Bei der Deutschen Telekom soll Künstliche Intelligenz die Personalarbeit des Unternehmens in den kommenden Jahren von Grund auf verändern. Wie sehr HR bei der Telekom bereits jetzt von KI durchdrungen ist, erläuterten Birgit Bohle, Vorständin Personal & Recht sowie Arbeitsdirektorin, und Norman Nowak, Vice President HR IT & AI, im Rahmen eines exklusiven Hintergrundgesprächs im Zuge der Telekom-eigenen Messe Digital X in Köln. Treffender Titel der Runde: „Das fehlende Puzzlestück – Wie KI die HR-Arbeit bei der Deutschen Telekom transformiert“.
„Daten und KI beschleunigen unser Schwungrad – und gleichzeitig wollen wir alle Kolleginnen und Kollegen sehr viel stärker durch Künstliche Intelligenz befähigen“, sagte Bohle. Für sie steht fest: Die Technologie ist nicht nur Treiber für Effizienz, sondern auch Schlüssel zur Weiterentwicklung der Belegschaft.
Von vielen Portalen zu Ask T
Ein zentraler Baustein des Wandels ist dabei die Einführung des digitalen Assistenten „Ask T“ (Eigenschreibweise: askT). Bohle: „Früher musste man erst wissen, in welchem Portal man sucht, und dann hoffen, die richtigen Informationen zu finden.“ Heute gehe es deutlich schneller: „Sie geben einfach eine Frage ein, und Ask T gibt die Antwort. Es ist auf unserer Mitarbeiter-App integriert.“ Norman Nowak ergänzte: „Wir haben im Juli 50.000 aktive Nutzer gezählt – mit durchschnittlich elf Fragen pro Monat. Insgesamt waren das rund 500.000 Fragen, die an den Bot gestellt wurden.“ Ask T habe sich von einem klassischen Chatbot zu einer Multi-Bot-Plattform entwickelt, die Informationen aus HR, Finanzen, Einkauf und weiteren Bereichen bündele. „Der Mitarbeitende will ja eigentlich nicht unterscheiden, ist das jetzt eine HR-Frage oder etwas für Finance – er will einfach eine Antwort.“
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Growth hub und Karrierepfade
Parallel dazu treibt die Telekom die Plattform „Growth Hub“ voran, die im vergangenen Jahr den Deutschen Personalwirtschaftspreis gewann. „Auf Growth Hub machen wir personalisierte Lernvorschläge, Mentoren und Jobs für unsere Mitarbeitenden sichtbar“, erklärte Bohle. Ziel sei es, auf Basis der individuellen Fähigkeiten konkrete Entwicklungspfade anzubieten und dadurch interne Mobilität zu fördern.
Norman Nowak erläuterte, wie Beschäftigte die Plattform nutzen können: „Mitarbeitende können Ambitionen festlegen, Karrierepfade erkunden und über sogenannte Experience Days in andere Rollen hineinschnuppern.“ Damit entstehe eine neue Transparenz über mögliche Entwicklungsschritte, ergänzt durch die Chance, über Networking oder Mentoring Kontakte aufzubauen. Für Führungskräfte bedeute das, dass Mitarbeitende ihren nächsten Schritt stärker selbst in die Hand nehmen könnten.
KI-Coach Nadja
Ein weiteres Telekom-Projekt ist der virtuelle Coach „Nadja“. HR-Chefin Bohle erinnerte sich noch daran, wie skeptisch sie noch vor wenigen Jahren gewesen sei: „Vor zwei, drei Jahren hätte ich gesagt: Das wird es nie geben. Heute haben wir mit Nadja eine KI, die Führungskräften oder Shop-Leitern helfen kann. Das ist eine Demokratisierung von Coaching.“ Das System ermögliche es, Coaching-Impulse auch dort bereitzustellen, wo bislang keine Ressourcen vorhanden gewesen wären.
Norman Nowak schilderte, wie Nadja im Alltag funktioniert: „Nadja simuliert Rollenspiele für schwierige Gespräche und gibt Feedback wie ein menschlicher Coach – methodisch und psychologisch fundiert.“ Mitarbeitende könnten damit beispielsweise Performance-Dialoge vorab durchspielen und ihre Argumentation trainieren. Gleichzeitig seien klare Grenzen definiert: Bei sensiblen Themen wie Depressionen werde die KI bewusst nicht eingesetzt.
Ohne ethische Grundlagen erfolgt die Einführung von KI bei der Telekom nicht. Bereits 2017, also lange vor der jetzigen KI-Revolution hat das Unternehmen entsprechende Leitlinien formuliert. 2023 wurde ein sogenanntes Manifest mit dem Betriebsrat vereinbart, das Leitplanken für den Einsatz von KI und den Umgang mit Mitarbeiterdaten setzte.
Veränderte Rollen im HR-Bereich
Mit den neuen Möglichkeiten verändert sich auch das Profil der Personalabteilung, waren sich Birgit Bohle und Norman Nowak einig. „Viele operative Fragen beantwortet künftig Ask T. Dadurch können wir uns stärker auf Strategie, Transformation und Kulturarbeit fokussieren“, sagte Nowak. Routineaufgaben und Standardanfragen würden durch KI unterstützt oder übernommen. HR-Business-Partner und Personalentwickler müssten dagegen stärker technisches Know-how entwickeln und gleichzeitig ihre Rolle als Transformationsbegleiter ausbauen.
Bohle, die in dieser Woche auch nebenan auf der Zukunft Personal zu Gast war, ergänzte, dass dies zugleich eine Chance sei, den Anspruch an HR neu zu definieren. Es gehe darum, die Mitarbeitenden zu befähigen und die Organisation in einem Umfeld stetiger Veränderung zukunftsfähig zu halten. „Am Ende muss der Mensch bei Personalentscheidungen das letzte Wort haben. Eine KI darf das nicht“, betonte die Arbeitsdirektorin.
Info
KI bei der Telekom – die Eckpunkte
- askT: Digitaler Assistent in der Mitarbeitenden-App, bündelt Informationen aus verschiedenen Portalen. Im Juli 2025 nutzten ihn 50.000 Beschäftigte aktiv, insgesamt wurden rund 500.000 Fragen gestellt.
- growth hub: Plattform für Karriereentwicklung, Skill-Management und Mentoring. Bis 2026 sollen mehr als 100.000 Mitarbeitende eingebunden sein.
- Nadja: Virtueller KI-Coach, simuliert Rollenspiele für schwierige Gespräche und gibt methodisch fundiertes Feedback.
- Schulungen: Über 100.000 Beschäftigte haben bereits an KI-Trainings teilgenommen – von kurzen Lerneinheiten bis zu mehrwöchigen Lernreisen.
- Leitplanken: Erste Richtlinien zum Umgang mit KI wurden 2017 verabschiedet, 2023 kam ein sogenanntes Manifest hinzu, dass eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat zu diesem Thema enthält.
Sven Frost betreut das Thema HR-Tech, zu dem unter anderem die Bereiche Digitalisierung, HR-Software, Zeit und Zutritt, SAP und Outsourcing gehören. Zudem schreibt er über Arbeitsrecht und Regulatorik und verantwortet die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft.

