Infolge der Covid-19-Pandemie sind Unternehmen angehalten, über den Umgang mit Vergütungsleistungen
und Benefits für die verschiedenen Remote-Arbeits-situationen nachzudenken und diese neu zu gestalten. Daher stehen HR-Experten vor der Aufgabe, eine neue Organisationsstrategie zu entwickeln, die potenziellen Kandidaten die Homeoffice-Tätigkeit anbietet sowie gleichzeitig Mitarbeitende ans Unternehmen bindet und sie motiviert. Bei diesen Überlegungen setzen sich Arbeitgeber damit auseinander, ob und inwieweit Compensation-&-Benefits-Policies auf die neuen Formen des Remote Working anzupassen sind.
Im Hinblick auf den Umgang mit den skizzierten Herausforderungen hat Deloitte bereits 2021 in zwei Studien die Ansätze von Unternehmen analysiert: In Zusammenarbeit mit Worldwide ERC wurden die Erfahrungen eines globalen Panels von 122 HR-Experten mit Fokus auf Mobility erhoben. Eine zweite Umfrage, die Deloitte in Zusammenarbeit mit Empsight International LLC veröffentlicht hat, bezieht sich auf die Remote Working Policies in den USA. Diese Umfrage basiert auf Antworten von über 130 Unternehmen verschiedener Größenordnungen und Branchen.
Neue Ausrichtungen der Personalpolitik
Personalexperten aus aller Welt stehen vor der Herausforderung, Richtlinien, Programme und Ansätze zu entwickeln, die Remote Working neu definieren. Diese sollen einerseits festlegen, welche Mitarbeitenden, Teams und spezifischen Rollen für diese Art der Arbeit besonders geeignet sind. Andererseits gilt es in diesem Kontext zu entscheiden, ob Vergütung und Benefits angesichts der geringeren Pendlerkosten, der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten, der höheren Ausgaben und Materialien im Homeoffice und anderer relevanter Faktoren angepasst werden sollten. Da ein hoher Prozentsatz der Belegschaft im häuslichen Büro arbeitet, wird es notwendig zu überprüfen, inwiefern zusätzliche oder alternative Leistungen (zum Beispiel Maßnahmen für die Gesundheit) von HR angeboten werden sollten und welche steuerlichen Aspekte zu berücksichtigen sind.
Umfang von Remote und Hybrid Working
Die Umfrageergebnisse aus den USA bestätigen, dass 59 Prozent der Unternehmen ihre Remote Working Policies als permanente Maßnahme – das heißt auch nach der Covid-19-Pandemie – planen, während ein gutes Drittel noch nicht sicher ist, ob sie eher temporär angewendet werden sollen. Die meisten Befragten tendieren dabei zu einem hybriden Arbeitsmodell, bei dem die Mitarbeitenden ihre Aufgaben zum Teil remote und zum Teil im Büro erledigen. Viele Unternehmen (44 Prozent) geben jedoch keinen Richtwert an, wie viele Tage ins Präsenz gearbeitet werden müssen. Wenn ein Richtwert angegeben wird, so sind dies zumeist zwei bis drei Tage pro Woche (46 Prozent).
Einfluss auf Vergütungselemente
Die Ergebnisse der globalen Studie zeigen in diesem Kontext, dass das Basisgehalt (89 Prozent) an erster
Stelle der Elemente steht, die im Rahmen einer Remote- Working-Politik angepasst werden müssen, während die variable Vergütung (14 Prozent) und Gesundheitsleistungen (15 Prozent) dahinter zurückbleiben.
Die Auswirkungen des neuen Szenarios der Arbeit aus dem Homeoffice haben die Frage in den Mittelpunkt gerückt, ob das Lohnniveau gleich bleibt oder in irgendeiner Form angepasst werden sollte. Eine Minderheit der global befragten HR-Experten (17 Prozent) hat angegeben, dass die derzeitige Vergütung von Remote Work innerhalb ihres Unternehmens angepasst wird. Bei denjenigen Unternehmen, die eine Anpassung der Vergütung planen, liegt der Schwerpunkt weiterhin auf der Anwendung nationaler Vergütungsstrukturen, jedoch verfolgen Arbeitgeber auch vermehrt eine Anpassung der Vergütungsstrukturen in regionalen oder sogar lokalen Lohngruppen.
Geografisch differenzierte Vergütungspolitik
Eine Personalpolitik, die Gehälter nach geografischer Lage differenziert, bietet bessere Möglichkeiten zur Kostensteuerung: Vergütungsbudgets können je nach Region unterschiedlich ausfallen. In Ballungszentren können sie zum Beispiel höher liegen, um Talente zu gewinnen. Allerdings wirft das eine neue Frage auf. Da Remote Working zur neuen Normalität geworden ist, haben viele Arbeitnehmer in den USA das Leben in den großen Metropolen hinter sich gelassen und sind in günstige Vororte und Regionen gezogen, um mehr Lebensqualität zu erhalten. Wenn es jedoch Unterschiede zwischen dem Standort des Mitarbeitenden und dem Bürostandort gibt, stellt sich die Frage, an welchem geografischen Gebiet die Vergütung ausgerichtet werden sollte.
Unternehmen mit einer großen, geografisch zerstreuten Belegschaft, die aus dem Homeoffice arbeitet, könnten sich bei der Lohnanpassung an nationale Durchschnittswerte außerhalb der Hochkostengebiete orientieren, um so die Anzahl der geografisch differenzierten Löhne auf ein Minimum zu beschränken und dadurch Verwaltungsaufwand minimal zu halten.
Die Mehrheit der befragten Unternehmen in den USA (60 Prozent) arbeitet mit einer geografisch differenzierten Vergütungspolitik, wobei fast jedes dritte davon diese Maßnahmen auf Remote-Beschäftigte anwendet. Nur vereinzelt gaben die Befragten an, dass sie eine separate Vergütungspolitik für Angestellte im Büro im Vergleich zu hybrid arbeitenden Mitarbeitern oder zu denen, die ausschließlich im Homeoffice sind, nutzen. Die 40 Prozent der Unternehmen, die keine geografisch differenzierte Vergütungspolitik anwenden, sehen den Verwaltungsaufwand als zu hoch an, sehen keine Notwendigkeit dafür oder wenden stattdessen im Einzelfall diskretionäre Vergütungsanpassungen an.
Nur 17 Prozent der befragten Unternehmen aus den USA gaben an, dass eine Lohnkürzung im Falle eines Umzugs in eine kostengünstigere geografische Region ein Teil ihrer Personalpolitik ist. Die angewendeten Methoden der Vergütungsanpassungen sind dabei vielfältig. Mehr als ein Drittel der Befragten fällt Einzelfallentscheidungen, während ein Viertel feste regionale Gehaltsbänder anwendet.
Leistungspakete und Remote Working
Was heute in die Kategorie der Benefits fällt, geht weit über Gesundheit und Versicherung hinaus. Einige Organisationen nutzen die Vorteile, die sich aus dem Angebot von Zusatzleistungen ergeben, um Schlüsselkräfte zu gewinnen und zu halten. Es stellt sich die Frage, wie Unternehmen die Bedingungen für das Arbeiten aus dem Homeoffice verbessern können, ohne dass die Produktivität leidet und die Arbeitsmoral sinkt. Infolgedessen mussten Arbeitgeber schon bisher ihre Leistungspakete anpassen, um den neuen Bedürfnissen ihres Personals gerecht zu werden. Bei der globalen Umfrage zeigten sich Einflussgrößen, die diese Leistungsanpassungen bestimmt haben.
So gaben die befragten HR-Experten Kriterien an, die für die Auswahl von Beschäftigten, die in den Genuss von Leistungsanpassungen kommen, relevant sind: Beschäftigungsgrad (31 Prozent), Land oder Region des Mitarbeiters (30 Prozent), Aufgabenbereich (28 Prozent), Funktion (27 Prozent) oder Leistung (12 Prozent).
Doch in welcher Form und in welchem Umfang wurden Leistungen für das Homeoffice tatsächlich erstattet?
54 Prozent der Unternehmen, die an der globalen Umfrage teilgenommen haben, übernahmen nur im Einzelfall die Kosten. Ein knappes Drittel der Befragten gab an, keine zu übernehmen, und ein Fünftel erklärt eindeutig, dass sie den Mitarbeitern diese Ausgaben erstattet.
Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse im Einzelnen, welche Ausgaben oder Leistungen Arbeitgeber übernehmen: 47 Prozent für Bürobedarf und -ausrüstung, 41 Prozent für Technologie, 26 Prozent für Reisekosten, 16 Prozent für Wohlbefinden, 16 Prozent für Sonstiges, 12 Prozent für Büroräume und -möbel und drei Prozent für die Unterstützung von Betreuern.
Fazit
Die Compensation-&-Benefits-Policies werden sich stetig an Marktgegebenheiten anpassen müssen. Dabei wird das Remote Working, das weit mehr als nur die Arbeit aus dem Homeoffice einschließt, in der nahen Zukunft ein wichtiger Faktor sein. Zukünftige Operating Models der Unternehmen werden die Chancen und Risiken des heimischen Büros einbeziehen müssen, wobei die Vergütungskosten ebenso wie die Talent-, Wellbeingund Performance-Management-Aspekte die Komplexität des Entscheidungsumfelds erhöhen.
Peter Devlin
Partner Benefits & Compensations
Deloitte Consulting GmbH
pdevlin@deloitte.de
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Marcus Minten
Director, Sales Force Effectiveness
Deloitte Consulting GmbH
mminten(*)deloitte(.)de
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