restrukturierung.

Belzer bringt 15 Jahre Erfahrung in der Vermittlung von HR-Fachkräften mit, Lasry kombiniert einen psychologischen Hintergrund mit internationaler HR-Erfahrung.

Steffen Ehrke wird neuer Partner beim Beratungsunternehmen Heidrick & Struggles in der DACH-Region. Der Wirtschaftspsychologe bringt 15 Jahre Executive-Search-Erfahrung mit und war zuletzt Partner einer europäischen Boutique-Beratung.

Mit dem Neuzugang setzt Heidrick & Struggles seine Wachstumsstrategie in Deutschland fort. Der Fokus liegt laut Unternehmen künftig auf der Verbindung von Leadership-Entwicklung und digitaler Transformation.

]]>
Microsoft Teams: Neues Feature überwacht Anwesenheit im Büro https://www.personalwirtschaft.de/news/allgemein/microsoft-teams-neue-funktion-ueberwacht-bueroanwesenheit-196820/ Wed, 29 Oct 2025 14:36:07 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=196820 Die Software Teams soll künftig den Arbeitsort erkennen können (Foto: wichayada - stock.adobe.com).

Microsoft plant ein Update für Teams, das den Arbeitsort automatisch erkennt, sobald sich Geräte ins Firmen-WLAN einloggen. Kritiker fürchten eine unerlaubte Überwachung der Mitarbeitenden. 

]]>
Die Software Teams soll künftig den Arbeitsort erkennen können (Foto: wichayada - stock.adobe.com).

Microsoft plant ein Update für Teams, das den Arbeitsort automatisch erkennt, sobald sich Geräte ins Firmen-WLAN einloggen. Kritiker fürchten eine unerlaubte Überwachung der Mitarbeitenden. 

Die Ankündigung klingt zunächst einmal harmlos: Microsoft will seine Kommunikationsplattform Teams ab Dezember 2025 automatisch den Arbeitsort erkennen lassen, sobald sich ein Gerät ins Unternehmens-WLAN einloggt. Wer ins Bürogebäude kommt, erscheint künftig als „im Büro“. Damit wolle man vor allem die Hybridarbeit verbessern, kündigte das Unternehmen an. 

Manche Experten sehen in der neuen Funktion daher erst einmal nichts Negatives. „Die Sichtbarkeit des Arbeitsorts erhöht sich damit, ohne dass Mitarbeitende tätig werden müssen“, schreibt zum Beispiel Stefan Krempl auf Heise online.

Der Arbeitsort werde nicht per GPS erfasst, sondern über hinterlegte Netzwerk-Kennungen. Eine heimliche Aktivierung bezeichnet er als ausgeschlossen, da Administratoren die Funktion bewusst einschalten müssten. Damit eröffne sich für Unternehmen die Chance, Büropräsenz besser zu koordinieren. 

Zwischen Zusammenarbeit und Überwachung 

Kritischer bewertet Andreas Donath die Microsoft-Ankündigung. „Das klingt erst mal nach einem reinen Komfort-Feature, aber in Zeiten, in denen Unternehmen wieder verstärkt auf Büropräsenz setzen, bekommt das eine ganz andere Bedeutung“, schreibt der IT-Experte auf dem Branchenportal Golem. Die Funktion könne Betroffenen das Gefühl geben, beobachtet zu werden – selbst wenn das nicht die Absicht sei. 

Matthias Schwarzer vom Redaktionsnetzwerk Deutschland hält das neue Feature ebenfalls für problematisch: Mitarbeitende müssten zustimmen – sowohl technisch als auch rechtlich. „Doch wenn die Zustimmung nur formal eingeholt wird und der soziale Druck real ist, verschwimmt die Grenze zwischen Freiwilligkeit und Zwang.“ 

Rechtlicher Rahmen: Mitbestimmung ist Pflicht 

Deutsche Unternehmen, die die neue Funktion aktivieren möchten, müssen auf jeden Fall die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachten. „Die Nutzung ist nur dann zulässig, wenn die Beschäftigten freiwillig einwilligen“, erklärt Datenschutzexperte Dennis Manz auf Datenschutzberater.NRW. „Und die Einwilligung muss jederzeit widerrufbar sein.“ 

Er verweist zudem darauf, dass die Datenverarbeitung eng zweckgebunden bleiben müsse. Heißt: Die Funktion darf nicht zu Leistungs- oder Fehlzeitenkontrolle eingesetzt werden. Sobald Kennzahlen entstehen, die Rückschlüsse auf Verhalten erlauben, wird aus Komfort Kontrolle – und rechtlich wäre die Nutzung ohne neue Rechtsgrundlage nicht mehr gedeckt, so Manz. 

Mehr zum Thema

KI-Sachverständige: „Hilfreich sind dynamische Betriebsvereinbarungen“

Bei Einführung von KI-Systemen ziehen Betriebsräte häufig externe Sachverständige zu Rate. Johanna Renker von der Technologieberatungsstelle des DGB in NRW erklärt deren Rolle.Mehr lesen

Um das Feauture im Bedarfsfall wirklich zu nutzen, dürfte zudem in mitbestimmten Unternehmen in Deutschland überdies eine entsprechende Betriebsvereinbarung vonnöten sei, um Missbrauch zu verhindern.

Rechtsanwalt Niko Härting von der gleichnamigen Berliner Kanzlei erläutert: „Da geht es um das Persönlichkeitsrecht am Arbeitsplatz. Ein kontinuierliches Tracken dürfte rechtswidrig sein, solange es kein gewichtiges Interesse des Arbeitgebers gebe, um so einen tiefen Grundrechtseingriff zu rechtfertigen. Das könnte etwa in der Logistikbranche der Fall sein. Ist ein Betriebsrat vorhanden, müsste dieser zustimmen.“Datenschutzrechtlich problematisch könne die Einwilligung sein, wenn Mitarbeitende sie unter Druck oder aus Angst um ihre Stelle abgeben.  

Auch Stefan Krempl hebt hervor, dass in Betrieben mit Mitbestimmung eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat zwingend sei. „Die Funktion tangiert sowohl die Erhebung als auch die Verarbeitung sensibler Beschäftigtendaten – ein mitbestimmungspflichtiger Eingriff.“ 

Präsenz als neue alte Norm? 

Wie genau Unternehmen das Feature einsetzen, welche Kontrollmechanismen implementiert werden und wie transparent die Kommunikation dazu erfolgt, dürfte entscheidend dafür sein, ob die Funktion als sinnvolle Ergänzung oder als kritisches Überwachungsinstrument wahrgenommen wird: Während Führungskräfte von besserer Übersicht profitieren könnten, besteht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Gefahr, dass deren Vertrauen in hybride Arbeitsmodelle erschüttert wird. 

„Wenn Arbeitgeber wissen, wer gerade im Büro ist, können sie auch Rückschlüsse ziehen, wer nicht da ist“, meint Andreas Donath. Damit bestehe die Gefahr der Überwachung. Gerade dies könne zu Konflikten führen, glaubt Matthias Schwarzer: „Sobald eine technische Lösung das Gefühl vermittelt, Abwesenheit sei erklärungsbedürftig, verändern sich Dynamiken in Teams – und nicht zwingend zum Vorteil einer gesunden Arbeitskultur.“ 

]]>
Employer of Record: Gefahr illegaler Leiharbeit im Ausland vom Tisch https://www.personalwirtschaft.de/news/arbeitsrecht/aueg-aenderung-gefahr-illegaler-leiharbeit-im-ausland-181778/ Mon, 27 Oct 2025 14:32:12 +0000 https://www.personalwirtschaft.de/?p=181778 "Employer of Record" bei Remote Work – Bundesagentur für Arbeit lenkt ein. Foto: stock.adobe.com-kei907

Ab sofort droht bei im Ausland tätigen Mitarbeitenden in einem Employer-of-Record-Konstrukt keine illegale Arbeitnehmerüberlassung mehr. Ein Update der Bundesagentur für Arbeit.

]]>
"Employer of Record" bei Remote Work – Bundesagentur für Arbeit lenkt ein. Foto: stock.adobe.com-kei907

Ab sofort droht bei im Ausland tätigen Mitarbeitenden in einem Employer-of-Record-Konstrukt keine illegale Arbeitnehmerüberlassung mehr. Ein Update der Bundesagentur für Arbeit.

Update vom 27. Oktober 2025:

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2025 hat die Bundesagentur für Arbeit eine Aktualisierung der Fachlichen Weisungen zum AÜG herausgegeben. Diese sehen nunmehr in Ziffer 1.2.3. Absatz 2 Folgendes vor:

„(…) Der Leiharbeitnehmer bleibt im EU/EWR-Ausland (oder einem Drittstaat) und wird ausschließlich online für Entleiher in Deutschland tätig, ohne auch nur einmal nach Deutschland zu reisen, um dort zu arbeiten. Der Erlaubnisvorbehalt des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erstreckt sich mangels ausreichenden Inlandsbezugs nicht auf diese Fälle. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt zu diesen Konstellationen bislang nicht vor.“

Laut der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg habe die Bundesagentur für Arbeit damit die Idee eines „virtuellen Inlandsbezugs“ scheinbar aufgegeben. Die Diskussion um die Erlaubnispflicht für Remote Worker, die ausschließlich im Ausland für einen inländischen Entleiher tätig werden, sei für die Praxis zunächst geklärt. Aber: „Dem Hinweis, dass höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Konstellation nicht vorliege, lässt sich aber entnehmen, dass hier aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Ursprünglicher Artikel vom 23. Oktober 2024:

AÜG-Änderung: Gefahr illegaler Leiharbeit im Ausland
Ab sofort droht auch bei im Ausland tätigen Mitarbeitenden in einem Employer-of-Record-Konstrukt eine illegale Arbeitnehmerüberlassung. Auf die Unternehmen könnten empfindliche Strafen zukommen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat zum 15. Oktober 2024 eine neue Fassung der sogenannten fachlichen Weisungen zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) veröffentlicht. Damit werden die bestehenden Vorschriften zur Arbeitnehmerüberlassung präzisiert und ergänzt. Speziell Unternehmen, die im Rahmen von Employer-of-Record-Modellen Beschäftigte über Vertragspartner im Ausland haben, sollten aufhorchen: Nach Auffassung der BA droht nun auch in Fällen, in denen diese Arbeitnehmer ausschließlich im Ausland tätig sind, die Gefahr einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung.

Bislang galt, dass die Zusammenarbeit beim Employer of Record (EOR) dann nicht dem Anwendungsbereich des AÜG unterfiel, wenn die Arbeitnehmer ausschließlich im Ausland tätig wurden und der Vertragspartner ebenfalls im Ausland saß. Wenn die Mitarbeitenden, die über ein EOR beschäftigt sind, im Ausland arbeiten, aber virtuell zum Beispiel in Meetings für ein in Deutschland ansässiges Unternehmen tätig sind, könnte dies als illegale Arbeitnehmerüberlassung gelten, sofern keine entsprechende Erlaubnis vorliegt.

Es drohen empfindliche Strafen

Arbeitsrechtler warnen bereits vor den Folgen: So rät die renommierte Kanzlei Noerr Unternehmen mit Auslandsbezug, ihre Verträge dringend zu überprüfen. „Erfolgt eine nach deutschem Recht zu beurteilende Arbeitnehmerüberlassung ohne die notwendige Erlaubnis, drohen dem Einsatzunternehmen zum einen ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro je Einzelfall“, schreibt Noerr-Arbeitsrechtler Yannick Bähr in einem Kommentar.

Er hält die Neuregelung zumindest in Teilen für rechtlich fragwürdig: „Eine gesetzliche Grundlage fehlt. Wenn die BA dies mit dem Schutz des Teilarbeitsmarkts Arbeitnehmerüberlassung begründet, lässt dies eher auf die Sorge vor Kontrollverlust schließen als auf einen gesetzlichen Auftrag oder ein praktisches Bedürfnis.“ Wie absurd diese Auffassung der BA sei, zeige sich auch daran, „dass Auftragnehmer außerhalb der EU/EWR nicht einmal eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis beantragen können.”

Kettenverleih und Branchenverbote

Neben der Ausweitung der Anwendbarkeit auf im Ausland tätige Arbeitnehmerinnen und -nehmer enthält die neue Fassung der AÜG-Weisungen noch weitere Änderungen und Klarstellungen, beispielsweise zum sogenannten Kettenverleih. Dieser liegt vor, wenn ein Entleiher die ihm überlassenen Arbeitnehmer an einen Dritten weiterverleiht. Solche Konstellationen sind nach den neuen Weisungen streng untersagt und können ebenfalls empfindliche Strafen nach sich ziehen. Der Kettenverleih führt dazu, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Arbeitnehmer als unwirksam gilt, wenn keine entsprechende Erlaubnis vorliegt.

Besonders strenge Regelungen gelten in der Fleischwirtschaft. Bereits seit 2021 ist es hier grundsätzlich verboten, Leiharbeitnehmer einzusetzen. Bis zum 1. April 2024 galt noch eine Ausnahmeregelung für saisonale Spitzen in der Fleischverarbeitung. Diese Ausnahme läuft jedoch aus, sodass seit April dieses Jahres die Leiharbeit in der gesamten Fleischwirtschaft verboten ist. Dies betrifft vor allem Betriebe, die bisher Leiharbeitnehmer zur Deckung von Auftragsspitzen eingesetzt haben und sich nun nach Alternativen umsehen müssen.

Unterschiede zwischen Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung

In den neuen Weisungen werden auch die Abgrenzungskriterien zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werk- oder Dienstverträgen detailliert dargelegt. Diese Unterscheidung ist insbesondere für Unternehmen wichtig, die Personal über Dienstleister beschäftigen. Bei Werkverträgen ist der Auftragnehmer für das Endergebnis verantwortlich und arbeitet eigenständig. Bei der Arbeitnehmerüberlassung hingegen werden die Mitarbeitenden direkt in den Betrieb des Auftraggebers integriert und folgen dessen Anweisungen.

Um Missbrauch zu verhindern, schreibt die BA vor, dass die Überlassung von Arbeitnehmern als solche klar im Vertrag benannt und die Person des Leiharbeitnehmers konkretisiert werden muss. Dies gilt auch für bestehende Verträge, die nach dem 1. April 2017 fortgeführt werden: Sie müssen rückwirkend angepasst werden, um den neuen Vorgaben zu entsprechen.

Info

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte und stellt sicher, dass die Rechte von Leiharbeitnehmern gewahrt werden. Ziel des Gesetzes ist es, den Missbrauch von Leiharbeit zu verhindern und sicherzustellen, dass Leiharbeitnehmer in den Genuss vergleichbarer Arbeitsbedingungen wie Stammbeschäftigte kommen. Zentral ist dabei der Gleichstellungsgrundsatz („Equal Pay“), der vorsieht, dass Leiharbeitnehmer spätestens nach neun Monaten die gleiche Vergütung und die gleichen Arbeitsbedingungen erhalten müssen wie die festangestellten Arbeitnehmer des Entleihers. Die Arbeitnehmerüberlassung ist dabei als sogenanntes Dreiecksverhältnis ausgestaltet: Zwischen dem Verleiher und dem Entleiher wird ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag geschlossen, durch den der Verleiher sich verpflichtet, dem Entleiher einen Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers bleibt während des gesamten Einsatzes der Verleiher.

]]>