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Die Arbeitsmenge der Beschäftigten hat zugenommen

Ziffernblatt
Die Arbeitsbelastung und der Zeitdruck am Arbeitsplatz steigen. Foto: © Foto-Rabe/px

Das zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen
Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Auf der Agenda von
Arbeitnehmervertretern steht das Thema seit Jahren weit oben, doch
gerade bei der Personalbemessung räumt das Betriebsverfassungsgesetz
bislang nur geringe Mitbestimmungsmöglichkeiten ein.

Für ihre Untersuchung hat WSI-Arbeitsschutzexpertin Dr. Elke Ahlers die
jüngste Welle der WSI-Betriebsrätebefragung ausgewertet, an der 2018
fast 2300 Arbeitnehmervertreter teilgenommen haben. Sie ist
repräsentativ für alle Betriebe in Deutschland mit mehr als 20
Beschäftigten und Betriebsrat. 81 Prozent der Befragten geben an, dass
die Arbeitsmenge der Beschäftigten in ihrem Unternehmen in den zwei
Jahren vor der Befragung zugenommen hat. Jeweils drei Viertel geben
höhere Leistungserwartungen und mehr Multitasking zu Protokoll. Von komplexeren und
vielfältigeren Aufgaben berichten 71 Prozent, von mehr gleichzeitig zu
bearbeitenden Projekten 65 Prozent und von einer Zunahme der bezahlten
Überstunden 62 Prozent.

Zunehmende gesundheitliche Beschwerden

Auch konkrete Auswirkungen können die Arbeitnehmervertreter benennen: 77
Prozent sehen einen Zusammenhang mit zunehmenden gesundheitlichen
Schwierigkeiten unter den Beschäftigten, 68 Prozent nehmen eine
Verschlechterung des Betriebsklimas wahr, 47 Prozent gehen davon aus,
dass die Qualität der Arbeitsergebnisse beeinträchtigt wird.

Die Betriebsräte machen mehrere Gründe für die steigende Belastung
verantwortlich, einer sticht jedoch heraus: 65 Prozent nennen eine
unzureichende Personalausstattung als eine wichtige Ursache. Die
Engpässe beruhen nach Angaben der Betriebsräte nicht nur auf
Krankenstand oder guter Auftragslage, sondern werden oft als Normalfall
beschrieben. Weitere häufig genannte Gründe sind Führungsmängel mit 60
Prozent, schlechte Organisation mit 59 Prozent und ungeplante
Zusatzaufgaben mit 57 Prozent. Dass die Arbeitsbelastung steigt, lasse
sich nicht allein auf technologischen Wandel oder gesellschaftliche
Veränderungen zurückführen, sondern sei in vielen Fällen eine Folge
ungünstiger betrieblicher Rahmenbedingungen, schreibt Ahlers in ihrer
Analyse, die in der neuen Ausgabe der WSI-Mitteilungen erscheint. Das
gelte auch für einen guten Teil der Fälle, in denen Unternehmen zwar
neue Stellen ausschreiben, aber Probleme bei der Besetzung haben, betont
die Forscherin:

Gut die Hälfte der Betriebe konnte die
ausgeschriebenen Stellen wegen unattraktiver Entlohnung und
Arbeitsbedingungen nicht besetzen, vor allem im Dienstleistungsbereich.

Arbeitsintensivierung ist ein großes Thema

Auf der Agenda der Betriebsräte steht das Thema Arbeitsintensivierung
weit oben. Wie drängend es ist, zeigt sich auch daran, dass die
Arbeitnehmervertreter in fast allen betroffenen Betrieben mit dem
Arbeitgeber in Verhandlungen über Entlastungen stehen. Drei Viertel der
befragten Arbeitnehmervertreter haben bei übermäßig langen oder
unregelmäßigen Arbeitszeiten schon einmal eingegriffen. Um die
Arbeitszeit und die Arbeitsmenge besser zu regulieren, haben 45 Prozent
bereits eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. 83 Prozent der
befragten Betriebsräte haben beim Management mehr Personal angefordert.
Allerdings hat dem nur ein Teil der Arbeitgeber entsprochen: in 44
Prozent der Betriebe wurde Personal eingestellt, oftmals aber temporäre
Aushilfen oder Leiharbeiter. „Spürbare Personalaufstockungen“ gab es in
lediglich 38 Prozent der Betriebe.

Gerade diese Zahlen deuteten auf eine „Schwachstelle im
Betriebsverfassungsgesetz hin“, analysiert die WSI-Expertin: Bislang
seien die Mitbestimmungsrechte bei der Personalausstattung schwach.

Hier sollte der Gesetzgeber in der Pflicht stehen, die
Mitbestimmungsmöglichkeiten der Betriebsräte zu vergrößern,

schreibt
die Wissenschaftlerin und äußert klare Zielvorgaben:

Das Ziel muss sein, eine nachhaltige und präventive
Arbeitsgestaltung und -regulierung zu erreichen, die die
Beschäftigten selbst mit ihren Leistungsanforderungen und Ressourcen in
den Blick nimmt, sowie eine deutlich robustere Personalbemessung, die
auch Urlaubs- und Krankheitsphasen übersteht.