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Entgeltgleichheit in der betrieblichen Altersversorgung

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Die europäische Entgelttransparenzrichtlinie (ETRL) und die jüngsten Urteile des Bundesarbeitsgerichts haben den Anspruch auf Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern zuletzt immer weiter in den öffentlichen Fokus gerückt. Dabei wird zuweilen wenig beachtet, dass der Anspruch auf Entgeltgleichheit auf alle Vergütungsbestandteile einzeln anzuwenden ist und damit z.B. auch in der betrieblichen Altersversorgung zu erheblichen Mehrkosten für Unternehmen führen kann.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit ausüben, haben einen Anspruch auf gleiches Entgelt. Dieser Anspruch entstammt dem europäischen Recht und ist bereits seit 1957 in den Römischen Verträgen verankert. Aufgrund des europäischen Ursprungs des Anspruchs auf Entgeltgleichheit ist dieser auf alle Entgeltbestandteile im Sinne des europäischen Entgeltbegriffs des heutigen Art. 157 AEUV anzuwenden – der neben dem „klassischen“ Grundgehalt, variablen Entgeltbestandteilen, geldwerten Leistungen u.ä. z.B. auch Abfindungen aufgrund des Verlusts des Arbeitsplatzes und die betriebliche Altersversorgung umfasst.

Entgeltgleichheit auf Beitragsseite

Die Anwendbarkeit des Anspruchs auf Entgeltgleichheit auf die betriebliche Altersversorgung hat dadurch gleich doppelte Auswirkungen: Zum einen sind Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis verpflichtet, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit ausüben, nicht nur das gleiche Entgelt auszuzahlen. Sie müssen diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch den gleichen Zugang zu betrieblichen Altersversorgungssystemen und, soweit relevant, gleich hohe Beiträge innerhalb des jeweiligen betrieblichen Altersversorgungssystems gewähren.

Dies gilt unabhängig davon, ob Arbeitgeber tatsächlich Beiträge (an einen mittelbaren Versorgungsträger) abführen oder ob es sich bei den „Beiträgen“ lediglich um eine fiktive Rechengröße handelt, auf deren Basis der spätere Versorgungsleistungsanspruch ermittelt wird. Der Anspruch auf Entgeltgleichheit beschränkt sich dabei freilich auf arbeitgeberfinanzierte Beiträge. Beiträge, die etwa durch Entgeltumwandlung arbeitnehmerfinanziert sind, unterfallen dem europäischen Entgeltbegriff und damit dem Anspruch auf Entgeltgleichheit nicht. Eine entsprechende Klarstellung innerhalb des Abschlussberichts der Kommission zur „bürokratiearmen Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie“ wäre zu begrüßen gewesen. So findet die betriebliche Altersversorgung bislang lediglich in einzelnen Sondervoten Erwähnung.

Entgeltgleichheit auf Leistungsseite

Neben dem Anspruch auf Entgeltgleichheit auf Beitragsseite ist in der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts jedoch auch anerkannt, dass der europäische Entgeltbegriff des Art. 157 AEUV auch Versorgungsleistungen selbst erfasst. Zwar werden diese Versorgungsleistungen erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt. Sie stellen gleichwohl in allen Varianten, sei es die „originäre“ Betriebsrente aus Altersgründen oder Versorgungsleistungen, die aufgrund von Erwerbsminderung oder an Hinterbliebene gezahlt werden, eine Gegenleistung für die während des Arbeitsverhältnisses erbrachten Arbeitsleistungen dar.

Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner, die im aktiven Arbeitsverhältnis gleiche oder gleichwertige Arbeit ausgeübt haben, haben so auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen (grundsätzlichen) Anspruch auf gleich hohe Versorgungsleistungen. Unter entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfte es hierbei genügen, dass Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner einen einzelnen „Vergleichsrentner“ des jeweils anderen Geschlechts benennen, um bei entsprechenden Entgeltdifferenzen die Vermutung auf Entgeltdiskriminierung zu indizieren.

Die Widerlegung dieser Vermutung dürfte Arbeitgebern bereits aufgrund der oftmals unzureichenden Dokumentation lang vergangener Umstände schwerfallen. Hinzu kommt, dass eine unterschiedliche Entgelthöhe im aktiven Arbeitsverhältnis zumindest dann als Differenzierungsgrund ausscheiden dürfte, wenn hierin selbst ein Verstoß gegen den seit 1957 geltenden Anspruch auf Entgeltgleichheit liegt.

Fazit

Unternehmen sind bei der nun erforderlichen Umsetzung der Engelttransparenzrichtlinie gut beraten, auch die betriebliche Altersversorgung zu berücksichtigen und Differenzierungsgründe zu dokumentieren sowie alte Versorgungsordnungen zu sichten und ggf. bestehende Risiken zu handhaben.


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