Nach einem langen Erwerbsleben steht für die meisten Spitzenverdiener ein finanziell abgesicherter Ruhestand ganz oben auf der Wunschliste. Wie gelingt das am besten?
Andreas Limoser: Fach- und Führungskräfte sind aufgrund eines langjährigen Topgehalts ein hohes Einnahmeniveau gewohnt. Ihren Lebensstandard möchten sie auch im Rentenalter beibehalten. Da die Einkünfte dann aber meist empfindlich sinken, sollte genügend angespartes Vermögen vorhanden sein, um die Versorgungs- bzw. Einkommenslücke durch Kapitalerträge zu schließen. Hierzu sollte man spätestens mit 50 Jahren ermitteln, wie viel Vorsorgevermögen notwendig ist und wie viel Geld noch fehlt. Nach erfolgreichem Finanzcheck können das Sparziel und eine passende Vorsorgestrategie festgelegt werden.
Warum klafft gerade bei Topverdienern eine Versorgungslücke im Alter?
Andreas Limoser: Eine Versorgungslücke entsteht, wenn die Ausgaben die laufenden Einnahmen übersteigen. Viele unterschätzen ihre Ausgaben, vor allem für Steuern, Gesundheit und den Erhalt von Immobilien. Gleichzeitig rechnen viele ihre Einnahmen schön, zum Beispiel Renten- oder Mieteinnahmen. Das gibt ihnen das trügerische Gefühl, alles im Griff zu haben. Die Einkünfte ersetzen oft nicht einmal die Hälfte des gewohnten Einnahmeniveaus.
Welche Vorsorgemaßnahmen sind ratsam?
Andreas Limoser: Um im Ruhestand ausreichende Einnahmen zu erzielen, gilt es, neben gesetzlichen Rentenansprüchen rechtzeitig betriebliche und private Altersvorsorge aufzubauen. Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt derzeit bei 80.400 Euro (West) bzw. 73.800 Euro (Ost) pro Jahr. Darüber liegende Gehaltsteile sind beitragsfrei und generieren keine Rentenanwartschaften. Als attraktive Zusatzvorsorge ist zuerst die Betriebsrente zu nennen. Zudem besitzen viele Menschen Immobilien. Mit einem abbezahlten Eigenheim senken sie ihre Wohnkosten, mit Mietwohnungen generieren sie Einkünfte. Eine weitere, flexible Vorsorgesäule ist das freie Sparen, am besten mit Wertpapieren wie Aktien-ETFs.
Worauf sollten Führungskräfte bei der Betriebsrente achten?
Andreas Limoser: Bei der Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) gibt es verschiedene Durchführungswege. Viele Arbeitgeber offerieren Direktversicherungen, in die man allerdings pro Jahr nur Beiträge in Höhe von 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze einzahlen kann. 2019 sind das gerade mal 6.432 Euro (West) bzw. 5.904 Euro (Ost). Das ist für Führungskräfte viel zu wenig. Am besten eignet sich die Pensionszusage, denn damit können vom Bruttogehalt Beiträge in unbegrenzter Höhe steuerfrei eingezahlt werden. Dies kann auch unregelmäßig geschehen, etwa nach Bonuszahlungen oder betrieblichen Prämien. Unbegrenzt steuerfreie Beiträge sind entscheidend, um ein ausreichend hohes Alterskapital aufzubauen und um Steuervorteile optimal zu nutzen. Die späteren betrieblichen Rentenleistungen sind selbst nach Steuern um rund 20 bis 40 Prozent höher im Vergleich zum privaten Sparen aus dem Nettoeinkommen.
Wie lässt sich das private Sparen effizienter gestalten?
Andreas Limoser: Erstens brauchen Sie Geldanlagen mit Renditepotenzial. Hier empfehlen sich Investments am Kapitalmarkt, vor allem in Aktien und ETFs. Im Schnitt bringen ausgewogene ETF-Portfolios Nettorenditen von rund 4 Prozent pro Jahr, Aktienportfolios schaffen sogar 6 Prozent. Aktien allein erzielen rund 3 Prozent Dividenden jährlich, hinzu kommen langfristige Kursgewinne. Zweitens müssen die Anlagen kosteneffizient sein. Man sollte auf Fonds mit Ausgabeaufschlägen verzichten und eine Depotbank mit niedrigen Gebühren für Depotführung und Transaktionen auswählen. Im Zinstief bildet nur ein intelligentes Anlagekonzept in Kombination mit niedrigen Kosten die Basis für gute Renditen und ausreichend hohe Erträge.
Hilft auch eine Abfindung bei der Vorsorge?
Andreas Limoser: Unbedingt! Vor allem gegen Ende des Erwerbslebens sollten bevorzugt Einmalzahlungen in die Altersvorsorge fließen. Das kann eine Abfindung, die Auszahlung einer Kapitallebensversicherung, eine Erbschaft oder ein Immobilienverkauf sein.
Aus welchen Elementen besteht eine umfassende Ruhestandsplanung?
Andreas Limoser: Die Grafik „Gut vorbereitet in den Ruhestand“ (siehe Seite 21) verdeutlicht die Herleitung. Zuerst braucht es eine Bestandsaufnahme. Der Beschäftigte muss abschätzen, welche Ausgaben er und die Familie im Alter für Lebenshaltung und -gestaltung, Wohnen, Versicherungen, Steuern und Mobilität haben. Dem stellt man Rentenansprüche, erwartete Einmalzahlungen und Vermögenswerte gegenüber. Anschließend wird die Höhe der Versorgungslücke ermittelt. Die Höhe des zum Ausgleich der Versorgungslücke benötigten Alterskapitals hängt davon ab, ob man sein Vermögen verbrauchen oder erhalten möchte. Entsprechend sind sinnvolle Anlageentscheidungen vorzubereiten.
Haben Sie ein Beispiel für eine Ruhestandsfinanzierung?
Andreas Limoser: Häufig begegnen wir erfolgreichen Menschen, die einiges Vermögen erwirtschaftet haben. Trotzdem haben sie im Alter oft eine Versorgungslücke von 1.000 Euro pro Monat oder mehr. Diese lässt sich nur durch entsprechende Vermögenbildung decken. Aus 300.000 Euro lassen sich beispielsweise über 25 Jahre 1.000 Euro pro Monat finanzieren. Legt man das Geld im Ruhestand gewinnbringend an, kann man den Zeitraum verlängern oder die monatliche Zahlung erhöhen.
Was raten Sie für den Start und Ausbau der Altersvorsorge?
Andreas Limoser: Rechtzeitig Eckpunkte festlegen! Wann möchten Sie aufhören zu arbeiten? Soll ein Teil des angesparten Vermögens für Hinterbliebene vom Verbrauch ausgenommen werden? Erstellen Sie Ihr Budget für den Ruhestand, vor allem das Ausgabenniveau! Verschaffen Sie sich einen Überblick über die verfügbaren Vermögensbausteine! Durch welche Maßnahmen können Sie noch besser vorsorgen? Meist lassen sich Bausteine unter Berücksichtigung von Rendite- und Risikoaspekten, Kosten, Flexibilität und Steuern zu einer soliden Ruhestandsfinanzierung kombinieren.