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Was ist, wenn man wegen Hochwasser nicht zur Arbeit kann?

Warnschild Hochwasser.
Manche Mitarbeitenden haben Probleme damit, wegen des Hochwassers und seiner Auswirkungen zur Arbeit zu kommen. Foto: mpix-foto/AdobeStock

Personalwirtschaft: Herr Hammes, sind Mitarbeitende von ihren Pflichten auf der
Arbeit entbunden, wenn sie nicht zur Arbeit kommen können, weil ihr Weg
überschwemmt ist und kein Arbeiten von zu Hause oder unterwegs möglich ist?

Daniel Hammes: Ja! Niemand kann zu etwas
verpflichtet sein, was ihm nicht möglich ist. Kann der Arbeitnehmer also
schlicht und ergreifend nicht zur Arbeit kommen, wird er automatisch gesetzlich
von seiner Arbeitspflicht entbunden und kann deshalb nicht etwa abgemahnt oder gar
gekündigt werden. Zumutbare Umwege muss der Mitarbeiter aber grundsätzlich in
Kauf nehmen und hierfür auch so viel Zeit einplanen, dass er trotzdem pünktlich
zur Arbeit gelangt. Der Mitarbeiter trägt nämlich das sogenannte „Wegerisiko“.
Es liegt also in seiner alleinigen Verantwortung, dass er pünktlich zur Arbeit
erscheint.

Ist der Weg zur Arbeit abgeschnitten und kann der Mitarbeiter nicht zur Arbeit gelangen,
ist er nicht nur von der Arbeitspflicht entbunden, sondern verliert auch seinen
Lohnanspruch.

Hat der Mitarbeitende trotzdem
Anspruch auf sein Gehalt?

Ist der Weg zur Arbeit abgeschnitten und kann der Mitarbeiter nicht zur Arbeit gelangen,
ist er nicht nur von der Arbeitspflicht entbunden, sondern verliert auch seinen
Lohnanspruch. Das ist
dann die letzte Konsequenz aus dem beschriebenen „Wegerisiko“ des
Arbeitnehmers.

Müssen Arbeitnehmer zur Arbeit kommen, wenn sie
evakuiert wurden oder ihr Heim verloren haben und erst einmal
Privatangelegenheiten regeln müssen?

Mitarbeiter müssen hier
selbstverständlich nicht zur Arbeit kommen, auch wenn ihnen das theoretisch
möglich wäre. Die Arbeitspflicht kann nämlich nicht nur entfallen, wenn einem Mitarbeiter
das Arbeiten unmöglich ist, sondern auch dann, wenn ihm das nicht zugemutet
werden kann, was hier der Fall ist. Arbeitnehmer behalten sogar für einige Tage
ihren Lohnanspruch, müssen also keinen Urlaub nehmen. Denn es besteht eine
gesetzliche Regel, wonach Arbeitnehmer ihren Lohnanspruch dann nicht verlieren,
wenn sie aus einem persönlichen Grund nicht arbeiten können. Eine Flut oder –
wie im vorherigen Beispiel – ein abgeschnittener Arbeitsweg stellen zwar keinen
persönlichen Grund dar, weil hierdurch große Teile der Allgemeinheit betroffen
sind. Die persönliche Betroffenheit entsteht aber dann, wenn der Mitarbeiter
sein Heim verloren hat oder evakuiert worden ist. Zu beachten ist jedoch, dass
der Anspruch nur für 3 bis 5 Tage besteht und arbeitsvertraglich ausgeschlossen
sein kann.

Daniel Hammes ist als Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei FPS tätig. Er berät und
vertritt nationale und internationale Unternehmen in allen
Angelegenheiten des Arbeitsrechts. Lesen Sie auch das Interview zum Fernbleiben von Mitarbeitern wegen ehrenamtlicher Tätigkeiten und Unterstützungsaktionen von Unternehmen.

Tim Stakenborg verantwortet die Heftplanung des Magazins Personalwirtschaft. Zudem betreut er das Thema Aus- und Weiterbildung (inklusive MBA und E-Learning) und beschäftigt sich mit dem Bereich Employee Experience und Retention.