Das Jahr 2020 ist ein anstrengendes Jahr für Deutschlands Unternehmen: Erst kam der Lockdown im Frühjahr, jetzt geht das „Experiment Homeoffice“ durch den Light Lockdown in die zweite Runde. Ein Ende ist nicht absehbar. Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Brennglas auf den Gesundheitszustand von Führungskräften und Beschäftigten.
Viele Berufstätige müssen mit dem verordneten Homeoffice, dem Mangel an sozialen Kontakten, der Führung auf Distanz oder Kurzarbeit klarkommen. Digitaler Stress stellt sich ein. Außerdem erfordert die Krise eine persönliche Neuorientierung: Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken ist schnell gemacht. Doch Teams über Videokonferenzen zu führen und mit Kollegen im Homeoffice verbunden zu bleiben ist schwieriger.
Konflikte bei der Umstellung der Arbeitsprozesse sind somit programmiert. Zudem droht mancher Arbeitnehmer, durch Homeoffice für körperlich und seelisch quasi zu erstarren, wenn er über Monate seinen Arbeitsalltag vom Esstisch aus organisieren muss. Hinzu kommen Mehrfachbelastungen, wenn beispielsweise neben der Arbeit Kinder betreut werden müssen. Die Projektarbeit verschiebt sich nach hinten und kann erst spät am Abend erledigt werden. Das geht zulasten von Erholung. Pausen werden immer kürzer.
Betriebliches Gesundheitsmanagement als Lösung
Arbeiten im Dauerstress macht krank. Im Vorteil sind Betriebe, die schon lange aktiv Gesundheitsschutz betreiben. Im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsschutzes haben sie Strukturen am Arbeitsplatz etabliert, die jetzt greifen und dazu beitragen, Arbeit stressfreier zu gestalten. Deshalb können sie mit permanenter Erreichbarkeit konstruktiv umgehen. Das kommt ihnen in der Krise zugute.
Andere Unternehmen denken erst infolge der Corona-Pandemie darüber nach, ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) einzuführen und das kommende „New Normal“ gesundheitsförderlich zu gestalten. Für sie wird die Krise zur Chance, sich stärker um das Wohl der Mitarbeiter zu kümmern. Denn nur wer sich körperlich und seelisch wohlfühlt, kann bei der Arbeit wirklich etwas leisten. Ein gutes BGM fördert die Gesundheit der Beschäftigten und damit ihr Leistungsvermögen. Das spiegelt sich im Erfolg eines Unternehmens wider.
Tipps zur Einführung eines BGM
Ein gutes BGM ist das Ergebnis eines mehrstufigen Verfahrens, in das Geschäftsführung, Führungskräfte und Beschäftigte gleichermaßen eingebunden sind. Dem Führungspersonal kommt dabei eine besondere Rolle zu: Es übt eine Vorbildfunktion aus, denn nur wer gesund führt, kann ein Vorbild für sein Team sein. Beschäftigte wiederum müssen frühzeitig einbezogen werden, um die Akzeptanz der Maßnahmen und Entscheidungen zu erhöhen.
Der Prozess zur Einführung eines BGM besteht aus sechs Schritten:
- Ein gemeinsames Verständnis entwickeln: Eine systematische, strukturierte Vorgehensweise mit allen Leitungspersonen steht am Anfang eines BGM. Hier geht es vor allem darum, auf Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses zum Gesundheitsschutz qualitative und quantitative Ziele zu definieren: Was soll in welchen Bereichen und bei welchen Themen erreicht werden? Ohne Ziele ist der Erfolg später nicht messbar.
- Geeignete Strukturen schaffen: Ein übergeordnetes Steuerungsteam, das alle Unternehmensbereiche repräsentiert, übernimmt die Planung, Umsetzung und Evaluation des BGM im Betrieb. Da gesundheitliche Daten einem strengen Datenschutz unterliegen, ist ein sensibles Vorgehen zentral. Kollegen aus Arbeitsschutz, Betriebs- und Personalrat sollten frühzeitig eingebunden werden.
- Status quo am Arbeitsplatz ermitteln: Wie belastet sind die Mitarbeiter? Wo hakt es besonders? – Ob chronische Erkrankungen, psychische Belastungen oder Rückenprobleme: Über eine gründliche Analyse ermitteln Unternehmen Probleme, Schwachstellen und Potenziale am Arbeitsplatz. So lassen sich beispielsweise betriebliche Ursachen für Fehlzeiten ergründen. Außerdem vermitteln anonyme Mitarbeiterbefragungen wichtige Erkenntnisse zur gesundheitlichen Situation im eigenen Betrieb. Auf dieser Grundlage kann man im Anschluss konkrete Maßnahmen zum Gesundheitsschutz entwickeln.
- Nur passgenaue Maßnahmen helfen weiter: Ob betriebliche Aktivitäten, Gesundheitsangebote oder Weiterbildungen zu gesunder Führung, Motivation, Kommunikation oder Suchtprävention: Entscheidend für den Erfolg eines BGM ist, dass sich Maßnahmen eng an den Ergebnissen der Analyse orientieren und an den Bedarfen ansetzen, die in Phase drei ermittelt wurden.
- Umsetzung von Maßnahmen –Verhalten und Verhältnisse beachten: Führungskräfte sind der Dreh- und Angelpunkt im betrieblichen Gesundheitsschutz und bedingen gesunde Arbeitsverhältnisse. Viele Maßnahmen sollten darauf abzielen, wertvolles Führungs-Knowhow zu vermitteln. In weiteren Formaten können Mitarbeiter lernen, ihr eigenes Verhalten gesundheitsförderlich zu gestalten.
- Ergebnisse hinterfragen: Unternehmen müssen immer wieder einen kritischen Blick auf die entwickelten Maßnahmen werfen: Wie kommt das Thema bei der Belegschaft an? Was ist besonders wirkungsvoll? Ein BGM muss von Zeit zu Zeit nachjustiert werden, um am Puls der Zeit zu sein. Deshalb ist es wichtig, mit den Mitarbeitern im Gespräch zu bleiben.
Erfolg messen, Defizite wahrnehmen
psyGa, ein Angebot der Initiative Neue Qualität der Arbeit, hat Arbeitsmaterialien für jeden der sechs Prozessschritte erarbeitet. Diese sollen Unternehmen als Anleitungen, Tools und Leitfäden auf dem Weg zu einem betrieblichen Gesundheitsmanagements dienen. Unternehmen können sich zum Thema psychische Gesundheit informieren und Ideen zur Umsetzung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements erhalten.
Das Projekt psyGA – psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – unterstützt kleine und mittlere Unternehmen bei der Implementierung eines BMG. Es geht dabei Fragen nach wie: Wie können Entscheider und Führungskräfte für das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz sensibilisiert und motiviert werden? psyGA setzt dabei vor allem auf Führungskräfte als Schlüsselpersonen. Nur wenn Führungskräften Vorbildern werden, sind die Angebote für Beschäftigte wirkungsvoll.