Die ZVK, die Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden, ist eine traditionelle bayerische Pensionskasse, bei der die Messe München GmbH historisch begründet einen Teil ihrer rund 650 Mitarbeiter mit einer Betriebsrente ausgestattet hat – und das seit Jahrzehnten. Doch als die Messe München beschloss, einen Systemwechsel vorzunehmen und von Leistungszusagen auf Beitragszusagen umzustellen, rückte das Unternehmen von der bisherigen Praxis ab. Seit Dezember 2014 kann sie den bislang nicht versicherten Mitarbeitern eine maßgeschneiderte Lösung anbieten.
„Wir brauchten ein zeitgemäßes und zukunftsfähiges Modell und sind dazu in Verhandlungen mit der ZVK eingestiegen“, erklärt Dirk Lehmann von der Messe München im Rückblick. „Parallel dazu haben wir eine neue dynamische bAV-Lösung für unsere Beschäftigten entwickelt, die wir nicht mehr in die bisherige Altersvorsorge aufgenommen hatten.“ Das betraf mehr als 50 Prozent der Belegschaft. Durch das neue bAV-Angebot konnte die Messe München wieder nahezu sämtliche Mitarbeiter versorgen.
Dynamischer Arbeitgeberbeitrag
Das neue System mit dem Namen „Messe München Altersvorsorge Plan (MMAP)“ besteht aus mehreren Bausteinen. Es ist rein arbeitgeberfinanziert und setzt für die in der Vergangenheit erworbenen Ansprüche auf eine Pensionsfondslösung. Für die Zukunft werden Beiträge in eine Unterstützungskasse eingezahlt. Neu ist auch, dass es sich aus einer Beitragsmatrix speist, die sich an der Betriebszugehörigkeit jedes einzelnen Mitarbeiters orientiert. „Der Beitrag ist dynamisch, da er sich mit der jeweiligen Höhe des Entgelts entwickelt“, verdeutlicht Dirk Lehmann. Die Beitragsmatrix sieht zudem eine Spanne des Beitragssatzes von 2 Prozent bis maximal 6 Prozent des Entgelts vor. Damit wird die Betriebszugehörigkeit gewürdigt. Die jeweilige Erhöhung erfolgt in Fünfjahresschritten.
In der Konsequenz können Beschäftigte mit einem höheren Einkommen einen höheren Arbeitgeberbeitrag erhalten. Doch auch Mitarbeiter, die überdurchschnittlich viel leisten und dadurch eine schnellere Entgeltentwicklung erzielen, bekommen das in der Betriebsrente reflektiert. „Wir koppeln die Höhe des Arbeitgeberbeitrags nicht nur an das Gehalt, sondern berücksichtigen dabei auch die Gehaltsentwicklung“, beschreibt Dirk Lehmann. Damit belohnt die Messe München sowohl die Leistung als auch die Betriebszugehörigkeit – und hält begehrte Mitarbeiter im Unternehmen.
Die anspruchsberechtigten Beschäftigten, die keine Anwartschaften über die ZVK erworben haben, bekamen einen adäquaten Ausgleich für die fehlende Altersversorgung in der Vergangenheit. Sie konnten sich den entsprechend ihrer Betriebszugehörigkeit berechneten Wert entweder auszahlen oder ihn in einen Pensionsfonds einzahlen lassen. Eine weitere Komponente der neuen Betriebsrente ist die Option für die Beschäftigten, eine reine Entgeltumwandlung zu betreiben.
Langfristig sichere Rendite bei minimierten langfristigen Risiken
Für die Planung und Implementierung des neuen bAV-Modells brauchten Dirk Lehmann und seine Kollegen nur vier Monate. „Im August 2014 haben wir mit der Planung begonnen und sie im November beendet“, erinnert sich Dirk Lehmann, „und im Dezember konnten wir starten.“ Gerade noch rechtzeitig, um die Mitarbeiter in den Genuss des letztjährigen Garantiezinses von 1,75 Prozent kommen zu lassen. „Wir achten darauf, unseren Beschäftigten auch in einem Niedrigzinsumfeld eine möglichst hohe Rendite zu bieten.“
Rendite langfristig sichern und langfristige Risiken minimieren: Das sind weitere Ziele der Messe München für die neue Betriebsrente. Mit dem IWV Institut für Wirtschaftsmathematik und betriebliche Versorgungssysteme aus Zorneding bei München holte sich das Unternehmen einen externen Dienstleister an Bord. Die gesamte Administration wurde nach außen gegeben.
Zugleich schuf die Messe München für alle Stakeholder ein hohes Maß an Transparenz beim bAV-Modell und den damit verbundenen Prozessen. Insbesondere ist hier auch der konstruktive Austausch mit dem Betriebsrat zu nennen, der in den Abschluss einer Betriebsvereinbarung mündete. Für die darauffolgende interne Kommunikation ließ der Personalbereich Flyer produzieren, bot Informationsgespräche an und stand ebenso wie der Betriebsrat den Mitarbeitern bei Fragen zur Verfügung.
Attraktive Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer schaffen
Die neue bAV ist kein Solitär, um den Beschäftigten etwas Gutes zu tun, sondern Teil der Personalstrategie des Unternehmens. „Ein wesentlicher Bestandteil unserer HR-Strategie ist, auf dem starken Bewerbermarkt im Großraum München unsere Attraktivität als Arbeitgeber auszubauen“, skizziert Dirk Lehmann eine Motivation für das erweiterte bAV-Modell. „Dabei betrachten wir die Gesamtvergütung im Sinne von Total Compensation.“ Und die Betriebsrente ist ein relevanter Baustein dieses Konzepts. Die Münchner haben bewusst einen Kontrapunkt zur langjährigen Entwicklung am Markt gesetzt, die von einer rein arbeitgeberfinanzierten bAV weggeht. „Viele Unternehmen kürzen ihre Betriebsrentenangebote oder streichen sie sogar vollständig. Wir gehen bewusst einen anderen Weg.“ Und die fast 100-prozentige Annahme durch die Belegschaft gibt den Initiatoren recht.
Dazu haben auch die attraktiven Rahmenbedingungen beigetragen. Während eine Anwartschaft auf eine arbeitgeberfinanzierte bAV erst nach fünf Jahren Betriebszugehörigkeit erworben wird, gewährt die Messe München ihren Auszubildenden von Beginn an die Unverfallbarkeit der Anwartschaft. „Wir wollen junge Menschen für uns gewinnen und sie motivieren, sich vom Beginn ihres Berufslebens an um ihre Altersvorsorge zu kümmern“, unterstreicht Dirk Lehmann das Verantwortungsbewusstsein des Arbeitgebers. Schließlich sind hochqualifizierte Nachwuchskräfte in kaufmännischen und technischen Berufen in der bayerischen Hauptstadt begehrt. Deshalb rekrutiert die Messe München ihre Mitarbeiter bundesweit, künftig auch stärker international. Derzeit absolvieren bei ihr rund 30 Azubis eine Berufsausbildung.
Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher Redakteur Human Resources
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