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Round Table MBA: Schwierige Zeiten erfordern Flexibilität

1. April 2025 von Christina Anastassiou

Der Wettbewerb unter den Business Schools ist härter geworden. Während Teilzeitprogramme boomen, ist die Situation für den Vollzeit-MBA teilweise schwieriger. Über Lehrpläne, Künstliche Intelligenz und Karriereaussichten.

Deutschland steht diversen Prognosen zufolge vor dem dritten Rezessionsjahr, und die geopolitischen Herausforderungen sind immens. Welchen Einfluss hat das auf die hiesigen MBA-Programme?

Mehrere Teilnehmende des Round Table beobachten, dass der Wettbewerb unter den Business Schools sich verschärft hat. Während es einen Run auf die Teilzeit-MBA-Programme gibt, sieht es beim Vollzeit-MBA mitunter anders aus.

An der Mannheim Business School etwa werden die Teilzeit-MBA-Programme, wie der EMBA und die spezialisierten Masterprogramme, zwar stark nachgefragt. Der Vollzeit-MBA ist nach Aussage des Directors Marketing & Communications, Ralf Bürkle, ein „schwierigeres Terrain geworden“. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen erschweren geopolitische Krisen und Unsicherheiten die Rekrutierung von internationalen Studierenden. „Vor Jahren haben wir gesagt, die ganze Welt ist unser Markt. Das ist nun nicht mehr ganz so“, fasst Bürkle zusammen. In einigen Regionen seien Menschen nun „generell schwieriger für den MBA, manchmal auch speziell für einen MBA in Deutschland oder Mitteleuropa, zu begeistern“. Zudem würden verstärkt Online-Programme nachgefragt. Wer weiter von Deutschland entfernt lebe, versuche möglicherweise von seiner Heimat aus, einen Online-MBA zu erwerben, „bevor er sich auf die Herausforderung einlässt, in eine fremde Kultur einzutauchen“. Folgerichtig „sehen wir, dass die Zulassungskriterien mancherorts aufgeweicht werden. Das kann nicht im Sinne des Gesamtmarkts sein“.

Er hebt indes hervor, die MBA-Programme in Deutschland hätten eine „eigene Kultur entwickelt, die sich deutlich unterscheidet von dem, was wir aus angelsächsischen und romanischen Ländern kennen“. Könnten Studierende in vielen Nationen nur den EMBA in Teilzeit zu absolvieren, nicht aber den MBA, sei die Dualität von Vollzeit- und Teilzeit-MBA typisch für Deutschland. Auch die kulturelle Diversität sei in deutschen Programmen bemerkenswert hoch, die Klassen vergleichsweise klein. Zudem bilden die deutschen Business Schools stark für den heimischen Arbeitsmarkt aus, was laut Bürkle „in anderen Ländern komplett anders ist.“

Das Wichtigste in Kürze

  1. Der Teilzeit-MBA wird stark nachgefragt, aber die Situation für Vollzeit-MBA-Programme ist wegen der wirtschaftlichen und geopolitischen Lage teilweise schwieriger.
  2. Flexibilität liegt im Trend: Hochschulen bieten Online- und Präsenzkurse an, modularisieren die Programme und passen ihre Lehrpläne an.
  3. Business Schools haben aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit, Data Science und KI in ihre Curricula aufgenommen.
  4. Traditionelle Prüfungen sind in Zeiten von KI passé. Hochschulen setzen stattdessen auf den konstruktiven KI-Einsatz in Prüfungen und auf persönliche Gespräche.
  5. Der Wettbewerb am Arbeitsmarkt ist härter geworden. Dennoch stimmt die Karriererendite oft, denn Erfolg kann auch einen Karrierewechsel bedeuten.

„Deutsche MBA-Programme haben eine eigene Kultur entwickelt, die sich deutlich unterscheidet von dem, was wir aus angelsächsischen und romanischen Ländern kennen.“

Ralf Bürkle, Director Marketing & Communications, Mannheim Business School

Tino Elgner, Director of Master Programs an der ESMT European School of Management and Technology, berichtet von einer Wettbewerbsverschärfung unter den Anbietenden, die „den Fulltime-MBA viel mehr betrifft als unsere sehr gut wachsenden Parttime-Programme“. Die Zahl der Studierenden, die sich an mehreren Hochschulen bewerben, sei im Vergleich zum vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen: „Statt sich an zwei Unis zu bewerben, liegt der Durchschnitt jetzt zwischen drei und vier.“ Darunter seien viele Hochschulen im Ausland und einjährige MBA-Programme.

Während Stefan Schmid, Akademischer Leiter des EMBA-Programms an der ESCP Business School Berlin, eine leicht wachsende Nachfrage nach EMBA-Programmen sieht, bestätigt er den Trend zur Mehrfachbewerbung. Damit werde die Begleitung von Bewerbenden, „viel länger und aufwendiger. Wir benötigen deutlich mehr Bewerbungen um auf die gleiche Jahrgangsgröße zu kommen.“

An der WHU – Otto Beisheim School of Management steigt zwar die Nachfrage nach Teilzeit-MBA-Programmen. Aufgrund der Wirtschaftssituation haben sich in Deutschland lebende Menschen nach Aussage von Wiebke Rolf, Program Director MBA, „länger etwas schwerer getan, den Vollzeitjob zu kündigen und einen Fulltime-MBA zu machen. Diese Tendenz ist jedoch mittlerweile wieder etwas rückläufiger“. Der „harte Arbeitsmarkt“ habe sich noch nicht auf die Nachfrage ausgewirkt. Internationale Studierende hingegen fragten die Vollzeit-MBA-Programme konstant nach, was auch daran liege, dass die Situation in anderen Teilen der Welt derzeit schwierig sei.

Info zum Round Table

Für ausgewählte aktuelle Themen lädt die Personalwirtschaft Expertinnen und Experten zu einem Round Table ein, um mit ihnen über Trends und aktuelle Entwicklungen zu diskutieren. Die Expertenrunden zum MBA wurde von Erwin Stickling, Herausgeber der Personalwirtschaft, moderiert.

Berichte zu unseren Round Tables finden Sie auf unserer Übersichtsseite.

„Ziel ist es, das kritische Denken unserer Studierenden weiterzuentwickeln und KI als Sparringpartner zu gewinnen, aber nicht als Entscheidungsgeber zu sehen.“

Tino Elgner, Director of Master Programs, ESMT European School of Management and Technology

Flexibilität auf allen Ebenen

In den aktuell herausfordernden Zeiten bestimmt ein Trend den Markt: Flexibilität. Hochschulen müssen beweglich bleiben – das kann bedeuten, Online- und Präsenzkurse anzubieten, die Programme zu modularisieren und die Lehrpläne anzupassen.

Für die SRH Fernhochschule ist Flexibilität im Studium „das, was wir unseren Studierenden im höchsten Maße anbieten“, sagt Frauke Kempner, Fachdozentin für Digital Leadership und Human Resource Management (HRM). „Unsere Lernenden stehen bei uns im Mittelpunkt. Dazu gehört nicht nur ein fester Ansprechpartner in der Studierendenbetreuung, sondern auch eine engmaschige Begleitung im Studienprozess.“ Sie bemerkt, dass „die Ausbildung von Kompetenzen der MBA-Studierenden inzwischen anderen Ansprüchen unterliegt und auch deutlich praxisorientierter ist.“ Für ihre Hochschule bedeute das, „sich darauf einzustellen, um diesen Studierenden gerecht zu werden“.

Der zur Hochschule Koblenz gehörende RheinAhrCampus bietet ein MBA-Programm an, das ursprünglich ein reines Fernstudium-Programm war. Laut dem Studiengangsleiter MBA, Thomas Mühlencoert, gab es anfänglich hohe Abbruchquoten. Die Hochschule hat darauf reagiert: So enthält das MBA-Programm mehr Präsenzveranstaltungen – mindestens ein bis zwei Tage pro Modul. „Das hat uns Nachfrage gekostet. Aber es hat die Qualität der Bewerber angehoben und die Abbruchquoten halbiert“, so Mühlencoert. Die Nachfrage nach reinen Online-Kursen nach Corona „ist aber angestiegen. Wir reagieren darauf, optional wählen zu können und die Module mit Screencasts, Podcasts und weiteren Selbstlerntools zu unterstützen.“

„Ein MBA ist eine transformative Erfahrung, die Fach- und Führungskräfte befähigt, die globale Geschäftswelt zu meistern.“

Frauke Kempner, Fachdozentin für Digital Leadership und HRM, SRH Fernhochschule

An der Technischen Universität München (TUM) bleibe die Qualität der Bewerbenden auf konstant hohem Niveau, betont Bernhard Kraus, Managing Director Executive & Professional Education. Die steigenden Bewerberzahlen in den EMBA-Programmen der vergangenen Jahre ermöglichten eine gezielte Auswahl. Flexibilität sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor: „Unsere EMBA-Teilnehmenden können ihre Lernreise individualisieren – zeitlich und inhaltlich. Dazu bieten wir ein wachsendes Portfolio an Wahlmodulen, insbesondere an der Schnittstelle von Management und Technologie.“

Auch die ESCP hat ihr EMBA-Programm flexibilisiert. Das Programm ist bereits seit 2022 stärker modularisiert, und Teilnehmende können wählen, ob sie Kurse am Campus oder alternativ online belegen wollen. „Flexibilität wird immer wichtiger“, betont Schmid.

Die Vollzeit- und Teilzeit-MBA-Programme an der WHU dagegen sind ein Präsenzstudium – wenngleich es während der Pandemie Online- und Hybridveranstaltungen gab. „Wir sind bewusst wieder an den Campus gegangen, da der Bedarf an Netzwerkmöglichkeiten und -veranstaltungen in Präsenz groß ist“, betont Rolf. Es gibt zwar einen Online-MBA, aber die Präsenzprogramme dominieren.

Elgner von der ESMT sieht keine geringere Qualität bei den Bewerberinnen und Bewerbern. Er beobachtet aktuell „viel mehr Diversität in den Education Backgrounds“ – die MBA-Studierenden kämen nicht nur aus den Wirtschafts-, sondern auch aus den Geisteswissenschaften. „Sie streben den Karrierewechsel durch den MBA an“, erläutert Elgner und sieht seine Hochschule in der Pflicht, die „Relevanz des MBAs auch für andere Fachbereiche klarer darzustellen“.

Die Aufnahmekriterien der Mannheim Business School sind laut Bürkle „sehr traditionell, wir machen keine Zugeständnisse an Bewerberinnen und Bewerber“. Es gebe ein mehrstufiges Auswahlverfahren, und man setze auf Qualität, weil sich „schnell herumspricht, wenn im Hörsaal sehr unterschiedliche Qualitätsniveaus sitzen“. Und das sei „nicht förderlich für die Lernatmosphäre und das Renommee der Ausbildung“. Zudem setzt Mannheim auf Präsenzstudiengänge. Wer hier seinen MBA macht, der möchte Kontakte knüpfen, so Bürkle, der „sucht dieses Campusleben, dieses Mit- und Voneinanderlernen.“

„Führungskräfte müssen sich der nachhaltigen Wirkung ihres Handelns auf Unternehmen, Mitarbeitende und Gesellschaft bewusst sein – auch und insbesondere beim Einsatz neuer Technologien.“

Bernhard Kraus, Managing Director der Executive & Professional Education, Technical University of Munich

Lehrpläne als dynamische Gebilde

Doch wie haben sich die Lehrpläne und eventuell sogar die Leitbilder der Hochschulen verändert? Welchen Einfluss haben aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit, Data Science und Künstliche Intelligenz (KI)? Die WHU hat im vergangenen Herbst das MBA-Curriculum in Voll- und Teilzeit „drastisch überarbeitet. Wir haben die Inhalte auf den Prüfstand gestellt“, sagt Rolf. Themen wie Nachhaltigkeit und Data Science, „die vorher dem Wahlpflichtbereich angehörten, sind jetzt Pflichtkurse“. Die Business School will ihre MBA-Studierenden nach wie vor zu „Responsible Leaders und Changemakers ausbilden, aber der Fokus dieses Leitbilds hat sich in den letzten Jahren in Richtung soziale Verantwortung verschoben“.

Die SRH Fernhochschule steht „neben der Flexibilität im Studium für das Ausbilden von Schlüsselkompetenzen künftiger Fach- und Führungskräfte“, sagt Kempner. Das gelte fachlich, sozial und gesellschaftlich. Sie beobachtet, dass die Studierenden auch viele Nischenthemen nachfragen und daran interessiert sind, sich in für sie relevante Bereiche tiefgründiger und spezialisierter einzuarbeiten. Für die Hochschule heiße das, inhaltlich stets up to date zu sein und sowohl in den Lernmaterialien wie auch in den Veranstaltungen aktuelle Themen zugleich wissenschaftlich und praxisrelevant zu behandeln.

Am RheinAhrCampus aktualisieren die Dozierenden ihr Curriculum alle zwei Jahre. Inhaltlich ist der MBA laut Mühlencoert „eher konservativ“. Die Module sind auf klassische Managementfunktionen ausgerichtet, daher müsse man „aktuelle Themen natürlich adaptieren“. Themen wie Data Science und Sustainability bietet die Hochschule im Wahlbereich an, denn „die sehen wir nicht unbedingt als Kernmanagementkompetenz“. In den Kernmodulen gehe es darum, die Teilnehmenden „für die Komplexitäten in Themen wie Nachhaltigkeit und Data Science zu sensibilisieren“. Sie werden damit nicht zu Fachleuten für Nachhaltigkeit oder Data Science, aber, so fragt Mühlencoert: „Du musst wissen, wo die Komplexität liegt. Was müsstest Du tun? Was müssen Deine Experten wissen, um Dich als Entscheider gut vorzubereiten?“

„„Wir sensibilisierenden für Komplexitäten in Themen wie Nachhaltigkeit und Data Science. Was müsst Ihr tun? Was müssen Eure Experten wissen, um Euch als Entscheidende gut vorzubereiten?“

Thomas Mühlencoert, Studiengangsleiter MBA, RheinAhrCampus

Die Mission der ESMT Berlin ist es nach Aussage von Elgner weiterhin, „unternehmerische Führungskräfte zu entwickeln, die global denken, verantwortungsbewusst handeln und den Mut haben, den Status quo zu verändern, Risiken einzugehen und auch Fehler zu machen“. Um so marktorientiert und relevant wie möglich zu bleiben, werden die Curricula stetig angepasst. Er bezeichnet Sustainability, KI, Datenvisualisierung und ein gut ausgebildetes geopolitisches Wissen als „Teile der Toolbox eines jeden Leaders“, sowie Empathie, Kommunikation und gut ausgeprägte interkulturelle Kompetenzen. Andere Themen wie zum Beispiel Cyber Security, Risikoanalyse, Mental Health und Persönlichkeitsentwicklung seien zudem „fest verankert in den heutigen Curricula, da diese auch Teile des jetzigen Zeitgeistes widerspiegeln und deswegen nicht fehlen dürfen“.

Bürkle von der Mannheim Business School betont, MBAs seien „dynamische Gebilde, die sich den gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen müssen“. Und so enthalten die Curricula die aktuellen Themen Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung, Data Analytics, Künstliche Intelligenz und Leadership. Allerdings sei es „die eine Sache, darüber zu sprechen. Die andere ist es, daraus wirklich ein Leitbild zu machen und die Themen tiefgreifend und nachhaltig im Curriculum zu verankern.“ Letzteres bedeute auch, die Themen in den Lehrveranstaltungen mit der Frage zu verquicken, „wie mache ich da Geschäftsmodelle draus“. Die EMBA-Programme der TUM verknüpfen technologische Expertise mit Führungskompetenz und unternehmerischer Verantwortung. Kraus erläutert: „Führungskräfte müssen sich der nachhaltigen Wirkung ihres Handelns auf Unternehmen, Mitarbeitende und Gesellschaft bewusst sein – auch und insbesondere beim Einsatz neuer Technologien.“ Die Frage sei: „Was ist ethisch noch zulässig, und wo werden Grenzen überschritten?“ Kraus beschreibt die Diskussionen als „extrem anspruchsvoll“, da die Teilnehmenden diverse Hintergründe einbringen. „Diese kritischen Auseinandersetzungen führen zu spannenden Diskursen – für einige sind sie extrem wertvoll, für andere zunächst herausfordernd. Doch genau so entsteht nachhaltiges, ethisch reflektiertes Handeln.“

Auch an der ESCP mit ihren sechs Standorten in Europa sind Nachhaltigkeit, Digitalisierung, KI und Leadership zentrale Themen. Schmid zufolge ist die Nachfrage nach dem Fach Sustainability auch jenseits des Pflichtkurses so hoch, dass die Hochschule mehr Wahlfächer „in allen Dimensionen des Bereichs Nachhaltigkeit“ eingeführt hat. Außerdem hat sie „Wahlfächer an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik ins Curriculum aufgenommen“. In Kursen sowie Seminaren gehe es auch um hochaktuelle Themen wie die Beziehungen zwischen Europa und China oder Europa und den USA und deren Einfluss auf Unternehmen.

„„Wir haben die Inhalte unserer Curricula auf den Prüfstand gestellt und drastisch überarbeitet. Was brauchen die Arbeitgeber und die Studierenden?“

Wiebke Rolf, Program Director MBA, WHU – Otto Beisheim School of Management

KI krempelt die Arbeit um

Die Business Schools haben nicht nur ihre Lehrpläne angepasst. Auch der Einsatz von KI verändert vieles. Die SRH Fernhochschule hat bei Prüfungen vormals auf schriftliche Arbeiten gesetzt. „Das ist inzwischen nicht mehr der Fall. Es war selbstverständlich für uns, dass wir uns sehr früh mit KI und der Integration von KI auch bei unseren Prüfungsformaten auseinandergesetzt haben“, sagt Kempner.

Ihre Hochschule arbeitet mit internen Chatbots, KI-Unterstützung in der Lehre und setzt auf „eine aktive Auseinandersetzung der Studierenden mit KI im Rahmen des Studiums und damit auch zum Kompetenzerwerb für die Praxis“, sagt Kempner. In den Prüfungen sollen und dürfen die Studierenden KI aktiv nutzen.

Die TUM hat eine KI-Strategie entwickelt, die den Einsatz von KI in Lehre, Forschung, Verwaltung und Unternehmenskooperationen strukturiert. „KI bleibt – und das ist gut so“, betont Kraus. „Die entscheidende Frage ist, wie wir sie nutzen und gestalten.“ Dies betreffe auch die Art, wie Studierende bewertet und ausgewählt werden. Kraus: „Traditionelle Prüfungsverfahren greifen zu kurz – stattdessen setzen wir auf individuell angepasste Formen und persönliche Gespräche, um die tatsächlichen Kompetenzen sichtbar zu machen.“

Die ESMT hat eine offizielle AI Policy entwickelt, die den Umgang mit KI im Unterricht regelt. Man setze darauf, diese zu integrieren und einen konstruktiven Umgang mit dieser Technologie zu erlernen, so Elgner: „Ziel ist es, das kritische Denken unserer Studierenden somit weiterzuentwickeln und KI als Sparringspartner zu gewinnen, aber nicht als Entscheidungsgeber zu sehen.“

Mühlencoert vom RheinAhrCampus ist in Sachen KI „sehr skeptisch und momentan ratlos. Ich glaube, wir machen uns keine Vorstellung davon, wie mächtig diese Technologie ist.“ Als Professor für IT geht er davon aus, dass man einen KI-Bot in drei bis vier Jahren nicht mehr von einem Menschen unterscheiden kann. „Wir werden in ein paar Jahren nicht mehr wissen, was Realität ist und was Fiktion. Das ist ein Umbruch, auf den ich im Moment keine Antwort habe.“

„Karriere ist in Europa, anders als in den USA, nicht zwingend nur mit mehr Gehalt verknüpft. Für manche liegt der Erfolg des MBA- und EMBA-Programms im Karrierewechsel.“

Stefan Schmid, Akademischer Leiter des EMBA-Programms, ESCP Business School Berlin

Blick auf die Karriereaussichten

Und wie sieht es nach dem MBA oder EMBA aus – welche Karriereaussichten haben die Absolvierenden? Schmid von der ESCP zufolge ist „Karriere in Europa, anders als in den USA, nicht zwingend nur mit mehr Gehalt verknüpft“. Es gebe unterschiedliche Motivationen: „Für manche liegt der Erfolg in einem Karrierewechsel“, etwa von einem großen Unternehmen zu einem Start-up oder einer Non-Profit-Organisation. Es müsse „nicht immer weiter nach oben gehen, und es muss auch nicht eine Gehaltssteigerung von 50 oder 100 Prozent nach zwei oder drei Jahren folgen“. Die meisten betonen nach dem Abschluss, „wie stark das Programm sie persönlich weitergebracht hat“. Auch das sei eine Karriererendite, ob monetär oder nicht.

Bürkle von der Mannheim Business School betont, der MBA sei „viel mehr als nur anschließend mehr Geld zu verdienen“, wenngleich das ein legitimes Ansinnen sei, und auch ein Teilzeit-MBA-Programm amortisiere sich innerhalb von einem bis zwei Jahren. In den Vollzeit-MBA-Programmen erreichten immer mehr Teilnehmende den „Triple Change, also den Wechsel in eine andere Branche, eine andere Funktion und ein anderes Land“. Es gebe einen Wandel bei den Zielbranchen: „In den letzten ein bis zwei Jahren sind viele unserer Absolventinnen und Absolventen in die Branchen Technologie, Energie und erneuerbare Energien gegangen. Vor drei bis vier Jahren war noch das Consulting die Nummer eins.“

Elgner von der ESMT bezeichnet den Arbeitsmarkt als „definitiv kompetitiv; zudem gibt es aber auch einen Talentmangel. Das Ziel muss deswegen sein, einen Talent-Market-Fit zu erschaffen, etwas, was für jeden Studierenden unterschiedlich sein kann, basierend auf individuellen Karrierewünschen.“ Studierende müssten sich deswegen mehr denn je bewusst sein, dass ein MBA kein „One-size-fits-all“-Türöffner“ sei, sondern eine Plattform, die aktiv genutzt werden müsse, „um eine individuelle Nische zu erschaffen, die einen fokussierten Talent-Market-Fit erst ermöglicht“.

Viele EMBA-Studierende der TUM arbeiten in Technologieunternehmen, die vor oder mitten in der Transformation stehen. „Unser Ziel ist es, sie optimal darauf vorzubereiten, diese Veränderungsprozesse aktiv zu gestalten“, sagt Kraus. Die Nachfrage nach Führungspersönlichkeiten mit einem tiefen Verständnis für Technologie, Strategie und Verantwortung sei enorm. Die Wirtschaft suche genau solche Führungskräfte, die „technologische Innovationen vorantreiben und gleichzeitig nachhaltig und verantwortungsvoll einsetzen können“.

Der RheinAhrCampus wiederum hat eine Kooperation mit der Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Rheinland-Pfalz – als Partner in der Weiterbildung von Verwaltungsmitarbeitenden. Hier geht es vorrangig um den Zugang zum höheren Dienst. Den anderen Studierenden geht es Mühlencoert zufolge „nicht nur um Karriere, sondern auch um Themen wie berufliche Neuorientierung, Absicherung, Risikostreuung und Wissenserweiterung“.

Fotos: Gorodenkoff – stock.adobe.com, Sarah Haehnle, ESMT, privat, Thomas Linkel, Hochschule Koblenz ESCP Business School, Anna Kaduk