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Corona: Die Krise im Kopf und ihre Auswirkungen auf die Innovationskraft

 

Foto: © Gajus / Adobe Stock
Foto: © Gajus / Adobe Stock

Ausgerechnet jetzt macht sich bei manchen Menschen Erschöpfung breit. Dabei benötigen die Unternehmen gerade heute motivierte, kreative, innovative Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was wir erleben, fühlt sich an wie ein Kater. Und es wirkt auch so.

Die ungewöhnliche psychische Belastung der Corona-Zeit wird manche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daran hindern, in den kommenden Monaten ihr volles Potenzial abzurufen. Stimmen sagen, dass wir aufgrund der COVID-19 Pandemie unter anderem mit einem Anstieg von Anpassungsstörungen, Angsterkrankungen und Depressionen zu rechnen haben. Die damit verbundenen Symptome beeinflussen negativ die kognitive Flexibilität und emotionale Stabilität des Einzelnen. Sie äußern sich unter anderem in Form einer permanenten Übererregtheit, Unruhe, Konzentrationsschwächen oder auch in Störungen des Sozialverhaltens. Letzteres meint zum Beispiel eine erhöhte Aggressionsbereitschaft. Die reale Produktivität wird den Erwartungen vieler Unternehmer und Personaler bei weitem nicht gerecht werden.

Strategen, Führungskräfte und Innovationsmanager stehen vor einem Post-Corona-Dilemma, mit dem sie umgehen müssen, um die eigene Zukunftsfähigkeit zurückzugewinnen. Doch was können sie tun, um ihre Mitarbeitenden wieder fit zu machen?

Was Corona mit unserem Kopf gemacht hat

Jede Veränderung von Gewohntem und Sicherem kostet unsere neuronalen Netzwerkstrukturen im Kopf Energie. Heißt: Viele Veränderungen verbrauchen viel Energie, und das belastet.

Das Virus sorgt bei uns für Kollateralschäden, die oft gar nichts mit der eigentlichen Erkrankung zu tun haben. Ob Angst vor einem Jobverlust, Orientierungs- und Hilfslosigkeit, Dreifachbelastung zu Hause oder Vereinsamung – all diese Stressfaktoren setzen Menschen einer hohen emotionalen Belastung aus.

Während dieser neuen Situation haben unsere Hirne in den Krisenmodus geschaltet und erst einmal weiter funktioniert – Augen zu und durch. Jetzt erst zeigt sich, wie viel Kraft das gekostet hat, wie aktiv das individuelle Stress-System gegenüber „normalen“ Zeiten vor Corona war.

Die Bewältigung der psychischen „Altlasten“ könnte man als Corona-Kater bezeichnen, mit ähnlichen Symptomen, wie eingeschränkter Motivation, Produktivität und Kreativität.

Was Corona mit der Innovationsfähigkeit macht

Die heftigen psychoemotionalen Belastungen können Mitarbeitende daran hindern, nach der Krise kurzfristig ihr volles Potenzial abzurufen. Die unsichere, in den meisten Fällen nicht selbstverschuldete, persönliche und finanzielle Situation vieler Menschen steht einer ebenso fragilen, unberechenbaren, selten über Monate vorhersagbaren wirtschaftlichen und personellen Lage vieler Unternehmen gegenüber.

Vor allem die Zukunft der Krisenverlierer – große Teile der Startup- oder Tourismusbranche, aber auch Industriezweige mit internationalen Zuliefererketten – hängt davon ab, wie schnell sie es schaffen den Betrieb wieder hochzufahren, neue Chancen zu erkennen und zu nutzen.

Wer gestärkt aus der Krise hervorgehen will, braucht ein hohes Maß an neuem Denken und leistungsfähige, motivierte Angestellte, da nur sie innovative neue Wege erdenken und umsetzen können. Jetzt ist die Zeit, Abläufe neu zu betrachten und systematisch nach Innovationspotenzialen zu suchen. Wer nicht aus den Startlöchern kommt, könnte den Anschluss an die Konkurrenz verlieren.

Was Unternehmen jetzt tun können

Unternehmen brauchen Mitarbeitende mit Energie für den Wettbewerb, Kreativität für neues Denken und Effizienz beim Neustart. Gleichzeitig berichten Klienten in der Beratung, dass sie eigentlich erst einmal eine Auszeit brauchen, damit sie sich vom Stress der vergangenen Monate erholen können.
Dieser Zielkonflikt lässt sich nicht lösen. Unternehmen können ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den posttraumatischen Rucksack nicht abnehmen. Aber sie können Maßnahmen ergreifen, um ihn zu erleichtern:

Erstens: Führung

Corona verändert unsere kognitive und kreativ-innovative Arbeitsfähigkeit und -leistung. Wer das übersieht, vertieft und verstärkt die negativen Folgen. Führungskräfte müssen deshalb sensibilisiert werden, die leisen Signale – etwa eine veränderte Gestik, übertriebene Hygienemaßnahmen oder eine leicht erhöhte Gereiztheit – zu erkennen und empathisch auf diese Stresszeichen im Team individuell zu reagieren.

Führungskräfte sind gefordert, Ziele zu definieren und eine klare Vision zu erarbeiten. Das gibt Halt und nimmt Angst. Die zusätzliche Sicherheit schaffen gemeinsame Gruppenaktivitäten und eine offene Kommunikation. Hiermit zeigt die Führungsebene Problembewusstsein und Verständnis für die Situation der Mitarbeitenden.

Zweitens: Refokussierung

Gestresste Menschen sind schneller abgelenkt. Deshalb sollten Unternehmen versuchen, beste Bedingungen für konzentriertes Arbeiten zu schaffen. Zudem gilt es für Führungskräfte und das Management, genau zu überlegen, wann sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Arbeit unterbrechen und den Fokus auf die Aufgaben zu legen, die keinen Aufschub dulden. Dabei helfen zum Beispiel Zielsysteme wie Mikro-OKRs (Objectives and Key Results). Statt Jahresziele für die gesamte Organisation auszurufen, werden Ziele für einen Zeitraum von 100 Tagen festgelegt und ganz konkrete Maßnahmen besprochen, durch die jedes Team auf diese Ziele hinarbeitet. Die OKRs helfen zu identifizieren, was gerade wichtig ist und geben die Legitimation dafür, alles andere links liegen zu lassen.

Drittens: Externe Ressourcen einbinden

Die kurzfristige Buchung externer Dienstleister kostet Geld und erscheint deshalb gerade jetzt nicht besonders attraktiv. Aber: Damit schaffen Unternehmen Entlastung für die Kernbelegschaft und legen die Basis dafür, mit spezialisiertem Wissen die Potenziale der Zeit schnell für sich zu nutzen und in Produkte und Services zu übertragen. Zur Stressbewältigung der Belegschaft kann es sinnvoll sein, punktuell Profis aus den Bereichen BGM und Coaching hinzuzuziehen.

Das „neue Normal“

Das „neue Normal“ ist nicht das „alte Normal“ nur mit Maske. Menschen sind vorsichtiger geworden, gehen respektvoller miteinander um. Das kann viele Unternehmen daran hindern, die Chancen der Post-Corona-Welt zu ergreifen. Aber Unternehmen können daran arbeiten, mit Empathie für die Menschen, Pragmatismus in der Sache und Sinn für individuelle Chancen schnell auf Kurs zu kommen.