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Führungskräfte sehen Grundeinkommen kritisch

Im Baukastenstil: Links ein Roboter, rechts geht eine Spielzeugfigur mit Helm und Schraubenzieher mit gesenktem Kopf aus dem Bild
Was geschieht mit den Verlierern der Digitalisierung? Für ein bedingungsloses Grundeinkommen sprechen sich nur wenige Führungskräfte aus.
Foto: © fotomek/Fotolia.de

Fast drei Viertel (73 Prozent) der Personalleiter und Geschäftsführer in Deutschland sind sich einig, dass nicht alle Arbeitnehmer gleichermaßen vom Produktivitätsfortschritt durch neue Technologien wie Software-Roboter, künstliche Intelligenz oder Blockchain profitieren. 71 Prozent der Führungskräfte, die sich intensiv mit dem Thema Personal beschäftigen, geben an, in den vergangenen fünf Jahren starke oder sehr starke Veränderungen in ihrem Unternehmen durch die Digitalisierung erlebt zu haben. In 17 Prozent der Firmen wurden bereits Arbeitsplätze abgebaut; besonders stark betroffen war der Finanzsektor mit 43 Prozent. Für die Zukunft erwartet jeder Dritte, dass in seinem Unternehmen Jobs wegfallen werden, in der Banken- und Versicherungsbranche sind es sogar 60 Prozent. Nur neun Prozent glauben, dass durch die neuen Technologien zusätzliche Arbeitsplätze entstehen werden.

Vier von zehn Führungskräften sehen die Gefahr sozialer Abkopplung

Angesichts der Folgen des digitalen Wandels betrachten vier von zehn Befragten (39 Prozent) das Problem sozialer Abkopplung und schwindender Teilhabemöglichkeiten einzelner Gruppen als drängendes Problem für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Lediglich 22 Prozent sehen keine problematische Entwicklung. Das sind Ergebnisse der Umfrage „Geld ohne Leistung? Was Deutschlands Chefs vom Bedingungslosen Grundeinkommen halten“ von EY. An der telefonischen Befragung haben zwischen Mitte Februar und Mitte März 301 Personalverantwortliche, Inhaber und Geschäftsführer von deutschen Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern aus den Branchen Banken/Versicherungen, Handel, Maschinenbau und Automotive teilgenommen.

Nur jede siebte Führungskraft ist klar für ein Grundeinkommen

Auch und gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung rückt das Thema eines bedingungslosen Grundeinkommens inzwischen stärker in die Diskussion. Von den befragten Führungskräften befürwortet es jedoch nur eine Minderheit, dass jeder Bürger unabhängig von seiner Leistung und Lebenssituation einen bestimmten Betrag als Grundsicherung erhalten sollte: Nur 14 Prozent denken, dass die Vorteile überwiegen. Von jenen, die sich bereits intensiv mit dem Thema befasst haben, befürwortet dagegen fast ein Viertel (23 Prozent) die Einführung. Insgesamt sind 42 Prozent der Ansicht, dass sich Vor- und Nachteile die Waage halten. Ebenso viele vertreten die Meinung, dass die Nachteile überwiegen.

Mehr als ein Drittel befürchtet sinkendes Mitarbeiterengagement

Rund zwei Drittel (67 Prozent) der Studienteilnehmer bejahten die Frage, ein bedingungsloses Grundeinkommen sei betriebswirtschaftlich schädigend, da in den unteren Einkommensklassen die Arbeitsmotivation sinken würde. Ihr eigenes Unternehmen betreffend, erwarten 37 Prozent, dass die Leistungsbereitschaft sinken würde. 29 Prozent sind unentschieden, in welche Richtung sich die Motivation entwickeln würde. Etwas mehr als ein Viertel (27 Prozent) glaubt, dass sie gleich bliebe. Lediglich fünf Prozent rechnen mit einem steigenden Engagement. Neben vermeintlichen Nachteilen sieht ein Teil der Befragten auch positive Effekte für die Wirtschaft: Der Aussage, das Menschen, die eine Grundsicherung erhalten, häufiger bereit sind, auch kurzfristige Jobs anzunehmen, beruflich etwas zu wagen und Risiken einzugehen, stimmten 45 Prozent und damit die Mehrheit der Befragten zu.

Die Befragungsergebnisse zeigen auch, dass jüngere Personalverantwortliche seltener Demotivationseffekte für die Belegschaft aufgrund eines bedingungslosen Grundeinkommens erwarten als ihre älteren Kollegen. Sie empfinden aber auch die Digitalisierung als weniger bedrohlich.

Die jüngere Generation fühlt sich besser auf die künftigen Entwicklungen vorbereitet. Zudem hat sie bereits andere Motivationsstrukturen, der häufige Wechsel von Job und Arbeitgeber ist für sie zum Normalfall geworden,

sagt Nelson Taapken, Partner und HR-Experte bei EY.

Die meisten Unternehmen halten einen Betrag in Höhe des Harz IV-Satzes für angemessen

Sollte ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt werden, halten 41 Prozent der befragten Führungskräfte einen Betrag zwischen 751 und 1000 Euro für angemessen, um die Bedürfnisse der gesellschaftlichen Teilhabe zu erfüllen – das entspricht in etwa dem, was ein Hartz IV-Empfänger erhält. 14 Prozent halten 1001 bis 1250 Euro für adäquat und 24 Prozent sprechen sich für über 1250 Euro aus. In Bezug auf die Finanzierung bevorzugen die Personaler und Geschäftsführer die Konsumsteuer vor der so genannten Robotersteuer; 42 Prozent stimmten dem Vorschlag zu.

Weitere Befragungsergebnisse stehen > hier als grafische Übersichten bereit.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.