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Funktionsbewertung als strategisches Instrument

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Eine branchenübergreifende Studie der hkp///group belegt einen deutlichen Wandel bei der Funktionsbewertung. Mehr denn je gilt sie als Instrument der flexiblen Organisationsplanung. Zentrale Herausforderungen sind die Abbildung von New Work und agilen Strukturen. Der Trend zur Verringerung von Komplexität und Aufwand sowie zur Abkehr von streng analytischen Systemen hält an.

Fast jedes Unternehmen befindet sich momentan in einer Phase der Re- oder Neustrukturierung. Die Einführung agiler Arbeitsstrukturen, die Reduzierung von Managementebenen, die Reorganisation von Geschäftsbereichen und andere Transformationsmaßnahmen stellen HR-Experten täglich vor neue schwierige Aufgaben.

Daher hat die hkp-Studie „Grading in der Transformation“ die Verbreitung und konkreten Einsatzparameter von Funktionsbewertungssystemen erfragt. Im inhaltlichen Fokus standen insbesondere der Zusammenhang von Organisationsstrategie und Grading, die Abbildung von New-Work-Anforderungen und agilen Arbeitsformen sowie Governance-Strukturen und technische (IT)-Unterstützung.

Was muss ein Funktionsbewertungssystem leisten?

Fast alle großen Unternehmen haben Funktionsbewertungssysteme im Einsatz, lautet ein Ergebnis der Untersuchung. Bei mittleren und kleineren Unternehmen liegt die Quote mit 82 Prozent (74 Prozent) deutlich niedriger. Über die Hälfte der Studienteilnehmer ohne Funktionsbewertungssystem plant jedoch deren Einführung. Hinsichtlich der Anforderungen an ein Funktionsbewertungssystem zeigt sich ein diverses Bild, aber deutlich wird, dass einfache und transparente Bewertungsprozesse sowie geringer administrativer Aufwand über alle Unternehmensgrößen einen zentralen Rang einnehmen. Große Unternehmen streben eine hohe Kompatibilität mit anderen Bewertungssystemen an. Dieser Aspekt sowie eine moderne IT-Plattform sind Anforderungen, die seit 2016 den größten Bedeutungszuwachs verzeichnen.

Analytische Verfahren und die damit einhergehende Genauigkeit der Bewertung spielen für kleinere Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Generell hat sich seit 2016 eine Abkehr von rein analytischen Bewertungen als Trend manifestiert. Wird ein neues System eingeführt, dann eher als Kombination aus analytischen und summarischen Verfahren, um eine höhere Effizienz im Bewertungsprozess zu erreichen.

Dieser Trend zeigt sich auch in den identifizierten Verbesserungspotenzialen. Die Hälfte der Unternehmen wünscht sich in Bezug auf traditionelle analytische Systeme eine Verringerung der Komplexität und einen damit verbundenen geringeren Bewertungsaufwand. Umgekehrt steht eine Verbesserung der Genauigkeit der Bewertungsergebnisse nicht mehr so stark im Fokus.

Konkreter Nutzen in klassischen und agilen Strukturen

In der Praxis wird die Funktionsbewertung bei 88 Prozent der befragten Unternehmen mit der Definition von Gehaltsbändern verbunden, während mehr als zwei Drittel die Ergebnisse als Basis für Entwicklungsinstrumente und -prozesse nutzen. Generell kommen Funktionsbewertungen entlang des Employee Lifecycles bei unterschiedlichen HR-Tools und -Prozessen zum Einsatz. Bestehende Systeme werden bei annähernd 50 Prozent der befragten Unternehmen am häufigsten mit Besetzungsprozessen verbunden.

An die Ergebnisse der Funktionsbewertung werden neben dem Grundgehalt weitere Bestandteile der Vergütung geknüpft. Große Unternehmen nutzen sie häufig auch für die Definition der variablen Vergütung. Im Mittelstand wird sie für Fair-Pay-Analysen sowie den Blick auf Strukturkosten genutzt.
Die Systeme unterstützen dabei, Antworten zu geben auf Fragen zu Vergütungstreibern, Anzahl und Anteil von Mitarbeitern pro Wertigkeitsebene und deren Verteilung auf Funktionsbereiche et cetera. Hinzu kommen Führungsspannen oder der Zusammenhang von organisatorischer Aufstellung mit der Unternehmensperformance.

Über die aus der Funktionsbewertung gezogenen Ergebnisse lässt sich sehr gut eine Verbindung von Vergütung, Organisation und im Idealfall zur Strategie herstellen, die zu einem wirksamen Hebel in der strategischen Personal- und Organisationsplanung wird.

Im Fokus: Agilität und New Work

Kompatibilität und Durchgängigkeit von Bewertungsergebnissen in klassischen und agilen Organisationseinheiten erweisen sich laut Studie als zentrale Herausforderungen. Rund 70 Prozent der Unternehmen haben bereits agile Organisations- oder Arbeitsformen implementiert. Allerdings bewertet erst ein Viertel die agilen Funktionen durch ein Funktionsbewertungssystem, und keiner der Teilnehmer nutzt dafür einen gesonderten Bewertungsansatz: 88 Prozent verwenden das im Unternehmen genutzte Standard-Grading.

Dabei ist es jedoch entscheidend, dass die auf klassische Funktionen ausgerichteten analytischen Kriterien bei der Bewertung von agilen Funktionen unternehmensspezifisch und kontextbezogen angepasst oder neu interpretiert werden. Ein solcher Ansatz erfordert Erfahrung, stellt aber sicher, dass die Anforderungen
von agilen Funktionen im Bewertungssystem korrekt abgebildet werden und gleichzeitig die Konsistenz mit den Bewertungsergebnissen von Funktionen in traditionell aufgestellten Einheiten sichergestellt wird.

Viele Unternehmen, die noch keine agilen Funktionen bewerten, sind aktuell dabei, einen entsprechend konsistenten Bewertungsansatz für diesen Zweck zu entwickeln. In einigen Unternehmen ist zudem ein Großteil der agilen Funktionen im Tarifbereich durch die dort gängigen Einstufungssysteme abgedeckt, sodass häufig nicht der Bedarf einer gesonderten Bewertung gesehen wird.

Funktionsbewertung wird Führungsthema

Nachdem immer mehr Unternehmen das Potenzial von Funktionsbewertung auch für die Überprüfung und Steuerung von Organisationsstrukturen erkennen, rücken Entscheidungen zur Einführung oder Modernisierung der entsprechenden Systeme stärker in den Blick des Top-Managements. Für die Durchführung der initialen Funktionsbewertung ist bei rund der Hälfte der Studienteilnehmer der Comp-&-Ben-Bereich verantwortlich, häufig aber auch die HR-Business-Partner sowie die Organisationsabteilung. Entsprechend erhalten neben HR die oberen Führungskräfte im Unternehmen die meisten Informationen zu den Bewertungsergebnissen und damit verbundenen Konsequenzen.

Neben den Vergütungsbändern zählen dazu auch die Zugehörigkeiten der Mitarbeiter zu Managementebenen und auch die Einzelpunktzahlen der eigenen Mitarbeiter. Letztere erfahren dagegen deutlich weniger Details, wobei aber ein Trend zu mehr Transparenz in der breiteren Kommunikation von Bewertungsergebnissen und Vergütungskonsequenzen zu erkennen ist.

Fazit

Viele Unternehmen befinden sich aktuell in einer Umbruchphase oder haben aus unterschiedlichen Gründen größere Transformationsprozesse angestoßen. Für diese Prozesse ist die Bewertung aktueller und künftiger Strukturen, Personalbedarfe und Kosten mittels Funktionsbewertungen eine wichtige Grundlage, um Auswirkungen von geplanten Organisationsveränderungen einschätzen zu können.

In diesem Kontext dient die vorliegende Studie als wichtige Orientierungshilfe für Entscheider und Experten. In Verbindung mit Strukturkostenanalysen sind Funktionsbewertungssysteme dafür eine geeignete konzeptionelle wie auch technische Basis. Die Zeit, in der das Potenzial von Funktionsbewertung unterschätzt und das Instrument auf höheren Führungsebenen nicht selten als HR-Spielzeug belächelt wurde, scheint passé.

Isabel Jahn
Partnerin
hkp///group
isabel.jahn(*)hkp(.)com
www.hkp.com

John Pfeiffer
Senior Manager
hkp///group
john.pfeiffer(*)hkp(.)com
www.hkp.com

Verena Vandervelt
Senior Manager
hkp///group
verena.vandervelt(*)hkp(.)com
www.hkp.com